14 Eine edle Körpergestalt liest alsbald und schon in frühester Kind heit durch ihre Gröste und Schönheit die wirkliche Natur deutlich ahnen, die in ihnen lag. Als sic heramvuchsen, waren beide beherzt nnd tapfer; sie hatten gegenüber von jeder Gefahr, die sich zeigte, einen Mnth und eine Kühnheit, welche durch nichts erschüttert werden tonnten. Doch schien Romnlus zugleich mehr Ueberlegung zu zeigen nnd mehr politischen Verstand zu besitzen. Auch in den Berührungen mit den Nachbarn, welche durch das Weiden oder Jagen herbeigeführt wur den, ließ er vielfache und deutliche Spuren davon erkennen, daß er mehr zum Gebieter, als zum gehorsamen Diener geschaffen sei. Daher waren denn auch Beide freundlich gegen Stammesgenossen oder Leute niedrigeren Standes, während sie aus die königlichen Vorstände, Auf seher und Oberhirtcn, die, wie sie meinten, „um kein Haar tapferer seien", stolz heruntersahen, ohne sich um deren Drohungen oder Zorn im mindesten zu kümmern. Sie wählten sich ferner nur Lebensgcwohn- heiten und Beschäftigungen, wie sie dem freien Manne anstehcn. Müssiggang nnd Unthütigkeit war in ihren Augen eines freien Mannes nicht würdig, wohl aber körperliche Hebungen, Jagen, Rennen, Räu ber vertreiben, Diebe einsangen und Bedrängte vor ferneren Gewalt- thätigkeiten schützen. Durch solche Handlungen wurde bald ihr Name weit und breit mit Ehren genannt. Cap. 7. Nun bekamen einmal Amulius' Rinderhirteu Händel mit denen des Numitor. Als man den erstcren ihre Heerden forttrieb, wollten dies; die Jünglinge nicht dulden, erschlugen zum Theil die Gegner oder jagten sie davon und nahmen ihnen das Meiste von der Beute wieder ab. Den Unwillen des Numitor hierüber achteten sie nicht; vielmehr wurde von ihnen eine ganze Schaar von Verarmten oder Sklaven theils gesammelt, theils angenommen, wodurch sie den Grund zu re bellischer Kühnheit und Gesinnung legten. Als sich später Romulus zur Begehung eines Opfers entfernt hatte — wie er denn überhaupt ein Freund von Opferdicnst und