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454 auS, durch welche die Straße gebildet wird, in der wir uns befanden, angegriffen und zwar durch Schüsse, Stein - und Pikenwürfe.— ES blieb uns demnach kein anderer Weg übrig, als uns entwe der zurückzuziehen, oder die Barrikade vor uns zu nehmen. — Nm nicht schimpflicherweise abzuziehen, beschlossen wir denn vorzurücken und die Barricade zu erstürmen. Nachdem wir uns ungefähr 40 Schritte derselben genähert hatten, wurde Com- mando zum Feuern gegeben. Das Gefühl indeß, was in diesem Augenblicke mich beschlich, als ich auf Menschen schießen mußte, denen gegenüber mein Leben allerdings in Gefahr war, kann ich nicht beschreiben. Ich hörte, so zu sagen, das Po chen meines Herzens in einem der Betäubung ähn lichen Zustande. — Genug, nachdem wir unge fähr 10 Mal losgeschossen hatten, zog sich die Masse vor uns zurück, unter Zurücklassung von 4 Todten und vielen Verwundeten, worauf wir noch die Bürgerschule erstürmten und in dieser fast den größten Theil der darin befindlichen Aufrührer, die besonders ans uns geschossen hatten, gefangen nahmen. — Glücklicherweise jedoch ist von unserer Seite keiner getödtet, wohl aber sind mehrere und zwar drei etwas schwer verwundet worden. Nebrigens war mit diesem Schlage die Gefahr für uns vorbei und wir sind in eine ähnliche Lage nicht wieder gekommen. — So viel indeß dürfte wohl feststehen, hätte Chemnitz an diesem Tage kein Mi- litair* bekommen und die Arbeiter wären Sie ger geblieben, es hätte bei der Wuth, in der sie sich befanden, ein allgemeines Plündern und Morden stattgefunden. — Zu bedauern sind Die jenigen mehr, die nun jetzt die Strafe des Gesetzes trifft, als jene, die den Tod fanden, da mit größter Strenge gegen sie verfahren wird, zu bedauern, weil sie verführt worden sind, von Leuten, die hier Jedermann verachtet, denen sie aber ihr Zutrauen schenkten, und dafür schmählich ins Verderben ge stürzt worden sind. l Preussen. Die Bauernunruhcn in der Ge gend von Ratibor nehmen überhand. Mehrere Schlösser der Gutsherrn sind bereits zerstört. Es gehen starke Militairtransportc dahin. In Bene schau ist cs zu Angriffen gekommen. Der Ort ist verbarricadirt. — General Wrängel ist von sei nem Feldzuge zurückgekehrt und in Berlin einge troffen. Dem Vernehmen nach soll er Generalis simus der ganzen preußischen Armee werden. Nach andern Berichten möchte man ihn gern zum Kriegs minister machen. In Preußen will sich noch immer Niemand zu dergleichen Posten bequemen, zu einer andern Zeit sehnten sich Hunderte darnach. Oesterreich. In Wien ist die Ruhe mit Mühe bis jetzt erhalten worden. DaS Ministerium soll indessen abgedankt haben. (Also in Frankfurt kein Ministerium, in Berlin keins, und in Wien keins. Das ungarische hat auch abgedankt. Was das für eine Noth um die Minister ist und welche Verwirrung geht daraus hervor!) Unstar». Die Rückkehr und Antwort der Deputatton von Wien „der Kaiser an der Spitze der Reaktion" hat die größte Aufregung hervorge rufen. Hinsichtlich der Kämpfe mit den Serben haben die österreichischen Militaircommandanten den Besehl erhalten, die Linientruppen in die Fe stungen zurückzuziehen und sich neutral zu ver halten. Also ganz ohne Hülfe will Oesterreich das schöne Ungarn lassen, aus welchem eS seine besten Kräfte gezogen. Ist es dann ein Wunder, wenn es zur Eigenhülfe greift und sich ganz losreißt, wie zu erwarten steht? In die alte Mitternacht jetzt wieder das Volk einzwängcn zu wollen, nach dem es den Vorgeschmack der goldenen Freiheit be kommen , ist der größte Unsinn und eben dadurch nur wird Unruhe statt Frieden erzielt. Frankreich. Aus Straßburg wird geschrie ben : Die Aussichten für einen Weltfrieden gewin nen immer mehr an Bestand. Die Maßregeln, welche die französische Regierung trifft, deuten auf Einstellung der Truppenbewegungen nach dem Süden, und allem Anschein nach wird die Alpen armee in nächster Zeit vermindert werden. Communalgardenfest in Bautzen. Obgleich unsere Zeit eine sehr bewegte, ja sogar eine sehr unruhige genannt werden muß, ist sie doch nichtsdestoweniger auch eine Zeit der großar tigsten Vergnügungen und Feste. Fast überall, in Städten und Dörfern unscrs Vaterlandes feiert man jetzt namentlich Communalgardenfeste. Ein solches wurde denn auch an>17.d. in unserer Nachbarstadt Bautzen abgchalten, und wir wollen cs in der Kürze beschreiben: Früh, nachdem sich die fremden Communalgar- den vor dem Lauenthore, nahe dem Gasthofe zu den drei Linden concentrirt hatten und durch Abheilun gen der Bautzener Communalgarde empfangen worden waren, bewegte sich der ungeheuere Zug durch die, wie fast alle andern Gassen, prachtvoll mit Blumenkränzen und Fahnen, Guirlanden und Ehrenpforten verzierte Laucngasse (hierbei zeichnete sich namentlich das mit zwei herrlichen kolossalen Fahnen geschmückte Wohnhaus des Herrn Grütz- ner aus), nach dem Kornmarkte, wo ein umfang reiches Quarree sormirt wurde, worin die Behör den, sowie die Commandanten der verschiedenen Communalgarden und die Deputationen mehrerer nicht anwesender Communalgarden Platz nahmen. Nachdem einige Vivats ausgebracht und Arndts Vaterlandslied gesungen worden, begab sich die