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3S2 Hannover. Hildesheim, 8. August. Heute Morgen hat der Professor Michelsen aus Kiel auf dem Bahnhofe in Lehrte auf eine traurige Weise seinem Leben ein Ende gemacht. Er warf sich vor eine heransahrende Lokomotive, wodurch er augenblicklich getödtet wurde. Nicht nur Brod den Armen, auch Bildung. Im grauen Alterthume gab es Länder, in welchen die Bewohner in verschiedene Kasten eingetheilt waren. Ich erinnere an Indien und Egypten. Dort hatte man 5 Klassen von Menschen gemacht. Priester, Soldaten, Künstler, Landleute, Hirten. Die letzter» wurden für unrein erklärt und von jeder Bildung ausgeschlossen. Und warum verfuhren die ober» Klas sen so grausam gegen diese Armen. Blos weil sie (die Hirten) das Unglück hatte» in niederm Stande geboren zu sein und weil man sie in ewiger Knecht schaft halten wollte. Es überfällt mich immer ein Schauer, wenn ich in der alten Geschichte zu diesem Punkte komme; ein Schauer, der mich nicht verläßt, wenn ich einen Blick auf die Gegenwart, auf un sere Zeit, auf unser Volk werfe. Oder sind die Völ ker etwa auf der Basis geblieben, die ein Solon grün dete, und worauf Christus, der Weife aller Zeiten, seine herrlichen Ideen baute? Sind wir jetzt so weit nach Jahrhunderten, daß wir uns Alle als eine Got tesfamilie betrachten, daß uns der Aermste und der Reichste gleichviel gilt, daß unser Herz für die Bildung und das Wohl Aller unserer Brüder schlägt? Ach, diese Frage kann nur mit einem bitter», wehmüthigen Nein! beantwortet werden. Glaubt nicht, daß ich meine Zeit verläumde! Steigt nur herab von euer» aristokratischen Stühlen, geht heraus aus euer» egoi stischen Verschanzungen, und beobachtet das geistige Leben vieler unserer Brüder. Wenn ihr dann seht, wie wenig sie das Leben vom richtigen Standpunkte aus betrachten; wenn ihr hört, wie schüchtern und ver worren ihre Urtheile sind; wenn ihr merkt, daß sie trotz Angst-, Straf- Seligkeitpredigen immer noch keine Gemüthsverfassung haben, die ihnen das Leben würzt und erleichtert, vielleicht bekommt ihr dann Mitleid. "Vielleicht gebt ihr dann zu, daß auch bei uns Tausende ohne geistige Sorge und Hülfe verküm mern , und arm an Herz und Geist ein Leben führen, welches eigentlich nur ein halbes Leben ist. Der Ge danke, daß Hunderte auf dem Schlachtfeld? fallen, rührt viele Menschen, aber der Gedanke, daß Hunderte einem langsamen geistigen Tode anheim fallen, findet weniger fühlende Herzen. Man weiß nichts zu sagen als: Die armen Claffen müssen auswandern. Nach dem dieselben durch Staatsmißverhältniffe schlecht er zogen, durch grausame Einrichtungen arm geworden sind, sollen sie das Land verlassen. Ich gebe zu, es ist das einzige Mittel, wenn schnell geholfen werden soll. Aber was gehört für eine Herzenshärte dazu, zu dem Menschen, der auf einer Scholle mit mir lebte, der die ¬ selbe Lieb« und Anhänglichkeit zum Vaterlande hat, der in der Regel nicht dafür kann, daß er arm ist, kalt zu sagen: Geh' hinaus, du Unglücklicher, daS Vaterland paßt nicht mehr für dich. Das Mittel der Auswan derung bleibt in vieler Hinsicht ein trauriges Mittel. Aber man sagt wohl auch: Schafft Brod. Und wer freute sich nicht über die wolthuenden Gemüther, über die regsamen helfenden Hände, die in der Stille manche Falte von den Gesichtern des Jammers und des Kum mers streichen. Aber Brod ist allein für den Magen. Es stillt blos die niedrigsten (freilich nothwendigsten) Bedürfnisse. Habt ihr weiter nichts für unsere dar benden Klassen? Denkt doch daran, daß auch sie ge schaffen sind zum Denken, zum Gefühl und Genuß des Schönen und Wahren, daß auch ihre Seelen strebende, verlangende sind. Hier stoß ich nun auf das Vorur- theil, welches so traurig ist, daß mir, wenn ich es aus sprechen höre, das Herz blutet. Man sagt: Die Ar men brauchen keine besondere Bildung, sie nützt ihnen nichts, im Gegentheil, sie schadet ihnen. Gelänge es mir doch, dieses abscheuliche Vorurtheil so recht mit der Wurzel auszurotten. Ich frage zuerst: Was ist Bildung ? Ist es Bildung, wenn man die Menschen mit einer Menge von Kenntnissen anfüllt, wenn man sie in Dingen unterrichtet, die sie jetzt nicht verstehen, die sie vielleicht nie verstehen werden, wenn man sie mit dem Firniß einer feinen Lebensart überstreicht? Nein, das ist nur Anlernling, nur halbe Bildung. Und von allem Gelernten kann man auch keine, oder eine schlechte Anwendung machen. Es können bei allem Gelernten auch die Tugenden des Gemüthes ganz feh len. Es giebt ja so manchen gelehrten Unmenschen (oder unmenschlichen Gelehrten, wie man will), der trotz seinem vollen Kopfe der Welt doch wenig nützt, und blos für seine Studirstube geschaffen ist. Aber es giebt auch Leute, die von dem Gelernten eine schlechte Anwendung machen. (Man denke an den Dünkel und seine Erzeugnisse.) Bildung, wahre Bildung aber, ist etwas ganz anders. Wahre Bildung ist die harmo nische Ausprägung Les innern und äußern Menschens, der Aufbau einer gesunden Moral. Wenn man die. Kinder der Armen von Jugend auf vor Verwilderung schützt, wenn man durch Befriedigung ihrer nothwen digsten Bedürfnisse keine Leidenschaften aufkommen läßt, wenn man sie denken lehrt, wenn man ihnen Geschmack an Natur und Poesie beibringt, wenn man Lust an Fleiß und Thätigkeit durch Schutz und Auf sicht erzeugt, dann bildet man Menschen. Und diese Bildung kann nie zu hoch gesteigert werden, nie scha den. Was soll es denn z. B. schaden, wenn auch die Armen die Wahrheit erfahren ? Man fürchtet sich doch nicht so sehr vor dieser, sie macht ja das Negieren leichter als die Unwissenheit und der Unverstand. Wenn der Arme dadurch von Neid geheilt wird, daß er mit Zuftiedenheit auf die Geldsäcke der Reichen se hen lernt; wenn ihm- seine Hütte nicht mehr so schau erlich ist, dadurch, daß sie eine Stätte der Bildung wird, dann wird viel gewonnen sein für ein gemüthli- ches Zusammenleben der Menschen. Ich will noch deutlicher w wie entmen GuteSthun er ist gar Hause verw Hafter Men an einen Fr Gedanken « Bildung? stand es hät entdecken, i düng, nur i Bildung ist die unnütze Fleck ausstt kann. Di« Gedanken: düng. Sie gewonnen h denschaften, Pläne gekrc möglich wo vereinigen ! Volks, so vi ist dies rechi daß die klen werden, wc Schule Sta- ihre Zöglinc finden wird) in welchen t heranreifen, Aber wir m vornehm al müssen belel sellschaften, feste edle E iMi V 1848 erschü vom 3. Juli 55) Verort 1848 ; 56) getroffenen I Wandlung v in fü n s Pr kehr zu Lrin D B Donn, Vers,