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Volkes Wohl mehr gelte, als eitler Mammon. Sie sollen den asiatischen Beherrschern ihren orien talischen LuruS überlassen; einem freien Volke im- ponire nur Thatkraft im Verein mit Vaterlands liebe. Wenn dereinst ruhigere Zeiten wiederkehr ten, Handel und Gewerbe blühten, die deutschen Schiffe durch alle Meere segelten, dann würde auch der Segen für sie, die Fürsten, nicht ausbleiben, und die Mistel, Kunst und Wissenschaft zu pflegen, würden ihnen nicht fehlm. Dieses sei die Sprache des Herzens und man würde sich glücklich preisen, wenn sie nicht ungehört verhallte. — Berlin, 3. Juni. Von Nordamerika melden Briefe, daß die dortigen Deutschen ihren diesseiti gen Landsleuten ein vollständig armirtcs und be manntes Linienschiff schicken wollen; außerdem sol len die Deutschen der Union einen Verein gebildet haben, um durch Geldunterstützungen die revolu- tionairen Bewegungen in Deutschland zu erhalten und durch Bildung von freiwilligen Corps Deutsch land thatsächliche Hülfe zu leisten. — Posen ist wieder in größter Besorgniß, daß die Polen neuer dings Ercesse verüben werden. Die Neigung zum Russenthum ist seit der Einverleibung der deutschen Distrikte in den deutschen Bund ganz offenbar ge worden. Frankfurt, 31. Mai. Die National-Ver- sammlung hat sich nun fest constituirt. Die Ge- sammtzahl der bis jetzt eingetroffencn Mitglieder beträgt 550. Ter Minister v. Gagern aus Ba den wurde mit 494 Stimmen zum Präsidenten er wählt. Der Jubel darüber war groß, noch größer aber wurde er, als Gagern, der vor Rührung kaum sprechen konnte, bemerkte, er habe nun aufgehört, Minister zu sein. Robert Blum erhielt bei dieser Wahl 12 Stimmen. Als Vicepräsident erhielt Soiron die meisten Stimmen; nächst ihm hatte abermals Blum die Mehrzahl. Die Rede v. Ga- gerns beim Antritt der definitiven Präsidentschaft lautete: „Es ist ein Gefühl, nicht des Stolzes, sondern derDemnch, das mich erfüllt. Von einer solchen Ver sammlung gewählt, und von dieser Stimmcnzahl ge tragen zu werden, konnte ich nimmer erwarten. Ich danke für das Vertrauen, das Sie mir erwiesen haben. Ich werde alle meine Kräfte der großen Aufgabe wid men, sür welche wir in Gemeinschaft zusammenstehen. Ich will Sie nur noch in Kenntniß setzen, daß, wie ich schon früher erklärt habe, nunmehr meine Kräfte und meine Stellung ausschließlich nur dieser Ver sammlung angehören werden. (Stürmischer Bei fall.) Frankfurt, 31. Mai. Es geht stark die Rede, daß man von Seiten des Bundestages beab sichtige, v. Gagern zum provisorischen Reichsver weser (Deutschlands Oberhaupt, aber kein Kaiser!) zu ernennen. Der Beweggrund soll sein, daß man einen Krieg mit Rußland und Alliance mit Frank reich und Nordamerika für unvermeidlich halte. — Die Nationalversammlung hat am3.d. beschlossen, einen Ausschuß von 15 Mitgliedern zur Prüfung der auf die Bildung einer provisorischen Centralgewalt bezüglichen Anträge niederzu setzen. Die Wahl dieses Ausschusses sollte sofort nach der öffentlichen Sitzung durch die Abtheilun- gen vorgenommen werden. Braunschweig, 30. Mai. ES sind hier zwei Gesetze erschienen, wodurch die aus dem Glau bensbekenntnisse folgenden Rechtsungleichheiten und das Verbot der Ehen zwischen dcnJuden und Chri sten aufgehoben werden. Das Gesetz, welches daS Verbot der Ehen zwischen den Juden und Christen aufhebt, führt zugleich eine Civilehe mit einfachen und sehr zweckmäßigen Formen für dieselben ein. Finden erst Verheirathungen der Juden mit Chri sten allgemeiner statt, so wird das Judenthum bald aus der Welt verschwinden, denn es ist wohl aner kannt, daß die gebildeteren Juden durchaus keinen Widerwillen gegen das Christenthum haben und sich in ihrem Bewußtsein kaum von den Christen unterscheiden. B aiern. Welche riesenhafte Fortschritte in Baiern gemacht werden, beweist, daß man endlich, sage endlich, die Kniebeugungsfrage dahin gelöst hat, daß der Soldat künftig vor den „höchsten Herrschaften" und den „Hochwürdigsten" nicht mehr das Knie, wohl aber den Nacken beugen soll. Nur nicht zu tief, sonst sitzt das Joch gleich wieder darauf. Oesterreich. Wien, den 1. Juni. Am 30. Mai wurde der Geburtstag des Kaisers auf eine glänzende Weise gefeiert, Stadt und Vorstädte wa ren erleuchtet. Die Nationalgarde erhielt vom Kriegsministcrium 12 Kanonen zum Geschenk. Der Adel und die Geistlichkeit aber, die aus der Hauptstadt vertrieben sind, geben sich in den Pro vinzen alle Mühe, das Volk gegen Wien aufzu hetzen. Erzherzog Johann will nur dann nach Wien zurückkehren, w«nn die Studenten auseinan der gesprengt sind, die sich für die Freiheit erhoben. Das sind die Aussichten für die Freiheit, die man von Oben her zu erwarten hat. Darum wachet! Die Tyroler wollen durchaus Nichts vonPreß- freiheit wissen, weil dadurch die Religion gefährdet werde. Sie halten es mit den Jesuiten. Italien. Bei der Bluthochzeit in Neapel sollen sich die Gesandten von England und Ruß land (nach Andern von Oesterreich) als getreue Rathgeber des Königs außerordentlich betheiligt haben. — Der französische Admiral Baudin ver langt als Entschädigung sür die Verluste seiner Landsleute vom König von Neapel 2,000,000, welche der König auch bewilligt haben soll ( ? ? ). Die Zahl der Tobten geben italienische Blätter als zuverlässig zu 1242 an, worunter 800 Soldaten, die der Verwundeten zu 450. Verhaftet wurden 600 Personen, von denen am Tage nach dem Auf stande 37 erschossen wurden, die Nebligen wurden bis auf 7 entlassen.