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selbst nicht, was sie wollen, — Unter den in Berlin Gefallenen sind mit aufgeführt: Hahn, Tischlergeselle aus Dresden, Hoffmann, Schuh macher aus Leipzig, Stern au,Tischlergeselle aus Leipzig. 1 Breslau, 23. März. Augenzeugen berich ten uns, daß an unserer oberschlesischcn Grenze in unmittelbarer Nähe der dem Grafen Henckel von Donnersmark gehörigen Herrschaft Simia- nöwitz bereits eine nicht unbedeutende Menge russischen Militairs aufgestellt sei, und daß namentlich viele Kosaken und Tscherkessen dort umherschwärmte».. Dieselben Personen versichern uns auch, daß das allgemein verbreitete Gerücht über den Ausbruch von Unruhen in Warschau durch die Aussagen von Reisenden in Oberschle sien immer mehr Consistenz gewinne. 1 In Schmiedeberg in Schlesien hat am 20. März ein Haufe rohes Gesindel die furcht barsten Erc-sse begangen. Mehrere Wohnungen wohlhabender Personen wurden gänzlich zerstört, worunter die deö Bürgermeisters Lange. Sopha's, Spiegel, Betten u.. a. Gegenstände wurden aus den Fenstern geworfen, gestohlen und nach allen Gegenden verschleppt. Man begreift nicht, wie die Bürger einer Hand voll Meuterern einen ganzen Tag über ruhig zusehen konnten, ohne Etwas gegen sie zu unternehmen. Erst am zwei ten Tage haben sich eine Anzahl Bürger verei nigt, den Tumult zu unterdrücken. In ganz Schlesien scheint die Aufregung einen hohen Grad erreicht zu haben. Auf den Dörfern handelt es sich besonders um Aufhebung der Feudallasten (Lehnswesen). -f Wenn sich das freudige Gerücht bestätigte: daß von Seiten des Königs von Preußen am 22. März,.Nachmittags 2 Uhr, die Freigcbung des Großherzogthums Posen in Posen selbst pro- clamirt ist, wär's die größte und ruhmvollste That des Königs von Preußen, welche ihm ei nen historischen Namen sichert und mit morali scher Versöhnung auf alle Parteien wirkt. Oester reich scheint willig, mit Galizien ein Gleiches zu thun. Der Jubel der Polen soll unermeßlich sein. Auch Deutschland hätte nicht minder Grund, über diesen Act der Gerechtigkeit zu jubeln; denn er rettete die Ehre der deutschen Nation, einer Nation, die, sobald sie zum Selbstbewußtjein und zur Freiheit gelangt, die frühere Handlungsweise der Cabinete verantworten oder redressiren müßte. Möge sich dann russisch Polen zu rechter Zeit kraftvoll und siegreich erheben und ein Volk wie der zu den Rechten kommen, welche ihm die Ge schichte gab und die ihm in einer Lüstern Zeit durch das Faustrecht der Cabinete ans schmach volle Weise geraubt wurden. Polen und Deutsch land würden nicht mehr Feinde, sondern Brüder gegen die brutale Barbarengcwalt des Nordens sein. -f In Crefeld fand am 20. ein großer Kra wall statt. Viele Fabriken wurden zerstört, Fen stern eingeschlagen re. Einige Verwundungen sind dabel vorgekommcn. Auch in vielen andern großen Städten Preußens sieht es sehr kriegerisch aus, sie scheinen nicht mit Berlin sympathisiren zu wollen, indem cs ihnen nicht wahrscheinlich ist, daß einem König, der einem sünfzehnstündi- gen Morden müßig zusah, unbedingtes Vertrauen wieder geschenkt werden könne, wenn er auch viel und mehr noch als andere Fürsten bereits ver sprochen habe. Er will sich zwar an die Spitze Deutschlands stellen und ein einiges Deutsch land Hervorrufen, hat aber vergessen zu fragen: ob Dcut'chland ihn auch haben will. -f Nachdem der Großherzog von Mecklenburg- Schwerin unterm 14. März bekannt gemacht hatte, daß er keine Petitionen, die etwa in Landes-Ver fassungs- oder ähnlichen Angelegenheiten an ihn oder sein Regierungscollegium eingehen würden, anzunehmen geneigt sei, erhielt derselbe folgenden offenen Brief von der Stadt Grabow und der Umgegend: Königl. Hoheit, königl. Hoheit! In den Zeiten, wo deutsche Fürsten sich glücklich schätzen, inmitten ihres Volkes zu stehen, haben Sie Sich losgerissen von Ihrem Volke, Sie haben cs ver schmäht, den Mecklenburgern in's Auge zu sehen, und durch einen von Lützow einen Regierungs befehl veröffentlichen lassen, der das ganze Land in Empörung bringen wird. Wir bitten Sie, den Einflüsterungen Ihres Onkels in Berlin nicht länger Ihr Ohr zu leihen, damit Kanonen donner nicht die Musik sei, die Sie Ihrem Volke bringen wollen. Wenig sind der Jahre, die Ew. königl. Hoheit regiert haben, und wohl entsteht in manches Mecklenburgers Herzen die Frage, ob Ew. königl. Hoheit schon selbst die Regierung angetreten. Zeigen Sie durch einen Act, wodurch Sie Sich in Mitte Ihres Volkes und Ihrer Zeit stellen, daß Sie ein würdiger Nachfolger eines Heinrich des Fünften seien. Seien Sie ein deutscher Fürst! Möge Ihre Brust erfüllt wer den von deutscher Fürsten-Ehre, auf daß Meck lenburg endlich die Schmach des Rufes des un gebildetsten deutschen Volkssiammes von sich ab schüttle. Wir bitten Sie, umgeben Sie Sich mit Männern, die des Volkes Vertrauen genießen, und verbannen Sie alle die Männer, die nur dazu dienen können, den Unwillen des Volkes gegen sich selbst und gegen Sie zu reizen. Ei len Sie, den Beschluß vom 14. d. M. zurückzu nehmen, auf daß nicht eine Deputation in Masse Sie belagere. — Eine verständlichere Erklärung gegen einen Fürsten hat man wohl noch nicht gelesen. Der junge Großhcrzog wird diese Sprache wohl verstehen und sie beherzigen; es habcn's ja Andere auch gcthan. 's In Wien kommt man der Armuth sehr zu Hülfe. So sind unter Andern» die nicht unbe-