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«ltchronlk . > a»o .ollsavaaoä Vie transportable Stabt Ei« Meisterstück der amerikanischen Technik. Im Staate Ohio hat di« amerikanische Technik zum ersten Mal« da» Kunststück serriy bekommen, eine Stadt mitsamt seinen Aweihunbertunbfünf-ig Häusern r»rn fünf Kilometer zu ver' lesen. Der Bau einer riesigen Talsperre erfordert« diese Dislokation, bei der die Häuser in unzerlegtem Instand« oibtranspottiert wurden Der Umzug ein zelner Häuser hat bereit» früher schon häufig statt' gefunden. Wer do» Experiment, eine ganze Stadt ohne Abbruch und Diederausbau zu verxflanzen, blieb natürljK den Amerikanern vorbehalten. Wer etwa einmal Gelegenheit hoben sollte, in den Bereinigten Staaten durch Ohio südlich de» Eriesee» eine Reist M machen, der möge au» dem Coupt- fenster blicken, wenn der Schaffner „Osborn" au»rust. Man wird dann eine hübsch gelegen« kleine Stadt erblicken, mit anheimelnden Wohnstätten, die in weiten Gärten zwischen schattigen Alleen liegen. Niemand würde auf Len Gedanken kommen, daß di« meisten dieser Häuschen nicht auf diesem Grund er baut worden find. Noch vor weniger al» zwei Jahren lag Osborn im Tas de» Mad-Flusie», etwa fünf Kilometer von seinem heutigen Standplatz ent fernt. Dort würde es auch noch heute liegen, wenn nicht da« berühmt« 30-Millionen-Dollar-Projekt der Miami-Talsperre verwirklicht worden wäre, Al» die Pläne für die Errichtung einer Sperrmauer quer durch den Mad-Fluß entworfen wurden, war da« kleine Osborn zur Aerstörung verurteilt? denn nach der Vollendung de» Dammes hätte e» hinter diesem mitten in einem Staubecken gelegen, der Gewalt des Hochwasser» ausgeliefert. Die Baubehörde zahlte den Eigentümern für ihren Grundbesitz und ihre Häuser, die abgebrochen wenden sollten, natürlich einen anständigen Preis. ?ll»er das war nicht im Sinn« der Bewohner, die ihre alten Heimstätten liebten und sich davon nicht trennen wollten. Sie holten sich daher die Austim- mimg der Behörde, um die Stadt al» Gan ze» -urückkaufen zu können. Au diesem Zweck wurde die Osborn-Development-Tompany gegründet, die sozusagen di« Stadt in Bausch und Bogen über nahm. Der erst, Schritt der neuen Defrlltchaft war der Ankauf eines entsprechend großen Landgebietes, etwa anderthalb englische Meilen von dem alten Ort entfernt. Das Gelände wurde geebnet, Straßen nmrden gezogen, Wasserleitungen gelegt, und da» alles, bevor ein einziges Hau» gebaut oder nach dem neuen Ort versetzt wurde- Erst al» die» alle» fertig war, wurden die 230 Hauser im alten Osborn näher untersucht. Es wurden 17k al» kräftig genug be funden, den Umzug zu überstehen- Für den Riesen transport wurden vier Güterzüge mit Hilfs materialien, Zugmotoren und so weiter benötigt. Zunächst wurde quer durch da» Gelände zwischen dem alten und dem neuen Osborn ein« breite Straße gezogen. Auf dieser asphaltierten Straße wurde dann ein Haus noch dem anderen in vorsichtiger und mühevoller Arbeit angehoben und ans große, rollwagenähnliche Plattformen ge stellt, die an starken Drahtseilen durch Motor trecker nach dem neuen Ort gezogen wurden. Da da» neue Osborn aber 20 Fuß höher lag al« da» alte, gestaltete sich der eigenartige Umzug um so schwie riger und machte häufig di« Anwendung kräftiger Hebewerkzeug« und Hebel notwendig. Besonder» originell war die Verlegung Osborns dadurch, daß wahernd des Umzug» das häusliche Leben der Einwohner fast zu keiner Zeit gestört wurde. Sie nahmen regelmäßig im Hause ihr« üblichen Mahlzeiten «in, schliefen in ihren Betten, nur mußt«, sie da» Wasser von draußen herein holen, weil di« Leitungen natürlich abgesperrt waren. Do» Telephon funktionierte ebenfalls nicht. Aber «» war ein ungewöhnlicher Anblick, gleichzeitig drei oder vier Häuser hinter den Augmotoren über die Landstraße dahinkriechen zu sehen, au» deren Fenstern die Bewohner blickten und sich unterhielten, als hätten sie festen Boden rmter Len Füßen. Sogar da» Geschäftsleben'nahm unterwegs zum Teil seinen Fortgang So hielt zum Beispiel ein Kaufmann während der Verlegung auf dem ganzen Transportwege einen erfolgreichen Ausverkauf ab. Man darf dabei freilich nicht gleich an die modernen Warenhauspaläste unserer Großstädte denken- Immerhin war da» reisende Geschäftshaus von Osborn 100 Fuß lang und 34 Fuß breit und barg in seinen Mauern dar stattlich« Gewicht von 8S Tonnen Eisen. Die Eimer, Kannen und Töpfe im Wirtschaftslage« Liest« Warenhauses waren während de» Umzug«» an der Deck« aufgchängt, und sie machten in ihrer Art ein« laut« unb deutliche Reklame, indem sie bei jeder unebenen Stelle der Straße heftig aneinanderklirrten. Die Verlegung Osborns, inklusive aller Dor- arbeiten, hat beinahe zwei Jahr« gedauert, und die Kosten betrugen etwa 800 000 Dollar Jetzt ist inan dabei, die einzelnen Häuser an die neue Wasser leitung, sowie an Telephon und Licht anzuschließen, und hinterher wird dann ein großes Fest ver- anstaltet. Die Anerkennung Die 16jährige Irma B. hat in dem Holsteinischen Seebad G. drei Menschen da» Leben gerettet. Etwa weitab von den Stranokörben und Burgen badeten ostr älter« Leute. Plötzlich ertönten Hilfe rufe. Drei Menschen find in einer Untiefe verschwun den, gekrampfte Hände recken sich qüfesuchend au» dem Wasser empor, die vierte Person, de» Schwim mens unkundig, vor Schreck wie erstarrt, kann weiter nichts tun, als gellende Schreie ausstoßcn. Irma D. springt aus ihrer Sandburg, läuft in ihrem weißen Sommerkleidchen in» Meer hinaus, taucht, holt die drei Ertrinkenden an» Licht und schleppt sie an den Strand. Irmas Mama denkt: Wenn mein liebes Kind schon ihr Leben eingesetzt und drei Menschen gerettet Hot — ich hätte ja nicht dabei sein dürfen — so wäre es doch ganz schon, irgendeine „Belobigung" schwarz auf weiß, eine Anerkennung von der Badeverwaltung mit nach Hause zu nehmen; zur stolzen Erinnerung an G. Bekannte der Familie B. setzen «inen schönen Schreibebrief auf „an die löbl. Badeverwaltung" und tragen ihr Ansuchen vor. Dies getan, verläßt man da» schöne G., denn die Ferien sind zu Ende, und kehrt nach Leipzig heim. Nach einer gemessenen Frist trifft da» Be lobigungsschreiben der Badeverwaltung ein. L» lautet: In Anbetracht des Umstande», daß die be treffenden Personen (folgen die Namen) an ver botener Stelle gebadet haben sind wir nicht in der Lage, an Fräulein Irina B. eine An- «rkennung zu vergeben. Stempel. Badever waltung G. Diese Anerkennung ist einaerakmt, aufgehängt und in Leipzig zu benchtigen. Ich habe sie gesehen. — Erfundene Geschichte? Euer« Skepsis »wingt mich zu so banalem Abschluß: Wer» nicht glaubt, kann den Namen de» Badeorte» und der Retterin von uns erfahren. Nek. <kin unbewohute» Haus «au — L7 Zimmern. Die Manieren und Methoden mancher Wohnungs ämter sind ja bekanntlich so eigenartig und für Laien vollständig unverständlich, daß es kaum Zweck hat, zu den unendlich vielen Probestücken, die über dieses Thema im Laufe der Jahre veröffentlicht wor den sind, neue hinzuzufügen. Und doch gibt es immer wieder Fälle, die so kraß und so kurios zu gleich sind, daß sie mitgeteilt zu werden verdienen. In der Kolonie Grünewald gibt es in der Brahmsstraße eine fürstliche Villa, die die Kleinigkeit von 57 Zimmern aufweist. Diese Billa, vollständig möbliert und auf da» eleganteste aus gestattet, steht seit langem schon leer und wird über haupt von niemandem bewohnt. Die Eigentümerin ist eine Holländerin, die das prunkvolle Hau» während der Inflationszeit für ein Butterbrot ge kauft hat und sich jetzt ständig in Holland aufhält. Durch die Heirat ehrlich geworden. Der 32 jährige Elektriker Wolfgang Urban verbüßt eine Kerkerstrafe von vier Jahren im Landesgericht in Wien. Dor kurzem hat er nun mit Bewilligung de» Gerichts seine Braut, ein braves Mädchen, geheiratet. Die Trauung fand in der Gefängniskapelle statt. Trau zeugen waren ein Gefängnisbeamter und der Ver teidiger des Bräutigam». Der Gefängnisgeistliche ermahnte in seiner Ansprache den Bräutigam, seiner Frau zu Liebe vom Wege der Ehrlichkeit nicht mehr abzuweichcn. Seit der Trauung ging in der Tat eine große Wandlung mit Urban vor. Er ge stand freiwillig eine Anzahl Verbrechen, die ohne seine Aussage nie entdeckt worden waren. So hat er in den Jahren 1S18 und ISIS aus Amtsgebäuden 85 Schreibmaschinen gestohlen. Wegen dieser Diebereien stand er jetzt vor Gericht und wurde zu einer Iusaßstrafe von einem Jahr Gefängnis ver urteilt. Seit« I Sherlock Hol»«» in Pension. Einer der erfolg reichsten Detektive England», Inspektor Fer rier, verläßt tn diesen Tagen nach nahezu dreißig- jähriger Tätigkeit Scotland Pard, um sich ins Privatleben zurückzuziehen. Ferrier hat eine große Anzahl der sensationellsten internationalen Ver brechen aufgeklärt. Seine streng wissenschaftliche Methode hat Lonan Doyle die Anregung zu seinem Sherlock Holme» gegeben. Ein besonderer gweig seiner Tätigkeit war die Ueberwachung der Weltausstellungen. Au wiederholten Malen leitete er die Transporte der Iubiläumsgeschenke der Königin Viktoria, di, die englische Regierung in St. Louis wie in Brüssel ausstellte. Als ganz her vorragender Sachverständiger gilt er in der Identi fizierung von Verbrechern. E« wird behauptet, daß er Tausende von Fingerabdrücken im Kopf hat, und in den meisten Fällen au» dem bloßen Abdruck, ohne nachschlagen zu müssen die Person zu identifizieren vermag. Di« hinausgeschobene WorierklSruug. Zur Zeit der Königin Viktoria von England beschloß man, ein Wörterbuch der Bibel zusammenzustelle». mit dessen Herairsgabe das Derlagshaus Murray in London beauftragt wurde. Gleich bei der Bear beitung des ersten Wortes A r k (Arche) ergaben sich unter den theologischen Mitarbeitern Schwierig keiten der Erklärring, die angesichts des damaligen Standes der theologischen Wissenschaft unlösbar schienen. Man entschloß sich deshalb, einen Ver legenheitsausweg zu suchen und verwies bei dem WortArk auf das Wort Deluge (Sintflut). Mit diesem „siehe Sintflut" batte man wenigsten» Zeit gefunden, und der erste Band konnte erscheinen. In- »wischen wurde der Professor der Theologie an der Universität Cambridge, Farrer, mit der Redaktion de» Artikel« über das Wort Sintflut betraut. V» er seine Arbeit aber vorlegte, fand man sie zu wenig orthodox. Man bezahlte ihm wohl seine Arbeit, sah aber von dem Abdruck ab und begnügte sich, bei dem Worte Deluge das alte Rezept zu wiederholen unL an Stelle einer Erklärung auf das Stichwort Noah zu verweisen. Jetzt ist man so weit, den dritten Band de« Bibelwörterbuches in Druck zu geben, und cs ist drrrchaus nicht unwahrscheinlich, daß man auch bei dem Wort Noah sich, um Schwierig, ketten aus dem Wege zu gehen, vorläufig mit dem Notbehelf „siehe Sem" au« der Sache ziehen wird. Der lebensmüde Scharfrichter von Loudon. Der Londoner Henker John Ellis hat vor einigen Tagen einen Revolverschuß auf sich abgefeuert. Ellis wurde nur verwundet und sofort ins Krankenhaus gebracht, wo die Kugel entfernt werden konnte, so daß der lebensmüde Scharfrichter mit dem Leben da vonkommen wird. Starke nervöse Depression hat Ellis zu diesem Selbstmordversuch getrieben, der in Londcn ungeheures Aufsehen erregt hat. Denn ganz London kannte den Mann, der in der City ein gut gehendes Friseurgeschäft betrieb, da» sich großen Zuspruchs aus allen Kreisen der Bevölkerung der Hauptstadt erfreute. Denn eine so unerwünschte Erscheinung er den Verurteilten war, so angenehm uar er als Privatmann, und die vornehme Welt ließ sich gerade von ihm gern rasieren, weil er beim Rasieren so interessant von seiner Tätigkeit unter dem Galgen zu „plaudern" wußte. Der Henker in England ist nämlich nicht, wie in Deutschland, eine vom Staat bestellte Person, sondern ein Pri vater, der vor jeder Hinrichtung vom Sheriff be fragt wird, ob er für die gerade fällige Exekution zur Verfügung steht. Der Staat zahlt ihm für seine Mühewaltung eine Gebühr von zwei Pfund. Seit Ellis Frau Thompson hingerichtet hatte, die wegen Anstiftung zum Gattenmord zum Tode ver urteilt worden war, hat er keine Ruhe mehr gefun den. Die fürchterlichen Schreie des Entsetzens, di« die Delinquentin im Angesicht des Galgens ausstieß» gellten dem Henker unaufhörlich in den Ohren und umdükterten sein Gemüt. Ellis will nun, da er mit dem Leben davongekommen ist, seinem traurigen Handwerk den Rücken kehren und er hat die Gerichts behörden wissen lassen, daß sie in Zukunft nicht mehr arrf ihn zu rechnen brauchen. 44 diese Hoffnung auf — man mußte sich wohl bis zu des Dichters Tode gedulden. Schließlich konnte ja der Dichter auch nicht ewig leben. Herrn Josef gefiel es, in seinen Erinne rungen noch AU blättern, doch allmählich war es ihm, als habe er alle Erinnerung nur irgend- wo gelesen. Und auch mit seiner Frau erging es ihm genau wie einstmals nach dem Tode der Tante Emily: Jetzt hinterher erschien es ihm, als ol> sie vorher auch nicht da war. Und mehr und mehr versank ihm das Erinnern. Zuweilen war es so wie einst in früheren Zeiten, da er ganz friÄUich im Behagen saß und weder vor- noch rückwärts dachte. Er schritt durch seinen Garten, schritt den kleinen Weg vom Gartentor zum Hause und fühlte, daß die kleine Spanne Wegs der Weg des eigenen Leben» sei. Manchmal, um sich zu besinnen, daß er da draußen in dem Leben war, nahm er sein Buch hervor, da» auf feinstem Bütten gedruckte, handschriftlich von ihm signierte, und blätterte darin und las. Und bei irgendeiner Stelle, die ihm vom Vortragstisch noch geläufig war, nickte er dann beifällig, als ob er sich auf den ursprünglichen Gedankengang noch ganz genau entsinne, den er sogleich wieder vergaß. Schließlich gab er auch da» Leben in dem Buche auf. Au» ein« Weisheit, die ihm nun am Ende diese» seine» kleinen Wege» nahte, erkannte er, daß wir un» nicht verwechseln können und wir gebunden an die eigen« Fügung find. War nicht das Schicksal auch der Fra« da» gleiche stet» geblieben wie zuvor? und hatte nicht d« Sänger noch über seinen Tod heraus das Schicksal seine» Ruhme» tn dem Erfolge de» Buche» weiter erleben müssen? Als er älter wurde und die Jahre in stillem Gleichmaß schwanden, da hatte er vergessen, daß einst als Gast das Schicksal in seinem Leben war. Er schritt am Arm der alten Magd nun durch den Garten, wo die Laube baufällig und erdrückt von dem Jasmine stand. Und beide stützten sie sich wechselseitig, wie einst der Sänger mit dem Hausherrn gemeinsam durch die Dämmerung schritt. Und als ihr Herr starb, starb am Tag da nach die alte Kathrin, und fremde Menschen nahten und suchten in dem stillen Hause nach des berühmten Dichters verschwiegenem zweiten Werk. Doch keine Zeile ward gefunden als das schon vergilbte Original von des berühmten Dichters bekanntem ersten Werk. An dem Hause ward eine Diarmortäfel mit güldener Inschrift angebracht und in dem Garten, wo die Laube stand, ward ein Denk mal aufgerichtet, da saß erhöht auf einem Marmorsockel der Dichter nun in Bronze da. Und der Blick des Mannes, der durch ein ganzes Leben immer nur das Nahe sah, er schweifte nun für immer träumerisch zur Ferne. Man pilgerte zu des Berühmten Grob. Dort log er neben jener Frau, um di« sein Werk erblühte. Und neben den also im Tod Geeinten war noch ein drittes Grab: der Grad- stein war von Efeu überwuchert, der Name schon verwittert und vergessen. Ende. Der Gast vöm gewen Zimmer 11 Bon e«tt»»rina Sockwln Dies und anderes konnte er in den Kritiken in ihrer tiefsten Eigenart begriffen und Unser- und in den überschwenglichen Briefen lesen, di« standene wallfahrten hin zu des Dichter in großer Zahl den Weg zu seinem Hause fanden. Heim. Er sah sein Bild in den illustrierten Zeit schriften prangen, er sah sich im Film ge messenen Schrittes vom Fenster nach dem Schreibtisch gehen, und der Lorbeer in des Sängers Arbeitszimmer grünte nun frisch für ihn. Sein Buch ward auch in fremde Sprachen übersetzt und erntete im Ausland gleich großen Erfolg. Endlich ließ er sich nach längerem Zaudern dazu bestimmen, am Vortragstisch zu er scheinen, wo er einer großen, andachtsvollen Gemeinde sympathisch unbeholfen aus seinem Werke vorlas. Und was das Publikum ent zückte, war, daß er so gar nicht routiniert, so unberührt von dem eigenen Ruhme blieb. Je öfter er jetzt vor die Menge trat, um so über zeugter wähnte er sich als den Schöpfer dieses Werkes, ja allgemach mußte er sich dazu zwingen, seine Schüchternheit und Welt- Verlorenheit noch zu markieren und in der Pose seiner Schlichtheit ward er endlich Meister. Seine Frau hatte sich wieder daran gewöhnt, die Koffer ein- und auszupacken, es kämen wieder Briefe, Besuche, Telegramme, die ihren Mann zu Vorlesungen und zu Kongressen riefen. Auch mit Ehrenämtern hatte man den Berühmten nicht verschont, er wehrte ab, er ließ sich lange bitten, doch sagte er am Schlüsse meistens zu. Auch di« weibliche Verehrung blieb nicht au», die Frauen fühlten sich von ihm Seiner Gattin oblag, wie einstmals, die Sorge um den Haushalt und die Sorge um die Kinder, die nun bald herangewachsen waren. So kam sie nicht immer dazu, Herrn Josef bei seinen Dortragsreisen zu begleiten. Und wenn er dann alleine auswärts weilte, geschah es wohl, daß eine Unverstandene von ihm ver standen ward. Und eine oder die andere konnte hier erfahren, daß nicht ein jedes Wort, in dem ein Dichter seine Seele preisgibt, der Wirklich keit zu entsprechen braucht, und daß die Frau, die er in seinem Kunstwerk als die Erfüllung seines Lebens krönte, in Wahrheit ihn doch wohl nicht ganz erfüllt«. Nach einiger Zeit begann seine Frau zu kränkeln. Sie hatte eine schwere Niederkunft. Das Kind der Liebe, das sie ihren; Mann ge bar, war ohne Lebenskraft, und bei der Pflege dieses Kindes opferte sie die eigene Kraft. So kam es ganz von selbst, daß sich ihrer beiden Wege sachte trennten, da sie durch ihre Pflichten an das Haus gefesselt war und Herrn Josef seine wachsenden Verpflichtungen viel aus dem House riefen. Oftmals, wenn er erst spät am Abend nach Haus gekommen war und am nächsten Tage bi» in den Hellen Mittag schlief, sprach die Mutter ängstlich zu den Kindern, ge nau wie einst vor langen Jahren: „Pst, seid still, der Vater schläft." Herr Josef Kutterer ließ sich in dem neuen Lebensstrom» treiben. Die Bild« an den Nfern