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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.08.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192408280
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19240828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19240828
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-08
- Tag 1924-08-28
-
Monat
1924-08
-
Jahr
1924
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liche Gegnerin von Amnestien für politische Ver- vrecher. (Lärm bei den Nationalsozialisten und Kommunisten). Die deutsche Regierung war ge zwungen, den separatistischen Landesverrätern Am nestie zu gewähren. Wir sehen keinen Grund, diese» Unheil dadurch zu vermehren, daß wir eine all- gemein« Amnestie geben. (Lärm und Pfuirufe bei den Nationalsozialisten und Kommunisten.) Der Redner wendet sich dann gegen die beleidigenden Zu rufe, die von völkischer Seite heute früh dem Aba. Brodaus gemacht worden seien. Dadurch seien erst di«, unwürdigen Szenen hcroorgerusen worden. (Lärm bei den Nationalsozialisten.) Auch hier habe sich wieder dir innige Gemeinschaft zwischen Kom munisten und Völkischen gezeigt. Der Redner schließt: „Entweder findet dieser Reichstag die Kraft, sich gegen den Radau zu wehren, oder er geht den Weg, den er verdient." (Lärm bei den Nationalsozialisten und Kommunisten.) Abg- Dr. Frick (Nat.-Soz.) weist die Ausführun gen des Abg. Koch zurück. Nicht völkische Zwischen rufe hätten di« Szenen vom Vormittag provoziert, sondern der ganz unverständliche und vom ganze» Reichstag verurteilte Widerspruch des Aba. Brodaus. Abg. Quaatz (DNatl.) erklärt, er habe in der zweit.'n Beratung nicht gegen das Reichsbahngesetz zu sprechen brauchen, denn er hätte sich nur den inhaltsreichen und formell vollendeten Ausführungen des kommu nistischen Abg. Rosenberg anschließcn können. Abg. Kopsch (Dem ) erhält nachträglich vom Vize präsidenten Richer einen Ordnungsruf wegen des gegen die Völkischen gerichteten Zwischenrufes: „Ihr seid di« schlimmsten Hetzer!" Tlbg. Stöcker (Komm.) bestreitet, daß die Kom munisten im Scchzigerausschuß mitgearbeitet hätten. Za diesem Ausschuß hätten viele Sozialdemokraten, Volksparteiler, Demokraten und Zentrumsleut« min destens di« Separation von Preußen betrieben. Abg. Koch-Weser (Dem.) hält dem Abg. v. Graefe di« beleidigenden Zurufe vor, die er gegen den Abg- Brodaus gerichtet habe. Abg. v. Graefe (Nat.-Soz.) erklärt, er halte diese Zwischenrufe aufrecht angesichts der bodenlosen Gemeinheit, die Abg. Brodaus mit seinem Wider spruch bewiesen habe. Die Völkischen trennt rin Abgrund von den Kommunisten. Aber bei den Kommunisten ist doch mehr Idealismus vor handen als bei den „verkalkten sogenannten Demo kraten". (Lebhafter Beifall bei den Nationalsozia listen) In der weiteren Auseinandersetzung zwischen Demokraten, Völkischen und Kommunisten, di« sich unter allgemeinem Lärm vollziehen, erteilt Vizeprä sident Rießer verschiedene Ordnungsrufe. Abg. Stöcker (Kom.) wiederholt die Behauptung, daß parlamentarische Mitglieder des Sechzigeraus- schusie» mit dem französischen General Tirard über die Loslösung des Rheinlandes verhandelt haben. Das sei mit Zustimmung des damaligen Innen- Minister» Jarres geschehen. Abg. Sollmann (Soz.) erwidert, sein Freund Meerfeld habe dem General Tirard erklärt, die Sozialdemokraten würden niemals einer Lostren nung de» Rheinlandcs zsistimmen. Um 2,15 Uhr wird die Sitzung bis 5 Uhr unttt« Krochen- Inzwischen beschäftigt sich der Aeltestenrat Mit den Vorgängen der Vormittagvfitzung. Um 5 Uhr sollen die Abstimmungen der zwei ten Lesung vovgenommen werden. Während der Unterbrechung der Sitzung zwischen 2 und 5 Uhx tagte der Aeltestenausschuß de» Reichstages, um sich mit den Prügelszenen zu befassen, die sich im Plenarsaal abgespielt hatten. Er kam zu keinem Beschluß und einigte sich schließlich daraufhin, die näheren Ermittlungen über die Vor gänge und die daraus zu ziehenden Konsequenzen dem Vorstand zu überlassen. Um -L6 Uhr nachmittags eröffnete Präsident Wallraf die Sitzung wieder und erklärte, daß man nach dem Stenogramm der deutschvölkische Abg. v. Graefe durch Zwischenrufe beleidigender Art den demokratischen Abg. Brodaus verletzt habe. Er rufe ihn deshalb zur Ordnung. ' Die Prügel szenen, die sich abgespielt haben, hätten bis »ur Stunde nicht bis in alle Einzelheiten einwandfrei frstgestellt werden können. Fest " vorläufig nur, daß sich als Angreifer an ihnen beteiligt haben die kommunistischen Abgeordneten Grube, Nedder- m «i« r und Epstein. Der Präsident erklärt«, daß er wegen gröblicher Verletzung der Ordnung de» Hauses die drei genannten Ab-gord- neten von der heutigen Sitzung aus schließe, und forderte sie auf, den Saal zu verlassen. Der kommunistische Abgeordnete Stöcker meldet sich zum Wort, um eine Erklärung abzugeben. Der Präsident verweigert ihm da» Wort und betont, daß er so lange niemandem da» Wort erteilen werde, als dir drei Abgeordneten nicht den Saal verlassen haben. Von den Bänkn der Kommunisten wird dem Präsidenten zugerufen: „Da können Sie lange warten!" Tatsächlich bleiben di« drei Abgeordneten auf ihren Plätzen. Nach einer Pause verfügt der Präsident, daß er di» Sitzung auf fünf Minuten unterbreche. (Dir Sitzung dauert fort.) k> poincarS Hai abgewirtschaftet Pari», 27. August. (Eia. Tel.) Der beste Beweis dafür, wie die Position Poincarb« in der öffentlichen Meinung in den letzten Wochen aesunkrn ist, ist die Tatsache, daß beinahe kein Oppo- sition»blatt heut« früh sein« Verteidigung ergreift. Einige widmen ihm nicht einmal die Höft lichen Wort«, di« st« bei anderen Gelegenheiten selbst für den politischen Gegner finden. Da» führende Oppofition»blatt, das „Echo d« Paris" spricht von einer „traurigen" Debatte und weist ironisch darauf hin, daß derselbe Senat, der vor leck» Monaten Poinearö» Politik billigt«, heute mit Eifer die Ruhr räumt und sich in eine Mehrheit für H « rrtot um- aewandelt Ka4 Di« festen Entschlüsse PoincarS», fährt da» Blatt fort, find in einem Plädoyer liquidiert worden, welche» versucht, die Vergangenheit zu recht fertigen. Di« „Journee industrielle" spricht von einer ^fürchterlichen" Sitzung. Di« übermäßige Länge d:r Rede Poinearö» sei ein erster Fehler gewesen. Ein zweiter Fehler de» Redner» hätte darin bestanden, daß er bi» in di« geringsten Einzelheiten hinein eine Verherrlichung seiner vorangegangenen Haltung zu geben suchte. Oie Lag« in Berlin Von unserer Berliner Redaktion. R Berlin, 27. August, -eut« gilt die Frage, wie der Reichstag über die Dawe»-Ges«tr entscheiden wird, kaum noch al» aktuell. Biele sprechen nur noch davon, wie hoch die Deutschnationalen den Preis ihres Ja in die Höhe treiben und wieviel und welche Zusatzantrüq« — die sämtlich als Demonstrationen anzusehen sind — die gutmütigen Mittelparteien ihnen genehmigen werden, damit sie mit diesen Feigenblättern ihren beschämenden Umfall nach Mög lichkeit verbergen können. Politisch wesentlicher je- doch ist, was nach der Annahme der Dawes-Gesetze kommen wird. Wenn die Gutachtengesetze angenommen sein sollen, wird ja die Regierung dem Reichstag Gesetze vorlegen, die wahrscheinlich nur in diesem Reichstage Aussicht auf Annahme hab«», Gesetz«, die, wie die Schutzzollvorlape und das Arbeitszeit gesetz, nur gegen ine Stimmen der sozialistischen Arbeiterparteien, also mit den Stimmen des „D ü r- gerblocks" angenommen werden können. Gerade aber das ist ja die unausgesprochen« Absicht aller Väter de» Dürgerblock-Gedanken», von Heinze und Stegerwald bis zu Westarp und Wulle. Was sie unter dem Namen Bürgerblock erstreben, ist in Wirklichkeit di« Zerreißung des republika nischen Deutschlands in einen „bürgerlichen" und einen Arbeiterflügel und di« Herabdrückung der Arbeiterschaft, des stärksten republikanischen Ele ments in Deutschland, zum Objekt ihrer Gesetzgebung. Gerade deshalb können aber diese Gesetze der Anlaß werden, diesen Reichstag zu sprengen und damit das Volk von einer Vertretung zu be freien, die seine wahre Stimmung schon längst nicht mehr widerspiegelt. So könnte etwa da» Arbeit»- zeidgesetz, selbst wenn es schon vom Reichstag« an genommen wäre, durch einen Volksentscheid, der sich für die Ratifizierung des Washingtoner Ab kommens und damit prinzipiell für den Achtstunden tag ausspricht, aufgehoben werden, womit zugleich die Autorität de» Reichstage» entschwunden wäre. Die Tatsache, daß die demokratischen Mitglieder des Kabinetts ebenso wie der ReichsarbeitsminiVer gegen die Einbringung der Zollvorlage in diesem^ Augen blick gestimmt haben, eröffnet erfreuliche Aussichten auf di« Haltung der demokratischen Fraktion und gewisse Telle de« Zentrums in diesen Fragen. Wenn die rein innerpolitischen Themata des Zolltarif» und der Arbeitszeit zur Debatte stehen, müßt« die Gelegenheit benutzt werden, um mit die sem Reichstag, in dem «in Drittel seiner Mitglieder keinen höheren Ehrgeiz kennt, al« alle wirklich po litisch« Arbeit nach Möglichkeit zu hemmen, er- barmungslos Schluß zu machen. Käme es in näch ster Zeit zu Neuwahlen in Deutschland, so werden sie in einer so günstigen Situation für di« deutschen Republikaner stattfinden, wi« sie kaum bisher dagewesen ist. Da» auch seinen Freunden unerwartet starke Wachstum de« „Reichsbanner Schwarz-Rot- Gold" beweist, wie weite Kreis« der Bevölkerung von den Entartungen der nationalistischen Propaganda mit Ekel erfüllt worden sind. Die vollendet un würdig« Art, in der die Deutschnationalen sich jetzt ihr« Stimmen a kaufen lassen, um dem Dolksgericht der Neuwahlen zu entgehen, würde in einem den- noch ousbrechenden Wahlkampf ihnen den Rest geben. Endlich verrät ja auch die schreckliche Angst, mit der Blätter wie die „Deutsche Allgemeine ZMung" und die Scherlpresse die deutschnationale Fraktion be- schwören, es doch ja nicht zur Reichstagsauflösung kommen zu lassen, wi« genau sie wissen, daß Neu wahlen di« Geschicke der deutschen Republik endlich wieder in die Hände von Republikanern legen würden. Neuwahlen würden die Befreiung aus den größ ten Schwierigkeiten de» Augenblick» bringen. Die Frag« ist nur noch, ob sich Männer und Parteien finden werden, di« d«n Mut haben, sie zu er zwingen. Sonst ist der für di« Republik günstige Moment vorüber, und einer Bürgerblock - Gesetz, qe-bung würde auch eine Regierung des Bürgerblocks folgen, die eine Aera schwerster innerpolitischer Kämpfe und nie endender Streitigkeiten mit deck Ausland einleiten würden. Rüstzeug für -en amerikanischen Vahlfelözug Unser Tondrrkabel durch valtsä ?rss». Nachdruck verboten Washington, 27. August. Da» von den Republi kanern für den Wahlkampf herausgegebene Handbuch hebt die Bedeutung d«r mit Mitteleuropa abgeschlossenen Friedensverträge hervor. Es erwähnt, daß der deutsche Vorschlag, einen amerikanischen Unparteiischen für di« Kommission zur Erledigung der gemischten Ansprüche zu ernennen, «ine hohe Anerkennung für den amerikanischen Gerechtigkeitssinn darstellt. E« er- wähnt kaum den Dawes-Bericht, wahrschein lich, weil e« vor Abschluß der Londoner Verein barungen geschrieben wurde und schließt mit den Worten: „Die ausgezeichneten Beziehungen der Der- einigten Staaten zu den Staaten de» amerikanischer. Kontinents sind eine Lehre für Europa." Rew Pork, 27. August. (Eig. Tel.) Staats sekretär de» Auswärtigen Hughes Hot eine zusam- menfaflend« Uebersicht der Politik der Vereinig ten Staaten verfaßt, di« für den republikanischen Wahlfeldzu« bestimmt ist und in der er den Völ- kerhund angreift. Hughes erklärt, es wäre mehr al» nutzlo», von neuem über die Teil- nähme der Vereinigten Staaten zu debattieren, weil die Satzungen de» Völkerbünde» gegen die Grund sätze der Monroe-Doktrin verstießen. Kort-aver -er Depression in Amerika Unser Londrrkabel durch vaiteck kre« Nachdruck Verbote». Washingts», 27. August. Nach einem Bericht des Federal Reserve Board hat sich die industrielle Depression im allgemeinen in den Dtonaten Juli und August fortgesetzt. Die Eisen-, Stahl- und Textilindustrie find weiter herabgegangen, wäh- rend die Produktion von Mehl, Zement, Kohle und Kupfer zugenommen hat. Die Großhandelspreise find gestiegen und haben damit zum ersten Male hauptsächlich die Preissteigerung der landwirtschaft lichen Produkte wtdergespiegelt. Die Beschäftigung im den Fabriken stieg um 4 Prozent. Amerika als Geldgeber No» P»rk, 27. August. (Eig. Tel.) Heut« wird di« erste amerikanisch« Anleihe für die österreichische Industrie seit dem Kriege angekündigt, und zwar durch ein Re« Parker Ban- kenshndikat. Dir Anleihe beläuft sich auf S Millionen KX-prozeytiger Obligationen und ist für di« nieder österreichischen Wasserkraftwerke bestimmt. Die An leihe wird dem amerikanischen Publikum zum Kurse von 85 Prozent angeboten und ist nach Fälligkeit in Goldmünzen der Vereinigten Staaten zurückzuzah len. Gesichert ist die Anleihe durch eine feste erst« Hypothek auf da» gesamte Eigentum der niederöster- reichischen Elcktriziatat»werke. Man erwartet, daß «ine Reihe von weitere» Anleihen für die deutsche und öster reichische Industrie folgen wird. Nach einer zuverlässigen Information werden nach Zeich nung der Anleihe, die der Dawes-Plan für Deutschland vorsteht, mehrere Anleihen fremder Regierungen in Amerika folgen. Vorbereitende Verhandlungen zwischen New Parker Bankiers und der französischen Regierung sind bereits im Gange, und zwar soll es sich um ein« Anleihe im Betrage von 100—200 Millionen Dollar handeln. Konkurrenzfurcht im englischen Kohlenbergbau London, 27. August. (Eig. Tel.) Der Voll zugsausschuß der englischen Bergarbeitervereinigung hat sich mit Ramsay Macdonald in Verbindung ge- setzt wegen der Ausführung de» Dawes-Plans, soweit er rin« Wirkung auf die britische Kohlen, industrie hat. Nlacdonald hat versprochen, den Vollzugsausschuß zu empfangen und mit ihm die Angelegenheit, sobald es ihm möglich ist, gründlich zu besprechen. Nicht nur unter den Bergarbeitern, sondern auch unter den Grubenbesitzern erregt der Dawes-Plan betreffs der Ruhr schwere Sorge. E» wird rin- gewandt, daß der Plan, so wie er ausgeführt wird, den englischen Kohlenexport sehr ernsthaft schädigen wird. Der Exporthandel in Kohlen zeige bereit» eine Verringerung um etwa 1A Mil lionen Tonnen im Monat. Im vergangenen Jahr« bezog Frankreich fast 19 Millionen Tonnen aus Eng- land, da» sind etwa iü>«r 1A Millionen monatlich, Belgien Ski Millionen, Deutschland fast 15 Mil lionen, Italien 7-j Millionen. Die Statistik für dieses Jahr zeigt, daß Frankreich bis jetzt nur IN Millionen Tonnen monatlich bezogen hat. Belgien ist auf N Million Tonnen monatlich gesunken, wäh- rend es im Vorjahre etwas über eine halbe Million bezog. Deutschland hat anstatt IN Million Tonnen nur N Million entnommen. Der Export nach Ita lien hat sich nicht erheblich geändert. Diese Abnahme des englischen Exports, so behauptet man, ist dre direkt« Folge der erhöhten Förderung in den Ruhr gruben und di« englischen Grubenbesitzer find in Sorge, daß die Räumung der Ruhr eine solche Er- Höhung der Förderung zur Folge haben werde, daß der englische Export lahmgelegt oder sogar sein« Existenz bedroht werden könne. Belgien und Frank reich, heißt es, werden ihre volle Quote an Repara tionskohl« erhalten, so bald der Dawes-Plan aus- geführt wird. Ferner fürchten die englischen Grubenbesitzer, daß die niedrigen Löhn, in Deutschland es den deutschen Grubenbesitzern ermöglichen werden, viel billiger zu exportieren, als es di« Engländer fertig bringen können. Bis zu diesem Jahre zeigten sich nach dem Ausspruche der führenden Autoritäten deutliche Symptom« einer Besserung de» englisches Kohlenhandels. Seit dem Waffenstillstand in eine jährliche Gesamtausfuhr von 80 Millionen Tonnen erreicht worden. Man befürchtet jedoch, diese Ziffer infolge der billigeren Löhne und längeren Arbeit», »eit im Ruhrgebiet nicht aufrechterhalten zu können. Betriebseinschränkungen im Ruhrgebiet Essen, 27. August. (Gig. Tel.) In der ver gangenen Woche waren weiter umfangreiche Be- trieb»einschränkungen und Arbeiter entlassungen zu verzeichnen. Im Steinkohlen- bcrgbau sind besonder» in den Bezirken Hörde und Witten durch endgültige Stillegungen zahlreich« Ar beiter der Erwerbslosenfürforg« anheimgesallen. Hierzu kommen die Feierschichten, die auf 146 Schäch ten in der vergangenen Woche 195 56S betrugen. Auch in der metallverarbeitenden Industrie sind weitere Verschlechterungen eingetreten. Die Land wirtschaft, sowie die Industrie der Steine und Erden leiden unter der ungünstigen Witterung und haben ebenfalls Entlassungen vorgenommen. Dagegen ist in der Holzindustrie und in der Papierindustrie eine Verbesserung zu verzeichnen. Die Möbelfabriken haben z. B. zum großen Teil den BetriH wieder ausgenommen. Die Textilindustrie hat ebenfalls zahlreiche Ar beiter wieder eingestellt. Diese Belebung der hauptsächlich auf den Inlandsmarkt beschränkten In dustrie ist anscheinend darauf zurückzuführen, daß von dem Wegfall der Zollgrenze zwischen dem un besetzten und dem besetzten Gebiet eine Hebung de» Absatzes erwartet wird. * Di« Einigungsverhandlungen im rheinisch-west- fälischen Baugewerbe sind wieder geschei tert. Die Gewerkschaftsvertreter erhoben ins besondere für die ungelernten Arbeiter Forderungen, die nicht bewilligt wurden. Sine Konferenz -er Kleinen Sniente Belgrad, 27. August. Die Zusammenkunft der Außenminister der Kleinen Entente wird am 27. und 28. d. M. in Laibach stattfinden. Zur Beratung stehen folgende Fragen: 1. Wi« soll sich die Kleine Entente während der Dölkerbundstagung verhalten, wenn die Frag« der Kontrolle der Rüstungen der besieaten Staaten, namentlich Bulgarien», Ungarn» und Oester reich» verhandelt wird? Die Klein« Entente wird fordern, daß st« in den mit der Kontrolle betrauten Auoschüssen vertrrttn fei. 2 Da» Derhältnt» der Kleinen Entente zu Ruß land. Dabei «erden di« Tschechoslowakei and Südslawien für di« Anerkennung der Sowie tregieru na eintreten. S. Di« Folgen de» Londoner Abkommen» und di« Wirksamkeit de» Dawe»-Plan«». Lor- S-war- Grey Don S. Se»»ns«r (Berliu) Earl Grey, der nun den politischen Schau platz Englands verlaßt, verdient schon «in paar Worte zur Verabschiedung. Rach Au»bruch des Kriege» galt er bei un« al» die Verkörperung des Bösen, als der von allen Teufeln beherrscht« Intri gent, dem e« gelungen Lar, den Strick um unseren Hals zu legen, um unter Benutzung de» „russisch französischen" Kontinentaldegens uns aus der Well- polittk in die bescheiden« Steüuna einer kleineren europäischen Dinnenmacht zurückzudrängen. In seinem Namen verkörperte sich der bi» zu allen Gipfeln der Torheit und der politischen Ignoranz gesteigerte Englandhaß, wi« er in den all deutschen Zirkeln vor Kriegsausbruch schon mit allen Mitteln der Demagogie genährt wurde. Es hat lang gedauert, bis diese Auffassung entwurzelt wurde, und erst di« Veröffentlichungen au» den russischen Geheimarchiven haben der Erkenntnis Bahn ge- krochen, daß Gvey nicht der teuflische Schwarzkünstler gewesen ist, als der er verschrien war. Ob er freilich alles getan hat, wa» er mit den ungeheuren Mitteln des englischen Imperiums in Händ.>n hätte tun können, um die Katastrophe zu vermeiden, ist heute noch eine offene Frage, aber völlig geklärt ist das Problem seiner persönlichen Ueberzeugungen und Anschauungen. Es ist stets ein« unhaltbare Kinderei gewesen, zu behaupten, dieser tatstichlich pazifistisch gesinnte Staatsmann habe dir Einkreisung Deutschland» mit einem militärischen Bündnissystem betrieben er hab« von allem Anfang an den Krieg in Aussicht genommen, um imperia listische Zwecke zu erreichen. Wenn man genau hin- sieht, so zeigt sich, daß das gerade Gegenteil der Fall war- Grey glaubte durch diplomatischen Druck und im Verein mit den übrigen großen Kontinental- staaten di« deutsche Expansion in ein« Richtung h:n- einzuzwingen, di« dem Nebenbuhler einigen Zuwachs brächte. Er glaubte auch Deutschland gegenüber mir den friedlichen Methoden des Ausgleichs jene Wolken der Eifersucht ebenso gründlich zerstreuen zu könne:., wie cs zuvor Frankreich und Rußland gegenüb.'r geschehen war. Diese Auffassung hat die Gewalt des Vulkanismus unterschätzt, d<n: den Balkan und die Habsburger Monarchie zerwühlte und di« überlie ferten staatlich-nationalen Bande sprengte. Aber diesen Fehlerteiltrer bekanntlich auch mit d a in Berlin und in Wien verantwortlich amtierenden Staatsmännern. Je mehr man sich in die Geschieht« der Vorkriegszeit vertieft, desto mehr erscheint oas Schuldkonto Greys entlastet, dem man Loch nicht ewig -en Vorwurf machen kann, unter lauter Zwer gen, die höchstens im Giftmischen groß waren, k«in Held gewesen zu sein. Ja, seine Bemühungen, etwas wie em europäisches Konzert dem südslawischen Brande gegenüber zustande zu bringen, tragen ganz offensichtlich den Stempel de« guten Willens, wobei ich immer der lleberzeugung war, daß di« gesamte englische Politik auch in falscher Fahrtrichtung be griffen war. Wie dem sei: als Persönlichkeit verkörperte Grey die besten Eigenschaften eines englischen Aristokraten von liberaler Geistesrichtung, in seiner Haltung und in seinem Fortschrittsglauben jenem Gvey ähnlich, der in der großen Geschichte der englischen formbewegung und der Entfeudalisierung des Par lament» «ne ko rühmliche Rolle gespielt hat. Nur war er insulaner al» dem Außenminister «ines Riesenretche» zusteht. Don fremden Ländern wat ihm nur Frankreich etwas vertrauter, mit Deutschland, Rußland und dem großen Donaureiche verband er leider keine persönlichen Anschauungen. Das war ein Derhängni»... Die Manner der neuen Zett wert- den auch in England eine andere innerliche Aus rüstung für die entscheidenden Steuermannsposten mitbrtngen müssen, al» si« der nun ins Dunkel des Privatleben» tretende und von Alter und Krankheit mitgenommen« Staat»mann in sein Amt mitbrachte. Die Friedfertigkeiten des Angler» (Grey hat ein reizende» Büchlein über diesen harmlosen Sport ge schrieben) und di« vollendete Höflichkeit des Gentle man werden in dieser neuen Ausrüstung sicherlich keine Rolle mehr spielen. , Ludendorff in Königsberg Königsberg, 27 August. (Eig. Tel.) Bei seiner Anwesenheit in Ostpreußen hat Ludendorff vorsich tigerweise an den Tannenbergfeiern in Königsberg n i ch t te i l g e n o m m « n. Gr hat sich lediglich darauf beschränkt, sich seinen Getreuen in einer geschloffenen Versammlung zu präsentieren, du mit dem Vermerk: „Juden hcchen keinen Zutritt" angezeigt worden war. Ludendorff war in Zivil erschienen, so daß er zunächst nicht erkannt wurde. In seiner Red« sang er eingang» da» Loblied der Hohenzollern und betonte dabei, daß das deutsche Heer während de» Weltkrieg«» nicht» genes«» fei, „al» die Soldaten de» König»". Dann sagte er: „Solange wir ein« Regierung haben, deren Reicks- Präsident da» Heer entwaffnet, deren Kanzler der Zentrumspartei angebört, einer Partei, deren klares Ziel es ist, das Rkich zu zerschlagen, ein Maltzahn, der bolschewistische Ziele im Schoß« der Regierung fördert, solang« ein Stresemann Reichsaußenminister ist, so lange ist an die deutsche Freiheit nicht zu denken. Wie aber kann da» Reich au» seiner wirr- schaftlichen, militärischen, politischen und geistigen . Rot gerettet werden? Ileberall wird heute Pazifis- mu« gepredigt, Schwarz-Rot-Gold entrollt. Auf die Straß« wird gesetzt, wer politische Ideale zeigt. Das ist eine furchtbare Gefahr. Denn ist der Deist ec- ledigt, dann ist auch da» Volk erledigt. Wenn wir nicht verderben wollen, muß da» ganz« Volk die drohend« Gefahr erkennen " Zur Steuerung der augenblicklichen Rot empfahl er al« Rettungsengei „die Bildung einer deutschen Kampf gemeinde" mit Ueberwtndung de» Klassen- kampsessl) Ein außerordentlich starke» Schutzmann», aufgebot hielt die Eingänge zu dem Dortragssaal besetzt. Ruhestörungen sind nicht vorgekommen. E» ist erstaunlich, zu welchen inhaltlosen Platt- heilen, iu denen man veraeblich auch nur nach der Spur eine» Gedankens sucht, der Mann herab- aesunken ist, der doch immerhin einmal an der Spitze der deutschen Armeen gestanden hat. Bei einer Massenversammlung der Liberalen in Montreal (Kanada) brach die Rednertribüne »nsammea, auf der sich 50 Personen befanden, darunter der Premierminister Mr. Krnzie und der Marineminister-, doch wurde niemand ernstlich ver letzt. »eitere politische Rachrichd« «eit« 8.
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