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LL JA UH An,e,g««prei-: Besiellgld.ertr. «uSland 6 Gm.etnlcvl.Porio. Srl-velnt lügl n or>! M W U M M M. ME M ^-ckM EMM. M M M M MM ,wetund;wan»tg Äoldpfenntge. Yamtltenanzeigen von Privaten Höh. Gewalt schltetzt Erfüllung au» Schrift! ,Ge>chas1»st.,Druckr»rt: MM mm-Zetle «ech» Goldpsenntge. GrlrgrnhettSanzeiaen. Stellengesuch. Leipjtg. JohanniSgaffe 8 tgernspr.OrtSgesvr. Dammel»Rr.:7O811. MM Reklamezrtlen u. Rabatte ulw nach Tarif. Für komb. Auf», mtt R.L.A §ernoeipr.1708S-170SS): ebenda u. tn allen Filialen Anzetgen-und Sondcrbedtngungrn. Platz» und Datenvorlchrtttrn unverbtndltch. Abonnement-Nngahme. auch nimmt tedes Postamt Bestellungen an. Srlüllung-orr u. Gerichtsstand Leipzig Posrfchea-Konto Lrtp,tg 3004. Da» L«U»»i«»e T«oo»l«tt di« «»MM«« BoinnnUna»»»»«« »«» Vott»0i«»«Lftdi««» L«i»»i« __ verantwortlich für den Text: Chefredakteur V. «oldNein, Leipzig. . Hk. 223 verantwortlich Mr Inserate: Otzwald MiiUer, LeipzicssNaunhoss VolMersisa. Ze» 28. ÄN0U81 1924 Druck ».Verlag: LeipzigerverlagSdruckeret G m b.H. vorn». Fischer L Mtrsten. " Berliner Schrtstleilung Kochstr. 21 (Fernspr. Dönhoff 3600-S6SS) Dresdner Dchristlettung: Losehwitz. Gchilleritr. ZS (Fernspr 34793) Hallesche Schrtstleitung Marttnstraste 17 (Fernsprecher 8588» 118. jlvLrs. Zuschriften an die Redaktion Die Diskussion über die Frage der Der» bindung des Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik mit dem Reichsgericht, die in unseren Ausgaben vom 9., 12. und 20. August geführt wurde, hat starkes Interesse erregt und Wesentliches zur Klärung des Problems beigetragen. Wir glauben daher diese Aus sprache mit der folgenden Zuschrift, die uns aus Kreisen des Reichsgerichts zugeht, schließen zu können. Die Redaktion. Reichsgericht und Gtaatsgerichtshof Die abfällige Beurteilung, di« sich in der Öffentlichkeit an die Bemerkung des Vorsitzen den Niedner in dem Prozeß gegen Reichswehr- soldaten und Kommunisten knüpfte, ist insofern nicht unberechtigt, als der Vorsitzende in der Hauptverhandlung eines Strafgerichts, ganz be sonders in einer solchen beim Reichsgericht oder beim Staatsgerichtshof, sich persönlichen Mei nungsäußerungen enthalten und sich auf die rein sachlich« Leitung der Verhandlung, die Ver nehmung der Angeklagten, Zeugen und Sach verständigen beschränken sollte. Wir hätten aber wahrhaft ideale Zustände, wenn die Vorsitzen den mit ihrer persönlichen Auffassung nicht mehr hervorträten, als es hier geschehen ist. Des wegen von Iustizschmach und ähnlichem zu sprechen ist eine maßlose Verstiegenheit.' Jene Bemerkung war aber nicht die einzige nicht zur Sache gehörige, die dem „Gehege der Zähne" des Vorsitzenden entflohen ist. Auch die Vorsitzenden in anderen erstinstanzlichen Ver handlungen am Reichsgericht haben so manch« persönliche Wendung gebraucht, die in der Öffentlichkeit Verwunderung und Tadel erweckt hat und vif -esser unterblieben wäre. Wie kommt das, da man gewöhnt ist, an die Mitglieder des Reichsgerichts die höchsten An- forderungen zu stellen? Die Antwort ist nicht schwer. Die Vorsitzenden sind eben auch nur Menschen von Fleisch, Blut und Nerven. Es ist eine außerordentliche Kunst, Strafverhand- lungen in wichtigen, verwickelten und aufregen den Sachen von hoher politischer Bedeutung wochen» und monatelang zu leiten und — bei dem sattsam bekannten Gebaren vieler An geklagten und mancher Verteidiger — stets das Gleichgewicht und die Ruhe zu behalten. Vor- sitzende, die diese Zurückhaltung auf die Dauer zu bewahren verstehen, sind, wie jeder Praktiker weiß, äußerst selten. Hier fällt auch ins Ge- wicht, daß die Reichsgerichtsräte gar nicht unter dem Gesichtspunkt ausgewählt werden, ob sie sich zu Vorsitzenden eignen. Eine größere Anzahl der Mitglieder des Reichsgerichts hat vielleicht nie den Vorsitz in Strafverhandlungen gehabt. So diejenigen, die nur in Zivilsachen tätig gewesen sind oder ihren ganzen Werdegang in der Staatsanwaltschaft oder den Ministerien zurückgelegt haben. Sie werden als Reichs- gerichtsräte, wenn sie an der Reihe sind. Senats präsidenten und sollen nun in den die Gemüter aufs tiefste erregenden Perhandlungen vor brei tester kritischer Öffentlichkeit den Vorsitz führen. Manchem gelingt es, manchem nicht. Man kann ein hervorragender Jurist, ein trefflicher Kenner unserer Wirtschaft und ihrer Bedürfnisse, ein charaktervoller, aufrechter Mann — das sind die Haupterfordernisse für den Reichsrichter — und dennoch «in unzulänglicher Vorsitzender sein, und umgekehrt em ausgezeichneter Vor- sitzender, ohne die juristischen Fähigkeiten und wirtschaftlichen Kenntnisse zu besitzen, die ein Neichsgerichtsrat haben soll. Die heißblütigsten und streitbarsten Köpfe sind vielfach die Zierden des Reichsgerichts. In den kollegialen Be ratungen wird ihr Ueberschwang gedämpft. Zu Vorsitzenden in Strafverhandlungen taugen sie nicht. Um deswillen schon hätte vermieden werden sollen, das Reichsgericht mit erstinstanz lichen Strafsachen zu belasten. Ursprünglich waren die ihm zugeteilten Hochverratssachen sehr selten und spielten sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit ab, so daß die Gebrechen in der Verhandlungsleitung nicht zutage traten. Das Hit sich zum Schaden des Reichsgerichts völlig geändert. Bon weit größerer Bedeutung ist ein anderer Punkt. Der Staatsgerichtshof zum Schlitz der Republik ist ein ausgesprochen poli tischer Gerichtshof. Ein politischer Ge richtshof! Das ist ein Widerspruch in sich. Politik in diesem Sinne ist die Kunst des ver- meintlich oder wirklich Zweckmäßigen — für die herrschenden Parteien. Der Leitstern des Richter» soll aber Recht und Gerechtigkeit sein, ohne Rücksicht, ob sein Spruch den Zwecken einer Partei dient. Für den echten Richter ist es ein unerträglicher, «mm faßbarer Gedanke, daß ein Gericht nach Parteizugehörigkeit besetzt wer den und aus politischem Gesichtswinkel ent- scheiden soll. Da» Reichsgericht ist gedacht als der letzte unantastbare Hart de» Recht», -u dem jeder flüchtet, der sich in seinem Recht gekränkt und bedrängt fühlt. Haben Regierung und Reichstag geglaubt, den Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik nicht entbehren zu können, so duften sie ihn niemals mit dem Reichsgericht in Ver bindung bringen, wenn nicht die Stellung und das Ansehen des höchsten Gerichts aufs schwefle leiden sollen. Alles, was sich seither an Der- unglimpfungen des Reichsgerichts zugetragen hat, wurde vorausgesehen und vorausgesagt. Gegen seinen Wunsch und Willen mußte das Reichsgericht — die Mitglieder, die anderer Meinung waren, sind an den Fingern einer Hand herzuzählen — die Angliederung des Staatsgerichtshofs über sich ergehen lassen. Vergebens weist es darauf hin, daß es mit dem Staatsgerichtshof nichts weiter zu tun hat, als daß die dafür bestellten Berufsrichter seinen Reihen entnommen werden. Alle Anfeindungen, die sich naturgemäß «gen den Staatsgerichtshof und seinen Vorsitzenden richten, stillen auf das Reichsgericht zurück, das unter keinen Umständen der Gefahr ausgesetzt bleiben sollte, daß sein Ansehen als Grundpfeiler des Rechts im Volks- empfinden ins Wanken gerät. Darum ist es hohe Zeit, daß nachdrücklich die Forderung rein licher Scheidung erhoben wird. Für sie sollten sich alle Vaterlandsfreunde ohne Unterschied der Partei mit aller Kraft einsetzen: Weg mit den politischen Prozessen und insbesondere dem Staatsgerichtshof vom Reichsgericht! Oer deutschnationale Bluff Berlin, 27. August. (Eig. Tel.) lleber die Sitzung der deutschnationalen Landeiver bandsvorsitzenden wird von parteiamtlicher Seite eine Mitteilung ausgegeben, wonach bi» 2 Uhr nachmittag» von 42 Verbänden 27 zum Wort gekom- men seien und sich nur 3 gegen die Ablehnung aus gesprochen hätten. Diese Behauptung entspricht durchaus dem Zweck der Demonstration, nämlich die deuischnationale Zu- stimmung so teuer wie möglich loszuschlagen. Regierung und Reichstagsmehrheit werden Hassent- lich nicht auf dieses Manöver hereinsallen. * Berlin, 27. August. (Lig. Tel.) Die Konferenz der deutschnationalen Landesverbandsvorsitzenden im Reichstag fand in den Nachmittagsstunden ihren Ab schluß. Sie soll das Ergebnis gehabt haben, daß von den 42 Vertretern der Organisationen fichnur3für das Londoner Abkommen aussprachen, während alle anderen sich dagegen erklärten. Immer mehr Kundgebungen Mannheim, 27. August. (Eig. Tel.) Der hie sige Stadtrat beschloß heute in einer außerordent lichen Sitzung, folgendes Telegramm an den Reichs- tag zu senden: ^Durch die Besetzung der Mannheimer Hafcnanlagen in Verbindung mit der Errichtung der abschnürenden Zollgrenze zwischen dem besetzten und unbesetzten deutschen Gebiet wurde Mannheims blühender Handel lahmgelegt und die bis dahin stark beschäftigte Industrie aus» schwerste geschädigt. Er» mächtigt durch einen einstimmig gefahren Stadtrats beschluß richte ich namens der Stadt Mannheim die dringende Bitte an den Reichstag, den Londoner Ab machungen im Interesse einer Gesundung unseres Wirtschaftsleben» zuzustimmen- Der Ober bürgermeister." ^Gchüher^ der Republik Leipzig, 2?. August. Als Laienrichter zum Staats gerichtshof sind folgende Abgeordnete des Reichs tages gewählt worden: 1. Graf von Merveldt von der Deutsch nationalen Partei, 2. Lorbe von den Sozialisten-, als Stellvertreter: 3. Dr. Schetter vom Zentrum, 4. Katz von den Kommunisten- Damit treten diesem Gerichtshof „zum Schutz der Republik" mit Graf von Merveldt und Katz, diesen beiden Abgeordneten der extremen Parteien, Abgeordnete al» Laienrichter bei, die als Monar- chisten oder Kommunisten dir Republik zu besei tigen bestrebt sein müssen. Das Sterben der nationalsozialistischen »Bervegrmg" München, 27. August. (E i g. T e l.) Poehner hat infolge Verschlimmerung seines Leiden» d«, Vor- sitz im Landesverband des Völkischen Block» nieder- gelegt. An seine Stelle ist der Abgeordnete Straf- ser, Apotheker von Beruf, getreten. Strasser ist durch Luoendorff schon früher mit der Führung der Nationalsozialistischen Partei betraut gewesen, nach- dem Hitler erklärt hatte, wahrend der Dauer seiner Haft von der Leitung zurücktreten zu müssen. Stras- ser ist aber nicht mehr und nicht weniger al» ein dürftiger Lückenhüter und ebenso wie Buttmann hochgekommen, weil da», wa» im Nationalsoziali»- mus „Bewegung" ist, vom Parlamentarismus uiedergerunge» rourdr Vollmacht des Kanzlers zur Reichstagsauflösung Berlt«, 27. Au«ust. Der Reichskanzler erstattete heute vormittag de« Reichspräsidenten Bericht über die politische La«e, in deren Beurteilun« stch v o l l» Ueberein st immun« zwischen Reichskanzler und Reichspräsident er«ab. Der Reichspräsident erklärte stch mit der Urrterzeichnun« der Londoner Abnrachunaen am 30. Auaust einverstanden und stimmte dein Reichskanzler darin zu, dast die Unter« zeichn«»« auch die Berpflichtun« zur Erschöpf»«« aller parlamentarischen rrnd ver- fassunasmähiaen Möalichkeiten für die Verabschied««« der zur Durchführun« des Gutachtens erforderlichen Gesetze in stch schliche. Demaemätz erklärte der Reichs präsident dem Reichskanzler seinen Entschluss den Reichst«« anfzulösen, fall- die zur Beschlutzfassun« erforderliche Mehrheit nicht zustande komme. Schlägerei im Reichstag Zusammenstoß zwischen Abg. Brodaus und den Kommunisten Berlin, 27. August. (E i g. Te l.) Auf der Tages- ordnung steht zunächst der Ausschußbericht über den kommunistischen Antrag auf Zulassung aller aus- geschlossenen und inhaftierten Abge- ordneten zu der entscheidenden Abstimmung über die Gutachtengesetze. Der Geschäftsordnungsausschuß empfiehlt Ablehnung des Antrages. Der vom Be- richterstatter Abg. Hamp« (D.-Hann.) vorgetragene Ausschußbeschluß wird von den Kommunisten mit Pfuirufen ausgenommen. Abg. Rosenfeld (Soz.) beantragt, wenigstens dte vom Präsidenten ausgeschlossenen Abgeordneten zur Abstimmung über die Gutachtengesetze zuzulassen. Das würde sich auf die kommunistischen Abg. Rem- «ele lttjh Dr, Schwarz beziehen. Präsident Wallraf erklärt, er werde erst nach Annahme de» Antrages zu dem darin enthaltenen Ersuchen Stellung nehmen. Abg. Schalem (Komm.) empfiehlt nochmals den kommunistischen Antrag. Es sei bezeichnend, daß di« Deutschnationalen im Ausschuß gegen den Antrag gestimmt haben, also die Opposition gegen den „Lon doner Sklavenvertrag' schwächen wollten. Bei Ab lehnung ihres Antrages würden die Kommunisten dem im Ausschuß gemachten Vorschlag zustimmen, daß die inhaftierten Abgeordneten unter Bewachung durch Gefängniswärter die Abstimmung vollziehen können. Es würde die politisch« Situation treffend beleuchten, wenn die Abgeordneten gefesselt über den Sklavenvertrag abstimmen müßten. Unter Pfuirufen der Kommunisten wir- gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Nationalsozia listen der Ausschußantrag angenommen, die Zulas- sung der Ausgeschlossenen also abgelehnr. Abg. Frick (Nat-Soz.) beantragt nunmehr, den früher abaelehnten Antrag auf Amnestie der politischenGefangenen nochmals dem Rechts ausschuß zu überweisen. Die Situation habe sich jetzt insofern geändert, als am Donnerstag der Reichstag mit der Annahme des Dawes-Gutachtens auch die separatistischen Landesverräter amnestieren werde. Abg. Dittman« (Soz.) tritt gleichfalls für die Ausschußüberweisung des Amnestieantrages ein- Das könne sofort geschehen, beim niemand im Hause werde doch wohl einem solchen Antrag widersprechen. Al» Präsident Wallraf fragt, ob jemand wider spreche, erhebt Abg. Brodaus (Dem.) Widerspruch und macht damit die Erledigung in dieser Sitzung unmöglich. Dieser Widerspruch führt zu den schon gemeldeten Szenen. Von den Kommunisten und Sozialdemokraten werden Pfuirufe und laute Drohungen gegen den Abg. Brodaus gerichtet. Die Abg. Korell und Külz (Dem.) stellen sich schützend vor den Platz de» Abg Brodaus. Auf einen komm»- nistischen Zuruf antwortet Abg. Korell mit den Worten: „Sie bleiben darin, solange wir die Macht haben!" Inzwischen nimmt Abg. St etter (Kom.) das Wort zur Geschäftsordnung. Beim Beginn seiner Ausführungen steigert sich die Erregung im Saale. Die Nationalsozialisten und Kommunisten rnfen: „Brodaus muß raus! Er muß den Widerspruch zurücknehmen!" Der sozialdemokratische Abg. Peine stellt sich nun neben Korell als Schützer vor Brodauis Platz. Der in Brodaufs Wahlbezirk gewählt« Chemnitzer Kommunist Grube stürmt nun in den allgemeinen Lärm auf den Abg. Brodaus ein und ruft ihm zu: „Mit Ihn«n werden wir in Ehemnitz abrechnen!" Dabei fuchtelt er mit drohend erhobenem Zeigefinger dem Abg. Brodaus fortwährend aufgeregt dicht vor dem Gesicht herum. Unter dem Andrängen der Kommunisten und Nationalsozialisten von recht« und link» hatten sich inzwischen vor dem Platz des Abg. Brodaus die Ab geordneten zu einer dichten Masse zusammengeballt. Der sozialdemokratische Abg. Peine, ein Mann von großer kräftiger Statur, stieß den aufgeregten und drohend vor Brodaus gestikulierenden Kommunisten Grube zurück. Grube flog in dem Gedräng« gegen seinen Parteifreund Neddermeter. Dieser geht nun gegen Peine vor. Darauf kam es -wischen Pein» und Neddermeier zu einer Schlägerei, die sich schnell auf andere Abgeordnete ausdehnte. Zn der Hauptfach« schlugen Sozialdemokraten und Kom munisten aufeinander ein. Don den Demokraten kamen nur die Abg. Brodaus und Korell ins Hand gemenge. Dem sozialdemokratischen Abg. Dr. Herz wurde von einem Kommunisten die Hand blutig geschlagen. Er verteidigte sich durch Hiebe mit dem Stock einer eingespannten Zeitung. Auf den Tribünen wurden diese unwürdigen Szenen mit lauten Entrllstungskundgebungen begleitet. » Als nach geraumer Zeit die Faustkämpfer kni Saal auscinandcrgebracht wurden, erklärte Präsi dent Wallraf: „Das unwürdige Schauspiel, das wir soeben erlebt haben, ist tief beschämend für den deut schen Reichstag. (Lebhafte Zustimmung auf den Tri bünen.) Das ganze deutsche Volk kann nur das Ge fühl der Empörung hegen über diese Vorgänge. (Bei fall und Rufe: „Ueber Brodaus!" „Heber die kom munistischen Verbrecher!') Die Einzelheiten der Vor gänge werden untersucht werden, damit gegen die Schuldigen diejenigen Maßnahmen getroffen werden können, die die Geschäftsordnung vorsieht. Der Aeltestenrat wird zu diesem Zwecke um 2 Uhr zu sammentreten. Abg. Dr. Külz (Dem.) beantragt, die Sitzung so fort zu unterbrechen. Das wird abgelehnt. Abg. Stetter (Komm.) führt darüber Beschwerde, daß auf einem der dem Reichsrat eingeräumten Plätze ein bekannter Polizeispitzel sitze. Präsident Wallraf er klärt, die vorhergegangenen Szenen hätten bewiesen, daß di« bisher schon üblichen polizeilichen Schutz maßnahmen im Reichstag leider nicht entbehrt werden könnten. Hierauf wird die zweite Beratung des Reichsbahngesetzes fortgesetzt. Abg. Seibert (DDP.) wünscht eine Sicherung der Beamtenrechte bei der neuen Reichsbahn. Abg. Rahl (Nat.-Soz ) erklärt, seine Freunde würden di« Vorlage geschlossen ablehnen. Abg. Dauer (BVP.) äußert Bedenken gegen die Vorlage, stimmt ihr aber zu. Reichsverkehrsminister Oeser betont, das Berufsbeamtentum der Angestellten der neuen Reichsbahngesellschaft sei durchaus gewahrt. Za dieser Beziehung seien bei den Londoner Verhand lungen wesentliche Erfolge gegenüber dem urschrift lichen Gutachten erzielt worden. Damit ist die zweit« Beratung der Gut achten erledigt. Die Abstimmung wird zurück gestellt. Die Novelle zum Postgesetz (Erhöhung der Ersatzpflicht der Post für verlorene Pakete und Ein schreibebriefe) geht an den Perkehrsausschuß- Lintge andere kleine Vorlagen werden verabschiedet, dar unter der Freundschastevertrag mit Nicaragua und di« Verlängerung des vorläufigen Han-clsüberein- kommens mit Spanien, wozu Abg. Becker-Hessen (DDP.) erklärt, daß die Zustimmung zu diesem Pro visorium kein Präjudiz für den endgültigen Han delsvertrag mit Spanien bedeute. Außerhalb der Tagesordnung flogt Frau Abg. Golk« (Ruth Fischer, Komm.), ob Artikel 7 des Lon doner Abkommens über die Amnestie nicht nur den Separatisten, sondern auch den Kommunisten zugute kommen soll. Sie verlangt Ausdehnung der Amnestie auch auf da» unbesetzte Gebiet. Abg. Sollmann (Soz.) unterstützt das Verlangen, di« Amnestie im besetzten Gebiet möglichst weit gehend auszulegen Er nimmt die Sozialdemokraten gegen den Vorwurf in Schutz, daß sie in irgendeiner Weise den Separatismus gefördert haben. Der so genannte Sechzigerausschuß war im Einvernehmen mit der Reichsregierung eingerichtet. Ihm gehörten auch Kommunisten an. Abg. Koch-Weser (Dem.) erklärt, di« Demokratisch« Partei bekämpfe alle diejenigen, die gewaltsam gegen die Verfassung Vorgehen. Sie fei doanm Grundsatz-