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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192407046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19240704
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19240704
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-07
- Tag 1924-07-04
-
Monat
1924-07
-
Jahr
1924
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krettLA, 6en 4. full 8««te, Böttchers Amtstättgkett Von unserer Dresdner Redaktion Dresden. 3. Juli. Die Amtstätigkeit des vormaligen kommunistischen Minister, Böttcher bildete bekanntlich den Gegenstand heftiger Kritik. Insbesondere wurde Böttcher vorgeworfen, daß er ohne Ermächtigung 800 Billionen Mark den Erwerbslosen zugewendet habe. Der Landtag hat bekanntlich vor Monaten einen Untersuchungsaus. schuß für diese Angelegenheit eingesetzt. Gestern tagte dieser Ausschuß. Ein Regierungsvertreter erklärte, daß im Herbste des vorigen Jahres die sächsischen Staats- kaffen leer gewesen seien. Der gesamte Bedarf sei vom Reich angewiesen worden. Es sei vorgekommen, daß Mittel für andere als die vorgesehenen Zwecke verwendet worden seien. Den Erwerbslosen habe damals schnell geholfen werden muffen. Es sei nur ein Kredit des Reiches in Frage gekommen. Die 800 Billionen seien an die Konsumvereine zum Ankauf von Brot und Kartoffeln zugun sten der Erwerbslosen, Kleinrentner und sonstiger Notleidender überwiesen worden. Die Vereine hätten aber das Geld gar nicht vollständig verwen den können, da nicht genügend Lebensmittel am Markte waren und so sei ein großer Teil des Geldes wertbeständig in Dollarschatzanweisungen angelegt worden. Trotzdem sei ein erheblicher Verlust zu verzeichnen, denn am 17. Oktober, dem Tage der Ueberweisung, entsprachen die 800 Billionen einem Goldwert von 60 000 Mark, gegenwärtig seien aber nur etwa 53 000 Goldmark vorhanden. In den Akten liege ein Beschluß über das Geld. Dieser Beschluß sei auch von dem damaligen Ministerpräsi denten Dr. Zeigner und zwei anderen Ministern unterzeichnet worden. Es müsse noch sestqestcllt werden, ob es sich um einen formellen Kabinetts beschluß handelte. An diese Mitteilungen knüpfte sich eine längere Aussprache. Die Deutschnationalen, von denen be kanntlich der Antrag zur Einsetzung eines Sonder ausschusses gestellt worden war, erklärten, es sei ihnen nie eingefallen- dem kommunistischen Minister Böttcher unlautere Manipulationen vorzuwerfen. Sic hätten auch niemals behauptet, daß er bei dieser Gelegenheit etwas für seine Person herausschlagen wollte. Es liege aber doch eine Art Täuschung der Reichsregierung vor, wenn man ihr den Verwen dungszweck des Geldes nicht mitteilt. Die Sozial demokraten erklärten, cs handele sich nur um sine kassentechnische Inkorrektheit. Die Kommunisten behaupteten, daß die ganze An gelegenheit zugunsten Böttchers geklärt sei. Der Ausschuß wird demnächst seine Beratungen über die sogenannte Karpfenangelegenheit fortsetzen. Bekanntlich wurde Böttcher auch vorgeworfen, daß er in den staatlichen Karpfenteichen gefischt habe. Oie sächsischen Kunstsammlungen Dresden, 3. Juli. (Eig. Tel.) In dem Ab kommen, das der Freistaat Sachsen mit dem vor maligen Königshaus abgeschlossen hat, ist auch dis Bestimmung enthalten, daß Gegenstände aus den Sammlungen des vormaligen Königshauses bsrausgenommen und durch Beschluß de« Landtages verkauft und verpfändet werden können. Eine sächfiche Lan-wirtfchaftskammer Drcsdcn, 3. Juli. (Eig. Tel.) Die Regierung bat dem Landtag die Entwürfe eines Landwirt schaftskammergesetzes und eines Gesetzes über die Wahl zur Landwirtschaftskammer zugehen lassen. Oer Siaatsgerichtshof in Hanau Ein Separatiftenprozcs; Hanau, 3. Juli. (Eig. Tel.) Der Staats gerichtshof zum Schutze der Republik eröffnete heute vormittag hier unter dem Vorsitz des Senatspräsi- dcnten Riedner die Verhandlung gegen den Wring utsbcsitzer Bartholt wegen Lan desverrats- Barkholt soll als Separatist den Fran zosen Dienste geleistet haben. Die Anklage vertritt Oberreichsanwalt Ebcrmayer, Verteidiger ist der Frankfurter Rechtsanwalt Dr. Ungeheur. Von Das Paris der Antike Don ^osekim ssrisrivnMsI Wir hatten, von Catania kommend. Girgenti gesehen, die Pindar, der große Hymniker, „die schönste Stadt der Sterblichen" nannte. Aber es ist, mit dem Reichtum seiner Tempelreste, nur noch eine sehenswerte, aber doch eine vor allem die Archäo logen angehende Angelegenheit. Wir fürchteten, die Begeisterungsfähigkeit von Vergüngungsreisenden einmal abgerechnet, schlimme Enttäuschung in Syra kus. Aber — ich weiß zunächst nicht, wie und warum — hier wird eine große Welt noch in ver fallener Größe lebendig. Ist es die unergründlich sich wölbende, tiefgedunkelte, unbcschrcibbare Bläue dieses Himmels, die diese Welt neu aufbauen hilft, ist es die Schönheit und Weite des Meeres, von dem die heutige Stadt, wie ein Teil der alten, ein Insel chen hat, Ortygia geheißen, ist es nicht vor allem diese ganze Landschaft, die, lebendiger als etwa in Girgenti, den ganzen unberührten Reiz der Antike noch genau so hat wie vor mehr als zwei Iahrtausen- den! Mich verführt die Größe, Schönheit und Einzig artigkeit der Landschaft zum Traum in jene ver sunkene Welt, die einst um sie durch Jahrhundert; hindurch gekämpft hat. Nicht viel Ergreifenderes und in Nachdenklichkeit Schöneres weiß ich, als etwa dies eine halbe Stünd chen. da man, sitzend auf einer der höchsten Stellen der alten Festung, die ganze ungeheure, mächtig sich nusdehnende Fläche der alten Stadt vor sich liegen hat: ein Riesengeländc aus machtvollen Ruinen und blühender Wildnis. Und nichts Melancholischeres gibt es! Hier also lebten, ^ur Zeit der Blüte des alten Syrakus, mehr als fünfhundcrttauscnd Men schen! Dies war die größte, reichste, bedeutendste, mächtigste Stadt der hellenischen Welt! Hier dich teten Äeschylos, Pindar und andere Große des alten Parnaß! Hier mußte ein Denkergenie wie Archi» mcdes auf kleine Erfindungen der Kriegskunst gegen große Feinde sinnen, mit Brennspiegeln Sonnen strahlen auffangen und die feindliche Flotte ver nichten. An diesen Zyklopenmauern zerbrachen auch Mut und Beredsamkeit eines Demosthenes — und Elend in qualvoller Gefangenschaft war das Ende seiner siebentausend Athener. Und hier nur konnte glaubhaft und möglich erscheinen, daß Gefangene sich Vom Tage Oie Revision im Zeigner Prozeß 74 würde da» gefällte Urteil gegen Dr. getaner (drei IahreGefängnis und dreijähriger Ehrenrechte- verlust) mit dem Augenblick der Remsionsablehnnng rechtskräftig werden. Am 8. Juli wird der 4. Strafsenat de» Reichs gerichts über die Annahme oder Ablehnung der Revisionen im Prozeß gegen den früheren sächsischen Ministerräsidenten Dr. Erich Zeigner zu ent scheiden haben. Gegen das am 29. März von der sechsten Strafkammer des Landgerichts zu Leipzig gefällte Urteil haben sowohl die Verteidigung als auch die Obcrstaatsanwaltschaft Revision eingelegt. Der Verteidiger Dr. Zeigners, Rechtsanwalt Marfchner (Leipzig) wendet sich in zwei längeren Revisionsschriften gegen das Urteil und fordert Aufhebung des Urteils im vollen Umfang, soweit nicht bereits auf Freisprechung des Angeklag- ten erkannt ist, und Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz. In prozessualer Hinsicht rügt der Verteidiger: Trotz des Widerspruchs der Verteidigung sind in der Haupt Verhandlung die Aussagen des Zeugen Brandt verlesen worden, was nicht der Vorschrift des 8 (N Abs. 1 StPO, entspricht. Zu Beginn einer kommissarischen Vernehmung hatte der Zeuge er- klärt, sein Gesundheitszustand erlaube ihm nicht, eine zusammenhängende Schilderung seiner Erleb nisse »u geben. Außerdem sei seine Erinnerung nicht so, daß er mit Bestimmtheit behaupten könne, das Gesagte sei richtig. Die Verlesung des Proto kolls verstößt gegen die Vorschriften der 8 68, 250, 252, 376, 377 Ziffer 8 StPO. Weiterhin war der Zeuge Schmcrler zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladen, jedoch ausgeblieben- ohne sein Nichterscheinen ge nügend zu entschuldigen. (Feststellung des Vor- sitzenden.) Das Gericht hat sich gegen die Bcstim- mungen der 8 244, 50, 376 mit der Tatsache zufrieden- gegeben, ohne gegen den Zeugen die nach 8 822 zur Verfügung stehenden Zwangsmittel in Anwendung zu bringen. Auch hat der Untersuchungsrichter, da Schmerler trotz zahlreicher Zusagen schon während der Voruntersuchung nicht zu bewegen war, vor Gericht zu erscheinen, brieflich Auskunft über eine Reihe bestimmt formulierter Fragen erbeten und er halten. Aus dieser in Briefform gehaltenen Aussage hat der Vorsitzende in der Hauptverhandlung ver schiedene Sätze wörtlich verlesen, was gegen die 8 249, 376 StPO, verstößt. In Hinsicht auf das materielle Recht rügt die Verteidigung Verletzung der 8 231, 232, 74, 133, 69 StPO. Am 6. Mai hat Rechtsanwalt Marschner eine zweite Renisionsschrift eingereicht, die durch folgende Tatsachen gestützt wird: Von der Ver- teidigung waren drei Mitglieder des erkennenden Gerichtes zu Beginn der Hauptverhandlung wegen Befangenheit obgelehnt worden. Dieser Antrag ist durch die Strafkammer in der Besetzung mit fünf Mitgliedern zurückgcwiescn worden, während nach 8 <1 GVG. hierüber nur eine dreigliedrige Kammer hätte entscheiden dürfen. Am ersten Der- handlungstag (14. März 1924) ist aus den über Dr. Zeigner ergangenen Personalakten des Sächsischen Justizministerium» Vortrag erstattet worden. (Per- stoß gegen die 8 248, 249 «tPO. (alte Fassung). Die Vernehmung des Zeugen Tromvier ist durch Ge- richtsbcschluß in der Sitzung vom 22. März (sechster Vcrhandlungstag) mit rechtlich unzulänglicher Be gründung abgelehnt worden. (Verstoß gegen 8 377 Ziffer 8 StPO, (alte Fassung). Der Oberstaatsanwalt Hot gegen den Spruch Revision eingelegt, soweit die Angeklag- ten Möbius und Dr. Zeigner frcigesprochen worden sind. Er begründet sein Rechtsmittel mit der Verletzung des formellen und materiellen Rechts. Gerügt wird, daß über den von der Verteidigung ein- gebrachten Ablehnungsantrag gegen drei Mitglieder des erkennenden Gerichtes von fünf Richtern, anstatt von drei beraten und beschlossen worden ist. Weiterhin wird von der Obcrstaatsanmaltschaft Verkennung des Begriffs „der Annahme" im Sinne der 8 332, 331 StGB, im Falle Friedrichsen- Priborski behauptet und als dritter Rcvisionsgrnnd wird Rechtsirrung im Fall Schmerler (Be stechung nach 8 331 StGB.» angenommen. Sollte den Revisionen vom Reichsgericht statt- gegeben werden, so würde der Prozeß noch einmal vor dem großen Schöffengericht zur Verhandlung kommen. Im gegenteiligen Falle Italienisch« Weltfirmen ans der Leipziger »ischeu Messe. Wie wir hören, werden die in dar Aukomobilkreisen der gayzen Welt wohlbekannten italienischen Firmen Fiat und Pirelli im Herbst d. I. auf der Leipziger Technischen Messe großzügig ihre Erzeugnisse ausstellen. Dieser Entschluß der italieni- scheu Firmen ist um so beachtlicher, al» die deutschen Automobilfirmcn sich nur zögernd entschließen, an der Messe tcilzunehmen. Bisher waren in Leipzig von der Motorfahrzeugindustrie vorwiegend nur Automobillastwagen und die Motorradindustric ver treten, diese allerdings in starkem Umfange. Die Zimmerpreise für die Leipziger Herbstmesse. Der Wohnungsausschuß des Mcßamts hat in seiner letzten Sitzung die Beibehaltung der für die Früh jahrsmesse 1924 festgesetzten Bettpreise von 6. 4H0, 3 und 1,50 Goldmark auch für die kommende Herbst messe vom 31. August bis 6. September beschlossen unter Neueinführung einer Sonderklasse für hoch- herrschaftliche Wohnungen. Das Mcßamt hat beim Rat der Stadt beantragt, daß die Beberbergungs- steuer künftig in Wegfall kommt. Fahrplanändcrung. Vom Montag, den 7. Juli ab, wird Zug 856 W (zurzeit Leipzig Hbf. ab 4,27, Lorbetha an 5,41) wie folgt später gelegt: Leip- z i g Hbf. 4,53 nachm. ob, Leipzig-Gohlis 4F9—5/X>, Leipzig-Möckern 5,04—5,05, Leipzig-Leutzscb 5,10 bis 5,12, Rückmarsdorf 517—5,18, Miltitz 5,23—5,24. Markranstädt 5,29—5,31, Großlehna 5Z7—5Z8, Kötzschau 5,43—5,44, Diirrenberg 5,50—551, Lor- bctha 6,00 nachm. an. Ter Thtiringerwald Verein, der 120 Zweigvcrcin« nut Msgesamt 13 000 Mitgliedern umsatzt, darunter eine An zahl Zweigvcreine autzerbalh Thüringens, wird zmn ersten Male seit seiner 1880 erfolgten yiründung seine Hauptversammlung auhcrvalb des grünen HerzepS Deutschlands abluriten. Der über 500 MitglicLcr zählende und leit Jahren in rühriger Weise sür die Erschliessung Thüringens tätige Zwcigver « in Leipzig hat auö Anlass seines 25jährigen Bestehens den Etesamtveroln sür die Tage vo m2—4. August nach Leipzig eingeladen. In Bewindung mit der ordentlichen Hauptversammlung, die Sonntag, den 3. August, im „Zoo- stattfindet, ist eine Reibe festlicher Veranstaltungen in Aussicht genommen, so u. a. am Sonnabend eine Begrüssungsfeier im Krhstall Palast, am Sonntag im Anschluss an die Haupwersomm lung Festtafel im .Zoo", am Nachmittag Könnet des DomchorS im Bölkcrschlachtdcnkmal, ani Wend ein Fest ball im „Zoo". Für Montag stich Besichtigungen und Spaziergänge vorgesehen. ES ist nrit einer grossen Be teiligung der auswärtigen Zwcigdcreine zu rechnen, Ichon jevt liegen Anmeldungen in stattlicher Anzahl vor. Alle Thüringer LandSlcutc und Freunde des Thüringer Landes sind herzlich ivjllkommen und werden gebeten, ihre Anmeldung bald zrl bewirken. — Zuschriften erbeten an Curt Ronniger, Leipzig. PerthcSftvasse 10. Rundfunk Programm Leipzig. Frenaa, den 1. Juli. 1 Uhr: Börsen- und Pzesse- bericht. 4.30—6 Uhr: Konzert der HauSkavelte. 7,30-8 Uhr: Vortrag: Pros. Klemm vom Institut sür experimen telle Pfhchologie Leipzig: Fortschritte der Mvchotogiq uyd ihre Anwendung: 2. Abend: Psychologie und Lehrerschaft 8.15 Uhr: Duetten-Abcnd. l-ugcnie WtlmS, Konzert sängerin, Ernst Possonv, Konzcrtsänger, Friy Hcinig und Eläre Schmidt-Kurhaus (Violine). Mendelssohn 2 Duette: Gruss, Hcrbskkcv (Eugcnic WilmS und Ernst Possony«. Händel: Sonate für 2 Violine», G->Moll, An dante, Allegro, Arioso, Allegro (Cläre Schmidt-GntdauS und Frih Hoinig). Cornelius: 2 Duette: Verratene Liebe, Ich und du (Eugenie Wilms und Ernst Possonv) Spohr: Doppelkonzert für 2 Violinen, H-Moll, Öp. 88. Andantino «Frip Hcinig, Cläre S<vmidt-<?tnthLuS). BrahmS: 2 Duette: Wiegenlied. Zigouncrlied (Sugenie Wilms und Ernst Posfonh». Dinding: Serenade für zwei Violinen, Qp. 92, Adagio, Allcgretto «Cläre Schmidts»« vauS nud Frih Heinigs. Dvorak: :i Duette: Vergebliche? Hoffen, Der Schmerz, Clruss aus der Ferne. Am Blüthner. Friedbrrt Sammler. Anschliessend (etwa 9.30 Uhr) Presse bericht. Berlin. Freitag, den 4. Juli. 7.30 Uhr nachm.: Vorimg des Architeki Friedrich Plansten: Ich richte mir mein Land hauS ein. 8 Ubr uaänn.: Vortrag Dr. ü. c. Damaschke: Bodenreform. 9—lO Uttr nachm.: grober Abend: Mar gärethe 2ll>ler «Volkslieder-, «Gertrud Renner (Ho-tcre Vorträge), Aelxandcr Flcssburg (Lieder«, Erwin Höhne (Flötcnsoli). Am Stcinway-Flügrl: Dr. Folix lüünchcr. 35 geladenen Zeugen, die zum größten Teil im be setzten Gebiet wohnen, sind nur neun erschienen. Die. andern hat, wie der Vorsitzende mitteiile, der fra n- zösische Kreisdelegierte Armand in Rüdesheim zu einer Sitzung geladen. Der Oberreichsanwalt beantragte Ausschluß der Oeffentlichkeit, da die Staatssicherheit in höchstem Maße gefährdet werden könne. Der Gerichtshof be schloß aber, in voller Oeffentlichkeit zu verhandeln, da durch den Ausschluß der Oeffentlichkeit die Staats- sicherhcit eher gefährdet werde als durch eine öffent- liche Verhandlung. Der Angeklagte erklärte, er müsse jede Aussage verweigern, solange nicht sämt liche Zeugen zur Stelle seien. Dazu führte der Ver- leidiger aus, daß di: übergroße Mehrzahl der An- wesenden als Belastungszeugen in Frage komme, und die Gefahr bestehe, der Staatsgerichtshof könnte da- durch zu einem einseitigen Urteil veranlaßt werden. Die Veranlassung für Armand, die Mehrzahl der Zeugen an ihrem Erscheinen zu hindern, sei wohl eine Notiz in einem Hanauer Lokalblatt gewesen, die darauf hinwies, in dem Prozeß werde bewiesen wer den, daß hinter den Rüdesheimer Separatsten als treibende Kraft und Drahtzieher der Kreisdelegtrrte Armand gestanden habe. Der Verteidiger beantragt, die Verhandlung bis morgen (Freitag) zu ver- tagen, und der Staatsgerichtshof gibt d-'m Antrag statt. Verurteilung wegen Lan-friedensbruchs Frankfurt a. M., 3. Juli. (Eig. Te l.) Im Ok- tober v. I. demonstrierten die Notstandsarbciter am französischen Kasernenbau in Höch st o. M. vor dein Rathaus Sie verlangten eine größere Vorschuß. Zahlung, die nicht geleistet werden konnte, da von der Rcichsvermögensverwaltung keine Gelder über wiesen worden waren. Bei den Demonstrationen versuchten die Massen in das Rathaus einzudringen. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei, wobei ein Arbeiter getötet wurde. Gestern hatten sich 21 Personen wegen Landfriedcnsbruchs vor dem Schöffengericht Höchst zu verantworten- 16 Per sonen wurden freigesprochen, die übrigen zu Gefängnisstrafen von 3 bis 6 Monaten ver- urteilt. Mißglückter Befreiungsversuch Essen, 3. Juli. (Eig. Te l.) Der frühere Redak- teur der kommunistischen .Freiheit" in Hamborn, Weber, der wegen der Gelsenkirchener Mord- anschläge zur Verbüßung einer mehrjährigen Ge fängnisstrafe in Essen sitzt, unternahm gestern noch- mittag mit Hilfe mehrerer Genossen einen Flucht- versuch, bei dem ein Polizeibeamter aus Essen und der Arbeiter DSterling aus Ham- born schwer verwundet wurden. Weber wurde zu seinem Gerichtstermin in Hamborn durch einen Polizeibeamten gefesselt auf der Straßenbahn zurücktransportiert. Im Innern des Wagens hatten drei oder vier Männer Platz genommen. An einer wenig belebten Stelle der Hamborn-Mciderichcr Strafe gab einer von diesen, Detcrling, mehrere Schüsse auf den Polizeibeamtcn ab und verletzte ihn an der Brust. Die hierdurch hervorgerufene Der- wirrung benutzte Weber zur Flucht. Auch die Ge nossen liefen davon. Der Polizeibcomte verfolgte Deterling. Ls kam zu einem regelrechten Feuer- gefecht. Deterling erhielt dabei einen Lunqenschuß. Es gelang mit Hilfe herbeigeeilter Polizeibeamten Weber und Deterling festzunehmen. Die übrigen Teilnehmer sind entkommen. Oie große Koalition in Preußen Den Berliner Blättern zufolge schreibt die Natio nalliberale Korrespondenz zu der Frage der gro- ßen Koalition in Preußen, bei den Be sprechungen, die innerhalb der Landtagsfraktion der Volk spartet geführt morden seien, seien bisher noch keine Beschlüsse gefaßt worden. Die Fraktion werde sich alles weitere vorbehalten. Mei nungsverschiedenheiten innerhal b der Fraktion über diese Frage bestünden nicht. Die Priester in Montenegro sind in den St re ik getreten, weil ihre materielle Lage bisher noch keine Regelung erfahren hat. Lie Archive der TLrkcngcmeindcn übergaben die Priester den Polizei behörden. einfach durch die Rezitation von ein paar Versen des Euripides aus der schrecklichen Lage haben befreien können. Denn hier war ja, nach Athen, die Ltäite aller Kultur, aus der erst Europa wurde, hier wurde ja, gerade im Peloponnesischen Kriege, im Grunde und letzten Sinne um dos damals neue Europa ge kämpft. Hier war der Zusammenstrom alles großen Lebens. Dies mar wirklich einmal das Paris, das einmal einzigartige, der alten Welt. Nun denke man: man saß, nach abermals mehr als zweitausend Jahren, aus einer verfallenen Mauer der Buttes Chaumonts, hoch oben in Montmartre etwa, und schaute aus das riesige Gelände der alten Stadt — und alles märe Ruine und blühende Wild nis, bloß unten, am Zipfelchen der alten Stadt, stünde ein elendes, sanft betriebsames Provinznest, herab gedrückt das Ganze auf nichts als auf eine historische Erinnerung sür Archäologen und melancholische Welt freunde. Do ist da noch ein Unterschied! Dionysius, der mehr bedeutete, als daß zu ihm, dem Tyrannen, sich schlich. Moros, den Dolch im Gewände, war in seiner Art nichts anderes als ein Sonnenkönig wie Ludwig XIV. Und wie dieser seiner abendländischen Welt, so gebot jener der damaligen Welt des Abend landes, mar Herrscher von Sizilien, Unteritalien und Großgricchenland, nach dem Pcrserkönig der mach- tigste Fürst der Welt. Und der Glanz seiner Stadt, mit den schönsten Tempeln, den reichsten Schatz- Häusern, den gefülltesten Arsenalen, den trotzigsten Kastellen, dem größten Theater nnü ihren weithin Ruhm verbreitenden Ausführungen, er strahlte hin mit großem Leuchten in die ganze zivilisierte Welt. Das Wort in Syrakus und die Kunst in Syrakus und die Made in Syrakus — das war der damalige „ciernier cri cie ?ai-is". Und den ganzen jahrtausrnd- alten Kamps: Revolutionen unü Tnrannen, neue Tyrannen (zuweilen sogar höchst weise und gütigc) und neue Revolutionen (zuweilen höchst fruchtbare und menschliche), peloponnesische, punischc und andere Kriege um Wirtschaft«, und politische Interessen — da» hat man dir alles schon vorgcmacht. Auch die Weisheit dessen, was von all diesen Kriegen und Revolutionen bleibt: ein erbarmungswürdiger Trümmerhaufen . . . Ach, umsonst sang Pindar, dichtete Äeschylos, dachte Archimedcs, umsonst rang der strahlendste Mensch der Antike, rang Alkidiades an der Spitze seiner Athener hier, was bleibt, ist solch ein Trümmerhaufen, wenn auch em imposanter. Man braucht nicht Archäologe zu sein, nicht aus der uns vertrauten Welt der humanistischen Studien zu kommen. Kann ganz unbefangen hintreten und sich dach, mit leichter Mühe und wenig Phantasie, auf diesem großen Gelände die ganze klassische Stadt in den Umrissen aufbauen. Oder ist es wirk lich humanisierende Voreingenommenheit, Erinnc- rung einer erstorbenen Begriffswelt, wie wir sie seit frühe: Jugend in jeder Generation aufs neue er erben, was uns dies alles lebendig machen, mit Schauern erobern lassen will! Tritt in die großen Laiomicn, jene ungeheuren Steinbrüchc, in denen die Gefangenen arbeiteten und schmachteten, in das rö mische Amphitheater, in denen noch der Schrei der wilden und rohen Römcrspielc in die Luft zu steigen scheint, in das durchaus mit Recht berühmte „Öhr des Dionysius", jenes überaus kunstvollen und ge waltigen, jenen schneckenförmig dem menschlichen Ohre nachgebildeten Gang in hochragenden Fels hinein, in dem noch heute das leiseste Flüstern, das Rascheln von Papier weit hinten und weit oben mit großem Echo vernommen werden kann, so daß es Wahrheit scheint, wie gut hier einer der wirklichen Tyrannen seine Gefangenen vom Lauschersitz aus- horchen konnte — nnü sitze, wenn die späten christ lichen Katakomben dich nicht sonderlich interessieren — ein halbes Stündchen noch in dem griechischen Theater, mit dem Blick aus Marmorhafcn, großen Hafen, Stadt und weites Meer, beglänzt von Abend- sonne — sitz nur so da. schau hin und du weißt: das ist wirklich keine tote Öberlehrerwclt! Und das alles, was dein Herz tiefen Atem nehmen und zu weilen aufbcbcn läßt, ist gewiß kein bclächelnswcrtcs Erlebnis ans jener Porstellungswclt der Oberlehrer. Die Steivbrüche find Zanbergärten geworden, in denen du lange und mir Verzückung hcrumwandern kannst, ahne dich satt zu sehen. Dieser gewaltige, zauberisch umblühte Felsenwinkel in den Latomicn der Kapuziner ist wirklich das echte Vorbild zu den Dekorationen von Verdis „Aida", wie der Meister sic hier sah. Und die Quelle der Arethusa springt immer noch sagenhaft und hell. Dort kommt noch rechts der Anapns in dem Tal zwischen den Beraen - hervor >md ««ftirhin, zieht sich »och bis ! länge Kette des Hybla rund nm vir Insclspitzc herum. Dort hinten steht immer noch der .Vion.« crinitus, wo die Athcnienser bei ihrem unglücklichen Zuge standen. Weiterhin liegt Thapsu» und in der Ferne Augusta, wo jetzt eine betriebsame Sladtbevölkerung Salz aus den meerabgcschlossenen Feldern gewinnt. Und die riesigen, natürlichen Felsen, aus denen das mächtige griechische Theater heransgehanen ist, sind noch die Felsen von damals. Diese ganze großartige und leidenschastt che Natur — sie lebt noch! Sir ist kein Trümmerhaufen geworden. Sie allein blieb Sieger in soviel Kriegen. Sie hat die List, Kunst, Greuel und Gemeinheit, die Größe und den Verfall von Griechen, Römern, Kar thagern und Sarazenen überdauert. Sir steht da wie ein gewaltiger Gott der Schönheit, den Opfer nicht sänftigen, Gebete aller Religionen nicht be rühren, Flüche nicht erschüttern, den alles Menschen ringen, ob mit Palästen gekrönt, mit Trümmerhaufen besiegelt, weniger angeht als der Abendwind, der frisch über ihn hinsächelt . . . Bsoorstrhende Aenderungen im Bühnen Kartell- vertrag. Der Kartellvcrtrag zwischen dem Dcuischen Bühncnverein, dem Verband dentscher Buh- nenschrift steiler und Bühnenkomponisten und der Vereinigung der B ü h n e n v e r l e g e r, der am l. Juli ablaufen sollte, ist vorläufig bis zum 31. De- zember 1924 verlängert worden. Die Verband- lungekommission der Verbände wird im September eine veränderte Fassung des Kartellvcrtragcs fest stellen. Wichtige Aenderungen sind vor allem die Ta n t i e m c n - P a u sch a l i si e r u n g für klei nere Bühnen, die Freigabe der Bercinsans- führungcn mit gewissen Einschränkungen unü der Sketche für Varietes. Die Gebühren für das Aufführunqsmaterial sollen städteweise ge staffelt, den Autoren erleichterter Zutritt zu den Vorstellungen eingcräiimt werden. Angcslrebt wird eine Klärung der Radiosrage. Die Schweizer Bühnen scheiden aus dein Kartell, das sich auf Deutschland und Deutschösterreich bezieht. Der Or ganisationszwang wird nach dem bekannten Urteil des Kammergerichts beibehaltcn. Für genaue und pünktliche Tantiemenabrechnnng sollen die ent sprechenden Maßnahmen getrosten werden. Das Kartell wir- auf fünf Jahre verlängert, da alle be- teiligten Organisationen in dem verflossenen Ab schnitt das Kartellwerk — insbesondere die Schiedsgerichtsbarkeit, als wesentliche Verbesserung der Verhältnisse empfunden haben.
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