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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192405178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19240517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19240517
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-05
- Tag 1924-05-17
-
Monat
1924-05
-
Jahr
1924
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8-;r- 2 Xonaudenck, 6ea 17. Ls! Einigung im Ruhrkonflili? Berlin, 16. Mai. (Eig. Tel.) Die Verhand lungen im Reichsarbeitsministrrium haben sich gestern über den ganzen Tag ausgedehnt und sind heut« morgen fortgesetzt worden. Die Beteiligten hoffen, daß man heute mit den Derhandluizgen -u Ende kommen wird-, ob zu einer vollkommenen Verstän- d.'gung der Parteien oder zu einem Schiedsspruch des Rcichsarbcitsministers, läßt sich noch nicht vor- aussehen. Die Verhandlungen haben nicht den Cha rakter einer Polemik, sondern tragen streng sachlichen Charakter, bei dem die Gesichtspunkte der beiden Parteien eingehend gewürdigt werden. Es besteht nach der ganzen Sachlage eine gewisse Hoffnung, daß der aus der Atmosphäre des Prinzipienstreit» her» ausgetragenc Konflikt sich in Kürze beilegen läßt, wenn auch nach erfolgreicher Beendigung der Ber liner Verhandlungen selbst in den einzelnen Revieren noch besondere Streitfragen geschlichtet werden müssen. Kommunistische Ausschreitungen im Ruhrgebiet Au» dem Ruhrgebiet, 16. Mai. (Eig. Tel.) In der vergangenen Nacht haben kommunistische Bonden das Gleis der Zcchenbahn der Zeche Lonftanti n, Schacht 6 und 7, aufgerisscu und eine Zechenlokomo tive zur Entgleisung gebracht. Es häufen sich die Meldungen von gewaltsamen Unterbin dungen der Notstandsarbeiten auf den Zechen durch kommunistische Banden. Das Ueberfall- kcmmando der Bochumer Polizei mußte in den letz- ten Tagen mehrfach einqreifen. Die Polizei mußt« am Dienstag abend gegen streikend« und aus gesperrte Arbeiter der Zeche Gras Schwerin m Castrop, die am Zecheneingangc standen und die -Arbeitswilligen, die die Notstanüsarbeiten ver richten, am Betreten des Icchenplahes hinderten, mit blanker Waffe cinschreiten. Der Platz wurde ge säubert. Schwere Verletzungen sind auf keiner Seite vorgekommen. Kommunale Hilfe für die Bergarbeiter Frankfurt a. M., 16. Mai. (Eig. Tel.) Aus dem Ruhrgebiet wird gemeldet: Der gestrige Tag ist im allgemeinen ruhig verlaufen mit Ausnahme von Essen, wo aus der Menge auf Polizeibeamtc ge schossen und ein Wachtmeister verwundet wurde. Die Kommunen gehen jetzt dazu über, praktische Hilfe für die Familien der Pergarbeiter zu leisten. In Auf rufen, die von den Stadtverwaltungen unterzeichnet sind und die gemeinsam mit den Bergarbeiterver bänden aufgesetzt sind, wird die Bevölkerung um Spenden gebeten, nm die schwerste Not in der Berg- arbeitcrschaft zu lindern. Kurzarbeit bei Krupp Esse», 16. Mai. Mit dem 15. Mai ist auf der Kruppschen Fabrik eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 8 Stunden täglich cingetrcten. Die Fabrik betriebe mit Doppelschicht arbeiten hintereinander zweimal 6 Stunden. Die Maßnahme wird auf Kohlenknappheit und Koksmangel zurück geführt. Einheitspartei der Rechtsradikalen im Thüringischen Landtag Weimar, 16. Mai. (Eig. Te l.) Der Vorsitzende der Fraktion des völkisch-sozialen Blocks Dr. Artur Dinter hat dem Landtagspräsidium mitgetcilt, daß die in der Fraktion des völkisch-sozialen Blocks zusammengeschlosscnen Parteien der Nationalsozia- listischen Deutschen Arbeiterpartei und der Völkischen Freiheitspartei sich innerhalb der Arbeitsfraktion unter der Bezeichnung Nationalsozia listische Freiheitspartei zu einer Ein- heitspartei verschmolzen haben. Die Fraktion des völkisch-sozialen Blocks führt demnach von nun an die Bezeichnung Fraktion der Nation« l- sozialistischen Freiheitspartei. In den Zielen des praktischen politischen Programms der Fraktion und ihrer Führerschaft habe sich dadurch nichts geändert. Wiederaufnahme des Prozesses Monden Senatepräsident Dr. Schmidt hat nach längerer Krankheit die Geschäfte als Vorsitzender des Staats gerichtshofes zum Schutze der Republik wieder über nommen. Die nächste Sitzung ist auf den 22. Mai festgesetzt worden. Es wird u. a. gegen den Kom- munisten Monden verhandelt werden. Diese Der- Handlung war während der letzten Tagung des Staatsgcrichtshoscs vertagt worden. Schlägerei mit deutschen Matrosen in Triest Wien, 16. Mai. (Eig. T e l.) Wie da» »Neue Wiener Tagblatt* aus Triest meldet, kam es dort in einem Wirtshaus der Altstadt zwischen einigen deutschen Riatroscn, di« mit dem Dampfer „Galat ha* eii^etrosfen sind, und anderen Gästen zu einer Rauferei. Gendarmerie griff ein und ver haftete zwei Matrosen. Sie gaben sich al» Kom munisten und Spartakisten aus, und stießen schwere Schimpfworte gegen Italien aus. Die beiden Ver hafteten heißen Wilhelm Ritz und Reich. Don dem Zwischenfall wurde dos deutsche General konsulat benachrichtigt, das sein Bedauern über den Vorfall ausgesprochen hat. Line gemeinsame Konferenz der Kommunistischen Parteien Deutschlands, Frankreichs und Belgien» hat einen Aufruf „An da» deutsch«, französische und bel gische Proletariat, an die Arbeiter England», Polen» und der Tschechoslowakei* beschlossen, den di« »Rote Fahne* veröffentlicht. Der Aufruf wendet sich gegen den Bericht der Sachverständigen, der al« neuer Versailler Vertrag bezeichnet wird, und endet mit der Aufforderung „Zum Widerstand gegen di« Der» sklavuna de» europäischen Proletariat» durch den internationalen Kapitali,mu»'. ! Sin Brief poincarSs an Macdonald Pari», 16. Mai. (Lig. Te l.) Das „Echo de Pari»' teilt mit, daß PoincarL am 14 Mai einen wichtigen Brief am Ramsay Macdonald gerichtet habe. In diesem Briefe, der etwa vier Seiten umfaßt, drückt der französische Premierminister sein Bedauern dar- über aus, daß er sich am 19 Mai nicht nach Lhequers begeben könne, wohin er bekanntlich eingeladcn wor den war. Ferner versucht er die großen Linien de» Abkommens darzulegen, das nach seiner Meinung bereits zwischen ihm und Ramsay Macdonald über eine Regelung der Reparativ nssrage auf der Grundlage der Sachverständigenbcrichte zustande gekommen war. Da» Dokument, so schreibt das „Echo de Paris', kann im Grund« genommen als ein« Zu sammenfassung der Resultate angesehen werden, die sich bei den letzten interalliierten Besprechungen er gaben, und fixiert den Stand de» Reparation»- Problems in der Stunde, wo rin neues französisches Kabinett im Begriff ist, die Macht zu ergreifen. Die unentschiedene Haltung der französischen Sozialisten Peri», 16. ivlai. (Eig. Tel.) lieber die wei tere Haltung der Sozialisten gegenüber der Bil dung des neuen Kabinett» nach dem Zusammentritt der Kammer ist eine weitere Klärung vorläufig noch nicht geschaffen worden. Die Blatter des Linken Blocks fahren mit den Auseinandersetzungen unter sich fort. Die beiden Richtungen, die bereits in den letzten Tagen sich bemerkbar machten, halten ziemlich unverändert an ihrer Auffassung fest. Aus radikalen Kreisen hält man den Sozialisten immer deutlicher vor, daß man zwar verstehen könne, daß die Sozialisten unter Umständen nicht bereit sind, in ein Kabinett einzutretcn, daß sie ober dann auch nicht das Recht haben, die radikalen Kreise zu hin dern, sich die nötige Unterstützung aus anderen Kreisen zu holen. Das „Oeuvre' greift heute ganz offen die Radikalen an und sagt, daß sie nicht in der Lage wären, allein ein Kabinett zu bilden, schon da es ihnen an der nötigen Anzahl Kompe tenzen für die Besetzung sämtlicher Ministerposten fohle. Aus den Kreisen der früheren Nationalen Blocks und besonders von industrieller Seite wird im übrigen darauf hingewiesen, daß, selbst wenn die Bildring eines Kabinetts mit Unterstützung aber ohne Beteiligung der Sozialisten schon mög- lich ist, die eigentlichen Schwierigkeiten in dem Augenblick entstehen werden, in dem die Abstimmung über den Staatshaushalt vorgenommcn werden muß, den die französischen Sozialisten prinzipiell niemals angenommen haben. Es würde sich also hieraus er geben, daß die Sozialisten durch Abweichen von ihrer traditionellen Haltung in Konflikt mit ihren Dählermassen gelangen würden, oder aber, daß das Budget durch Nachgcbcn gegenüber den sozialistischen Forderungen derart aussehen würde, daß ein Kon flikt zwischen Kammer und Senat unver- mcidlich wäre. Die Angriffe gegen Millerand sind in einem großen Teil der Blätter des Linken Blocks ver stummt. Nur der „Quotidien* seht sie heute in neuer und verschärfter Form fort, indem er dem Nationalen Block und insbesondere Millerand per sönlich vorwirft, mit dem Frankenkurs zu Wahlzwecken manövriert zu haben. „Wir klagen den Nationalen Block unt»r Millcrand an,* so schreibt das Blatt, ,.zu Wahlzwecken die Fonds verschwendet zu haben, die für die Verteidigung des Franken bestimmt waren, und das läuft darauf hinaus, daß wir ihn beschuldigen, daß ->r d-ej« Fonds, die der Nation gehörten, unterschlagen habe, um sie in di« Wahlkvsse de» Nationalen Blocke ab zuführen.' * Paris, 16. Mai. Der Chefredakteur des „O cuvre' de Iouvenal, wendet sich in einem Artikel gegen die Sozialisten, die eine Beteiligung an der Regie rung ab lehnen. Die Radikale Partei, die 150 Abgeordnete umfasse, könne nicht allein die Aufgabe der Regierung übernehmen. Pielleicht verfüge sie nicht einmal, inan müsse den Mut haben, das auszu- sprechen — über genügend Männer zu diesem Zweck. Es sei nicht möglich, daß sich eine von den beiden Parteien der Mission entziehe, die den beiden vom Lande zugcwiescn werde. Wenn sie es täte, so werde sie eine noch schwerere Verantwortung als die der Regierung selbst übernehmen. Das Kartell hätte dann tatsächlich nur eine Minute gedauert, und der Sieg der Demokratie würde Gefahr laufen, nicht länger zu dauern. Französische Willkür Essen, 16. Mai. (Eig. Te l.) Der im Düssel dorfer Schupoprozeß zu 5 Jahren Zuchthaus ver urteilte Hauptmann der Schutzpolizei Pohl ist laut „RheinischWestfälischer Zeitung' am Montag plötzlich nach Frankreich gebracht worden. Deutsche im belgischen Heer Pari», 16. Mai. (Eig. Te l.) Au» Brüssel wird gemeldet, daß in diesem Jahre die jungen Leute von Lupen und Malmedyim dienstfähigen Alter zum ersten Male in die belgische Armee eingestellt werden. Sie werden in das 15. Linienrcgiment eingeordnet und in Derviers untergebracht, wo sie zunächst eine eigene Abteilung bilden werden. Di« Unterweisung wird in der deutschen Sprache durch einen aus Malmedy stammenden Unteroffizier vorgenommcn werden. Optimismus in Amerika New Port, 16. Mai. (Lig. Tel.) In einem Kommentar über die deutsch« Anleihe sagt die „New PorkTtme »', der Dawesplan hab« Aus- sicht auf rasch« Durchführung, da die französischen Wahlen eine versöhnlichere Stimmung in Frankreich erzeugt hätten. Iedenfall» sei der Optimismus in Europa gewachsen. Indessen werde, wer auch immer Premierminister in Frankreich werde, man ver langen, daß Deutschland seinen Verpflichtungen in bezug auf die Reparationen nachkomm«, und werd« auf Sanktion«» und Sicherheitsforderunqen bestehen. „World* sagt, Europa sei wieder aus dem W«ge zum Frieden. Amerikas Anleihepolitik Re» Pari, 16. Mat. (Eig. Tel.) Der Tschechofkowaket »Kd von der National City» Bank und dem Bankhaus Kuhn, Loeb L Co. eine An leihe von 10 Millionen Pfund angcbotcn werden, und zwar zu 8 Prozent Verzinsung, Lmissionskurs 96. Di« Amerikaner wollen die Hälfte der Summ« selber aufbringen, die anderen 5 Millionen Pfund wollen sie in London, Paris und Rom aufbringen. Die groß« Anleihebcrcitschaft der amerikanischen Finanz für europäische Lander entspricht der Weisung der Bundesreservcbank. den Dollar als Welt währung zu fördern, was natürlich am besten durch di« Finanzierung der europäischen Länder geschieht. Die mexikanische Regierung teilt mit. daß sie von amerikanischen Bankier«, die noch Geheim haltung ihrer Namen fordern, ein« Anleihe von 50 Millionen Dollar erhalten hat. Wallstreet ist ferner mit dem Plane einer anglo- amerikanischen Anleihe an Sv an ten zur Ent wicklung der spanischen Eisenbahnen und der In dustrie beschäftigt. Diese Anleihe soll 3 Mill a-den Pesetas betragen und mit 5 Prozent verzinst werden. Oie badische Regierung über das Sachverständigengutachten Karlsruhe, 16. Mai. (Eig. Tel.) In der gestri gen Sitzung des Badischen Landtages legte Staatspräsident und Finanzminister Dr. Köhler dem Hause den Staatsvoranschlag für 1924 35 vor, aus dem zu entnehmen ist, daß der Etat im Gl»ich- gcwicht gehalten werden kann, und daß es gelungen ist, die staatlichen Finanzen aus der furchtbaren Zeit der Inflation herauszuretten und den Kredit dem Lande ungeschwächt zu erhalten. Der Staatsprasi- dent nahm am Schluß seines Ueberblicke« über d> Finanzlage Badens, Stellung zu dem Sachver- ständigengutachten und führte dabei folgen des aus: Ohne eine endgültige Regelung der Repa- rationsfrage sei weder eine geordnete Finanzwirt schaft des Reiches, noch der Länder und Gemeinden auf die Dauer möglich. Da» Gutachten der inter- nationalen Sachverstnädigen stehe im Mittelpunkt aller politischen und wirtschaftliä)en Erregungen in Deutschland. In ihm liege vielleicht die letzte Möglichkeit, die deutsche und die Weltwirt schaft ehestens wieder in Gang zu bringen. Das Gut achten in der ernsthaftesten Weise, unter Verzicht auf jedes Schlagwort, zu prüfen, müßte deshalb die Aufgabe jedes verantwortungsvollen Politikers sein. Ls müsse durchaus Klarheit darüber herrschen, daß in den von den Sachverständigen vorgeschlagenen Zah- lungen aber auch wirklich alle Leistungen eingcschlossen seien, die Deutschland an die alliierten Mächte machen müsse, und endlich daß Deutschland seine volle Frei heit in seinen wirtschaftlichen Beziehungen zu andc- ren Ländern erhalte. Die badische Regierung hält es auch für selbstverständlich, daß die Gefangenen und Ausgewisenen freigegeben werden, daß wirklich von einer Souveränität Deutschland» gesprochen werden könne. Auch dann, wenn alle diese Bedingungen erfüllt seien, werde di« Durchführung des Gutachtens außerordentlich drückend sein. Aber zur Vermeidung des Unglücks, daß das deutsche Volk in Not und Elend verfalle und zur Rettung des gc- samten europäischen Kulturgutes müsse auch nach Auffassung der badischen Regierung das Letzte ver sucht werden. Die badisch? Regierung habe deshalb die Stellungnahme der Reichsregierung in der Frage des Sachverständigengutachtens von An- fang an unterstützt. Sie sehe in dem Sachver ständigengutachten eine Grundlage, um aus den jetzigen unglücklichen Zuständen in Europa herauszu- kommen. Die Annahme des Gutachtens bedeute aber auch eine Umstellung desgesamtenReichv- etats. Sie werde auch eine Neuregelung des finanziellen Verhältnisses zwischen Reich. Ländern und Gemeinden nach zu ziehen, und eine Neuord - nung in der Verteilung der Steuerquellen sei nach der Ansicht von Dr. Köhler unbedingt erforderlich und eine klare Umgrenzung der Kompetenzen un erläßlich. Oie unerwünschte japanische Einwanderung Washington, 16. Mai. (Lig. Tel.) Nachdem das Repräsentantenhaus trotz des Einspruches des Präsidenten Coolidge das Einwanderungsgesetz, das die Ausschließung japanischer Einwanderer vom 1. Juli ab bestimmt, angenommen hat, liegt da» Gesetz heute dem Senat vor, der voraussichtlich in derselben Weise verfahren wird. Zwar wird Coolidge, wie anzunehmen ist, von seinem Veto recht Gebrauch machen. Man sieht jedoch sein Veto al» bedeutungslos an, da die Mehrheit im Repräsen tantenhaus!! 308 Stimmen für und nur 58 Stimmen gegen das Gesetz betragen hat. Das Veto des Präsi- oenten wird wirkungslos, wenn beide Häuser des Kongresses in nochmaliger Abstimmung das Gesetz annehmen. polnische Enttäuschung über die französischen Wahlen Frankfurt a. M., 16. Mai. (Lig. Tel.) Die „Gazetta Warczawska', die als Organ des Außenministers Zamoyski gilt, sagt zu den fran- zösischen Wahlen, die natinonalen Elemente müßten einen entschiedenen Kampf gegen den „Barba- rismu» (gemeint ist wohl die Linke) aufnehmen, der ieht sein Haupt erhebe. Das Blatt empfiehlt, für diesen Kampf die Methoden zu gebrauchen, die der Nationalismus in Polen anzuwenden bemüht ist und die auf einen Putsch hinauelaufen. Dieser Artikel zeigt, wie wenig die Kreise der Rechten au» den Ergebnissen lernen. Die Presse der Linken greift diesen Artikel heftig an und sieht darin einen Grund mehr für die Notwendigkeit einer Aenderung in der Leitung der Außenpolitik. polnischer Argwohn Warschau, 16. Mai. (Lig. Tel.) In hiesigen parlamentarischen Kreisen spricht man davon, daß die Antwort der polnischen Regierung auf di« agres- siv« Not« der Sowjetreaierung betreffend di« Mtn - derheitafrage in Polen am Freitaa oder Sonn- abend dem Sowjetgesandten in Berlin überreicht werden wird. Ls herrscht hier allgemein di« Mei- nung, vor, daß beid« Noten in dieser Frage, sowohl die russische wie die deutsch«, den Beweis für eine eigentlich gegen die Polen gerichtet« Aktion bilden, deren Initiativ« vom deutschen Auswärtig«» A»t ausgegangea sei. Eine Zrauenpariei? Der Gedanke einer Frauenpartei scheint stark an Boden zu gewinnen. Auf der Mannheimer Tagung der deutschen Frouenvereine hat man sich mit dieser Frag« beschäftigt, und auch auf der demokratischen Reichsfrauentagung in Weimar hat sie zur Diskussion gestanden. In letzter Zeit gehen sogar Gerüchte einer ncche bevorstehenden Parteiaründung durch die Presse. Es ist daher Zeit, daß sich die Frauen mit diesem Problem beschäftigen. Der Einfluß der Frauen im öffentlichen Leben ist allerding» noch gering. Obwohl di« Reichsverfassung di« Frau dem Mann rechtlich gleichstellt, hat die Frauenbewegung ihre Ziele bei weitem noch nicht er- reicht, denn es gilt für sie, di« herrschende, einseitig männliche Gesellschaftsstruktur in stärkerem Maße mit dem weiblichen Element zu durchdringen. An- fange dazu sind gemacht, doch sind di« Erfolge noch sehr bescheiden, was bei der geringen Zahl der weib- lichen Abgeordneten im Reichstag nicht wunder nimmt. Würde eine Franenpartei hierin Wandel schaffen können? Zunächst würde eine Frauenpartei keineswegs alle weiblichen Wähler unter ihrem Panner ver einigen. Sie würde vor allem auf die Frauen sozialistischer Parteien verzichten müssen. Bei der Sozialdemokratie tritt die spezifisch deutsche Eigenart der Partei, daß sie nämlich Weltanschan- ungssache ist, besonders stork zutage. Sie kämpft für eine neue Gesellschaftsordnung, und m Kampf für diesen großen Gedanken tritt für die sozialistische Frau die Einstellung auf einen besonderen fraulichen Standpunkt hinter der allgemeinen klaffenkämpfe- rischcn Idee zurück. Di« völkischen Frauen sind für eine gemein- same Frauenarbeit nicht brauchbar. Das männliche Kraftmeiertum, für das sie sich begeistern, hat ihnen den Blick für den Eigenwert politischer Frauenarbeit so getrübt, daß sie sich eine Verdrängung der Frau aus Parlamenten und öffentlichen Aemtern, wie es die völkischen Parteien wollen, ruhig gefallen lassen. Es könnte sich also nur darum handeln, die Frauen der Parteien von den Deutschnationalen bis zu den Demokraten zu sammeln, d. h. also ein« „bürger liche* Frauenpartei zu schaffen, die aber dann nicht mehr den Anspruch erheben könnte, die Frauen schlechthin zu vertreten. Es wäre aber noch immer zu optimistisch, anznnehmen, daß sich wenigstens alle Frauen dieser Richtungen zusammenschließen wür- den: denn eine große Anzahl Frauen ist infolge der Erziehung des wilhelminischen Zeitalters fest davon überzeugt, daß Politik den Charakter verderbe und überhaupt etwas „Unweibliches" sei. Die gute Wahl beteiligung der Frauen darf nicht darüber Hinweg täuschen, daß in vielen Frauenkreisen der Gedanke stärkerer aktiver politischer Frauenarbeit wenig Unterstützung finden würde. Damit sind jedoch die Aussichten einer Frauen partei stark herabgemindert. Wenn es den Frauen nicht von Anfang an gelingt, mit einer großen An- zahl Sitzen in den Reichstag zu ziehen, ist ihre Arbeit von vornherein lahmgelegt. Ihre Stellung wird noch erschwert dadurch, daß sie zu den schon bestehenden vielen Gegensätzen noch den von Mann und Weib ins Parlament trägt, statt ihre Aufgabe in der Er gänzung männlichen Schaffen» zu suchen. Eine Partei über den Parteien innerhalb eines Parlamen tes kann es nicht geben, wohl aber «in interfraktio nelles Zusammenarbeiten der Frauen aller Parteien, das bisher schon bestanden hat, und dem die stärkere Betonung de» weiblichen Standpunkte» in manchen Gesehen zu danken ist. In der Partei ist di« Frau Sachverständige für weiblich« Fragen und hat hi«r leichter die Möglich- leit, ihren Standpunkt zur Geltung zu bringen, als es eine kleine Fraucnpartci der gesamten männlichen Opposition gegenüber tun könnte. Die Stellung der Frau im Parlament zu stärken, liegt durchaus in der Hand der Wählerinnen. Allerdings ist dazu eine in- tensivere Beschäftigung mit politischen Fragen notwendig, als das bisher meist der Fall war. Der Kontakt mit den Parlamentsmitgliedern, über dessen Fehlen die weiblichen Abgeordneten oft klagen, muß stärker werden. Statt hinterher an Gesetzen zu kritteln, sollten die Frauen in Fragen, die besonderes weibliche» Interesse erheischen, wäh rend der Gesetzesberatungen in Frauenarbeitsgrup- pen Stellung dazu nehmen und dann mit den weib- lichen Abgeordneten in Fühlung treten. Die demo- kratischen Abgeordneten haben wiederholt betont, daß ihnen eine solch« Fühlungnahme sehr erwünscht sei. Ein überparteiliches Zusammenarbeiten aller Frauen in den Fragen, die speziell weiblicher Natur sind, sollte man wie bisher den Frauenvereinen überlassen. Um Einfluß auf die Politik zu gewinnen, ist es notwendig, mehr Frauen im Rahmen der bestehenden Parteien in di« Parlamente zu entsenden. Es liegt in den Händen der Frauen selbst, durch politische Selbsterziehung und Mitarbeit es dahin bringen, daß einmal die Zahl der weiblichen Abgeordneten dem Verhältnis von Wählerinnen zu Wählern besser entspricht als heutzutage. Liner be- sonderen Frauenpartei bedarf es dazu nicht. Oie Bündnispläne -er Kleinen Entente Frankfurt a. M., 16. Mai. (Lig. Tel.) Nach einer Meldung au» Velde« äußert sich der Ministerpräsident Dr. De ne sch, daß gelegentlich seiner Zusammenkunft mit Nintschitsch auch der Eintritt Südslawiens tn da» Bündni» mit Frank reich und der Tschechoslowakei in da» Bündnis mit Italien erwogen werde. Benesch sagte, wir haben schon in Belgrad erklärt, daß wir jederzeit bereit seien, dem italienisch-südslawischen Bündnis durch unseren Beitritt einen stärkeren Zusammenhalt zu geben. E» wird von der Begegnung in Rom ab hängen, was gemacht werden soll. Die Gerüchte über die Schaffung eine» Kontinentalblock» mit Frankreich, Italien, der Tschechoslowakei und Südslawien mit Anschluß Rumänien» seien dagegen unwahr. Der bekannt« Pazifist Senator Lstournelle» de Constant ist heute im Alter von 72 Jahren nach langem Leiden g« starben. Lr war von Be ruf Diplomat und gehört« seit 1896 dem französischen Parlament an. Der Verstorben« ist durch seine un- ermüdNch« Propaganda für den Gedanken de» inter nationalen Schiedsgericht» bekannt geworden. Auf sehen erregt» 1919 sein entrüsteter Protestbrief an den König von Montenegro wegen der Kriegserklä rung an die Türkei.
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