Volltext Seite (XML)
Wir gehen nun, nach diesen vorausgeschickten Bemerkun gen, zum Inhalte des Stückes selbst über. Den Prolog spricht Poseidon, zu dem sich Pallas Athene gesellt und ihn für ihren Plan, über die heimkehrenden Helle nen wegen des von Mas an ihrer Priesterin Kassandra ver übten Frevels Unheil zu verhängen, zu gewinnen sucht. Po seidon, als Miterbauer der Mauern Troja's und Schutzherr der Stadt, sagt der Göttin seine Beihilfe zu, indem er, wann die Griechen nach der Heimat steuern, die Fluthen des ägäischen Meeres empören zu wollen erklärt. Es ist dieß eine wirklich gelungene Wendung, womit der Dichter den jetzt folgenden Verlauf der Ereignisse einleitet, indem nun nicht mehr die ganze Last der über Troja hereingebrochenen Leiden ausschließlich auf dieser Seite liegt, sondern nach beiden Seiten vertheilt erscheint. Erster Akt. Hekabe, vor Agamemnons Zelt liegend, bejammert das Mißgeschick ihres Hauses und ruft den aus ge fangenen troischen Frauen bestehenden Chor zur Theilnahme an ihrer Klage herbei. Dem zuerst erscheinenden Halbchor sagt sie, daß bereits die feindlichen Ruder zur Heimkehr in Bewegung seien, bittet aber zugleich, nicht auch noch die in bacchischer Wuth rasende, von den Achaiern entehrte Kassandra herauszuführen, um nicht dadurch ihren Schmerz noch zu ver größern. Nun eilt auch der zweite Halbchor herbei und fragt, ob der Tod über sie beschlossen sei, oder wem von den Danaern sie als Sklavinnen zufallen würden? Bald — erwidert He kabe — werde die Verloosung stattfinden. Gemeinsame Klage über die bevorstehende Knechtschaft. Talthybios, der Herold des Griechenheeres, tritt auf und meldet den Frauen, daß Kas sandra dem Agamemnon, Polyxene als Todtenopfer dem Achil leus, Andromache dem Neoptolemos und Hekabe dem Odysseus zugefallen sei. Vor Allen müsse Kassandra dem sie liebenden Feldherrn übergeben werden. Jetzt erscheint Kassandra selbst, von prophetischem Wahnsinn ergriffen und Fackeln schwingend, erst bacchische Lust heuchelnd, dann den Griechen ein furchtbares Geschick verkündend. Indem der Herold die Prophetin auf fordert, ihm nun zu den Schiffen zu folgen, sucht er Hekabe