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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231227
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231227
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-27
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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»1— » 6« L? v««ads» der unrechtmäßigen Aneignung ist so schmal, daß ihn viele erst dann bemerken mögen, wenn sie ihn betreten haben. Unsere Zeit, die sich mit dem Diebstahl begnügt, ist noch verhältnismäßig harmlos. Denken nur an den Mörder-Goldschmied Ravaillac, der auch kein gemeiner Habgieriger war und zwei große deutsche Dichter, Hofsmann und Otto Ludwig, zu bleibenden Werken anregte. Oder an jenen ehemaligen Mönch in Spanien, der sich seltene Bücher ausborgte und dann den Besitzern nachts mordend am Wege auf lauerte, weil er sich von den Bänden nicht mehr trennen konnte. Kulturb ld aus Bayer» Don 0. ßs. SrLk Wenn der Dauer reich wird... Du möchtest oft gerne wissen, ob denn da» aste» stimmt, was von den Bauern in den Büchern unserer berufenen bayerischen Lieblingsschriftsteller erzählt wird. Ich kann dir versichern — es hat einmal viel gestimmt. Heute ist da» ein wenig anders ge worden. Laß dir ein Geschichtlein erzählen, da» du oft und oft hier erleben kannst. Das liebliche bayerisch« Gemüt tritt hier ganz klar hervor. Kajetan Moosreiner ist einer der größten Bauern von Limpflberg. Er wiegt dreiundn.unzig Kilo gramm und gehört in unserer Gegend zu den so genannten »belesenen* Dauern. Da» sind Leute, die erkannt haben, daß Besitz allein nicht das Höchst« auf der Welt ist. Da» sind sojch«, die auch da» Wissen noch besitzen wollen. Kajetan Moo»r«iner nun hat von jeher ein starke» Interesse für Musik und für Bücher gehabt, da» ist wahr. Gr spielt Geige und hat — wie do» nun oft rorkommt — ein« Obsthandler»tochter «» der Stadt geheiratet, die er gelegentlich Sommerfrischlerzeit kennen lernte. Eie heißt Io- sephi setzt — früher hieß sie Peppi. Sie begann damit ihre Däuerinnenzeit, daß sie Danahofer- Bücher und dergleichen in» Hau» und plötzlich Lite ratur in» Leben der Moo»reiner brachte. Kajetan Moo»reiner erkannte, da» gehört sich für einen gebildeten Menschen und fuhr tn die Stadt, kaufte zirka hundert sehr teure, goldstrotzende und ledergebundene Bücher, kaufte «inen Schrank und richtete im Lauf« der Zett ein Bibliothek zimmer et». Da» aber tat nun Kajetan mit den Bücher»? — Er lern» sie auswendiO, dm» heißt. er lernte vor allem die Geschichtsbücher und Ta- bellen auswendig, denn so was muß ein gebildeter Mensch wissen. . Ereignet es sich beispielsweise, daß du in der Wirtsstube sitzt und es lenkt sich zufälligerweise das Gespräch auf irgendeine Sache, die einmal in der Geschichte oder scnstwo auf der Welt passiert ist, dann kannst du es erleben, daß Ka'.etan laut sein gelerntes Wissen heruntersagt, so wohlgesetzt, so klar und so eindeutig wie es im Konversatrons- lexikon steht. , Ich habe da wirklich schon viel gelernt dabei. Du mußt wissen, daß, wenn heute ein R esen- unternehmen mit Billionen rechnet, das beim Dauern gang und gäbe ist. Er hat nicht nur Bil lionen Papiergeld, er hat auch Gold, soviel du willst — also, außerdem kannst du in unserer schönen Landeshauptstadt manchmal ein recht nette» nächt liche» Intermezzo mitmachcn, wenn du beispiels weise die Straßen tiefnachts entlang gehst. Du sichst plötzlich an einem Laustor einen Dauern an sämtlichen Klingelknöpfen läuten, so lange läuten, bi» sich in den verschiedenen Stock werken die Fenster erhellen, sich öffnen und bi» sich schimpfende oder erschreckte Schläfer daraus beugen und fragen, wa» denn los sei. Was lo» sei? — Der Dauer hat sich einen Jux machen wollen. Er hat sich nämlich etliche Häuser gekauft in der Stadt und will sich nun überzeugen, ob seine Mieter wirklich alle zu Lause sind und schlafen. Die erregten Mieter schimpfen au» den Fenstern, sie schreien, aber der Dauer wankt hin und her und lacht au» vollem Halse, er grölt und rülpst und tröstet sie: »Wissens, . . . wissen», ich hab bloß gschaugt, ob'» ö» allsam daheim seid»! ... Ist schon guat ... ich bin nämlich der Hausherr . . mir ghärn dö Häuser. . . wißt» ... ich hab bloß gmeint . . . nicht» für ungut, geht» nor wieda schlafa . . . Guat Nacht beieinand . . . Hahaha!* Du kannst dabei manchmal schlimmere Auftritt« erleben, lieber Leser, aber da» spielt keine Rolle. Du kannst sie dir ja schließlich selber ausmalen, wenn du dich tn die Lage versetzest, dü wärst nün so «in aufgeweckter Mieter. E» ist aber alle» nicht so schlimm, tm Monat ein paarmal geweckt »u werden. Da» ist schließlich kein Weltuntergang. So denke ich — so denkt auch der Bauer, die ganzen Hausbesitzer vom Land denken so. Schließ lich — man fährt doch nicht umsonst in die Stotztz Ma» will doch ein kleine» Lau^uua habe», — Die Joch Oberstkomman-ieren-er der Alliierten tm Weltkriege wurde Die», 2S. Dezember. (Eig. Tel.) Da» «Neue Diener Journal* veröffentlicht näher« Einzelheiten über -i« Verhandlungen, die oer frühere französische Mintsikrpräsident Parnlevt wahrend de» Welt- kriege» mtt England über das Ausrandetommen dc» französischen Oberkommandos geführt hat. Das erste Ablommen darüber wurde am 26. Februar 1Ü17 in Gala»» zwischen Lloyd George und Brian-d abg«7 schlossen. Da» englisch« Oberromaiando wurde dem französischen General Nivelle unterstellt, nau, des- sen angglückter Offensiv« im Frühjahr 1V17 da» ao- kommen jedoch hinfällig wurde. Painlevä begann dann al» Kriegsmlnister im August 19l7 Der'mnd- langen mit Lroyd Georg« und Lord Milner, u:n General Foch zum Ehe; des gemeinsamen General- stade» zu ernennen, wa» di« Vorstufe zum gemein samen Oberkommando sein sollte. Als Painlevä rar Herbst des gleichen Iayres Ministerpräsident wurde, brachte er Berhan.tungen zwischen England und Fiankrercy über di« Ernennung Foch» zum Generalis simus zustande, wobei di« Engländer mit Nücksi^t auf die öffentliche Meinung ihre» Landes zunächst zurück haltend waren. Erst nach der Niederlage Italiens bei Eaporetto wurden die Verhandlungen gefördert, un^ «"ainlevs und Lloyd Georg« unterzeichneten ge meinsam in Rapallo am 7. November 1V17 da» defi nitiv« Ablommen. Durch di«se» wurde in Versailles ein interalliierte» Kricgskomite« einaesetzt, da» '"ater »Oberster Rat* genannt wurde. Da» Komitee ..uqre sich auf «inen gemeinsamen permanenten Gencralstab unter Vorsitz Foch», der auch einer gemeinsam auf- gestellten interalliierten Reserve Vorstand. Foch sollte alsbald auch das Oberkommando übernehmen. Kurz nach der Abstimmung der französischen Kammer üb»r den Vertrag von Rapallo, die ein« geringe Mehrl)«tt erzielte, wurde das Kabinett Painlevö wegen einer innerpolitischen Frage untergeordneter Bedeutung «stürzt. Di« Regierung Elemenceau übergab die Führung de» gemeinsamen Generalstabeo an Stelle Fachs dem General Weygand, wahrend die ge meinsam« Reserve dem englischen General Haigh unterstehen sollte- Erst nach der d«utsck)«n Offensiv« im Mai 1918 «r"r;sf General Haigh selbst die Ini tiative zu einem Schritt der eng.tschen Regierung, daß jetzt endlich F o ch das Oberkommando über die drüben Armeen erhalte. Am 26. Mörz wurde in Doullen» in diesem Sinne ein Vertrag Über di« Ein setzung des gemeinsamen Oberkommando» zwiich'N Lloyd George, Lord Milner und Elemenceau adge- schlossen, welcher endlich seinen Widerstand gegen die Ernennung Foch» aufgegeben hott-. Gchneestürme im Riesengebirge Hirschberg (Schief ), 26. Dezember. (Eia. Tel.) Km Rtesengebirge herrscht« am ersten Weihnacht»- feiertag ein furchtbarer Schneesturm. Der Schnee war an einigen Stellen meterhoch aufyetürmt, s» daß selbst im Tale fast jeder Verkehr un möglich war. Große Störungen wurden im Eisenbahnverkehr hervorgerufen. Die Züge, soweit sie überhaupt noch verkehrten, hatten stundenlange Verspätungen. Auf der Strecke Schreiberhau— Grüntal, die über den Gebirgskamm führt, und auf der Streck« Merzdorf—Liegnitz mußte der Betrieb ganz eingestellt werden. Auf dem Kamme war ein Aufenthalt im Freien l e b e n » g e fä h r - lich. Auch an den Fernsprechleitungen hatte der Sturm vielfach Schaden angerichtet. Eisenbahnunglück in Berlin Berit», 26. Dezember. (Gig. Tel.) Am ersten Hhnachtsfeiertag früh gcoen 6 Uhr fuhr der Per- onenzug 205 auf den am Einfahrtssignal de» Dahn- cf, Oranienburg haltenden Dorortzug 33 auf. wei Wagen wurden zertrümmert und ge- ieten in Brand. Ein Postschaffner, der sich im Post- bteil de» letzten Wagen» befand, wurde getötet, 'irr weitere Personen wurden leicht verletzt. Das Gleis Berlin—Oranienburg war mehrere Stunden gesperrt. Die Ursache des Unglücks ist noch nicht festgestellt. * Der Hamburger Diermastschoner »Hermann Felds* ist aus der Fahrt von Hamburg nach dem Lristians-Fjord tn der Weihnachtsnacht in der Hammcrbucht zwischen Blokhus (Jütland) und Lökken ge st randet. Die Besatzung von 18 Mann wurde mit größter Mühe gerettet. 120400 Golbmark geraubt Berltv, 26. Dezember. (Tig- Tel.) In eine Druckerei in der inneren Stadt, in der das Not geld für die Reichseiscnbahn hergestellt wird, drangen Einbrecher ein und raubten Eisenbahn- Notgeld im Betrage von l20 400 GoIdmark, da» in den Kellerräumen aufbewahrt wurde, um dem nächst vernichtet zu werden. Mitglieder der Bande konnten verhaftet werden, während es dem Rädelsführer gelang, mit dem Geld« zu entkommen. Der Strafantrag im Düsseldorfer Schupoprozeß Düsseldorf, 26. Dezember. In der heutigen Ver handlung gegen die wegen der blutigen Zusammen stöße mit den Separatisten am Totensonntag ange klagten Schupobeamten beantragte der Ankl gever- treter für den abwesenden Regierungspräsidenten Dr. Grlltzner, der »es fertiggebracht habe, in einem Nachmittag so viele Opfer zu verursachen*, wegen Mordes die Todesstrafe, für die ab wesenden Angeklagten Leutnant Beyer, Oberleut nant Boden st ein, Polizeikommiss« Esser lebenslängliche Zwangsarbeit, für Oberleutnant Pohl, der die Hauptverantwortung trage, Zwangs- arbeit, ebenso für Hauptmann Pfeffer. Für Oberleutnant Hübner und für Hauptmann Paß- lack ließ der Staatsanwalt die Anklage auf Tod- schlag fallen. Für Leutnant Vogt hielt er die An klage nicht aufrecht, während er für di« einzelnen Schupobeamten dem Gerichtshof das Strafmaß überließ. Ewers habe einen Franzosen mißhan- delt und verdiene dafür eine exemplarische Straf«, Für den städtischen Polizeimann Krieg beantragte er eine hohe Gefängnisstrafe, für den Stadtsekretär Neukirch ließ er wegen nicht genügender Beweise die Anklage fallen. Der Artist König habe einen Menschen mißhandelt; für den Schlosser Engels lägen mildernde Umstände vor. Auch das Strafmaß für Major Engel und für Hauptmann Winkel- mann stellte der Anklagevertreter wegen der widersprechenden Aussagen in da» Ermessen de» Ge richts. Im übrigen schloß der Anklagevertreter sein Plädoyer mit dem Verlangen nach einem gerechten Urteil. Sächsischer Arbeitsmarktbericht Die seit Anfang Dezember beobachtet« leichte Besserung auf dem sächsischen Arbeitsmarkt hat in der letzten Berichtswoche nicht nur keinen Fort- schritt gemacht, sondern scheint vielmehr bereits zu einem gewissen Stillstand gelangt zu sein. Aber auch in einzelnen Gruppen selbst war tn dieser Benchtswoche keine Einheitlichkeit zu verzeichnen. Das gleiche war auch in der chemischen Industrie zu beobachten. Während der eine Teil der Betriebe voll beschäftigt war, musste der airdere wegen Mangels an Rohstoffen Entlassungen vornehmen; in 6r Holzindustrie erstreckte sich die Vermittlertätigkeit fast ausschließlich auf die Klavier- und Möbelindu strie. Die Papier- und Lederindustrie hat zwar. teilweise die Arbeitszeit erhöht, aber keine Ein stellung von Arbeitskräften vorgenommen. Auch im Nahrungsmittel- und Genußmittelgewerbe, sowie auch im Bekleidungsgewerbe hat in diesem Jahre selbst daS Weihnachtssest nur geringen Einfluß auS- geübt; es bot jedenfalls nur geringe Gelegenheit zur vorübergehenden Unterbringung von Arbeitslosen. Selbst die Süßwarenindustrie war nur in gewissem Matze aust.ahmesähig. Lediglich in der Textil industrie schritt die bisher beobachtete leicht« Besserungsort. Zn der Landwirtschaft, tn den Industrien der Steine und Erde, i» Bau- und tm Gast- und Schankwirischastsgewerbe, für kauf männische und Büroangestellte und für ungelernte Arbeiter, sowie für häusliche Dienstboten hat auch diese Woche keine Besserung der Lage gebracht. Erleichterter Oevisenerwer- im besetzten Gebiet Di« Bevölkerung de» besetzten und Einbruchs- gebiet» wird im Verkehr mit den Besatzungsmächten vielfach gezwungen, Zahlungen in französischen oder belgischen Franken zu leisten. Der Reich»wirr- schaft»minister erläßt deshalb Bestimmungen über erlrivsterten Devisencrwerb im besetzten und Einbruchsgebiet und im Verkehr mit diesem Gebier. Danach gelten als zulässig« Verwendungszwecke, zu denen ausländische Zahlungsmittel in einem für diese Zweck« notwendigen Umfange nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen erworben werden dürfen: a) Zahlungen an die Besatzung». Mächte; d) Unter st Übungen an von den Be- satzungsmächt«n festgeheltene Personen oder an An- gehörige im besetzten und Einbruchsgebiet. Die Finanzminister dürfen den Erwerb auslän discher Zahlungsmittel zu diesen Zwecken in ange- messenen Grenzen g'vchmig«n. Zu den gleichen Zwecken dürfen die Devisenbanken und Wechselstuben des bcjetz.en und Linbruchsgebiet» Inländern, di« sich durch einen mit Lichtbild ver- sehen«» Personalauswei» ausweisen, ausländische Gcldsorten bi» zum Betrage von 10 Gold mark ohne Genehmigung des Finanzamts abgebcn, wenn ihre Verwendung zu emem der g:namren Zwecke nachgewieser st oder glaubhaft erscheint. Diese Bestimmung darf nicht zu einer hemmungslosen Ab gabe ausländiswer Geldsorten führen. Wenn der Der- dacht besteht, daß ein Käufer durch wiederholte In- anspvuchnahme dieser Ausnahmebestimmung die Ge nehmigung des Finanzamt«» zu umgehen sucht, oder die Verwendung zu einem der zugelassenen Zweck« nicht glaubhaft macht, hat die Bank oder Wechselstube dir Ab gabe zu verweigern. Bei Zuwiderhandlungen setzen dies« sich der Gefahr der Entziehung der Eig m- schäft al» Devisenbank oderWechselstube aus. Di« Erwer ber macht sich in solchem Falle strafbar. Firmen, die im Besitz einer Handelskammerbescheinigung sind, dürfen ausländische Zahlungsmittel zu di«fen Zwecken erwerben. Firmen de« besetzten und Einbruchs gebietes dürfen auf Grund ihrer Handelskammer bescheinigung auch ausländische G«ldsorten erwerben. Im besetzten und Einbruchsgebiet dürfen Handels- kamm«rbeschcinigungen auch Gewerbetreiben den erteilt werden, die nicht in» Handel», oder Ge nossenschaftsregister eingetragen sind, wenn die zu ständige Handelskammer den Antrag befürwortet. Um ein Ucberqreifen dieser Erleichterungen auf da» unbesetzte Gebiet zu vermeiden, dürfen im be- setzten und Einbruchsgebiet ausgestellte Handels kammerbescheinigungen nur dort verwendet werden. Die Devisenbanken de» besetzten und Einbruchs- gebiet» werden von der regelmäßigen Meldepflicht befreit. Das Verbot der Umwechslung ausländischer De visen in inländische Geldsorten und der Auszahlung von Währungskonten in ausländischen Geldsorten wird für das besetzte und Einbruchsgebiet aufgehoben. (Lin neues Erdbeben in Japan Pari», 26. Dezember. Nach einer Meldung aus New Jork brach vorgestern tn Tokio durch einen neuen Erdstoß eine Panik au«. Die entsetz ten Bewohner glaubten an eine neue Katastrophe, liefen außerhalb der Stadt und kehrten erst nach mehreren Stunden zurück, al» die seismoyraphiscken Sachverständigen sie beruhigt hatten. Die Schäden sind unbedeutend, obwohl die nach dem großen Erdbeben nou errichteten Gebäude stark erschüttert worden sind. Gestohlene Kunstwerke Don t.oz»»>r Kein« Zeit zuvor hat «ine solche Blüte der Kunst- di«bstahl« gekannt wie die Gegenwart. Aus Kirchen und Museen verschwinden Kunstwerke; die Be wachung derart weitläufiger Gebäude mit ihrem viel sättigen Inhalt reicht natürlich in keiner Weise j aus, einen Dieb zu verhindern, das zu nehmen, was ! ihm oder anderen gefällt. Beinahe bei jeder Kunst- auknon wird mit dem Verschwinden leicht transportierbarer Dinge gerechnet, und jede Kunstausstellung kennt die Gefahren. So ver schwanden bei der Albertina-Auktion bei Boerner in Leipzig die drei schönsten Aquarelle von Rudolf von Alt, und kürzlich fand sich bei einer Rodin- Ausstellung tm Berliner Kunstsalon Flechtheim schon am ersten Tage ein aus kostenlosen Besitz er pichter Bewunderer. Heb erblickt man die KunstdiebstLhle der letzten Jahre, so verlangen die meisten Fälle zu ihrer Er- llärung keine besondere Psychologie. Es sind genau so gemeine Diebstähle wie alle anderen auch. Eine Anzahl Kirchen, und ost nicht gerade die reichsten, verloren tdr bißchen Edelmetallarbeiten, die dann «Ingeschmolzen den Weg Uber den Metallhandel gingen. Line größere Reihe Bilder sind auf die Namen ihrer Maler hin gestohlen worden, weil die Verbrecher glaubten, aus diesem Wege mit einem Male zu Reichtümern zu kommen. Der ausfälligste ! Fall der Art war der Diebstahl von Lionardos Mona Lisa in Paris durch einen völlig un gebildeten Menschen. Und gerade dieser Fall war vor seiner Aufklärung interessanter als nachher. Wie viel Artikel wurden geschrieben, wa- wurde nicht alles in die Persönlichkeit des unbekannten Täters htneingeheimnißt! Ja, es erschienen sogar in Frank reich und in Deutschland je «in Roman über den Diebstahl. Der französisch« Roman «r- zählt« von einem Maler, der über dem Geheimnis von Lionardos Farbe wahnsinnig wurde, der deutsche von einem anderen Narren, den das be rühmt« Lächeln der Mona Lisa verrückt machte. Ver- rückt waren jedenfalls beide Helden. Di« Bücher waren <ch«r nicht etwa Kolportagewerke, sondern literarisch gemeinte Arbeiten. Und als sich nun als Täter ein ganz gemeiner, materiell berechnender Dieb herausstellte, da war der Welt auch sofort di« Freude an dem ganzen Diebstabl ver- i dsrd«» Genau so wie mit diese» -auptsall I wird es natürlich auch mit fast allen kleineren Fällen gehen. Die Diebe lesen in einer langweiligen Stunde in einer Zeitung oder in einem Katalog etwas über den Wert bestimmter Kunstwerke, und sie stehlen diese Kunstwerke, weil sie keine Ahnung davon haben, wie schwer es ist, sie in bar umzusetzcn, selbst wenn man sie schon im neulralen Ausland hat. Würde jeder Dieb erst einmal ein Jahr lang Volontär in einer unserer großen Kunsthandlungen sein, ein großer Teil der Kunstdiebstähle würde von selber aushören. Fast immer, wenn man die Diebe erwischte, zeigte cs sich, daß cs reine Gcschästsdiebe waren, und nur in ganz seltenen Fällen ist man eines Diebes aus Leidenschaft Habhast geworden. Sehr oft standen hinter den Dieben Hehler, kleine orientierte Händ ler, deren Werkzeug sie nur waren. Aber wenn man in seinen Erkenntnissen schon so wett ist, tritt für den Kenner der Vorgänge wieder ein neues Problem auf, daS die ganze Angelegen heit ins Romantische verschiebt. Es stellt sich nämlich heraus, daß von allen Kunstdiebstählen der letzten zehn Jahre nicht 10 v. H. ausgedeckt worden sind. Mag natürlich sein, daß viele- ins Ausland gelangte, daß die Verwirrt! :it alles früheren Welt- zusammenhanors erst nach einem weiteren Jahrzehnt den jetzigen Aufenthalt vieler gestohlener Kunstwerke erkennen lassen wird. Mer selbst, wenn man hier für einen gewissen sehr hohen Prozentsatz in Frage zieht, bleiben noch immer die ganz außerordentlich vielen Fälle, die zu keiner Erklärung fübren. Wir kennen ja au- der Kunstgeschichte zur Genüge di« Rubrik der verschollenen Kunstwerke, die infolge von Kriegen oder sonstiger Unruhen auf Jahrzehnte oder selbst auf Jahrhunderte verloren schei- nen, um dann plötzlich an irgendeiner Ecke der Welt, in irgendeiner Privatsammluna, in irgendeiner Trödelbude aufzutauchen, wo sie kein Mensch je ge sucht oder erwartet hätte. Ein derartig bewegendes Moment haben wir mich in dem Diebstahl aus Kunstleidenschaft. Wenn ein «anzes Volk maßlos und fortschreitend verarmt, wobei eine kleine Sch'cht ebenso matzlo- materiell emporstetgt, dann verliert die gefährdete Zwischenschicht nur zu leicht ihren Halt. Niemals neigt man mehr zu einem Genuß, als wenn er un erreichbar zu werden droht. Hierzu kommt noch, daß der Kunstliebhaber immer ein wenig charakter schwach ist. Wie die Kunstproduktio« in den letzten Jahren zweifellos etwa- stark lleberreiztes gehabt hat, so ist es auch vielfach beim Genießenden: der Steg zwischen der Sehnsucht nach Kunslbefitz und Das tapfere Schneiderlein Der Flickschneider Josef Ziegenspeck wohnt be m Flerschermeister Salzmann im Giebelstock. Der Meister der Nadel ist ein kümmert.che» Männlein, da» keiner Fliege etwas zuleide tut. Seine Frau Amalie Kat sich redlich Mühe gegeben, ihren Josef herauszufüttern; e» mußte aber bei dem Versuch bleiben, da Z egenspccks Konstitution auf kein Mittel reagierte. Selbst Schweinemastpuloer, wie es vor Gericht hieß, hat der Mann schlucken müssen. Neben der imposanten Gestalt seiner Frau und den noch stattlicheren seiner Wirtsleute erscheint da» Schneiderlein vollend» wie eine Null. Die Dorf- jugend macht sich e n Vergnügen daraus, den Schneider zu hänseln, wo sie nur kann. Sitzt er auf seinem Tische am Fenster, dann fliegt nicht selten irgendein Gegenstand ins Zimmer. Der Meister droht dann m t der Elle, läßt auch einmal eine Flut von Schimpfworten auf seine Peiniger herabregnen, aber der einz'g: Erfolg ist ein wildes Hohngeschrei, das er bei den Uebeltätern auslöst. Frau Ama! e hat schon oft versucht, ihren Josef zu einem »Mann* zu erziehen; ihre Bemühungen sind fruchtlos geblieben Eines Tages klettert der Schneider von seinem Olymp herab, um die Miete zu bezahlen. Es hat hm viel Mühe gekostet, das Ouartalsaeld zusammen- zubckommcn. In einem Körbchen schleppt er die Summe mit sich. Alles Papierqeldscheine, die auf geringe Beträge lauten. Frau Salzmann ist gerade stark beschäftigt. Der Schneider kommt ihr höchst un gelegen. Etwas unw rsch macht sie sich an das Zählen des Geldes. Gesprächig, wie Ziegenspeck nun einmal ist, schwatzt er das Plaue vom Himmel herunter. Frau Salzmann kommt aus dem Konzept und beg'nnt ihre Arbeit von vorn. Der Schneider redet unbekümmert weiter. D« Wirtin verzählt sich wieder. Sie ersucht ihren Mieter, den Mund zu halten. Für einen Augenblick verstummt Iiegensv'ck. Dann aber plätschert das Brünnlein seiner Beredsam keit aufs neue. Da macht Frau Salzmann kurzen Prozeß, nimmt den Schneider am Schlafittchen und steckt ihn zur Tür hinaus. Joses protestiert gegen eine derartige Behandlung. Die Fleischerin läßt sich aber nicht stören. Sie öffnet die Tür und a bt Ziegenspeck einen Stoß, der ibn an die frische Luft befördern soll. Da ermannt sich der Schneider zum erstenmal in seinem Leben. Er dreht sich um, hebt den Arm und läßt d e geballte Faust mit aller ihm zu Gebote stehender Kraft auf die Nase der Frau Calzmann fallen. Und Josef hat gut getroffen. Das Blut schießt der »Meestern* über den weißen Schürzcnlatz. Hilferufend lehnt sie an der Wand. Ziegenspeck entwetzt in seine Gemächer. Dor Gericht stehen sich die Parteien gegenüber. Hier der Fle scher Salzmann, ein Hüne, dort Ziegenspeck in seiner ganzen Ilnscheinbarkeit. »Man traut es dem vermeckerten Gestell gar nicht zu. Wo er nur den Mut hergcnommen hat?* erklärt Salzmann. »Ditte, Herr Vorsitzender,* ruft Ziegenspeck da- zwischen, „schützen Sie mich vor den Beleidigungen dieses Mannes.* Und als der ganze Sachverhalt durchgesprochen ist, kommt dos Gericht zur Uebcrzeuguna, daß der Schneider sich tatsächlich an Frau Salzmann ver griffen und ihr eine Körperverletzung zugefiigt hat. Es werden ihm 10 Goldmark Strafe auferlegt. Kann er sie nicht bezahlen, muß er fünf Tage brummen. In der Begründung des Urteils führt der Richter an, daß sich Ziegenspeck al« ein »roher und gewalt tätiger Mensch* gezeigt und sich nicht gescheut habe, eine wehrlose Frau zu mißhandeln. Die Gestalt des Schneiders reckt sich sichtlich in die Löb«. Einen triumphierenden Bl'ck wirft er im Kreise umher. Dann wendet er sich an den Dor- sitzenden und bittet, er möge ihm die soeben geäußerte Begründung schriftlich geben. Auf die verwnnd'rte Frage des Richters, was er damit wolle, erklärt Ziegenspeck: „Ja. sehn Sie mal, mei' kutefter Harre, wenn das bei uns im Dorfe begannt werd un ich ganns den Leiten gleich schwarz uff weiß zeigen, da hamse vielle'cht endlich ema ä bißchen Reschpekt vor mir.* p. k.
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