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Leipzigs alte Sta-tkitche Boa vr. krk«6r>el» SekeulK«, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museum« in Leipzig Don den Leipziger Kirchen weih kaum eine Kunst geschichte zu berichten, und dam'.r ist da» Urteil der allermeisten fertig, daß sie ohne Reiz sind. Da* sie manches Anziehende, ja hier und da auch Stücke von Einzigartigkeit bergen, wissen nur gute Kenner, weiß oft nur — was bei Kirchen am w^n.gsien der Fall sein sollte — der Spezialist. Die Themas- wie di« Paulinerkirche sind an intecesianren Grabdenkmälern reich und der Dominikus in der paulinerkirche ist ein erlesenes Kunstwerk. Es war deshalb auch nicht schwer, für diesen Weihnachtsartikel, der festlich ge schmückt werden sollte, in der Mirienfigur und ter im Relief dargcstellten »Flucht nach Aegypten* und ^Begegnung der Frauen" des ältesten Lu- tritzscher Altars Bildwerke von eigentümlicher primitiver Anmut zu finden. Es gäbe bei den Leipziger Kirchen auf so viel Schönes, zum mindesten Beachtliches, hinzuweisen, daß man sich beschränken muß, und deshalb soll heute nur von -er Nikolaikirche die Rede sein, weil sie die in der Frühzeit wichtigst? Leipziger Kirche und die eigentliche Etadtkirche «ar. Kein Wunder, d ß sich die Sage ihrer bemächtigte, aber freilich erst svät; denn die Georgserzählung, die sich mit oem Hufeisen an der Südostccke der Kirche verbindet — sie oerichtet, wie der Ritter Georg den Drachen erlegte, der von der Gegend des Brühls aus das Land ringsherum verheerte —, ist eine offensichtlich junge Erfindung und setzt di« stattliche Portalfigur des erst um 1700 an der benachbarten Stadtecke erbauten Georgen- Hause» voraus. Da hält man sich denn lieber an das kleine Baumuseum, das, dem Blick von jedermann zugänglich, an der gegenüberliegenden nördlichen Seite der Kirche angebracht ist, und be trachtet die für Leipzig so ungewöhnlichen romanisch:« SLulenreste. Sie deuten auf die alte Kirche hin, die sich in der Blütezeit mittelalterlicher Kultur hier erhob, als der Hohenstaufe Friedrich II. regierte, und Walther von der Dogelweide sang. Um diese Kirche, die mit ihren zwei Westtürmen so mancher Kirche de» Harzgebietes ähnlich gewesen sein mag, entspann sich Anfang des 18. Jahrhunderts jugendfrisches Treiben. Hier nahm ein großer Teil der Studentenschaft Quartier, die von Prag eingewandert war, und mit ihren Magistern konstituierten sich die Scholaren im angrenzenden Fürstenkolleg zu einer der großen Lern- und Wohngemeinschaften, wie sie der vorreforma- to.lsche Universitätsbetrieb kannte. Hier hörte man lateinisch dozieren und disputieren, und eigentlich sollten selbst die einzuschränkenden Privatgcspräche so geführt werden. Hier also war Leipzig» »lateinische» Viertel", und die Jugend sorgte trotz aller strengen Vorschriften dafür, daß der Ausdruck von dem ihm ursprünglich anhaftenden sthweren Ernst nach Möglichkeit einbüßte. Bei dem zunächst herrschenden Platzmangel wurden in ter ersten Zeit übrigens auch die Airchenräume in An spruch genommen, und die heimatlosen Lehrer der Medizin hielten zeitweilig ihre Vorlesungen in der Nikolaikirche. Da» war freilich nur bei dem mittel alterlichen Lehrbetrieb in der Medizin üblich, der noch ganz von den Schriftstellern ausging und klinische Vorführungen nicht kannte. Das sechzehnte Jahrhundert brachte dann Um gestaltung über Umgestaltung. Al» man freilich am 2S. März 1813 bei dem beginnenden großen Unbau zwei Bleiplatten der Erde übergab, die 1868 wieder zum Vorschein kamen und heute sich im Stadtgcschicht- lichen Museum befinden, da dachte man zunächst nur daran, die Kirche in eine geräumige große Halle zu verwandeln, di« dem neuen Schönheitsgefühl entsprach. Zu dem gotischen Körper setzte etwa» später Hieronymus Lotter, »der Baumeister von Alt-Leipzig", die Türm« in ein rechtes Verhältnis', er wurde der Schöpfer der wuchtigen Dreitürme gruppe, di« im Straßenbild der inneren Stadt so stark sich Geltung zu verschaffen weiß. In einem kuriose« Stich von End« de« IS. Jahrhundert», der ältesten Ansicht der Kirche überhaupt, ist dann eine Turmreparatur festgehalten unter dem Titel: »Ware abconterfeyung, wie der Knopf auff S: Ni- elau» Thorm zu Leipzig werde abgehoben vnd den 20 Decemb: wieder aufgesetzet to (15)92." Man ahnte noch nicht, wie sehr gerade diese neue Hallen- form dem Predigtbedürfni» einer neuen Generation dienen sollte. Auf der herrlichen spätgotischen Kanzel, die heute im südlichen Dorraum ein beschau- liches Auszüglerdasein führt, soll der Sage nach Luther gepredigt haben — welche bemerkenswerte Kanzel älterer Zeit hätte nicht für ein« Luther- Kanzel gegolten? —; da» war nun zwar nicht d«r Fall, aber seit der Leipziger Reformation im Jahre 1839 standen lutherische Prediger dort oben und bemaßen nach dem Abrinnen einer in Augen- weite angebrachten Sanduhr ihr« Predigten. Die Schnitzaltare und Tafelbilder verschwanden, aber zahlreiche Grabtafeln, deren manche Luca» Eranach schmückte, gaben der Kirche ein feierlich-ernstes Aus sehen, und Emporen und Kirchcnstühle trugen zwar nicht unbedingt der architektonischen Anlage Rech nung, aber sie brachten doch wenigstens den Eindruck de» Malerischen und einer gewissen Wohnlichkeit hinzu. Hier lauschte ein guter Teil von Leipzigs Einwohnerschaft (wie es damals Sitte war: in einer beinahe ständischen Gliederung) dem Wort, das jetzt der Mittelpunkt jedes Gottesdienstes geworden war. Und noch einmal machte die Kirche eine Wandlung durch: innerlich wie äußerlich. Da» 18. Iahrhunde.t hatte seine Mitte schon überschritten und der Geist eines gemütvollen Rationalismus, wie er etwa durch Gellerts Namen von seiner besten Sc te charakte i- siert wird, hatte auch die Leipziger Theologie er griffen, und dieser neue Deist nahm auch sichtbar v.n der Kirche Besitz. Es war noch nicht recht voraus- zusehen, was kam, als in den achtziger Jahren de» 18. Jahrhunderts der in den Kirchenvorstand neu gewählte Bürgermeister Karl Wilhelm Müller, einer der bedeutendsten Männer, die in unserer Stadt an der Spitze gestanden haben, Kirchenrepara- turen für notwendig hielt und sich für diesen Zweck vom Rate allmählich 20 000 Taler bewilligen ließ, zu denen dann übrigens die in ihrem prozentualen Verhältnis unerhört« Summe von 168000 Talern "Ueberschreitungen" kamen. Wer nach etwa 10 Jahren die Kirche wieder betrat, erkannt« sie nicht wieder, denn die von Müller hcrangezogenen Leipziger Künstler: der Architekt Johann Friedrich Dauthe und der Maler Adam Friedrich Oeser hatten aus dem winklig - maler schen Dau einen übersichtlichen, schön geschmückten Festraum geschaffen, der ganz der Ausdruck einer weltfrohen Religiosität war. Wie sehr das in dem Zeitempfinden lag, zeigt ein kle ner nebensächlicher Zug. Als Oeser schon 1777 für die Kirche ein tragbares Altärchen malte, das bei Haus trauungen Verwendung finden sollte, und dafür d e Hochzeit von Kana wählte, wollte er das viel bearbeitete Thema nach seinem eigenen Wort von der wundertätigen Wirkung aus behandeln, die von diesem »aller be st en" Wein auf die Gäste ausgegangen sein müsse. Es wurde schon damals leidenschaftlich für und wider die tiefgreifende Veränderung des Baustils gestritten. Die Kirche war weltberühmt und wurde 01« ääsüonn» oon vielen namhaften Persönlichkeiten aufgesucht. Chodow.eki, der 1759 noch mitten in der Umbau zeit kam, sand noch sehr wenig von Ocserschen Arbeiten, aber desto mehr »architektonisch« Ver zerrungen", erkannte aber doch die geschmackvolle Ausgestaltung der gotischen Gewölbe an. Heinrich v. Kleist, der hier mit nicht allzuviel Wohlgefallen am 30. August 1800 eine Pred gt hörte, urte lte, damals noch ganz unromantisch: »Aus der Kühnheit der äußeren Wölbungen sprach uns der Götze der abenteuerlichen Goten zu: au» der edlen Simplizität des Innern wehte uns der Geist der ver feinerten Griechen an." — Bei aller Größe der Le stung war aber auch der Uebcrhcblichkeit der Zeit entsprechend manche» Unglaubliche geschehen; man hatte die schönsten mittelalterlichen Holz- tafelgemälde achtlos beiseite gelegt, und der Türmer hatte sie al» willkommene» Material ein geschätzt, um damit seinen Taubenschlag zu verkleiden. Erst nach Jahrzehnten wurden bet systematischem Euchen Leipziger Kunstfreunde wieder auf die B lder aufmerksam und retteten sie vor weiterer Verwahrlosung. In. jüngst vergangener Zeit hat man de« herrschenden Anschauung gemäß die Kirche von AnZ bauten bcs.elt, im Lbr'gen aber hat sich der kenntnis reiche Erneuerer darauf beschränkt, d«n überkommenen Zustand gut zu erhalte» und hat recht daran getan. Der Schlaf -es Kindes Das schlafende Kind ist von jeher da» Entzücken aller «armher-Uen Bdensch«n gewesen. Unzuylrge Maler Haden den Eindruck im Büd sestgehaUen, em Sinnbild der Unschuld und de» ruhigen L>eyuret>eins geschaffen. Die Mutter ist glücklich, wenn sie sieht, w« chr Kind mit geschlossenen Fäusten» rot vchaua)l, in tiefen Atemzügen dlt Erqmckung des Schlafens ge nießt und -ad«, Kraft und Energie zum Wacycn, zur Enrwicklung gewinnt. Den Schlaf de» Kind«» ungerechtfertigt zu stören, gilt al» Zeichen desonüerer Gemütsrohelt. wt,t Recht. Dem K,no den Schlaf rauden, etwa sa-ulpfUchttge Km- der au» Gewinnrucksichven zu schlafhemmcnder Nacht tätigkeit benützen, ,st e,n schweres Vergehen gegen di« Notwendigkeiten des sich entwickelnden Körpers. Für da» Kmd ist hinreichender Schlaf wich tiger al» gut« Ernährung. Im einzelnen schwankt da» Bv-ürfn,» nach der verschiedenen Veranlagung. Je jünger das Kind, um so großer >em Schlaf bedürfnis. Der neugeborene Säugling schläft eigentlich Tag und Nacht, mit kurzen Aus- nahmen bei der Nahrungsaufnahme. 20 Stunden sind für den Schlaf zu rechnen. Di« Zeitdauer ver kürzt sich allmählich auf 11 dis 12 Stunden nachts und 1 dm 2 Stunden am Tage. Für kleine Kinder, min desten» bis zur Schulzeit, aber auch bis zum sieventen Lebensjahr und weiter, ist ein Mit tags schlaf Bedürfnis. Im zweiten und dritten Lebensjahre währt er nut 1 bis 2 Stunden, im fünften Lebensjahr läßt das Bedürfnis nach, die Kinder freuen sich, da» eine oder andere Mal nicht schlafen zu müssen. Oft hört man Mütter darüber klagen, daß ihre Kinder am Abend so lange nicht einschla fen »können". In den weitaus meisten Fällen handelt es sich bei dieser Erscheinung um weiter nichts als ein Ergebnis schlechter Erziehung. Die Kinder können sich oft nicht von ihrem Spiel zeug und von ihrer unermüdlichen Spielsätigkeit trennen und bitten daher immer wieder, länger auf- bleiben zu dürfen. So wird es 9 und 10 Uhr und später, während Kinder im Spielalter spätestens um 8 Uhr, im Winter noch früher ins Bett gehören. Für die Kinder ist eine solci)e Unregelmäßigkeit wie alle Unordnung nicht gut; sie werden blaß, nervös und kommen in ihrem Ernährungszustand lfcruntcr. Ge« wöhnt man Kinder durch entsprechende Maßnahmen an pünktliches Zubettgehen, so können sie ganz aus gezeichnet einfchlafen. Sind sie aber schon einmal in falscher Richtung verwöhnt, so muß das wieder zurecht gebogen werden. Es gelingt mit etwas Energie leicht, zumal wenn man zunächst einige Male den Mittags schlaf ausfallen läßt, so daß die abendliche Müdigkeit stärker ist. Im allgemeinen muß man nicht mit oureaukratischer Pedanterie Vorgehen, wie überhaupt nie bei Kindern. Bei Besuch oder sonst einem besonderen Ereignis schadet cs den Kindern gesundheitlich gar nickt, wenn sie einmal über die gewohnt« Stunde aufbleiben und di« Gäste begrüßen dürfen. Aber ein gewohnheitsmäßiges langes Ausbleiben ist zu vermeiden. Es läßt sich nicht vermeiden, daß im Spiel zimmer des Kindes immer Staub aufgewirbelt wird. Am besten ist daher ein vom Spielzimmer ge trenntes KinderschlafAimmer. Wo das nicht vorhanden ist, muß das Zimmer jedenfalls vor dem Schlafengehen feucht ausgewischt das Fenster geöffnet werden. Das Kinderbett soll glatt sein, aus Holz oder Metall, ohne viel Bespannung mit staubsammclnden Stoffen. Steht das Bett in der Näh« des Fensters, so liegt da» Kind zwcckmäßigerweise so, daß es nicht un mittelbar ins Licht schaut. Frühes Aufwachen läßt sich durch einfachen Lagewechsel so verhindern. Kinder sollen von vornherein daran gewöhnt werden, im Dunkeln zu schlafen. Di« sogenannt« Furcht vor dem Dunkel oder vor dem Einschlafen im Dunkeln ist «in Erziehunqsprodukt, und zwar kein er freuliches. Meistens beruht sie auf törichten Erzäh- langen und Einschüchterungen durch ein pflichtvcrgessc- nes Dienstntädchen oder Kindersräulein. Das Kind soll mit lieben Gedanken einschlafen. Richt Zank und Verdrießlichkeit dürfen die letzten Minuten vor dem Einschlafen begleiten, sondern Freud« auf den kommenden Tag, vergnügte E-inne- rungen an den verflossenen und Liebe zu den Eltern. Im Scklaf wächst n'cht nur der Körper, h'er ent wickelt sich auch di« Se« le. F re u de u n d L i e d e scll-n der Berbindungsbrücke auf dem Weg« der Wirk lichkeit in das dämmerige Reich des Schlafes d.« Farbe geben. vr. W. SettRss. Mehr Ruhe! Eine große Bühnenkünstlerin, die sich bis 'n- Alter ihre Frische und Kraft erhalten hatte, wurde um das Geheimnis ihres jugendlichen Aussehens befragt. Si« lächelte und sagte nur i ; eine Wort: R u y e. Rut.lpausen im hastenden Tag — das allein ist es, was wir Frauen brauchen, um uns jung und frisch zu erhalten... Ruhe — werden unsere ab gehetzten und zersorgten Frauen sagen — wo sollen wir die Zeit zum Ruhen hernchmen? Was aber wäre nötiger, gl» eben die Oekonomie der Krä'te. .in Er setzen verbrauchter Nervensubstanz in dieser Zeil de» ungeheuren Raubbaues an Menschenkraft. D.e groß- Künstlerin hat auch bei ihrem Rezept nicht an stundenlanges Ruhen gedacht. Si« hat an ssch selbst erfahren, daß auch minutenlanges Rasten yon überraschender Wirkung sein kann. Man ist ver hetzt, müde, abgespannt und weiß, daß ni^)t eine, daß zehn Arbeiten der Erledigung harren. Ehe man mit Selbstüberwindung di« erste in Angriff nimmt, soll man sich zehn oder auch nur fünf Minuten lang au'» Sofa legen, gerade ausgestreckt, mit geschlossenen Augen. Man läßt dadurch die Nerven gleichsam aus schwingen, die innere Hast sich glätten, man schaltet --n Arbeitestrom aus. Das besänftigt, macht ruhig, schützt vor Uebcrreizung, und die dadurch verlorene Zeit wird schon durch das Tempo oder die Sammlung wettgemacht, mit der man dann die nächste Obliegen heit verrichtet. Da» yutzt nicht nur den Nerven, sondern auch den Händen und namentlich den Füßen -e^ Hausfrauen, die durch Ueberanstrengung häufig deformiert, irgendwie leidend werden. Die meisten fleißigen Hausfrauen fühlen auch, daß solch« Ruhe pausen ihnen Bedürfnis wären, aber si« kämen sich .faul" vor, würden sie sich dreimal oder viermal de» Tage» ein derartiges kurzes Ausspannen gönnen. Si« würden wie bei unrechter Tat ertappt aufspringen, wenn jemand si« etwa um >L11 ilhr vormittag auf dem Sofa liegend sehen würde. Sie verstehen jede Art der Sparsamkeit, nur die Oekonomie ihrer (ö - sundhett ist ihnen fremd, bi» der Moment de» Zusammenschnappen» sie lehrt, wie unrecht sie hatten. kiomoanr, Klamere. ^»rb»p» r "Utrtchp«a» iS