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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231225
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-25
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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V1«r«t»g, 6« 2S. vL-emd«- Wo fehlt es am meiftenl Was tüten Sie, wenn.... Was Leipziger Persönlichkeiten sagen: Da, ich wohl al« Rektor der Universität Leipzig täte, wen» mir tu eiuer der hettigeu zwölf Nuqce der Trauwgott etueu Boteu erscheiueu l»eße, der nur e.uca Scheck über eioe fechsiteuige Dolla»jumme — j^gen wir etumal dejcheioea: über llllü »ss Lollar — ».verbrachte i Ich wurde m»ch »tcht tauge depnne», wie dieser fabethafte Betrag nutzdrtngeao für un,er« Uutversttät uud ihre Studeut«u,chast verwendet wer- <en würde. In der Ritterstra^e, an der Statte, wo einst die alteu Kolleghauser ftaooeu, mttteu in dem geichtchtiiche» lateiuischeu Viertel Leipzig», würde ich die alt« Buchhaudier- dürfe, tu der heute die segensreiche Meoja acade- v.tta ihre Uoterkuust hat, zu «tue« grobe» Studeuteuheim umbaue». Da« Grundstück ist nur unvollkommeu aurgeuutzt. 3m Erdgeschoß blieben die Wirtschafrrräume, tm erste» Stockwerk würde« große Sg- und Erholuugsraume geschaffen werde», auch der Uebungssaal de« Ulliversttuts-T-ngerverein« vo»» St. Pauli ftUlde eiueu Plcch. Aber über dtese wurde ich weitere Stockwerke (tm Traume würde e« die Baupolizei gewiß genehmige») bi» zur Höh« der Adca türmeu, uud tu diese» et» groue» Heim mtt schlaf,äle» u»ü Arbeitszimmer», eine dehagl^qe Unterkunft für Hunderte nuferer Gtudeuteu, schaffen. Ei» Woyn a.-s sollte es wer».«», oyne den Luxu» englifcher Eollege«, praktisch wie die Heime amerikanischer Hochschule» eingerichtet, keine uuwohuliche Kaserne, sondern eine Stlttte, w der der Studeut in der Nähe der Universität e»n einfaches, ruhiges, der Sorge de« Tage« entrückte« Lrben führe» konnte. Jedem begabten, tatkräftig um das Dasein ringende» deutschen Studenten ohne Unterschied des Standes, der politische» Ueberzeugung oder de« religiöse» Bekenntnisse», jedem, ob Ehnit oder Imc dem Dohne de» Proletarier« wie dem Sprossen eine» Adelsgeschlechte«, würde sich diese« Heim öffnen, sofern er dank seiner Begabung oder seinem Charakter di« Gewähr bietet, daß er einmal für Wissenschaft und Lebe» etwa« Tüchtige« zu leisten vermag; keine Krippe für Minderbegabte oder Halb- charaktere sollte die neue Stätte sei». Und wen» vielleicht dieser Bau mtt seiner Einrichtung nicht die ganze sechsstellige Dollariumme verschlänge, so wurde ein Tell verwendet werde», um eure» akademi sche» Tnrv- u»d Sportplatz einzurichre», wie ihn aader« Hochschule» besitze», und wie ihn sich fett langem unsere akademische Jugend wünscht; de» Rest aber würde ich unserer studentischen Fürsorge übergebe», nm wirtschaftlich bedrängten Kommilitonen — aber auch hier nur de» in jeder Beziehung Starke», de« Lebe« Gewachsene» —, in ihrem Studium uud bei ihrer Arbeit zu helft». Für Seminare und Institute, für da« wissenschaftliche Rüstzeug möge der Staat sorge», und wo er in seiner Armut nicht z» helfen und zu stützen ver- mag, wird „die Bereinigung der Freunde derllniversitätLeipzig" gewiß auch tu Zu. kunst mit ihren Mitteln eintrete». Möchte dieser schöne Traum zur Wirklichkeit werden! Professor vr. Ssors StalnckorN, derz. Rektor der Universität Leipzig. O Wenn ich, den unwahrscheinlichen Fall voraus- gesetzt, ein« vielstellige Dollarsumme zu Neu- erwerbungenfür unser Museum zur Verfügung hätte, so würde ich selbstverständlich versuchen, die Lücken in unserer Sammlung zu ergänzen, die leit 40 Jahren, sei es aus Mangel an Mitteln oder infolge verpaßter Gelegenheiten ent standen sind. Das würde natürlich nicht leicht sein, aber bei einiger Geduld würde aus dem Ku» st- handel und vielleicht auch aus Privatbesitz mancherlei zu beschaffen sein, was einer öffentlichen Sammlung zur Ehr« gereichen würde. Eine „pro duktive" Verwendung des Geldes wäre auf die Weise denkbar, daß (allerdings mit enormen Kosten) sämt- liche Museumsraume für den Abend betrieb elektrisch beleuchtet, im Winter täglich geheizt und von einer zweiten Schicht von Aufsehern beaufsichtigt würde. Für öffentliche kunstwissenschaftliche Vortrag«, Einführungen usw. fehlt es uns be kanntlich an der wesentlichsten Voraussetzung, an einem geeigneten Saale. Ob das zu er wartende Eintrittsgeld die Kosten decken würde, wage ich nicht zu sagen, es ist mir aber zum minde- sten zweifelhaft. Prof vr. ckuttu» VogMl Direktor des Museum« der bildenden Künste. O Was ich tun würde, wenn mir eine vielstellige Dollarsumme zur Verfügung stände? Ich würde zu erreichen versuchen, was bisher niemals und nirgends gelungen ist: da» Theaterpublikum emp- sanglich zu machen für die Form und gleichgültig zu machen gegen da» Gegen- stündliche. Heute ist es gerade umgekehrt. Warum war die Renaissance eine große Kunstepoche? Weil immer Madonnen gemalt wurden und e, des halb nie auf da» Wa », sondern nur auf da» Wie ankam. Die unseelische rationalistisch« Einstellung auf den Stoff, di« sich höchst ethisch dünkt, ist letzt».« Ende» unsittlich. E» ist bedrückend, zu beobachten, daß der überwiegende Teil de» Publikum« auf dir Form überhaupt nicht reagiert, weder negativ noch positiv. Gerhart Hauptmann» „Florian Geyer" ist Au«druck der deutschen Geschichte, Symbol, Verdichtung (genau wi« «in modernste» Werk) und wird doch meisten« nur gewertet al« natura listische Photographie. E« scheint Hoffnung«!»«. Alle« moderne theatralische Streben zum strengsten Stil prallt ab an der Gleichgültigkeit der Lauen. Ein Lichtblick bleibt: Die Jugend. Die Heber- schätzung der Tatsache» (wer denkt nicht mit Schaudern an seine Schulzeit?), die den Blick auf da. Wesentliche umnebeln, hat ausgehört. Maa lernt weniger und kann deshalb mehr. Also: Mit der vielstelligen Dollarsumw« (die mir da« „Leipziger Tageblatt" sicher eine» Tage« zur Verfügung stellt, mein Postscheckkonto: SS781) würde Ich für all, wirklich Zunge» Theatervor- Alle schönen Träume, Wünsche und Phantastereien beginnen mit einem großgeschrredenen Wenn. Wenn nur das „Aber" der Wirklichkeit nicht wäre! Die Träum« jedoch setzen mit einem Luslsprung darüber hinweg und entleeren das Füllhorn reicher Möglichkeiten. Selbst der kühlste Rechner und trockenste Tatsachcnmcnsch kann es nicht verhindern, daß er sieb träumend Illusionen hingibt. Im Traum wird sogar der ausgepichteste Börsianer etwas wie ein heimlicher Poet. Die mittelmäßigen und gar die vernachlässigten Kinder des Glücks haben erst recht ihr« Lieblingsträume, mit wachen, wie mit ge schloffenen Augen. Was ihnen die karge Wirklichkeit vorenthält, ergänzt der Wunschtraum, die spinnende Phantasie Das taten Sie, wenn . . . wenn Sie König wären? „Wenn ich König wäre? — Ins Ausland gehen und Memoiren schreiben." Das ist recht einträglich und gar nicht anstrengend. Der Traum: Wenn ich Millionär wäre ... ist bis zur Neige ausgrträumt; damit lockt man kein Phantasiegcbilde aus dem Der- si.ck der Seele. Was wir uns einst alle wünschten, ist gründlich in Erfüllung gegangen, über die kühn- sten Träume weit hinaus. Wünschen wir uns lieber etwas Vernünftiges und Solides, z. B., auf eine anständige und erträgliche Weise mittellos zu sein wi« früher, bürgerlich mittellos in einer Dreizimmer wohnung mit Dienstmädchen und jährlicher Sommer Donnerwetter, wenn — schon wieder diese» Den»! — wenn jetzt in Deutschland, z. B. an der Pleiße, g^ wattige Goldminen entdeckt würden, dann hätt« alle Not ein Ende. Vtan male sich da» Bild einmal au«: Ein ungeahnter Aufschwung, kein Entbehrung«, '"cktor, keine hungernden Kinder, keine Notabgadea, . ne Sparmaßnahmen, kein Abbau — ein« neu« Blüte der Kultur. Es ist doch zu dumm, daß alle Goldminen ausgerechnet in Kalifornien und Süd- afrika liegen. Was man in der Jugend wünscht, hat man im Alter die Fülle, sagt der alte Goethe. Wir sind noch ein junges Volt und müssen im Wünschen recht un verschämt sein; 50 Prozent davon wird bestimm» später einmal tn Erfüllung gehen. Träume und Wünsche sind ein Teil unserer selbst und mögen sie noch so kindlich scheinen. Wir fragen: Da« täte» Sie, we»n Sie, sagen wir emma» rund SU UVO Lollar hätte» (um in oicjer beliebten Währung zu rechnen, die ja tm vrnobe geuommen d t e deutsche Wahrung ist)? Sie können den Betrag je nach Ihren Bedürfnissen uud Ihrer wirtjchaftUchen Lage um eine Null vermindern oder vergrößern. Wir frage» Sie, Architekt, Bühueoletter, Handwerker, Geschäftsmann, Erfinder, Bürgermeister, Zoo-Direktor, Privatgelehrter, Börsenspekulant, Kon- scrvatoriumsleiter, Armenpfleger, Heilsarmeckapitän, Angestellter, Akademie- uud Musrum«-Dlrektor, Braut auch ei» Beruf), Bräutigam, Dichter, Bariets-Zv- Haber, Mütter und solche, die e« werde» wolle» —r reise. Aber dieser Traum ist wohl zu ausschweifend. Lassen wir ihn bi, auf weitere» ungeträumt. Denn welche Mittel gehörten wohl dazu, wenn man leben wollte wie einst? Es ist das ewige Weh und Ach aus einem Punkte zu kurieren. Nämlich aus dem Geldpunkt. Mit Geld — die Idealisten hören's nicht gerne — ist alle» zu machen; nicht nur Geschäft«, sondern auch Ueberzeugungen; nicht nur Ueberzeugungen, sondern Wohlfahrt, Rioral, Gesittung; nicht nur dies, sondern auch Kultur. Man versuche einmal, von einem ge deckten Tisch da» Tuch herunterzuziehen, auf dem ge füllte Schüsseln stehen: es gäbe einen gewaltigen Krach und Scherben. So ungefähr erginge es dem Leben, dem man di« Voraussetzung, das Geld, ent- zöge. Beinahe war es scbon so weit. . . Aber weil es mir just einfällt: Was täten Sie, wenn Sie Stinnes wären? — „So intensiv Steuern zahien, daß Deutschland saniert wäre." — Schade, daß S i e kein Stinnes geworden sind. Geld, Gold, ist der deutsche Traum. Kapital hunger überall,- um so mehr, je mehr Pläne man hat, und gehemmte Energien endlich entfalten, gründen, Projekte verwirklichen, neuanschaffen, aufbauen, heiraten, Kinder kriegen möchte. Al» Privatmann besitzlos geworden, lebt man von der Hand in den Mund, von ein«r Einschränkung »ur anderen. Die kleinen Vermögen, die der Lebenshaltung eine gewisse Rundung und Fülle geben, sind unter der Inflationsmaschine pulverisiert worden. Die Siche rung der Zukunft, der Familie ist in» Nebelhafte entrückt. Das Selbstverständliche von einst ist der Luxus von heute. Der Geschäftsmann, der In dustrielle seufzt unter dem Mangel an Be- triebsmittel n, der seinen Expansionsdrang er stickt und wichtige Pläne unausgeführt läßt. — Wa« täte» Sie, wenn Sie SV VOO Dollar hätte»? Sich in» Privatleben zurückzieheu, ihre» btsheri- gen Beruf ein trmmphiercnse» Ade zurufe», de» Großrentler spiele» und Ihr scho»e« Kapital etwa so anlegen? (Siehe Bild.) Gewiß, auch Da« könne» Sie tu»; aber fchil- dern Sie uns das Programm des Tage», den Sie totschlageu, Reise, Vergnügungen, Passionen, Lieb- habereieu. Der unternehmende schöpferische Kopf aber läßt Kostal arbeiten; indem es arbeitet, hat er zwar mehr Sorge», aber da« ist gut so. Kapital ist Dünger j—. Lana Entwickeln Sie ein Projekt! Gibt e« Pläne, die nicht oder nicht ganz verwirklicht werden konnten, weil ihnen Gero feytte? Wa» wug- ten Sie fallen lasse» oder „addaueu", weil e» a» Geld fehlt«? Würden Sie neue Projekte auafuhren, sich vergrößern, wenn . . . (Sie wisse» schon). — Würden Sie Ihren Berns ansgebe»? Oder erst recht »icht? Wa« wäre Ihre erste An schaff» »g? — Womit würde» Sie Ihre Braut überrasche»? — Wo fehlt» am meisten? Schreiben Sie un«, ernst oder heiter, tatsache». getreu, au« dem wirkliche» Lebe» oder phantasiifch. Nehmen Sie al« Tatsache an, daß Sie em solch« Kapital besäßen und zeigen Sie, wie Geld vo» Gruud aus Lebe» und Existenz verändert. E« ist »»r eine Spielerei, aber mtt emem Ernst dahinter. Für die hübschesten, originellste», trefflichsten, gehalt- vollsten Zuschriften (die auch pseudonym sein dürft») setzen wir besondere Anerkennung«. Honorare au« — zwar nicht die Summe, die Ihnen fehlt, aber immerhin .... tztaft stellungen veranstalten, in denen di« Form do» Wichtige ist. Vorträge, Diskussionen mit den Be suchern müßten sich anschließen. In den Empfang- lichen würde die Freude am Analysieren der Leiden- schäft zur Synthese weichen (s i e ist letzten Ende» Wille und Liebe zur Form!), und es würde sich die gegenwärtige ästhetische Anschauung ändern, di« künstlerische Arbeit in einem höheren Sinne zwecklos macht. vo Klroln Aronuefiar Schauspieldirektor. * Im Konservatorium der Musik fehlt es all überall am m ei sten! Da unsere Anstalt weder staatlich noch städtisch ist, hat sie gleich vielen anderen Kulturinstituten ganz außerordent lich z u l e i d e n. Die Lehrer de» Konservatorium« bekommen zurzeit den v. Teil de« ihnen eigentlich zustehenden Gehalte«. Wir wcren doch so froh, wenn wir Lehrer de» Kon- ftrvatorium» staatlicheoder städtische Be amte wären! Die Gehälter, mit denen die Be amten jetzt so unzufrieden sind, würden un « voll- kommen genügen. Fehlen bei un, die Mittel, unsere Lehrkräfte nach Gebühr zu honorieren, so natürlich noch viel mehr, um neu« Lehrkräfte zu verpflichten. Wir müssen, wenn wir auf der Höhe bleioen wollen, neu« Lehrer engagieren, Musiker, die auf ihrem Gebiete Meister find, für un« gewinne». Ettm gehörige Dollarstisttmg müßte bau» noch dazu dienen, unser Schülerorchester so auszubauen, daß es das zweite Orchester von Leipzig darzustellen imstande wäre. Eine zu diesem Zwecke zu errichtende Orchcsterschul«, hätte für den Nachwuchs bet den Bläsern zu sorgen. Immer noch glaubt man, daß, wenn in eincm Konservatorium genug Schüler vorhanden sind, auch ohne weiteres ein Orchester unterhalten werden kann. Nur derjenige, der den Betrieb kennt, der mag die Schwierigkeiten, welche heut« Orchester- aufführungen bereiten, zu ermessen. Ohne Mittel läßt sich da nicht da» Gewünschte erreichen. Wir werden unter dem Weihnachtsbaum stehen, ohne daran die Dollar», welch« un» so not tun, hängen zu sehen. In unserem Herzen werden nur, die wir so viel gelitten haben, aber doch die Hoff nung tragen, daß einmal bessere Zeiten für un» kommen. Mögen alle, die un« wohlgesinnt find, un« die Hand geben, un« hilfreich stützen in dieser schweren Zeit. Da« tut un« am meisten notl Studiendirektor de» Konservatorium». Ich hatte mich schon hingefttzt, um im Besitz der imaginären Wünschelrute di« herrlichste» Pro- jekte auf« Papier zu bringen. Aber auch ab gesehen von der Oual-erWabl schien e« mir in Anbetracht der harten Wirklichkeit zu gefähr. sich, »ich Phantasie» zu überlassen. Ich «arte lftder ans den Augenblick, in »eiche» hi« Fiktion ganz, halb, oder zu noch kleinere» Bruchteilen Wirklich- kett wird! Gmntnv vr»et»»r. Generalmusikdirektor der Oper. Sie fragen den Theaterdirektor in mir: Do fehlt e« am «neisftn? Ich sage laut: Mir, un» und Euch fehlt der neu« Dramatiker! Seit zehn Jahren suchen wir ihn — geduldia und mit der Laterne, wütend und Mamrfiripte fressend am Morgen, be- zähmt und demütig am Abend. Gewiß, ein rede» Kind weiß e«, nach einer hohen Blütezeit de« Drama» in fast allen Ländern haben wir gar keinen zu erwarten — aber suchen wir ihn darum weniger eifrig?! Freilich, die Journalisten haben uns in 1 jedem Jahre «inen hoffnungsvollen dramatischen Säugling »n die Wieg« gelegt und haben auch die Kanonenschüsse, die Posaunenstöße nicht vergessen, di« dem Thronfolger gebühren. Aber warum ver kümmerten die Kleinen so rasch in unserer Wiege, die wir doch mit allem Rastinement geschaukelt haben und bei gedämpften Licht?! Frag« — warum! Sollten wir die Knospenden, garten vielleicht zu früh der Zugluft der Bühne ausgesetzt haben? Ja, ia da» ist es! Den Kleinen, der Presse und un» fehlte di« Ruhe, die natürliche Reife abzuwarten. Gebt mir ungezählte Dollar: Ich w i l l die zwölf hoffnungsvollen Jüngling--, die wir in Deutschland haben, fürstlich dotieren — unter nur der «inen Bedingung, daß sie zwei Jahre lang nichts, aber gar nicht« dichten, selbst auf die Gefahr hin, datz einer von ihnen da« Dichten verlernen sollte. feit» ViokRlSS, Direktor des Leipziger Schauspielhauses. „Was ich täte, wenn mir 100 000 Dollar zur Ver fügung stünden?" Ein schöner Traum! Ich wußte schon mtt d«m Bruchteil einer solchen Riesen- summe mancherlei Nötige» und Nützliches anzu- sangen, und da die Leipziger Winterhilfe jetzt meinem Herzen am nächsten steht, würde ich die Dollars für dieses Liebeswerk nutzbar machen. Helfen und hoffen! Das ist hier mein Wahlspruch. Erst helfen, nämlich allen denen, die sonst keine Hilfe erfahren, also dem verelendenden Mittelstände, den Kleinrentnern, den Kindern und den hungernden und frierenden alten Leuten, allen denen, die keinen ge setzmäßigen Anspruch auf öffentliche Hilfe haben. Ein weite» Feld! Und dann, wenn geholfen ist hoffen, daß es mit uns wlcoec aufwärts geht. Aber die Ausgabe ist riesengroß. Dce staatlichen und städtischen Mittel versagen in bedenklichem Umfange. Alle strömen der Winter- Hilfe zu; ja, werden ihr sogar von öffentlichen Stellen, die ftlbst nicht mehr ausreichend Helsen i können, zugewiesen. Und wenn auch die oftbcwährle Opferwilligteit unserer Bürgerschaft der Winterhilfe bereits reiche Mittel zugeführt hat, so bleibt doch noch mancher Hunger ungestillt, manche kalte Stube ungeheizt. Zehntausend« hungern und frieren noch. Die Werbe- und Sammeltätigkeit ist dezentra- lisiert. Di« Arbeit wird fast durchweg ehren- amtlich und unentgeltlich geleistet. Die großen Leipziger Vereinigungen sammeln jede für sich unter ihren Mitgliedern für die Winterhilfe, so die Be amten der Gemeinde, der Post, des Reichsgerichts, der Polizei, des Amts- gerichts, das Infanterie-Regiment Nr. 11, der Arbeitgeberverband, die Bankenvereinigung, der Neichener» band der Rauchwarenfirmen, der Kürschnereiverband, der Reichsver band der Nahrungsmittclgroßhänd. ler usw. Jede Gruppe wird von geeigneten Gruppe::, angehörigen bearbeitet — ein System, das sich be währt und da» auch laufende Beiträge sichert. In den Darietö«, Kinos und Kabaretts wird ge sammelt. Sammeltruhen sind dort an den Kaisen — übrigen» auch an allen städtischen Kassen — auf gestellt, um die Spitzenbeträge, um die sich sonst niemand kümmert, zu sammeln, und viele Wenig machen hier ein großes Viel! Vorstellungen aller Art werden privat und öffentlich zugunsten der Winterhilfe veranstaltet, und dos Stadt st cuer- a m t verzichtet entg«genkommend auf die städtische Kartensteuer, wenn mindesten» der doppelte Steuer betrag der Winterhilfe zugeführt wird. Die Stadt stellt ihren Apparat, Räume, Beamte und An gestellte dem Vorstände der Winterhilfe bereitwillig zur Verfügung, ehrenamtliche Tätigkeit kann es ja allein nicht schaff«»! Aber alles da» genügt noch nicht. Die Not ist riesengroß. Die Winterhilfe soll und muß bis zu 10 000 Person«» täglich speisen, sie muß noch in viel mehr kalt« Stuben ein wenig Wärme bringen. Gebt uns das Geld! „Wenn ich nur 20 000 Dollar hätte, nur 10 000!" Aber di« Hoffnung auf Dollarika «st trügerisch. Wir müssen un« selbst helfen. Leip ziger, helft den Leipzigern! Die Winterhilfe wird ab Neujahr töglich 83S0 Personen speisen, IS verschiedene Speisestellen sind über da» gesamte Stadtgebiet ver teilt. privat« Mittagstisch« werden vermittelt, Speisungen anderer Organisationen, wie der Heil», arme«, der Studentenhilse, der Grauen Schwestern in Lindenau, de» Mittelstandstische» in der Wiesenstraße werden unterstützt. Kohlen und Lebensmittelpakete werden verteilt, Kleidungsstück« an Vereine weitergegeben. Frau Lcklw vartttolckv, Stadtverordnete. a- Iede deutsche Bibliothek würde auf die gestellt« Frage wohl die einfache Antwort geben: „M ehr Bücher kaufen." Denn alle Bibliotheken sind heute durch die Not der Zeit gezwungcn, ihren An- schaffungsetat auf» äußerste elnzuschranlen. Nur die Deutsch« Bücherei, die al» Institut d«« Bärsen- verein» der Deutschen Buchhändler alle Druckschristrn de» deutsche» Sprachg^ftte» kostenlo« empfängt kennt dies« Sorg« nicht. Um so mehr drücken sie andere Sorgen: Die Ausre chterhaktung de« nittige» V«a»te»sta-a» und -ft Vestrri-
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