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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231225
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-25
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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Sette 2 Entschiedenes Re,ublikanertum Die Unzufriedenheit mit den bestel-enden Part.i^n mrü oer Wmrch nach einer neu zu grll.-denocn Partei hatte weit über hundert eut, cyieL>« ne Republikaner aus allen teilen oes ^on..ltg in Berlin zusammengeführt. Die Sorge um unse^ jun^e Staatsform, oie Erkenntnis der Gefahren für oie Republik, die gegenwärtig in u.cc mehr in Erscheinung, treten und schließ lich der Wiüe, durch Reuwahlen eine Behecung unsrrer verworren, n L'^e herbeizufjihren, gab der Versammlung den Stoff zur Verhandlung, de^en Ergebnis in folgendem wioderge- gebui sei: »Seit 1918 hat cs nicht an Versuchen gefehlt, der Republik eine Seele zu geben. Gesellschaf ten, Klubs, Bore ne und Bün-de bildeten sich zu diesem Zweck. Der Erfolg war mager, und zwar deshalb, weil alle diese Strömungen ihr Ziel mie den vorhandenen repablikanischen P^rte.en zu erreichen suchten. Die Einsicht, daß sich auf diesem Wege das Ziel nicht erreichen laßt, oeginnt setz: Geineingut der wah.haft republikanischen Volksteile zu werden. Hierauf müssen sich alle Pläne für eine Besserung' der Republik aufbauen, die nur durch eine neue Par ei mit einem neuen Ziele verwirklicht werden können. An die Spitze dieser Be wegung muß eine Führerschaft treten, die den Glauben der deutschen Jugend, nur durch die rrprrblikanische Etaatsform zu ihrem Rechte zu kommen, zu kräftigen vcrnrag. Es geht nicht an, daß die Volksteile, die in den Schützengräben fiir Deutschland kämpften und blute en, noch weiter von der politstcl^en Ent scheidung ausgeschlossen werben zugunsten von Grel'cn, die jeder Verantwortung gegen ow neue Generation entbehren. Nicht die Wah rung des Besitzstandes, ein Streben, das in den bestehenden Parteien naturgemäß vorherrscht, muß Ziel sein, sondern die Begründung und ständige Erweiterung des Einflusses auf die Maßen. Die Neuwahlen zu den Parlamenten stehen vor der Tür. Wenn die gegenwärtige Zersetzung, der Parte en weiter fortschreitet, io wird die W h bele ligung voraussichtlich recht bescheiden sein. Es gilt jetzt die Energien der Abkehr von dem Part» wesen, die somit brach liegen, aufzunehmen und in positiv wir kende Energien umzuwandcln. Einigung aller deutschen Stämure, Sicl>crstellung des deut- scheu Staatslebens sind die ersten Etappen auf dem einzuschlagenden W ge, entschiede nes Nepublikanertum und unver- fälschter Patriotismus das oorwärts- und aufwürtstrcibeade Element. Dec psycho logische Augenblick zur Gründung einer republi- kani chen Partei ist gekommen, die Bereitschaft ist in weitesten Volksweisen vorhanden. Cs gilt den Schrei auszulösen, der in der Kehle der anonymen Masse steckt, die sich nicht durch oie chigcn Parteien und Parlamentarier vertreten ühlt. Nur die Befriedigung eines wahren Be- üirsnisses ist Notwendigkeit, aus dieser Ein teilung heraus soll die neue Partei gegründet werden." Dies etwa waren die Gedankengänge, die in dem einleitenden Referat und den zahlreichen Diskussionsreden der überaus leben dig und anregend v.rlaufenden Dersamm- lurig zum Ausdruck kamen und deren Teilnehmer schaft während der mehr als fünfstündigen ''inerb.i Zeichen von Er müdung kundgab. Don namhaften re publikanischen Persönlichkeiten die an der Teilnahure oc hindert waren, trafen aus allen Teilen oes Reich's Zustimmungs kundgebungen ein, dir von der Dersamm- lung mit lautem Beifall quittiert wurden. Zum Schluß wurde ein Ausschuß ge- wäh.t, der brau tragt wurde, die Richt« linien d-s weiteren Vorgehen, festzulegen. N. I. Vie Wrihnachtsferlen der Relchsregierunz Berlin, 24. Dezember. (Eig. Te l.) Der heutige Montag wird von den Re.chs- und Staatsbehörden als Feiertag behandelt. Da» Re.chskabinett hat keine Sitzungen anberaumt; einzelne Minister, so der Reichsarbeitsminister Brauns, sind bereits iner die Feiertage in kurze Ferien gegangen. Dagegen ist Reichsfinanzminister Dr. Luther heute f.üh von seiner Reise nach Siiddculschland -urückge ehrt. Auch der Reichskanzer und Außenmin ster Dr. Stresemann sind heute noch im Amt. Dr. Stresemann beabsichtigt nach dem Feste einen kurzen Erholungsurlaub anzutreten, den er seit seinem Rücktritt vom Kanzleramt aus dienstlichen Gründen immer wieder verschoben hat. Anfragen im sächsischen Landtag Dresden, 24. Dezember. (Eig. Tel.) Die Deutsche Pölkspartei hat mehrere An fragen im Landtage eingebrccht. Der erste richtet sich gegen das Verbot der Lern- und Lehr bücher, über das wir bere ts berichtet haben, und schließt mit der Frage: „Ist das Polksb ldungs- min stcrlum bereit, dieses Verbot zurückzuziehen?" Die zweite Anfrage befaßt sich mit der Besetzung von Lehrstühlen der philosophischen Fakultät der Landesuniversität. Es heißt darin, die Berufung von Prof. Dr. Schneider und Prof. Dr. Hellmann sei im Widerspruch zu den Vorschlägen der Fakultät erfolgt, und bei Be handlungen über die Besetzung des Lehrstuhles für Soziologie seien die Vorschläge der Fakultät unberücksichtigt geblieben. Es wird gefragt, wie die Regierung d eses Verfahren bearündet habe, „das de gegebene Stell- des Sachverständnisses ausschaltet und das Ansehen der Landesuniversit-t beein trächtigt". Ist die Regierung bereit, bei der Be rufung von Hochschullehrern das Vorskblaqsrecht der Fakultäten künft'g zu achten? Die dritte Anfrage der qle chen Frakt'on beschäft'gt sich mit der Unter- stützung von Privatschulen und fragt die Regierung, nach welch-n Grundsätzen die Verteilung der Rcichsmittel vorgenommen wurde. * Dresden, 24. Dezember. (Eig. Tel.) Aus An- laß des Weihnachtsfestcs sind im Geschäftsbereich des Just-Ministeriums 152 Strafgefangene in Freiheit gesetzt worden. Oie Knebelung der Meinung freiheit in Bayern München, 24. Dezember. (Eig. Tel.) Die Weihnachtsfeier des Republikanischen Rcichsbundc» ist, wie wir schon meldeten, verboten worden. Zu diesem Verbot ist noch nachzutragen, daß es er gangen ist, obwohl die Feier als geschlossene Familien Unterhaltung gedacht und auch angekündigt war. Die Polizeidireltion verbot die Feier mit der Begründung, daß es sich um eine öffentliche Veranstaltung handle. Obwohl der Po lizeidirektion mündlich und dem Herrn von Kahr schriftlich der absolute Nachweis erbracht wurde, daß es sich um eine geschlossene Veranstaltung handle und das Verbot nur auf einer Unkenntnis des Sach verhalts beruhe, hält der Generalstaatskommissar sein Verbot aufrecht. Der fürstliche Hitler-Kavatterifi München, 24. Dezember. (Eig. Tel.) Der Ritt meister Fürst Wrede, der nach dem Hitler- Putsch verhaftet, dann aber au» der Haft entlassen wurde, ist von neuem festgenommen worden. Wrede war schon vor dem Hitler-Putsch al» Nationalsozialist hervorgetreten und hatte kurz vor dem 9. November für die Aufstellung einer Reiter brigade geworben, die die Hitlerschen Kampftruppen verstärken sollte. Nach dem Mißlingen des Putsche» Max Reger Don Sirsuirs Immer wird das zuletzt geschaffene Werk eines bedeutenden Künstlers Maßitab goben für die Wer- tung der gesamten Persönlichkeit. Auch die Lebens-' arbeit Max Regers ist iis allgemeinen Urteil ab hängig von dem Eindruck der in den letzten Lebens jahren geschaffenen Werke. Dian spricht von Abklä- rung, Viaßigung, werdender Reife und beklagt den allzusrühen Tod dieses, eigentlich erst seiner Voll- endung entaegengehenden musikalischen Geistes. Die Veröffentlichulrg des nachgelasstseu Klavierquintettes dürfte diese kritisch« Einstellung unsick-er und schwan kend machen. Mit Recht ist, gelegentlich der Erst- oufsührung de» Werke» un Gewandhause, in diesen Spalten daraus hingawicsen worden, welche inneren Beziehungen zwischen den Spätwerken de» Mannes und diesem Erzeugnis seiner Iugendjahre vorhanden seien. Au allen Zeiten, in allen Klängen das tönend« Sehnen einer weltabgewandten, in sich versonnenen Seele, die nur im Kamps mit den Dingen dieser Welt sich abfinden konnte. Ein« tiefe Schwermut, geboren au» dem Widerstreit de» eigenen Fühlen» und den Tatsächlichkeiten irdischen Ablaufe» erfüllt schmerz- durchbebt die Musik Max Reger». Mit der Grimasse eines ätzeirden Spotte», mit dem rührenden Lächeln wehmutsvoller Resignation will er immer wieder diesen Gegesntza überwinden oder mildern, aber di« Möglichkeiten seine» Leben«, das Wünschen und Wollen der eigenen Seel« und die Gegebenheiten der ihn um kreisenden Welt, immer bleiben sie dissonant: zu einer Vollkommenheit seine» Lebenswillens in harmonischer Durchbildung konnte er niemals gelangen. Nur dann kommt Regers innere« Erleben zur Ruh«, wenn es sich der Gefühlswelt metaphysischer Persenktheit zuwendet. Er war in tiefem Sinn« eine durchaus religiös« Natur, einem fast kindlichen Glau ben zugewanöt und in solchem ssin«r selbst gewiß und sicher. Dieser Grundsatz seine» Wesen» stand in stärksten Widerspruch zu einer Zeit, di« in den Zielen ihre» Dollen» durchaus irreligiös eingestellt war. In seiner Frömmigkeit lebte Reaer in dem Erbe der Mter, war er auch nicht kirchlich-konfessionell gebun- d«, so gaben dennoch di« Glaubensinhatt« der christ lichen Lcchensanschoimng seinem Dasein Grundlage und Halt. Diese Einstellung, deren er sich völlig bewußt war, macht« seine Persönlichkeit zu einer in der Zeit höchst unzeitgemäßen. Die Möglichkeit eines Verstehens wurden dadurch nicht erleichtert, daß Ärger auch in seinem künstlerischen Wollen in einen starken Gegensatz zu den Neigungen der gleichzeitig Schaffenden seiner Jahr« trat. Di« Gebundenheit einer Kleinstadt bewahrte all« Vorzüge einer Musik pflege, die in den Werten der großen Tradition ein kostbares Gut erblickte und solches mit den vorhan denen, möglichen Mitteln lebendig zu erhalten sich cifrig bemühte. In einer solchen Umgebung wurde Reger im Sinne altmeisterlichen Könnrn» als Musiker gebildet, und deshalb erschienen ihm di« zeitgemäßen geräuschvollen Aeußerungen „innerer Erlebnisse" immer als sehr zweifelhaft, alle Tugenden handwerk lichen Könnens und wohlerprobten Tüchtigkeit immer al? sehr wesentlicher Vorzug. Der konservative Grundzug seine« Wesen» führt« ihn dazu, auc der Ueberliefcruna die ihm gemäß« Formenwelt zu über nehmen und dies« den Instrumenten zuzinoeisen, oie auch in der großen Vergangenheit Organe de» musi- kalischen Ausdrucks waren. Reger bedurfte der Natur seine» inneren Wesen» nach dieser Sicherungen, denn er war em von leiden schaftlichen Ausbrüchen »in und her geworfener, von Gefühlsspannungen erfüllter, gewaltsamer Mensch, als solcher den paradoxalen Widersprüchen der mo- dernen Kultur -ugeneiqt und ihren Einflüssen hin- gegeben. Aber an» allen diesen bi» zum Aeuße st<n getriebenen Steigerungen einer vielleicht anarch'sch-n Natur suchte und fand er den Weg zur Rich« in dem sicheren Bewußtsein des Geborgensein» in Gott: di« Dämonie des Vorvusfrtzungslosen wird gebunden durch di« Mystik einer mittelalterlich-christlichen Deltempsindung, Größe und Besch-änktheit liegen in diesem Gegensatz eing-schloflen. Eine Kunst, au» solchen Elementen gebo-en, ist nur möglich in Zeiten oce Ueberganges; die Tafeln übernommener Ges-Kea- werte werden zertrümmert, neue Formungen der Lebrnrgrstaltung ive-den mit heiß-m V»rlong«n ge» sucht aber ble'ben selbst in den U-n-iss-n noch un sichtbar. St^-*ste« Gleichnis ein«" solchen t 'st Reger» Kunst, Einzigartigkeit und Bedeutung ihres Wesen» finden hienn ihre Begründung In den Kämpfen und Schmerzen diese« lr'denschotlichen Giksies findet di« Jugend unserer Tage den bewegen- den Au»druck der eigenen Rot, aber darin vor all«« bleibt Reger leuchtende» Vorbild, daß erst in demots- richtete FArst Wrede sehr heftige Angriffe gegen d«n Generalstaatskommissar von Kahr, dem er Ver rat an der nationalen Sache vorwarf. Oie ungeheure Ar-ett-losermot Bochum, 24. Dezember. (Gig. Tel.1 Ein er- schlitternde» Bild von der Fiaanznot der Ge meinden gab em Ueberblick d«» Landrates von Bochum aus dem Kreistage. E» wurde mitgeteilt, daß die Zahl der Arbeitslosen im Landkreise Bochum rund S 0 0 0 0 betrage, so daß das Reich einschließlich der Familienangehörigen 100—120 000 Personen am Leben zu erhalten habe. Das sei un- gefähr die gesamte werktätige Bevölke rung de» Landkreise». Dabei verfüge die Kreisverwaltunq über keinen Pfennig Geld mehr, auch die Kreditguellen seien völlig versiegt. Der Kreistag nahm eine Entschließung an, in der die Staatsregierunq um sofortige Abhilfe ersucht wird, meng der völlige Zusammenbruch der Ver waltung vermieden werden solle. Sächsischer Index Rach dem Stande vom 22. Dezember sind an Lebenshaltungskosten mit Bekle»- duna für die Berichtswoche vom Tatisti- schen Landesamt berechnet worden 1182 Milliarden, ohne Bekleiduua 1138. Am 17. Dezember betrugen die Lebenshal tungskosten mit Bekleidung 1215, ohne Bekleidung 11V» Milliarden. Mithin find in der letzten VerichtSwoche die Preise wiederum um 2,7 bzw. 3,3 Proz. gesaUen. (Kür einen Teil der Auflage wiederholt) Schiedsspruch im mittels rutschen Nraunkohlcnber-bau Berlin, 23. Dezember. Mangels Verständigung der Tarifparteien hat das Reichsarbeitsministerium zur Regelung der Arbeitszeitfrage für den mittel deutschen Braunkohlenbergbau einen Schlichtungsausschuß eingesetzt, der einen Schieds spruch gefällt hat. Danach soll zur Erhöhung der Braunkohlenerzeugung, zur Erhaltung der Wett- bewerbsfähigkeit der Betriebe, zur Steigerung der Verdienste der Arbeiter Mehrarbeit geleistet werden. Die rein« Arbeitszeit soll unter Tage 8 Stunden, in den Randrevieren 8A Stunden, über Tage 10 Stunden betragen. In Betrieben, in denen in zwei Schiften ge- arbeitet werden muß, soll eine frühere Beendigung der Schicht an Sonnabend-Nachmittagen ermöglicht werden. Weitere Erleichterungen sind für besonders ungünstige Arbeitsstellen vorgesehen. Die Schicht- löhne sollen im Hinblick auf die zu erwartende Steigerung der Arbeitsleistungen um 1—2 Achtel erhöht werden. Entlassungen au» Anlaß der Mehrarbeit sollen nur in geringem Umfang« unter Vermeidung von Härten und nur allmählich unter Wahrung sozialer Gesichtspunkte erfolgen. Die Arbeitgeber werden sich dabei mit den öffentlichen Arbeitsnachweisen in Verbindung setzen und die Ein richtung produktiver Beschäftigung für erwerbslose Bergleute fördern helfen. Das bisherige Mantelabkommen und die all gemeinen Manteltarife sollen nur gemeinsam und zum gleichen Zeitpunkt kündbar sein. Die zum 1. Januar 1924 ausgesprochene Kündigung des Manteltarifs sieht der Arbeitgeberverband mit In- krafttreten de» Schiedsspruches al» erledigt an. Der Schiedsspruch ist einstimmig gefällt worden. Da dir Gewerkschaften die Stellung von Beisitzern ablehnten, hat der Schlichtungsausschuß zwei Bergarbeiter als Beisitzer der Arbeitnehmerseite herangezogen. vleoikng. ckeo 2S. Vevemdev Päpstliche Fürsprache bei Frankreich No«, 23. Dezember. (Ulg. Tel.) Der P a p st hat bei der französischen Regierung einen Schritt unternommen, um zum Weihnachtsfest eine weitgehende Amnestie für die poli- tisch Verurteilten au» dem Ruhrgebiet und für die Heimkehr der Ausgewiesenen »u er wirken. Man hofft, daß dieser Schritt des Heiligen Vaters auch von Erfolge begleitet sein wird. Wie man weiter versichert, steht die baldige Er nennung eines päpstlichen Vertreters bevor, der be auftragt werden soll, die Aktion für die Auf bringung von Getreide in Amerika ein zuleiten und durchzuführen. Dieses Getreide ist al- freiwillige Spende für die Hungerleidenden Europas bestimmt. Oer Standpunkt Ramsay Macdonalds London, 23. Dezember. Ramsay Macdonald sagte in einer Rede in Elgin, er sei sehr be- friedigt durch die vielen Siege, die die Arbei terpartei bei den Parlamentswahlen errungen habe. Leider könne er noch nicht sagen, was geschehen werde, da er nicht sicher sei, ob man der Arbeiterpartei ka.r pla.v geben werde. Er hege den wohlbegründeten Ver dacht, daß ein ernster Versuch gemacht werden solle, die Verfassung zu verdrehen, und d .ß der Demokratie Englands vielleicht kein ehrliches Spiel gewährt werd« Alles, was er sagen könne, sei, daß die Leute, die sich einbildetcn, sie könnten d s System der parlamentarischen Regierung verdrehen, wenn es ihnen so passe, sehr im Irrtum seien. Die konservative Regierung könne sich nicht an ihr Amt klammern, obwohl sie hartnäckig daran festhalte. Warum sie das tue, könne er beim besten Willen nicht sagen; es könne höchstens die Hoffnung sein, daß inzwischen irgendeine unstatthafte und prinzipienlose Koalition gebildet werde, die bezweckte, die Arbeitervvartei an der Uebernahme des Ministeriums zu verhindern. Er könne versichern, daß sich niemand nach der Ai. z- Übernahme dränge. Man brauche nur di« Verwir rung der inneren und äußeren Politik, den Stand der englischen Finanzen und das Arbeitslosenproblem zu betrachten. Kein einziges Mitglied der Arbeiter partei sehne sich danach, die Verantwortlichkeit für die Regierung zu übernehmen. Die liberale Partei, sagte Ramsay Macdonald, sei eine Leiche die darauf warte, daß der Sarg herein- gebracht und zugenagclt werde. Di« Arbeiterpartei werde di« Regierung übernehmen falls sie dazu auf- gescrdert werde und wenn dies die Umstände er gäben, denn sie glaube, daß sie in internationalen Angelegenheiten bezüglich der Frage des Friedens und der Gerechtigkeit mehr Autorität besitze als irgendeine andere englische Partei. Vas österreichische Hilfswerl Wie», 23. Dezember. Die österreichischen Gewerkschaften haben bis zum 30. November für di« reichsdeutschen Bruderver bände insgesamt 2361898201 Kronen auf gebracht, wovon der Handels, und Transportarbeiter verband allein 423 Millionen spendete. Die Stadt gemeinde Wien hat auf Antrag des Stadtrates Prof. Kandier, beschlossen» die am letzten Sammeltage der Gemeinde Wien gespendeten 1F Milliarden Kronen für di« Unterbringung deutscher Kinder in städtischen Erholungsheimen zu verwenden. Vor läufig.kommen aus Berlin, Leipzig, Magdeburg. Dresden und Breslau ungefähr 500 Kinder auf zwei Monate nach Oesterreich. vcllem Neigen, in einem überpersönlichen mystischen Erschauen di« einzig« Rettung au« dem Wirrnrs kampserfüllter Schicksalswege zu finden Glauben uao Hoffnung hatte. Märchen von heule? Es muß einmal möglich sein, ein Märchen au« unserer Zett zu. erfinden, das K.n^er verstehen köu. en und das für hie Bühne taugt. Im Deut,chen Theater in Berlin habe ich mal vor dem Kriege was gesehen, da fuhren kleine Kinder in einem Zeppelin. Da» meine ich aber eigentlich nicht. Kinder intere^eren sich natürlich für den Zeppelin, aber das lenkbare Luftschiff ist durchaus kein Märchen, sondern eine Sache mit Mechanik, also gerade das Gegenteil. Es ist eine technische Errungenschaft, wie man so schön sagt: da« Märchen aber hat es mit seelischen Er rungenschaften zu tun. Was ich mir vorstelle, das ist etwa die Geschichte eines armen Kinde», da» zu einem guten alten Mann kommt, der aber ein heimlicher Zauberer ist, so wie sie L. T. A. Hoffmann sich ausgedacht hat. Und der heimliche Zauberer zeigt dem armen Kind«, wie di« reichen Kinder leben mit Glücksgütern ohne immerzu glücklich zu sein, und zeigt ihm, wie die Tier« im Walde leben, die keine Glücksgllter kennen, sondern nur das Dasein an und für sich wie sie „selbstver ständlich" leben. Dann füh-t er sein Seelenmündel in die Geisterwelt ein, eine Sphäre obe"balb «''er Glücksgüter, wo man da» Gute um der Güte willen liebt, wo man weis« ist und vielleicht ein bißchen sonderbar. Zuletzt werden wir da« arme Kind, meinetwegen am Weihnachtsmorgen, mit anderen armen Kindern auf der Straße sp elen sehen, und «» wird den andern von seinen Träumen erzählen. Si« werden sich wundern und werden es au»lachen, und dann werden sie weiterspielen, und der Vorhang wird fallen, sao-n wir über einer großen vergnügten Schneeballschlacht. Sa etwa könnt» ein Deihnacht»mörch«n von heute beschaffen se n. lehrhaft und lustig phantrst'sch und natt 'alistisch durcheinander Aber « müßte wohl ein D'chter darsiberkommen. So lang» es nur g t- art'ge und kunstgewerblich fieiß'g« Mörchentcmten sind, wird es immer noch vorsichtiger sein, wenn sie die Gebrüder Grim» ausschlachten, al» wenn fie s mit der «tG»n«n schwachen Kraft versuchen. Die Märchentante Hanna Scholtz ließ im Alten Theater einen Echusterbubcn ins Puppr.r- land geraten, wo er von einem Weihnachtsabend bi» zum nächsten als „P u p p e n sch u st e r" bleibt, um endlich zu seiner trauernden Familie Ulit Gold be laden zurllckkehr«n und sich, da er schon neun ehn Jahre alt ist, schleunigst zu verloben. Das Puppe - land aber, bas den Hauptinhalt bildet, ermange.t aller daramaturgischen Struktur. E» ist nur ein guter theatralischer Einfall, lauter Puppen n.-it knockenden Gelenken und Marionettengebarden au - treten zu lassen, aber es steckt keine Idee dahinicr und auch kein dauerhafter Humor. Der Spielw t Huth und die Tanzmeisterin Erna Abendroth hatten auch nicht genug Phantasie, um etwa lauter unve - kennbare Lotte-Priezelpuppen aus den Untertanen des regierenden Puppenkönigs zu machen, und au» dem fremden Prinzen etwa, nach dem sich tie Prie-el-Vrinzessin in Sehnsucht verzehrt dir einzig« K-tthe -Kruse Puppe auf weiter Flur. D'eser theatralische Motto einer scherzhaften Rassrn- psychologie im Puppenland hatte man nicht erkannt oder doch jedenfalls nicht herausgeholt. Co gab es nur einen possierlich-steifen Puppen- pr'nzen von Zeise-Gott, dem Spezialisten fi'r oute und für blöde König» seit der „Jungfrau von Orleans". Dazu ein paar Nußknacker al» Leibwache »ine Karikatu-pnppe als Hofmarl^all, und d e Schre'vuppe Feodora der K' vfer. Dann noch ein ganz Kleine«, do» im Kinderlieb angesunoen wurde und sich sehr liebenswürdig genierte. Sein Gesang war nur „ja, ja" und „nein, nein". Wendel spricht den Schusterbuben Friedel zu absichtlich schon, und hat besonders einen falschen Herzenston der Kindesliebe. Er braucht noch Regie und hat sie anscheinend nicht gehabt. Die Kinder waren wieder in der Abendpremi-re nur Nebenpersonnen. Sie werden di, Nachmittags vorstellungen füllen und sich natürlich sehr gut unter halten. Aber darum acht es nicht, denn Kinder unterhalten sich immer sehr gut, wenn sie in» Theet r kommen. Sondern der Fehler liegt gerade darin: e» ist zu le'cht. da» kle'ne Publikum zufrieden-»- stellen. Di« Märchentanten machen sich da», bei gutem Willen und geringen Goben, zunutze. E» müßte eben mal ein richtig«« Dichter über das Weih nachtsmärchen kommen. NlertttOss
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