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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231223
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-23
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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Der Leipziger Arbeitsmarkt Unverändert« Enverbslosenzahl. — Rückgang der Kurzarbeiter. — Einfluß de- Weihnachtsgeschäftes. Die Besserung der Verhältnisse aus dem Arbeitsmarkte, die in Leipzig End« November ein getreten ist, hat in der 2. Dezembenvoche ange halten und weitere Fortschritte gemacht. Ueber die in den letzten Berichten genannten Berufe hinaus hat sich die Belebung des Geschäftes nunmehr auch in einer wesentlichen Entspannung der Lage aus dem Arbeitsmarkte für kaufmännische und technische Angestellte geltend gemacht; zahlreiche Angestellte sind in ihre früheren Stellen zurückgekehrt, andere, namentlich weibliche, in Ausbilssstellen vermittelt worden. Weiter hat sich der Beschäftigungsgrad im Sattler- und Lederwarcngewerbe und im Bellet- dungsgewerbe gehoben. Musiker wurden in größerer Zahl als Aushilfen vermittelt. Die günstige Gestaltung des Arbeit-Marktes steht im Zeichen des Weihnachtsgeschäftes; die Entwicklung nach Weihnachten bleibt abzuwar ten. Ausgesprochen schlecht sind zurzeit die Aus sichten für Arbeitsbeschaffung namentlich im Bau gewerbe; der Währungsverfall und die Ungunst der Jahreszeit haben die Bautätigkeit säst restlos zum Erliegen gebracht. Ende November waren beim Oesscntlichen Arbeitsnachweis Leipzig und den mit der Kontrolle beauftragten Vcrbandsarbeitsnach- weisen rund 50 000 Erwerbslose als Arbeitsuchende eingetragen. Die Zahl der unterstützten Erwerbslosen betrug in der 2. Dezembenvoche 40 900. Sie ist im Vergleich zur Vorwoche etwa unverändert ge blieben. Unterstützte Kurzarbeiter wurden 34 500, in der Vorwoche 49 200 sestgestellt. Hier ist eine entschiedene Wendung zum Besseren eingetreten, die auch in dem Rückgang der.Gesamtzahl der Kurz arbeiter (unterstützte und nicht unterstützte) von rund 80 000 am Anfang des Monats aus 50 000 Mitte Dezember zum Ausdruck kommt. An Untcrltükun- gen wurden in der 2. Dezemberwoche 22l 052 Bil lionen Mark gezahlt gegenüber 237 712 in der Vorwoche. Sin verdienter Schulmann. Der Rektor des Re- form-Nealgnmnasiums mit IV. Realschule zu Lin- dcnau, Oberstudiendirektor Prof. F. Scheibner, tritt mit Ende diese» Monats in den Ruhestand. Mit ihm geht ein Schulmann, der seine ganze Kratt, sein reiches Können und Dissen in den Dienst der höheren Schulen Leipzig» gestellt hat. Seit 1885 wirkte er als Studicnrat und seit 1009 als Konrektor an der Oberrealschule Nord, am 1. Januar 1917 wurde er als Rektor an das Realgymnasium zu L.» Lindcnau berufen. Unter seiner Leitung wurde diese Schule in ein Resorm-Realgymnasium mit Realschule umaestaltet und auch dem Eintritt der Mädchen er schlossen, zugleich wuchs sie sich zu einer der größten der höheren Schulen Leipzigs au». Von der Behörde, der Lehrerschaft seiner fetzigen und früheren Wir kungsstätte und Elternschaft, von den ehemaligen und gegenwärtigen Schülern wurde ihm der Dank für diese unvergänglichen Dienste bei seiner feierlichen Verabschiedung am letzten Schultage diese» Jahre» ausgesprochen. Allseitig begleiten b-n hochverdienten Mann die herzlichsten Wünsche. Möge ihm ein son niger Lebensabend beschicken sein. Di« Markeaverwendungrstell« für di« Invaliden- Versicherung, Gellertstraße 7/9, 4. Obergeschoß, hat unter Nr. 7384 ein Konto beim Postscheckamt Leipzig eröffnet. Arbeitgeber, die der Markenverwendungs- stelle eine Zustimmungserklärung zugesandt haben, Zur weihnachtseinkäufe unserer Leser Li« in dem »Leipzig« »Tageblatt" inserierenden Firmen werden erfahr» ngs- gemäh von unseren Lesern bevorzugt. Wir verweisen daraus, vast wir die An gebote, soweit wie möglich, prüfen und sie deshalb als vorteilhaft guten Gewissen empfehlen können. können daher fällig« Beiträge zur Invalidenversiche rung auch durch da» Postscheckamt überweisen lassen. * Di« städtische» Steuerhebestelle» sind am 24. und 31. Dezember 1923 geschlossen. * Sertb«stä»dis« Bra»dverfich«ru»g. Bei der Mobiliarabteilung der Sächsischen Brandversiche- rungsanstalt ist seit 1. Dezember 1923 für die Brand- und Einbruchversicherung bet Haushaltungen di« Versicherung für erste Gefahr in wertbeständiger Form eingeführt, so daß auch dem minderbemittelren Teile de» sächsischen Volke» die Möglichkeit geboten wird, da» häusliche Mobiliar zeitgemäß zu ver sichern. Du^ch die Einführung dieser Neuerung kann ein Dersicherungslustiger bereits gegen Zahlung von ILO Rentenmark einschließlich Reichsstempel sich für einen etwaigen künftigen Brandfall mit 500 Renten mark Entschädigungssumme eindecken. Die Unter- Versicherung, die bei dem früheren Verfahren der Dollwertversicherung oft als drückend empfunden wurde und durch die sehr häufig bei der Schaden- regelung Verärgerungen eintraten, ist bei der Ver sicherung auf erste Gefahr ausgeschaltet. Jeder ersatzpflichtige Schaden wird bis zur vollen Höhe der Versicherungssumme (Schadenmaximum) ohne Rück- sicht auf den tatsächlichen Gesamtwert des versicher ten Haushalts am Tage des Schadenfalles vergütet. Einziehung -es Papiergeldes? Die Reichsbank beabsichtigt, einer Berliner Mel dung zufolge, in einiger Zeit mit dem Ausruf des Papiergeldes zu beginnen. Man will jedoch vor läufig die Entwicklung noch weiter dahin treiben lassen, daß das Papiergeld von selbst mehr und mehr aus dem Verkehr verschwindet. Man nimmt an, daß nach etwa 3 Monaten der Umlauf an Papiergeldscheinen soweit zusammengeschrumpft ist, daß man mit dem Aufruf beginnen kanx. Die vorstehende Meldung wir- man vorläufig mit aller Vorsicht ausnehmcn müssen. Zunächst ist immer noch die Papiermark das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel, es erscheint uns durchaus unwahr scheinlich, daß dieses Zahlungsmittel aus dem Der- khr gezogen werden soll. Die Rentenmark war von Aanfang an nur als Zwischenlösung gedacht und kommt daer als gesetzliches Zahlungsmittel nicht 'n Frage. Für die Abschaffung der neuen Goldnote, die als zukünftiges Zahlungsmittel gelten soll, sind die Vorarbeiten zwar im Gange, doch wird voraus sichtlich bis zum Erscheinen dieser Noten noch einige Zeit hingehen. Es ist daher kaum anzunehmen, daß einstweilen da» alleinige gesetzliche Zah lungsmittel, di« Papiermarl, aus dem Verkehr gezogen wird. Pachtpreise für Kleingärten. Die Amtshaupt- mannschaft Leipzig teilt uns zur Ergänzung der m der .Sächsischen Staatszeitung* vom 3. Dezember 1923 mitgcteilten Richtlinien für die Festsetzung der Pachtpreise für Kleingärten mit, daß die Höchstpreise für alle Pachtzinszahlungen, die nach dem 5. De zember 1923 geleistet werden, für Bodenklasse I bi» zu OL Rentenpfcnniq, H bis zu 0,73 Rentenpfcnn'g und III bi» zu 0L6 Rentenpfennig für je einen Quadratmeter und Jahr betragen. h. Wintersportgerät« auf der Eisenbahn. Da der Wintersport nunmehr wieder einsetzt, sei daraus hin- gewiesen, daß die Mitnahme von Wintersportgeräten rn die 3. und 4. Wagenklasse der Eil- und Personen züge zugelassen ist, wenn eine Belästigung der Mit reisenden und ein Beschmutzen der Wagensitze nicht eintritü Im andern Falle find die Geräte als Reise- aepäck aufzugeben. In die Schnellzüge wie auch in die Personenwagen 1. und 2. Klasse der Eil- und Personenzüge dürfen Wintersportgerate nicht mit genommen werden. Richt Austritt, sondern Ausschluß de« Deutsche» Baukdeaiuten-Bereln» au» dem Gcfamtvcrband deutscher Angesteütrngewerkfchafteu. Zu unserer Notiz .Abbröckelung de» deutschen Gewerkschafts bundes* im Leipziger Tageblatt vom 20. Dezember wird uns vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Orts ausschuß Leipzig geschrieben: .Die rn der Notiz ge brachte Mitteilung ist irreführend. Der Deutsche Bankbeamten-Derein ist, nachdem er sich allen Einigungsvorschlägen des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ministerpräsident a. D. Steger- wald, gegenüber ablehnend verhalten hat, durch ein stimmigen Beschluß aus dem Gesamtverband Deut scher Angestelltengewerkschaften und damit au» dem Deutschen Gewerkschaftsbunde ausgeschlossen worden.* Der Spiegelkrieg Sin wahrer und heiterer Barockroman 19j von Larrzf (Nachdruck »er«»»».) Die Republik hielt es jedoch aber gar nicht fsir geeignet, das Vorkommnis sogleich zu einem casuS bell, zu machen, jedenfalls aber dürfe Sagredo die Wichtigkeit dieser Angelegenheit nicht unterschätzen und eS als seine ernste Auf gabe betrachten, die Begründung einer Spiegel industrie in Frankreich mit allen Mitteln zu verhindern. Sagredo ballte daS Schriftstück zornig zu sammen und warf eS in eine Ecke. DaS fehlte gerade noch, daß ihm die Republik mit solchen Lapalien kam und ihm seine Tage mit Kleinlich keiten verhetzte. WaS war das wieder für eine Tölpelei, ihn. der in Paris lebte, mit Dingen zu belästigen, die in Murano oder in Venedig ge richtet werden mußten! Wozu war denn daS Gesetz da, daS berühmte Gesetz. daS den Leuten von Murano verbot, daS republikanische Gebiet zu verlassen? Hätten die Herren in Venedig sich doch an daS Gesetz erinnert und es mit aller Strenge gehandhabt, dann brauchten sie jetzt nicht einen Jammerbrief zu schreiben und zu verlangen, daß ihr Gesandter in Paris wieder gut machen sollte, waS sie allesamt in Venedig versäumt hatten. WaS war diese Signora für eine schwächlich« Gesellschaft und wie lächerlich dieser Domenico Tontarini, dem nie irgend etwa« zur rechten Zeit einfiel! Wahrlich statt der Dogenkapp« hätten die Contarini auf ihren SchiffSpilonen lieber Schlafmützen letzen sollen! Wenn er, Nicolo Sagredo, jetzt m Venedig etwas Mi sagen gehabt hätte, dann wäre die Ge schichte mit den Spieaeiarbeitern ganz anders Er Hütte sofort, wie da» Gesetz eS forderte, den Emissär mit dem Dolch hinter ihnen her geschickt und wenn erst zwei oder drei von ihnen verröchelnd am Boden lagen, dann wären die anderen vermutlich von selbst wieder umgekehrt. Oder wenn sie schon glücklich ent kommen waren, warum dann mit der Kriegs erklärung an Frankreich zögern? Warum nicht mit dem Schwerte ahnden, daß Herr Colbert sich erdreistet hatte, »n daS Hausrecht dieser Republik einzugreifen. Warum nicht wenigstens die Kriegserklärung als Einschüchterungsmittel versuchen, da doch anzunehmen war. daß Frankreich nicht für eine Handvoll Spiegel arbeiter seine Flotte, den Wohlstand de» Landes und tausende von Menschenleben aufs Spiel gesetzt hätte?! Sagredo fluchte vor sich hin, als wäre er nicht ein Gesandter, sondern ein welscher Eseltreiber. Bah. alles in dieser Republik war schlaff, zaudernd, verrottet! ES war wirklich hohe Zett, daß dort wieder einmal rin Mann ausstieg, der auch ein Mann war und der wußte, was die Minute von ihm forderte. ES bedarf keiner Erwägung, daß dieser Mann nur Nicolo Sagredo heißen konnte Als sein erster Zorn verraucht war, holte er daS zerknüllte Schriftstück wieder auS der Ecke hervor, glättete es und überlas eS nochmals, nicht ohne dabei höhnisch mit den Mund winkeln zu zucken und spöttische Laute anSzu- stoßen. Also richtig, eS blieb ihm nichts anderes, als hinter diesem Arbeiterpack herzujagen und sie zu verhindern, in Paris oder sonst irgendwo ihre Werkstätten aufzuschlagen. Eine nette Auf- gäbe für einen Diplomaten, der sonst doch an ein anderer Ressort und an andere Menschen gewöhnt war, als an diese schmierigen, unge bildeten Kerle, die nach Zwiebeln und Knoblauch rochen und sich, wenn eS hoch kam, alle Samstag rasieren ließen! 8r schüttelte sich ein wenig und begann zu überlegen, waS er -iWutlich tM konnte, «m^ wie «ß die RetzML Der ewige Weihnachts-Schulmeister Vie Kunst, Kinder zu beschenken Di« Weihnachtsvorbereitungen d«s Schwer»«- diener« bestehen darin, daß er seinen Geldschrank aufschUeßt. Käme er aus den Einfall, eine Renten million unter hundert Leute zu verteilen, so würde» ihm fünfzig gerührt die Hand drücken. Sch»verlich aber würde er Kindern eine wirkliche Freude zu mache» wissen! Kinder durch Geschenke zu erste«en und zu bereichern, glückt nur Psychologe», Seelen schauern. Was schenken wir unserm HanS? Der Liese? Es ist ganz köstlich, zu beobachten, wie Eltern vrer- zehn Tage vor Weihnachten plötzlich zu Psychologen werde»«, wie sie die Neigungen ihrer Kin der ausspüren, versteckte Anlagen ausstvbern, heimliche Wünsche erspähe»«. Solche Tätigkeit aber ist die Jahresarbeit des modernen Lehrers. Da ist der Sinn der Arbeitsschule. Unterrichte»» heißt: Kulturgut weiterschenken. Ja der alten Schule war der Unterricht Massen bescherung, jedes Kind bekam in den einzelnen Stun den seinen Pfefferkuchen: „Friß, Vogel, oder stirb! Jedem Kinde eine Crtrawurst zu braten, ist aus geschlossen, denn der Stofsplan fordert geb'eterisch: Weiter! Weiter!" — Der neuzeitliche Lehrer da gegen weiß, daß alles Wachstum sich aus eigener Kraft heraus vollziehen und im Zeichen der Freude stehen muß, er ist deshalb ewiger Weihnachtspsycholog: Wie verhilfst du dem Kinde tägilch zur Freude, zu seiner Freude? Daß ein Mädel wird lieber über das Thema plaudern, das andere lieber darüber schrei ben, Fritz bekommt die Aufgabe, den Sinn der Sache zeichnerisch zu erfassen, der kleine, aeistig schwerfällige Franz wird am ehesten durch Basteln an den Kern der Sache herankommen. So bringen wir in unserm Weihnachtssack täglich jedem etwas mit, etwas, wonach das Kind seinem ganzen Wesen nach wirklich hungert. Nur wo kräftiger Appetit ist, schlagen Nährmittel an. Wer schenken will und nicht in Kindesart hinein- zuhorchen versteht, fällt auf das hinein, was pfiffige Händler als das einzig wahre Weihnachtsgeschenk ausschrcien. Auch die Lehrer der alten Schule machten gern die großaufgezogenen päd agogischen Tagesmöden mit, die neue Schule aber läßt sich von ihrer Wichttasten Forde rung nichts abklaubcn: Alles vomKtndeansl Der Lehrer sucht nicht mehr in Lehrschwärtchen An regung, sondern im Kinde >«nd dessen Umwelt. Was die neue Schule will, läßt sich in lieblich zwitschernden Fremdwörtern ausdrücken, sie will z. B. „individualisieren". Das ist nichts anderes als das, was die Eltern vor Weihnachten tun: sich liebevoll in die Seele deS Kindes hineindenken, um z« geistigem Wachstum im Zeichen der Freude zu ver besten. Eine gute Mutter von ehedem huldigte dem Grundsatz«: Je empfindsamer ein Geschenk, um so köstlicher! und schenkte ihrem Kinde drolligen Kitsch, etwa eine Spieldose. Das Ding hatte die Form einer tibetanischen G<ck>etsmüble und besaß fleben Zähnchen, die Tön« von sich gaben. Leider fiel jeden Tag «in Zahn aus, so daß um Neujahr der zahnlose Mund nur noch Unverständliches quirlte. Intelligente Kinder öffneten schon am zweiten Weihnachtstage das Klimperding und sahen es sich einmal von innen an — solch« operative Ein griffe ins Gedärm mechanischer Spielwaren wirken bekanntlich unbedingt tödlich. Am Tage der -eiligen drei Könige lagen die stacheligen Üeberreste der Spieldose auf dem Müllbaufen. Manche Anterrichtslektton leierte sich in der alten Lcrnschule gleich einer Spieldose ab. Wie hold selig die Merksätzchen klimperten! Welch imposanten Eindruck es aber machte, wenn in Prüfungen die Dose mit den Weltweisheiten angekurbelt wurde! Bald freilich lagen die Merksätzchen auf der Schutt halde, in einem Winkel der Hirne. Ein weitblickender Vater, der erst ein Viertel- ftündchen über den Sinn des Sptelzeugs nachdenkt, ehe er im Spielwarenladen seine wert beständige Mark htngibt, schaut nach wertbestän dig«« Spielzeug aus. Er kauft «inen Bau kasten und derlei. Lr sagt sich: Mit den Sp l- sachen will das Kind arbeiten, aus ihnen will es sich unbedingt etwas Neues schassens Schenkst du ihm Fertiges, so kann daraus als Neu- aebild« n c eine Ruu»e, ein Torso entstehen. S«denkst »hm also lieber Halbserttges, Farbe und Düpier, Klötzchen und Stäbchen, mir denen sich etwas an sangen läßt, di« täglich neue Freuden spenden. Ist der gleichen Bahn lausen di« Ueberlegungcn des modernen Lehrers. Er gibt nicht sixundserttge Weis heiten, sondern gibt nur Anregungen zum Selb st finden. Selb ft erarbeiten. Haupt- und Staatsaktion im Schulleben ist nicht mehr das Auswendiglernen, sondern daS Inwen- dtgstnden. Wir schenken Wissen in Bauklotz- form, warten und wachen, llm Ktnderland muß eine brutal hohe Schuhzollschranke für Fertigfabri kat« errichtet werden! Wieviel Eltern dürfen denn den Mut haben, ihren drei Kindern am Weihnacht»abrnd zu sag".«: Diese E.senbahn gehört erch dreien gemeinsam? i'in Gotteswillen! Mord und Totschlag unter dem Lichterbaum! — Die Kinder, auf da» liebe I ch ein gestellt, zum Sinn für da« soziale Unser zu er- ziehen, ist ein« der wichtigsten Aufgaben der mo^c - ncn Erziehungsschule. Moderne Klassen sind in kleine Arbeitsgemeinschaften aufgeteilt. Im Physikunterricht, ein Be spiel nur, bekommt die eine Grupp« dies Gerät, die andere jene« Nun geht gemeinsam an da» Experimentieren und an d e Lösung eines kleinen Problem, heran! Darin l egt die ethisch-soziale Bedeutung der Arbeits schule. Das Schaffen in der kleinen Grupp« er'e t zu Verträglichkeit und Hilfsbereitschaft und zu a'l den Tugenden, die früher auf dem Papier standen, auf dem Papier de» Merksätzchenbuches. Wenn die Jungen und Mädchen von heute Väter und Mütter sein werden, dann w« den sie zu schen ken wissen! Sie werden aber a cht b'oh Wei',- nachtspsychologen sein, sondern auch während der übrigen fünfzig Wochen in di« Scelen der Kinder hineinhorckien. Denn sie werd n noch aus ihrer eigenen Schulzeit wissen, wie wohl es einem jung n Menschenkinde tut, wenn ihm täglich ein« k'e'ne F'«ude gemacht wird. Wenn täglich ein schlicht.s Weihnachten gefeiert wird! Kanl Saorz SSüneN. Verbot der Masten« und Kofiümbölle 8» der »Sächsische» Staatszeitung* Rr. 294 vi L vm» Miaisteriam de» Im»er» folgend« Bekannt- machuag veröfsevtticht: .Mit Rücksicht auf di« wirtschaft-lage «Ld Ni Rot der überwiegende» Meh-heit de» gesamte» Vol ke« wird die Abhaltuug vo» öffentlich:n u»d nlch!- öfft»tlichea Maske». u»d Kostümbälleu sowie aller v«ra»staltm»gea ähnlicher Art für da« Jahr 1924 verbot«». Zawiderhandluvge» werden »ach 8 14 der Lerordnuug über Ta»zverg»Lgu»ge» vom 8. 7. 1922 (G. Bl. E. 24S) bestraft* Dle vorliegende Ausgabe vmfaßk LS Seilen von ihm forderte, die Arbeiter zu verhindern, in Frankreich GlaS zu blasen. Die Hrrren in Venedig hatten leicht schreiben und Befehle zu erteilen, — aber von der Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, diese Befehle dnrchzuführen, hatten sie offenbar keine Ahnung! Alle italienischen Flüche, die Sagredo mur melte oder dachte, wurden aber plötzlich von Heiterkeit verdrängt. Sagredo schlug sich mit der Hand vor die Stirn, wre einer, der über die eigene BegriffSstützigkeit staunt und brach in Helles Gelächter aus. Merkwürdig, daß ihm daS nicht gleich eingefallen war! Öder nein, gar nicht merkwürdig, denn niemals kann ein italienisches Hirn einem französischen nach denken. hauptsächlich, wenn die Gedanken deS französischen sich um eine Frau bewegen! Der Gesandte begriff mit einem Mal, daß Colbert'S Unternehmen in Zusammenhang mit seinem Gefühl für Frau von Oueroy stand und für Sagredo war diese Wahrnehmung so ver blüffend und sie erschien ihm so komisch, daß der Minister und seine industriellen Pläne ihm nur mehr wie Requisiten einer Komödie vorkamen. Wirklich, so etwas konnte nur in Paris passieren! Nur in Paris kam ein Mann aus die Ide«, zwei Staaten miteinander zu verseinden, bloß «veil ihm eine schöne Frau nicht freundlich genug gelächelt hatte. In Italien hätte man den Nebenbuhler vielleicht mit dem Dolch aetrofsen, hier aber, wo alles möglich und nichts un- möglich war. sobald eß um em« Frau ging, hier brüskierte man ein fremde! Neich und wollt« gleich eine neue Industrie in! Leben rufen, bloß damit sie ihre hübsche Larve nicht mehr nu Spiegel d«S Rivalen begucken sollte. Saaredo spitzte den Mund, al! ob er eia höhnisches Liedchen pfeifen wollte. .Ah, Herr Colbert, daS ist eine sonderbare Partie, zu der Sie mich zwingen. Aber da Sie es wollen, werden wir nnn zum -weiten Male Konkurrenten! Hat rrtzs Mol zg-s ich Sir schon zu dreiviertel besiegt und letzt, beim »weilen Gang hoffe ich S!« ft gründlicy za schlagen, dcß Cre lernen neuen Wettstreit mit mir ferner hin aujl.ehmen werden!' Lr ging »n seinem Zimmer auf und ab, trällerte einen venetianischen Gassenhauer vor sich hin. der Mode gewefen war, als er die Republik verließ. Dann setzte er sich an feinen Schreibtisch, und schrieb in heiterer Stimmung, ganz erfüllt von Kampflust und SiegeSgefühl einen ausführlichen Brief an seine Regierung. Er versprach in diesem Brief nicht mehr und nicht weniger, als daß die Republik sich ganz auf ihn verlassen könne und daß er hoffe, ihr binnen Kurzem die allerfreundlichsten Nach richten in der bewußten Angelegenheit ,u senden, .denn eS wäre sehr traurig, wenn ich nicht nnr einer Handvoll Arbeiter und einein auswärtigen Minister fertig werden wollte, noch dazu in einer Sache, deren Beweggrund in Voraussetzungen beruht, welch« eine so männ liche und zielbewußte Negierung, wie die, welcher zu dienen ich die Ehre habe, niemals begreifen würde.' -Kapitel. Heimweh. — Verträge »nd ei» tcmbfkmuner Heizer. Niemand hatte laut davon gesprochen, aber jeder wußte eS. Vielleicht hatten neugierig^ Lakeien Zwiegespräche und Korrespondenzen be lauscht und da! Erspäht« weiter getragen, vielleicht war eS ausgefallen, daß der Minister Colbert einen freien Platz im Faubourq Saint- Antoine, dicht beim Luxembourg öfter auf merksam betrachtet hatte, ihn abgeschritten war und daß jetzt dort schnell gezimmerte Hütten entstanden, vielleicht hatte man eS befremdend gefunden, daß der venetianische Gesandte plötzlich in großem Pomp, wie er sonst nur bei besonderen Feiern vorsuhr, zu einer Audienz beim König kutschiert war, vielleicht — (Fortsetzung folgt.)
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