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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231221
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231221
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-21
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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Oer Erfinder des Bluffs Erinnerungen an Barnum Di« Welt ist in den letzten Jahren mit Memoiren etwa» überfüttert worden. Dir Politiker und Gene ral« oller kriegführenden Staaten fühlten das drin gend« Bedürfnis, die Welt über ihr Tun und Lasten auszukliircn. Besonders dann, wenn ihr Wirken mit einem Mißerfolg endete. Di« wirklichen Sieger hin gegen blieben meistens stumm. Solch ein »cnwcig- samer S*eger war auch Vincha» Taylor Barn um, dem seinerzeit zwei Kontinente zu Füßen lagen. Erst jetzt, lange nach seinem Tod«, ist «ine -ryammen- hängende Darstellung seines abenteuerlichen Lebens erschienen und ganz Amerika greift noch diesem Buche, um sich von der Longwerr« zeitgenössischer Memoiren zu erholen. Bornums Wi«ge stand in einrr Schnaps budike in Bethel (Eonnect.), Frühzeitig flügge, versucht« er sich in aller!«» Berufen, bis ikm der Jour nalismus eine der wichtigsten Voraussetzungen für sein« spätere Laufbahn gab: di« Kenntnis jener kom- plizierten Klaviatur der Press«, di« er in so virtuoser Weise meistern sollt«. Barnum hatte erkannt, daß man den Leuten etwa» zeigen muffe, was si« in Erstaunen setzt«, um zu Geld zu kommen. Als er feinen „Start" auf diesem Gebiet macht«, zeigte sich sofort, daß «r eine unge- wohnliche Einbildungskraft besaß. Er zeiate den Amerikanern nicht» Geringere» al» — die Amme Georg« Washington». Damit traf er nicht nur ihren Patriotismus, sondern auch ihre Sen sationslust. Denn da Washington 1732 geboren wurde, so mußte die „Amme der Vereinigten Staaten" gut und gern ihre hundert Jahre mindesten» alt sein. In Wirklichkeit war Ioice Heth weder hundert jährig noch je Amme gewesen, sondern eure betagte, vollkommen verblödete und grundhäßliche Negerin, aus der kein vernünftiges Wort herauszu bringen war und von der Barnum sicher sein konnte, daß sie niemals gegen die historische -toll« prot«ine> ren würde, di« er sie spielen ließ. Di« amerikanischen Patrioten ließen sich durch keine vernünftige lieber- lrgung den Glauben an di« Nationalheilige rauben: für sie war Ioice Heth da» vevehrnngswurdige Ge schöpf, aus dessen schwarzen Brüsten der große Georg« die „Milch der Unabhängigkeit" gesogen hatte. Wo hin Barnum mit ihr kam, strömt« das Volk ihm zu. Als das Interesse dann eines Tages doch er lahmte, wußte Barnum es auf eine geradezu geniale We so wieder anzufachen. Er selbst ließ in der Presse Artikel erscheinen, die ihn sozusagen ent larvten und di« hundertjährige Amme de» grotz- ten Mannes Amerikas in eine alt« Schwindle rin zurückwandelten. Es gab einen erregten Prestedisput, und als er am stärksten tobte ließ Var- num ein ganz neues Gerücht ausstreuen, das ganz Amerika in einen Taumel von Sensation stürzte. Ioice war danach weder Amme noch hundertjährig, noch eine Negerin, sondern ein raffiniert kon struierter Automat! Und nun könnt« die Neise von neuem beginnen; jeder, der der „Amme der U. S. A." sein« Verehrung dargcbracht hatte, wollte sich nun persönlich davon überzeugen, was es mit diesem Automaten sür ein« Bewandtnis habe. . . , Er wußte nun was er seinem Publikum bieten . konnte und er ging gleich aufs Ganze. Auf die einzelne Sensation ließ er die Häufung der Sen- sationen folgen: „Barn ums amerikanische» Museu m." Die „Amme der U. S. A." aber wurde erseht durch den „Ge neral Tom Thumb." Das war ein Junge, der, al» Barnum ihn entdeckte, trotz seiner fünf Jahre nicht größer war, als 2 Fuß und 3 Zoll. Barnum lehrt« ihn tanzen und singen, de- sondcrs aber richtet« er ihn darauf ab, dem Publi kum kleine freche und ein wenig anstößige Reden zu halten. „General Thumb" brachte es in Amerika zu solcher Berühmtheit, daß Barnum sich entschloß, mit ihm auch Europa zu erobern. Und Europa, das alt«, aufgeklärte, skeptische Europa, das mit so viel Verachtung auf die amerr- kanische Naivität herabsah, ergab sich beim ersten Ansturm bedingungslos dem großen Barnum und seinem kleinen „General". Richt etwa nur die Menge. In Amerika hatte der Präsident Lincoln einmal eine sehr wichtige Besprechung unterbrochen, um Das falsche Christkind Don Mettsrtt KI«E «München) Marion kommt strahlenden Auges heim. Schnee liegt auf ihrem Mäntelchen, und ihre Blicke künden reines Glück: „Vatl, ich hab' eben das Ehristkindl g jeh'n. Auf der Leopoldstraße ist » gangen. Und ein weißes Mänterl hat'» ang habt." „Ja, woher weißt denn du, daß da» da» Ehristkind gewesen ist?" „Aber. Vatl, wo'» doch ein Pelzerl am Mantel g'habt hat. Und soo lieb g'schautl" — Da war natürlich ein jeder Einwurf hinfällig. „Und sicher hat'» grad überlegt, was 's den Kin- declen zu Weihnachten bringen soll. Und besonder» den ganz armen. Und auch mir, gelt, Vatl?" „Selbstverständlich", sagt der Vatl. „Und mir wird» wahrscheinlich eine Puppenküche bringen. Und den armen Kindern einen Elefanten. Vielleicht sogar einen echten, lebendigen. Und einen Sprengwagen vielleicht auch. Mit richtig zum Wasser- spritzen. Und Herzele aus Pfefferkuchen. Ls hat ja soo nachgedacht das Ehristkindl, das liebe. Und dann ist's -um See 'nunter im Park. Vielleicht zum Schlittschuhfahr'n. Soo lieb ist da» Ehristkindl! — Du, Patl, ob's wohl im Spielladen am Eck all Sie Püppelcn schon z'sammengekaust hat für di« Kinder? Komm, wir wollen gleich 'mal nachschau'n!" Und weil ihre Augen gar so leuchten, bringt e» der Vatl nicht über» Her-, ihr einen Wunsch abzuschlagen. Und so geht er denn mit. Die kleine Marion hört nicht auf zu plauschen. Das Mündchen steht nicht still. Ob wohl der liebe Gott auch mit auf di« Eisbahn gegangen sei. Si« glaub« schon. Denn hinter dem Ehristkindl sei ein Herr mit ganz langem weißen Bart gegangen. Und der Knecht Rupvrecht? fragt die Marion. Da» Christ- kindl kann doch nicht all die Sachen selber tragend Aber — im Laden am Eck ist die ganz« Weihnachts pracht noch zu haben: Sprengwagen und Puvpenbau« und Bauernstube. Und all di« großen und kleinen Püppchen. — Marion schaut, aber ihre Gedanken find doch ganz woanders. „Da» Ehristkindl in fein' weißen Kletderl ist sicher da» bravste Kind von der Welt", sagt sie. „Sonst wär » doch eben nicht da» Ehristkind! Gelt, Patl?" Und plötzlich geht ein Zucken durch ihr Ge sicht, und si« hält es an Patl» Hand kam« ans: Da, Barnum zu empfangen. Zn England erregte e» un geheure» Aufsehen, daß die Königin Viktoria, aller Etikette zum Trotz, den beiden gestattet«, direkt da» Wort an sie zu richten. In Frankreich über- häuft« der „Bürgerkünlg" Louis Philipp den General Thumb mit den kostbarsten Geschenken, an gesichts seine» damals sprichwörtlichen Geize» eine beachtenswerte Tatsache. Wenn «in Barnum ins Ausland reist, hat er di« Verpflichtung, seinem Vaterland« etwa» mttzu- bringen. Barnum wollte das — Shakespeare- Haus in England abbrechen und in Amerika wieder aufbauen lasten. Glad stone war unhöflich genug, ihm das abzuschiagen. -Barnum rächte sich, indem er den berühmten Ele fanten Jumbo aus dem Londoner Zoo kaufte und selbst daun nicht vom Kauf -urücktrat, als di« aite Queen ihn darum „namens aller englischen Kinder" bat.) Da „erwarb" Barnum das Köstlichste, was Europa damals aufzuweisen hatte: Jenny Lind, die „schwedische Nachtigall". Ihr Triumphzug durch die Vereinigten Staaten, unter einem solchen Mana- g«r, übertraf bei weitem den der Patti und der Sarah Bernhardt. In Europa war die Lind eine gottbegnadet« SLngerin. Barnums Reklame macht« au» ihr das Ideal aller Frauen — klug berechnet für rrn Land, das den Frauenkult bis in» Groteske "e- steiger» h't. Seinen Zeitgenosten war er selbst zum Phänomen g.rrarden Manchmal ließ er sich mitten während der Vorstellung in die Arena fahr«». Dann brach die Musik sofort ab, die Darbietungen wurden unter brochen und in die plötzliche Stille hinein klangen seine Wort«: „Ihr seid gekommen, um Barnum zu sehen? Seht: hier ist Barnum!" Dann verließ er langsam die Manege, umbraust vom Beifallssturm der Menge. E>- starb als Achtzigjähriger, sensationell wie ec gelebt hatte, am Stich einer winzigen Fliege. Aber sein Begräbnis war still: er wollte sein« Beerdigung nicht auch noch zur Sensation gestalten, vielleicht, weil er selbst sie ja nicht mitempfinden konnte. e. L »uoirsi eltchrorrik Statistik -es Hungertodes In einer oo« Statistisch« Amt der Stadt Berlin über da» Verhungern al» Tode»ursach» herausgegrbenen Sonoerarbeit wird festgesteltt, daß tu» Zahre 1922 und in den ersten zehn Monaten de» Lahre» 1923 103 Hungertode»fLllezn ver zeichn« find. E» handelt sich meist um alte Leute, unter denen di« tzraue » ubernüeg«. E» sind vor nehmlich Reutenempfängeriuneu, Stift», insast«, Privatier«, Schneiderin»« ufw. «8 Zahre alte Lehrerin a. D. wog, al» sie an Unterernährung starb, 65 Pfund. D»e Statistik »st jedoch al»unvoll ständig anzusehen, da viel« Fäll« überhaupt nicht zur Kenntnis de» Statistiker» kommen, well die Aerzte der Familien als Todes ursache nicht Unterernährung oder Entkräftung, son dern einfach nur Oedem oder auch Herzschlag auf dem Totenjchein angebeu. (Gedenket der Leipziger Winterhilfe! Kein Mensch braucht Hungers zu sterben, wenn jeder die Hilfsorganisation nach Kräften unterstützt.) Einbruch in ein Leipziger Baumwollwa^n Stoß geschäft. In der Nacht zum IS. d. Rt. haben Einbrecher sich durch Aufbrechen zweier starker Vorlegeschlösse»: und zweier anderer Schlösser, die an einem Schuren gitter befestigt waren, Zutritt zu einem Baumwoll- waren-Großgeschäf in der Gellert st raße ver schafft und Waren im Gesamtwerte vor» über 4000 Goldmark gestohlen. Es handelt sich um 3 Pallen L non, 2 Ballen Finett, 31 Garnituren Bettbezüge, 519 Damenbe nkle der und Stickerei hemden, 16 Ballen Züchen, Hemdentuch und Inlett, ferner blauen Blusenstoff, weiße Taschentücher und schau . . schau doch nur . . dort drüben . . das Christ kindl . . da kommt » . . und ein Engerl geht daneben . . ein großes Engerl . . und sie kommen her zu uns." Und da kommen sie wirklich: ein blondes K.nd, dessen Lockenkopf von der Mütze nur knapp verdeckt wird, und daneben, offensichtlich, sein« Bonne. Und sie streben geradenwegs zu uns hinüber, d. h. natür- l:ch zu dem Schaufenster, vor dem auch wir stehen. D'k Bonne scheint nicht recht zu wollen. Denn di« Kleine zieht und »errt und ist recht ungehalten. Nun iu Hörweite sagt sie: „Und jetzt will ich gerade den Sprengwagen sehen!" Das Ehristkindl will den Sprengwagen sehen? Marion ist so erregt, daß die kleinen Hände zittern. Gebannt ruhen ihre Blicke auf dem kleinen Mädel und lassen nicht von »hm. Das Ehristkindl will „Ich sag's der Mama, wenn Sie mich den Spreng wagen nicht sehen lassen. Di« Mama hat eigens ge sagt, ich darf sehen, was ich will. Und jetzt will ich eben . . ." „Wie oft denn noch . .?" erwidert der da» Christ- kind begleitend« Engel. „So oft wie ich eben will", sagt die herrisch« Kleine. Und sie stampft mit dem Fuß« auf und schüt telt den unwilliaen Kopf, daß die Haare fliegen. «Da» . . . Christkindl . . .", flüstert Marion. Aber in ihren Worten zittert Zweifel. Ihr« Augen we-den ganz groß; ganz traurig; ganz feucht. „Das . . ist . . ja . . gar net . . das . . Ehristkindl . sagt sie, tief erschüttert. Und beginnt zu weinen. Nicht zu Minen; »u wimmern! Die kleine Brust vergeht unter den Stotzen de» Schluchzen». Immer wieder. Di» sie daheim sind, die Marion und ihr Vatl . . . Di« großen Menschen meinen, si« haben da» Monopol auf den Schmerz und die Enttäuschung. Und sie ahn«n nicht, wie wund die Seele eine» Kin de» ist wenn es plötzlich au« den Wundern de» Him mel» fallt und erkennt, daß es da« Christkind zu "»schauen vermeint und dabei nur ein eigenwillige», selbstsüchtiges Menschlein gesehen hat. . Lehrauftrag für jüdi'che Rcllgionswtssenschaft. Dem Schriftsteller Dr. MartinBuberin Heppen heim an der Bergstraße wurde der Auftrag e". teilt, an der Frankfurter Universität d'e jüdischen Religionswissenschaften und di« jüdisch« Ethik in Vorlesungen und Hebungen z« lehren. . 8 Ballen Eouvertüren. Die Täter haben einen Sack, vermutlich Kartoffelsack, zurückgelassen, der die Nummer S30 und tn der Mitte ven Buchstaben T trägt. Angaben zur Sache erbittet schnellsten» die Kriminalpol zei. Neuer Schwindel »tt Varlehn»-Kafsenichei»e». Am IS. d. M. hat «ine Frau in einem Leipziger Ge- schäftshau» ein Paar Damenschuhe und Strümpfe im Werte von 32 Goldmark gekauft und mit 16 Dar- lehnskafsenscheinen über 2 Mark der Relchslchulüen- verwaltung bezahlt, die da» Datum 1k. September 1922 trugen. Die Kassiererin hat diese Schein« für wertbestänbige« Geld gehalten und mehrere davon bereit» wieder verausgabt. Di« Scheine find rosa gefärbt und nach dem jetzigen Stande so gut ui« wertlos. Man sehe sich «Halb jeden Geldschein vor seiner Annahme besonder» schon deshalb genau an, da es immerhin möglich ist, daß Betrügereien nicht nur mit den angeführten, sondern auch mit anderen wertlosen echten Scheinen versucht werden dürften. Unser« Boll»schulkluder. Die Berliner Bezirk»- schuldeputation I—IV hat auf Fragen über di« Er- nährungsverhältnifie der Schulkinder in 12 Volk»- schulen folgende» Bild erhalten: 1SH Prozent der Kinder waren an dem Stichtage ohne heißen Morgen trank, 8L8 Prozent hatten kein Brot zum ersten Frühstück, 6H8 Prozent brachten kein Frühstück mit zur Schule, SPS Prozent hatten an dem Tage keine gekochte warme Mahlzeit, bei IS Prozent war das Schuhzeug in durchaus mangelhaftem Zustand«, bei 16P4 Prozent die Ober- und Unterkleidung. (Dieser Zustand ist typisch für alle Volksschulen in den Großstädten.) Srauenbafte Zustände iu einer Erziehungsanstalt. Ein ungeheurer Fall von Unterschlagung e-nes hohen Reichsbeamten wird von der „Münchener Post" gemeldet. Es handelt sich um den Präsidenten des Amtsgericht» München, Franz Taver Rieß, der ehrenamtlich al« Vorsitzender der Er ziehungsanstalt Neuherberge tätig war. Die Zustände in dieser Erziehungsanstalt beschäftigten wiederholt die Oeffentlichkeit, da die Zöglinge der Anstalt sehr schlecht ernährt würben und zahlreiche von ihnen an Unterernährung und Tuberkulose ge storben sind. Jetzt stellt sich heraus, daß Direktor R eß einen großen Teil der für die Anstalt zur Ver fügung gestellten Lebensmittel für sich selbst in Anspruch nahm. Lebensmittel und Gemüse mußten stets in Kisten verpackt in die Wohnung des Direktors geschickt werden, während die Zögt nae tagelang kein Brot erhielten und nur mit Gras und Brennesseln gefüttert wurden. Von vier Litern Milch, die täglich für d e Anstalt bestimmt waren, behielt der Direktor stet» zwei Liter. Sämtliche L ebesgaben, die in der Anstalt ein liefen, hat der Direktor für sich und seine Familie verwendet, während es für die Zöglinge monatelang kaum etwas zu essen gab. Die Angelegenheit erregt ungeheures Aufsehen. Die Gpitzmarke. Der „Voss. Ztg." wird ge schrieben: In Italien starb der berühmte Physiler Professor C. Seine leiblichen Reste wurden ver brannt, und die Asche streuten seine Angehörige» m Erfüllung einer letzten Verfügung des Verstorbenen ins Meer. — Ein« Berliner Zeitung meldet diesen Vorgang unter der Spitzmarke: „Der zerstreute Professor." * Ei» Dynamitattcutat im Ehiemgau. Im Chiemgau betrieben rechtsradikale Kreise unter Führung eine» Gutsbesitzers Tschermack seit Jahr und Tag eine planmäßige Hetze gegen den in Seebruck ansässigen Kun st mal er Mehrung, den sie in Flugschriften und ähnlichen Aktionen verleum derisch der Spionage für Frankreich beschuldigten. Mehrung ist Elsässer, hat auf deutscher Seite gekämp.t, nach dem Kriege die bayerische Staatsange wma eit erworben und bei der Niederwerfung der Münchner Rätcherrschaft seine nationale Gesinnung aktiv be kundet. Nachdem schon zweimal auf sein Landhaus Dombenattentae verübt worden waren, wurde nach einer von Tschermack geleiteten Hetzversammlung > nachts neuerlich ein Dynamitattentat gegen da« Anwesen Mehrung» verübt. Dabei wurde die Wohnung eines Hausinsasscn vollständig demoliert. Der Wohnungsinhober, ein Baumcist"r. und seine Gattin wurden durch die Gewalt de^ E-plosion aus den Betten bis an di« Zimmerdecke geschleudert und schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft zu T-aun- stein hat in der Angelegenheit in die eine grrße An zahl rechtsradikaler Persönlichkeiten verwickelt ist, j bereits mehrere Verhaftungen vorgenommen. Histörchen Erzählt von O»«lp Prinz Moritz von Oranien hatte sich in dem Loger von Gcrtrudenburg stark verschanzt, und der feindliche spanische General konnte ihn durch all« Künste nicht herausmanöverieven. Al» nun der Prinz einmal in irgendeiner Angelegenheit einen Trompeter ms feindliche Lager schickt« zum Grafen Ernst von Mannsfeld, den Feldherrn in spanischen Diensten, fragte dieser den Oranischen, ob sich denn sein Herr fürchte, da er sich so stark verschanze. „Ihm, al» einem jungen Soldaten", sagte Mannsfeld „steht e» weit besser an, sich ins freie Feld hinauszuwagen und eine Schlacht zu versuchen." „Gnädiger Herr", antwortete der Trompeter, „unser Prinz fürchtet sich so eben nicht aber nun, er will doch auch gern ein so alter Kri«gsmann wer den, wie Euer Gnaden sind." * Der Dichter Rabelais ließ sich auf seinem Sterbebett« einen Domino hol«n. „Aber um de» Himmel» willen", sagte einer seiner Freunde, „wo» wollen Si« jetzt in der Stunde d«« Tode» mit einem Domino, den man »um Maskenfest trägt!" „Wissen Si« nicht", erwiderte Rabelais, „daß di« Schrift sagt: 8e»ti, qui in Domino woriuotur." (Was auf Deutsch heißt: „Selig sind, die im Herrn (in Domino) sterben.") Wie Ninon d« Lenelo» nüchternen S'n- ne» ihr« Liebhaber beurttilt«, zeigen di« Wort«, di« sie über den Grafen von Sevign4, Sohn der berühm ten Marquise von Sevignch sagte den st« erst mit aller List der Schauspielerin Ehampmtz entzoaen hatte, bald ober aus der Zahl ihrer Liebhaber entfernt« und seit nun zu ihren Freunden rechnete. Er war, wi« sie sagte: „ein Mensch, den man nicht definieren kann, »in« Seele von Brei, ein Körper von Papp«, ein Herz wl« ein mit Schn« frikossierter Kürbi».* Voltaire ging einmal mit eins« Freunde spa zieren, da kam ihnen ein Pater mit dem Aller heiligsten entgegen. Voltaire nahm seinen Hut ab, worauf der andere ihn verwundert fragte, ob er sich den» »tt de» lieben Gott wieder vertrag«. lfirnitns, 6« >1. Der Dauerredner und lei» Verbrecher. Folgende» Deschichtchen trug sich kürzlich tn London zu. Lin alltägliche» Verbrechen brachte einen unverbesserlichen Missetäter auf die Anklagebank. Man hatte ihm einen Offizialverteidiger gegeben. Da» war ein junger Advokat, der sich mit Leidenschaft und Begeisterung seinem ersten Kriminalfall hing b, um mit Eindruck zu debütieren. Er bemühte sich in nicht weniger al» 12 0 Minuten die absolute Un schuld seine» Klienten zu beweisen. Leine Anstren gungen waren riesrngroß. Noch vor beendigtem Plädoyer hielt er einen Moment inne, um Luft zu schöpfen. Da entspann sich eine verblüffende Szene. Der Angeklagte erhob sich und sagte, gegen die Richter gewandt: „Entschuldigen Eie, ich wünsche zu wissen, ob die Zeit, während der mein Advokat plädiert, al» Untersuchungshaft in meine Strafe eingerechnet werden wird?" Paris—Moskau iu vier Stunde«. Der Franzose Melot hat ein Flugzeug mit einem Propeller ohne Schraube erfunden, da» bisher ungeahnte Möglich keiten verheißt. Die ersten offiziellen Versuche dürf ten im Mär» stattfinden. Rach den Berechnungen des Erfinders wird es möglich sein, di« Strecke Pari«—London in 3S Minuten, Pari»—Madrid in 1 Stunde 40 Minuten und Pari»—Moskau in 4 Stunden zurückzulegen. Das Flugzeug wird 600 Kilometer in der Stunde zurücklegen. — Da» Post- flugzeug der Linie London—Berlin hat gestern die Strecke London—Rotterdam—Hannover—Berlin in insgesamt 4X Stunden zurückgelegt. * Siu ISjL-riger Witwer uud eine SSjährige Braut. In London ist vor kurzem eine Statistik der Eheschließungen im britischen König- reiche veröffentlicht worden. Die Statistik enthi lt interessante Einzelheiten, die ohne die Beglaubigung de» Londoner Statistischen Amte» fast unmöglich er- scheinen würden. Es gibt gewisse Gegenden in Erg- land, in denen die Leute in erstaunlich jungen Jahren heiraten. In Sussex ist es nicht selten, daß ein neunzehnjähriger Bursche ein sechzehnjähriges Mädel heiratet. Aller» im letzten Jahr« sind hier hundert Ehen von Mannern geschlossen worden, die ihr neunzehntes Lebensjahr noch nicht erreicht und die Mädchen unter siebzehn Jahren -um Altar ge führt haben. Geradezu unglaublich klingt es, daß in einem englischen Dorf ein fünfzehnjähriger Ba> e^n- bursche einem gleichaltrigen Mädchen ewige T en« schwur. Die junge Frau ist sechs Monate später ge storben, und so wurde der glückliche „Gatte" mit fünfzehn Jahren Witwer. Die Statistik berichtet auch über zwei geradezu groteske Eheschließungen. In einem Falle hatte ein siebzigjähriger Mann ein neunzehnjähriges Mädchen zur Ehefrau erkoren, in dem andern beglückte eine neunundscchz'gjäh ige Frau einen achtzehnjährigen Burschen mit ihrer Hand. Die eigenartigste Eheschließung ist die einer neunundachtzigjährigen irischen Bäuerin, die sich mit achtundachtzig Jahren von ihrem Manne scheiden ließ, um ihre Hand einem andern zu reichen. Der Ehrgeiz eiue» Untersuchungsrichter«. Im April dieses Jahres wurde vor dec Tür des franzö- fischen Konsulats in Lüttich eine Bombe ent deckt. Es wurde sofort eine Untersuchung eingekeilt, di« jedoch ein plötzliches Ende fand, obwohl die Lokalblätter den Ti ter mit vollem Namen anführten. Die genannte Persönlichkeit war ein Unter - suchungsrichter des Lütticher Gerichtshofs. Ein Kammermitglied interpellierte nun im bel gischen Parlament die Regierung wegen des Falls, worauf der Iustizminister eine eingehende Uni r» suchung der Angelegenheit versprach. In den Cou loirs der Kammer interpretiert man jedoch dl Sacke in einer Weise, die dem Fall e'nen komischen und doch auch zugleich einen bedenklichen An- strich gibt. Der "hnte Untersuchunqsr'cht"r s ll tatsächlich die Dm vor dem Konsulat niederg^legt haben, allerdings :r eine ungef'hrliche Masch'ne, in der Abficht, sie selbst zu entdecken und so ei" er französischen Auszeichnung teilhostig »U n-o-hox» Neue» Erdbeben l« Loluwbieu. Au» Bogo»L lTolumb'en) wird mitgeteilt, daß fick dort ein neucs Erdbeben ereignet h-i, das die Städte Cumbal, Carlosama und Aldana völlig vom Erd« baden verschwinden ließ. Die Erschütte rungen dauern fort. Nach näheren Meldungen kön nen die Toten nicht begraben werden und die Ver wundeten sterben auf den offenen Feldern aus Mangel an ärztlicher Hilfe. — Nach einer Londoner Meldung sind bei dem südame-ikanischen Erdbeben 400 Todesopfer zu beklagen. Der Sachschaden lst riesenhaft. „Wir grüßen uns wohl", antwortete Voltaire, „aber wir sprechen nicht miteinander." ist Als Hetzel der Verleger Balzacs, einmal g-f^agt wurde, warum man die Schriftsteller, sobald sic ge- starken sind, über den grünen Klee zu loben anfängt, antwortete er: „Weil es ihnen dann nichts mehr nutzen kann." ist Monsieur Harel, Direktor des Theater» an der Porte-Saint-Martin, behab sich in einem grausamen Dalle» kurz entschlossen zum König Loul»-Phi- lippe. Der König hört« sich di« lange und schwung- volle Rede des Theaterdirektor« geduldig an, und als Harel mit der Bitte um ein Darlehen von 30 000 Franken seine Rede schloß, sagt« er vertraulich: „Mon- sieur Harel, dürfte ich Ihnen di« nämliche Ditte aus sprechen . . Generalmusikdirektor Karl Panzner -f. General- Musikdirektor Karl Panzner ist in Düsseldorf gestorben. Er war 1866 in Teplitz geboren, studierte am Dresdner Konservatorium, wurde 1893 Kapell- meister am Stadttheater in Leipzig, kam 1907 als Dirigent de, Mozartorchestero nach Berlin und übernahm 1909 die städtisch« Mufikdirekto^stelle in Düsseldorf. Er hat im Rheinland sehr v^ für die Verbreitung musikalischer Kultur getan. Zum letzten mal trat er bedeutsam hervor al» Festdiriaent de» Tonkünstlerfeste», da» vor zwei Jahren in Düsseldorf stattfand. Da» Recht am eigene« Brief. Di« Sistierung einer Versteigerung von Briefen Gerhart Hauptmann, hat in den sich ständig vrrgrößern- den Kreisen der Autographensammler die Frage nach dem Recht an der Veröffentlichung solcher Hand- schriften aufgeworfen. Der Schweizer Autographen sammler Geigy.f>nqenbach empfiehlt zur Lösung der Frage folgenden Weg. Da die Autographensannr ler di« Briefe in der Reg«! nur kaufen, um sie zu be- flfien, nicht um sie zu veröffentlichen, soll« in den Autographenkatalogen einfach bemerkt werden „V er- öffentlichung untersagt" Dann ließe sich niemand abhalten, da« Stück zn kaufen, und der Autor würde wohl bet nicht bloßstellenden Brie u den Verkauf ohme weitere» gestatten.
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