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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231219
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-19
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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LlttMord, den IS. v«»«nb« 8«»« S Vom Tage Sächsischer Index Die sächsische» Leben»haltu»g»kostcu betrage» »«ah de» Staude vo» 17. Dezember mit Bekleidung 1215 Milliarde», ohne Bekleidung 1169 Mwiardev. Da» bedeutet gegeuüber der Borwoche ein Weniger vou 7,9 bzw. von 8.5 Prozent. Markthallenwanderung. Der Geschäftsgang setzte am Dienstag i» der Leipziger städtischen Markt halle bereits in den frühen Morgenstunden flott ein. Die Preise hielten sich in der Hauptsache aus der Höhe des Vortages, einzelne Lebensmittel waren wiederum etwas zurückgegangen. Butter wurde mit ZZ Goldmark verkauft. Hier und da verlangten die Hcürdler 3^ bis 4 Mark für das Pfund. Eier kosteten wiederum 30 Pfennige. Margarine konnte man bereits für 60 Pfennige kaufen. Amerikanisches Schweinefett stellte sich auf eine Mark. Talg schwankte zwischen 90 und 100 Pfennigen. Speck sollte 1,6 für geräucherte Ware, 1^ für Salzspect und i.4 für Schwarz fleisch kosten. Speckfett wurde mit 160. Kokosfett mit 85 und Kunstspeisefett mit 80 Pfennigen notiert. Frischfleisch wurde reichlich angeboten. Rindfleisch schwankte zwi schen 1/r und 1H Goldmark. Kalbfleisch wurde mit 1,4, Schweinefleisch mit 1,3 bis 1,4 Goldmark angeboten. Gans kostete 1F bis 2, Reh 1 bis 2, und Hase 1H Goldmark das Pfund. Fisch- waren wurden zum Vortagsprets abgegeben, ebenso Gefrierfleisch und Gemüse. Wal nüsse kosteten IM Haselnüsse 1,4 Goldmark. * Starke Senkung der Diehpreise. Das Ein greifen der Wucherpolizei auf dem Zentralviehhos in Berlin hat zu einem vollen Erfolge geführt. Die behördliche Forderung, daß lediglich die Gestehungs kosten unter Ausschaltung jeglichen Geldentwertungs- Risikos zugrunde zu legen seien, konnte durchgescht werden, so daß eine Senkung der Preise aus das Niveau der Hamburger Preise erfolgen konnte. Unterstützt wurde das polizeiliche Vorgehen noch durch einen besonders starken Austrieb. Im ein zelnen wurden pro Pfund Lebendgewicht bezahlt: Für Schweine 40—65 Pfennige, Schafe 15—45 Pfennige, Kälber 25—80 Pfennige und Rinder 10 bis 40 Pfennige. * Lohnregelung im Steinkohlenbergbau. Die Löhne im Steinkohlenbergbau des unbesetzten Ge- bietes für die Woche vom 10. bis 17. Dezember wurden durch einen vom Reichsarbeitsministerium eingesetzten Schlichtungsausschuß folgendermaßen festgesetzt: Für Oberschlesien auf 3 Goldmark je Schicht, für Niederschlesien auf 2,50 Goldmark, für Lachsen aus 2,70 Goldmark je Schicht. Hinzutrrten für die einzelnen Reviere für jede in der vorerwähn ten Woche verfahrene Schicht Teuerungszuschläge von 735 bis 900 Milliarden Mark sowie mit Rück- sicht auf die bevorstehende Mehrarbeit eine ein malige Ernährungszulage von 1^5 bzw. 1 Billion Mark. Keine sächsische Setverdesteuer? Dis demokratische Landtagssraktion hat folgende Anfrage Dr. Kastner eingebracht: Das Reich sieht von der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 1923 ab. Maßgebend für die Entschließung war die Tatsache, daß bei den schwankenden Währungs verhältnissen des letzten Jahres die Aufstellung einer zutreffenden Einkommensteuerbilanz schlechterdings unmöglich erscheint. Diese Feststellung trifft in gleichem Ausmaße auch bezüglich der Gewerbesteuer veranlagung zu. Preußen hat demgemäß bereits für das Jahr 1923 von einer Gewerbesteuerveran lagung abgesehen. Für Sachsen steht die Entschei- düng immer noch aus. Sie erscheint jedoch dringend. Wir fragen deshalb die Regierung: Ist sie bereit, auch für Sachsen von einer besonderen Gewerbe- steuerveranlagung für das Jahr 1923 abzusehen und welche Regelung denkt sie bezüglich der Gewerbe steuer zu treffen? Der sächsische Arbeitsmarkt zeigt in dieser Be richtswoche kein einheitliches Bild. Während einerseits in den Hauptindustrien weiter« Betriebe die Arbeit wieder aufnahmen bzw. von der Kurzarbeit zur Dollarbeit über- gingen, kam es anderseits in Betrieben gleicher Art zu Stillegungen und Entlassungen. Ueberhaupt noch kein Fortschritt war in der Berichtswoche in den Industrien Stein und Eisen, im Bau-, Gast- wirts- und Bekleidungsgewerbe, für ungelernte Arbeiter im allgemeinen, sowie häusliche Dienstboten zu verzeichnen, und auch für kauf männische und Büroangestellte blieb die Lage gleich schlecht. Die Landwirtschaft war der Jahres zeit entsprechend ebenfalls nicht aufnahmefähig. Zuschuß»uterfiützurrg für Sozial- u»d Kapital- kleinrentner. Den Sozial- und Kap'talkleinrentnern wird am Donnerstag, den 20. Dezember, eine zweit« Zahlung auf die zweite Dezemberhälfte gewährt wer- den, und zwar an den bisherigen Stellen für die Rentenempfänger mit den Anfangsbuchstaben A—H von -LI—-j2 Uhr, I—Q von -LL—-L3 Uhr, N—Z von -j3—-44 Uhr. Beim Fürsorgeamt können an diesen Zahltagen nur besonders dringende Geschäfte erledigt werden. * Eine Bewährungsfrist. Wie verlautet, hat Iuftizminister Neu eine wichtige Neuerung auf dem Gebiete der Strafrechtspflege verfügt. Dom 1. Januar 1934 an sollen die Gerichte die Ermächti gung erhalten, denjenigen Verurteilten, die keine längere Gefängnisstrafe als sechs Monate oder ent sprechende Geldstrafe erhalten haben, eine Be währungsfrist mit der Aussicht auf künftige Be gnadigung bei guter Führung während der Probe zeit cinräumen zu können. Bisher lag diese Befugnis allein in Händen des Justizministeriums. Oie Krage -er pfarrerbesoldung gelöst? Infolge der Unzulänglichkeit der Kirchensteuer erhebung und des völligen Mangels an kirchlichem Grundbesitz war der Pfarrer von Borsdorf seit un gefähr Jahresfrist genötigt, täglich 9 Stunden an einer Leipziger Dank als Aushilfskraft tätig zu lern, um die Mittel zur Bestreitung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu erwerben. Trotzdem versuchte er nebenbei noch in vollem Maße sein kirchliches Amt zu versehen. Die Ueberlastung führte zu einem völ ligen Zusammenbruch seiner Nervenkraft. In der letzten Sitzung der Kirchgemeindevertretung wurde unter dem Eindrücke eines sachlich begründeten Schreibens eines benachbarten Amtsbrudcrs aus der Versammlung heraus eine freiwillige Selb st - besteuerung in monatlich feststehenden Beträgen angeregt, durch welche das Einkommen des Pfarrers in zeitgemäßer Höhe gesichert wird, bis eine end gültige, alle Teile befriedigende Lösung der Gehalts- frage durch die oberste Kirchenbehörde erfolgt. Dieser Antrag wurde zum Beschluß erhoben und sofort in die Tat umgesetzt. Religionsunterricht in den höheren Schulen in Sachsen. Nach einer Verordnung des Volksbil dungsministeriums vom 1. Dezember über den Reli gionsunterricht in den höheren Schulen in Sachsen wird bestimmt, daß für die beiden untersten Klassen der Realschulen und für die noch bestehenden Klassen der Volksschullehrerseminars und Lehrerinnensemi nare die Zahl der wöchentlichen Religionsstunden von 3 auf 2 herabgesetzt wird. Ferner soll der Kate- chismusunterricht in allen höheren Lehranstalten von jetzt an ganz eingestellt werden. Gleichzeitig soll die Zahl der Unterrichtsstunden in Deutsch in den Klassen der Realschulen um je eine Stunde er höht werden. Wettchronik Rau-ü-erfall -ei Borna Am IS. v. M. (Tonnavend) vorrnit- taas zwischen 11 und -LI 2 Uhr ist auf der riratz« zwischen Kiert Irsch und Vlumroda ein 23jiihriaer Buch» Handlungsgehilfe, der in S.-Lin- denau wohnt, von zwei Räuber« vo« hinten überfallen und beraubt worden. Zunächst erhielt er mehrere Schläge auf de» Kops, vermutlich mit einem Steine, dann haben di« beide« Täter mit dolchartigen Messer« aus ihn einge stochen^ Er erhielt eine Anzahl Stiche und Verletzungen an Kops und Hände«. Zuletzt senerte der eine den anderen noch mit den Wor ten an: „Ammer fe st e, st ich zu! Wir werden sonst verfolgt." Der junge Mann war dann bewutztloS geworden. Als er wieder zu sich kam, waren die Täter sort. Wie die Untersuchung ergab, haben die Räuber dem Uebcrfallenen eine Brieftasche aus braunem, gerieftem Leder, in der sich verschiedene Ausweise und Pavicre auf den Namen Rudolf Grabs, eine Dollarschatzanweisunq über 2 Dollar und 9 Billionen in Papier befanden, sowie eine braunlederne Akten- mavpe mit einem dicken Buch mit dem Titel „Lehr buch der Kirchen" von Appel geraubt. Der Ueberfallcne ist kurz vorher von zwei Männern, die er danach gefragt hatte, auf den Weg nach Blumroda gewiesen worden. Ob diese beiden und die Räuber ein und dieselben Personen waren, kann nicht an- gegeben werden. Einer der Räuber ist etwa 2 6 Jahre alt, 1,65 Meter groß, etwas gedrungener Gestalt, mit gebräuntem Gesicht, hellblondem Haar und gestutzten Schnurrbart. Er trug hellbraune Sportmütze, grauen Mantel, vermutlich Militär mantel. Der andere ist etwas jünger, etwa 1,68 bis 1,70 groß, schlank, vermutlich dunkelhaarig. Es kann auch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, ob er bartlos war und ob er einen Mantel trug. Es kann sein, daß sein Anzug grau war. — Der Verletzte hat sich nach dem Ueberfall bis zu den ersten Häusern in Blumroda geschleppt, deren Bewohner dann den Schwerverletzten zu seinem Freunde in D. brachten, den er hatte besuchen wollen. Wer irgendwelche An- gaben zur Ermittlung der beiden Straßenräuber zu machen vermag, wird gebeten, sich bei dem nächsten Gendarmeriepostcn oder b«i der Leipziger Kriminal polizei zu melden. Die Geheimhaltung seine» Na- mens ist — wie auch in allen andern solchen Fällen — selbstverständlich. Keine weitere» Opfer de» Schcuneubraude». Zu dem Brande der Leipzig - Eutritzscher Feldscheune erfahren wir noch, daß außer den unbekannten Toten weitere Personen nicht ums Leben gekommen sind. Die mit den beiden Leichen eingelieferten ver- Wemlm veitulie vrM-jtiM, l-Mx. ^ktieukspiisl: ßl. 1.200.000.000 koserven rd.: hl. 900.000.000 K » n 1 vn. vsrrinsso kentsllmai'lisilllsßsll bis suk weiteres vis folgt: 4*/, fürs bei tSglicksr Verfügung, 6'/, » » , Imonstigsr Kündigungsfrist oder auf 1 ßlonst fest 7-/, »,»3» , »»3»» und kükren 1» ru günst. Lvdingungsn. dächttgen Teile haben sich bei der Untersuchung nicht als Ueberreste von Menschen, sondern als zusammengesinderte Strohballen erwies?-., die wahrscheinlich durch eine eigenartige Lagerung i n Preßstroh entstanden sind. Der eine der Toten -u eine Person männlichen Geschlechts, d' nicht über 16 Jahre alt gewesen ist. Hierfür spricht das gut erhaltene Gebiß, an dem die Weishettszähne sich noch nicht gebildet hatten, fcrn.c der Befund am Oberarme. Die stärler verbrannte andere Leiche stammt ebenfalls von einem Manne, über die aber gar nichts weiter gesagt werden kann, da der ganze Gesichtsschädel und die Zähne fchl. n und die Leiche sonst viel zu stark zerstört ist. Eine einwandfreie Feststellung der Toten erscheint schon heute bei den geringen Anhalrspunktcn als un möglich. Trotzdem werden die Nachforschungen über sie weiter fortgesetzt werden. Dir Erörterungen übrr die Ursache des Brandes sind abgeschlossen und werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben. Das Brandungluck ist zweifellos ouf das fahr- lässige Hantieren Aders zurückzusühren. der das zum Anbrennen des Lichtes benutzte Streich- Holz nur mangelhaft verlöscht auf einen Ltrohballen gelegt und den noch glimmenden Docht vom Licht entfernt und wahrscheinlich unachtsam in das Stroh geworfen hat. Das Feuer ist an dieser Stelle, wo das Streichholz und der Docht gelegen haben, aus gebrochen Ader ist durch die Rauchentwicklung auf- gewacht, hat versucht, das Feuer zu ersticken und hat, als ihm dies nicht gelingen wollte, seinen später im Krankcnhause aufgcnommenen Genossen geweckt imd ist dann mit den anderen geflüchtet. Ader ist äußerst leichtsinnig im Umgang mit Feuer gewesen. Schon einige Tage vorher hätte er um Haaresbreite durch Hantieren mit Licht die Scheune in Brand gesetzt. Die im Hinteren Teile des Lagers schlafenden Leute wären sicher dem Brande zum Opfer gefallen, wenn sie nicht in letzter Minute einen Ausweg an einer seitlichen Wand gefunden hätten. Sammlung für deutsche Professors». Die juri stische Fakultät der Universität Madrid be schloß, eine Sammlung für deutsche Professoren zu veranstalten, deren Ergebnis der Berliner Uni versität übermittelt wird. St» Abe»d bet de» Leute« der Feder. Veranstalter war der Bezirksverein Leipzig im Landesverband der sächsischen Presse, Ort der Handlung der Pfauensaal des Zoologischen Gartens und die Parole, die Dr. Bergemann als Vorsitzender ausgab, lautete etwa: Geist mit Fröhlich- keit. Dr. Menß^ dem es oblag, des strengeren Geistes zu walten, nahm sein« Aufgabe ernst und bot mit einem Vortrag über oft asiatische Welt anschauung in Philosophie und Kunst eine aufschlußreiche Bettachtung des Kultur komplexes, den das ehrwürdige „Rerch der Mitte" darstellt. Es gelang ihm vortrefflich, zu verbeut- lichen, wie der Tonfucianismus eine große national: Lebensgemeinschaft geformt hat, in »er das „Li", d r Inbegriff edler Schicklichkeit, den T'nzelnen an die traditionsgetragen« Gesamtheit bindet und d:e In dividualität auf den Weg steter Selbstvervollkom- mung im Rahmen einer umfassenoen kosmisch irdischen Ordnung weist. Zwei hier studierende Chinesen fügten zu dem, was Dr. Menz über Dicht- kunst und Musik Chinas ausgeführt hatte, illu strierende Proben: Rezitation, Gesang und Flöten spiel. Dann nahm die Veranstaltung Kurs auf den gemütlichen Teil. Eine farbig« Kette von Vor- trägen rollte ab und schließlich kam der Augenblick, wo die Aufforderung zum Tanz nicht mehr zu über- hören war. Don Kung Fu tse über Hang Reimann zum Shimmy. Ein Abend vieler Töne, doch ohne Fehl. S-I. Die größte Zuckrrraffinerie Europa» nieder- gebra»»t. In der guckerraffinerie Tanger münde, der größten Anlage dieser Art auf dem europäischen Festlande, brach, wie aus Mägde- bürg gemeldet wird, ein Großfeuer aus. Die Ursache ist bisher noch nicht festgestellt. Durch die schnell sich ausbreitendcn Flammen wurde der Bau 8, der alte Teil der Fabrik, vernichtet. Auch die Aistenlagerei wurde von den Flammen ergriffen. Da« Kesselhaus konnte gehalten werden. Da von den brennenden Gebäuden kaum noch etwas zu Zetten war, mußten sich die aus den Nachbarstädten er» schienen«» Feuerwehren darauf beschränken, eine weitere Drandausdehnung zu verhindern. Reichsdruckc Don Viele kennen von den Erzeugnissen der Reichs druckerei nur jene unerfreulichen Kassenscheine, die, mit immer höheren Zahlen bedruckt, in den letzten Monaten den völligen Verfall der deutschen Wäh rung bezeugten. Aber neben diesen Gegenständen unseres Mißvergnügens bringt die gleiche gewaltige Werkstatt Leistungen ganz anderer Art zutage. Sie kann jedermann mit ungetrübter Freude genießen, ihre Wertbeständigkeit unterliegt keinem Zweifel. Ls find die Reichs drucke. Fast tausend Wiedergaben von Werken aller edlen Graphik: Hand zeichnungen und Farbenskizzen der großen Meister, Bilder in Wasserfarben- und Pastellmalerei, Holz schnitte, Radierungen, Stahlstiche, Lithographien. Erste Bedingung ist überall die völlige Treue, auch im Format. So muß hier aus doppelten Gründen das Oelgemälde ausgeschlossen bleiben; denn fast immer übertrifft sein Umfang die für solche Blätter gegebenen Maße, und vor allem läßt sich der Cha rakter der bemalten Leinwand niemals auf der Papierflächs treffend wiedergeben, während für alle graphischen Verfahren die heutige Technik gleich wertigen Ersah zu bieten vermag. Die Grundlage aller dieser Verfahren ist die Photographie. Mit ihrer Hilfe kann eine aus schwarzen Linien bestehende Vorlage unmtttel- bar auf eine Druckplatte übertragen werden und, nachdem die Linien hochgeäht worden find, ergibt eine solche „Strichätzung" bei genau entsprechendem Papier eine dem Original ähnlich« Wiederholung. Dem empfindlichen Auge werden dennoch Strich ätzungen kaum genügen können, und ebensowenig die Rasterdrucke, bei denen alle Linien und Flächen in ein System freier Punkte aufgelöst werden. Nur das schwierigere, der ursprünglichen Technik der Radierung und des Kupferstichs folgend« Ver fahren bringt das Wunder einer Wiedergeburt zu stande, indem die Linien, die einst der Stahl in die Platte grub, nun ebenfalls vertieft in das Metall eingeäht werden und vor jedem Abdruck die Platte von neuem mit der Hand eingeschwärzt wird. Dies« Technik wird für die Wiedergabe alter Drucke von der Reichdruckerei angewendet. Was in der ersten, großen BkvteieK b-f phik, im 15. und 16. Jahrhundert, der Meister L. S., ein Dürer, Holbein und Altdorfer an Herrlichem aus die Platte gebannt haben, was dann die Meister des Barocks und Rokokos bis zur Romantik und dem Nazarenertum des 19. Jahrhunderts erfindend oder aus dem Bereiche der großen Malerei schöp- send, an Holzschnitten und Stichen hinterliehen, das ist für die meisten nur noch in den Kupferstich kabinetten zugänglich, oder es erscheint höchstens hier und da zu unerschwinglichen Preisen auf dem Markte. Die Reichsdrucke geben die Möglichkeit, eine Anzahl solcher auserlesenen Schätze ohne erheb lichen Aufwand sein eigen zu nennen. Sind doch viele dieser Blätter schon für den Preis von 0,60 bis 2 Mark zu erwerben. Weit höhere Ansprüche stellen an die Kunst der Wiedergabe die Farbenholzschnitte und Farben st ich«, wie -. B. die entzückenden Er zeugnisse des englischen und französischen Farben stichs des 18. Jahrhunderts. Die graziösen Damen, die kleinen pikanten Gesellschastsszenen, erscheinen auf diesen Blättern in duftigen Kolorits von unver gänglicher Frische, die ganze Heiterkeit einer Welt höchster Genüsse atmend. Solch ein Bildchen von Reynolds, gestochen durch Dartolozzi, oder ein Farbenstich Iantnet- kann über den einfachsten Wohnraum Vornehmheit und Freudigkeit aus breiten, und der von ihm ausgehende Helle Licht strahl bleibt in der Seele für alle Zett lebendig. Tiefer freilich wird fie bewegt, aus die Höbe großer Menschlichkeit emporgetragen durch die Selbstzeugnisse der Maler, di« mit Feder und Pinsel ihre Visionen auf das Papier gebannt haben. Un mittelbarer, stärker als da- ausgeführte Werk kann uns dieses Persönliche au- der Skizze ansprechen, au-gedrückt im leicht andeutenden Strich, in flüchtig htngesehten Farbentönen. Erst unserer Zett, und auch da nur an wenigen Stellen, ist es gelungen, dieses Eigenste des Künstlertum- ohne Einbuße durch die verfeinerten Verfahren der photographischen Verviel fältigung festznhalten. Da- Vermögen der Photo- «aphie allein reicht dafür nicht au-. Mit tiefem Eindringen in di« Eigenart de- Künstlers muß seine Strichart der Platte durch die nachhelfende Hand entlockt »»erden. Zehn und mehr verschiedene Drucke find ert-vherltch, um den Farbenakkord vollständig p» lassen. Fast gefährlich mutet I dieses Tun an, da auch der Kenner vielfach diese Faksimile-Reproduktionen kaum von dem Original zu unterscheiden vermag, und mit gutem Grunde trägt jede von ihnen aus der Rückseite den Stempel ihrer Herkunft. Ein großes Blumenstück von Huysum oder eine Gouache Rem brandts, eine Handzeichnung Watteaus oder Goethes zu besitzen, wer könnte solchem kühnen Wunsch Raum geben? Die Reichsdrucke lassen ihm zwar nicht die selbstische Freude des Alleinbesihes kosten, wohl aber gewähren sie ihm ungemindert alle die ästhetischen Genüsse, die solche Kunstwerk« dem Eigentümer spenden. Der gewissenhafte Mann geht mit Superlativen so vorsichtig um wie mit Dynamitkapseln. Vollend- auf dem Gebiete der Kunst, wo ebensoviel« verschie dene Urteile wie Köpfe möglich sind, erscheint jede- superlativische Lob gefährlich. Aber von den Reichs drucken darf ruhig gesagt werden, daß fie in ihrer Art ein Höchstes darstellen. Dem gebildeten, kunst- freudigen deutschen Hause wird mit jedem dieser Blätter eine Gabe zuteil, der an unvergänglichem Wert und an veredelender Wirkung schwerlich etwa- andere- zur Seite gesetzt werden dürste. Universität Jena ««d Thüringische» Ministerium. Au» Jena meldet unser Korrespondent: Die diktato- rischen Maßnahmen des Ministers Greil in Jenenser Untversitätsangelegenheiten gipfelten in der von ihm gegen den Willen der philosophischen Fakultät verfügten Errichtung einer erziehung». wissenschaftlichen Abteilung innerhalb der philosophischen Fakultät. Das Ministerium hat nicht nur in diese Abteilung Personen berufen, di« dem akademischen Lehrkörper nicht angehören, son dern es hat ihr auch das Recht verliehen, Habilita- tionen vorzunehmen und die Promotion zum Dr. phil. zu erteilen. Der Senat der Universität Jena hat jetzt in sehr scharfer Form beschlossen, dieser Erziehungswissenschaftlichen Abteilung seine Anerkennung zu versagen. Sener»ll««t»a»t »»h K«»sthist»rtk«r 67 jährig starb in Dessau Generalleutnant Dr. Heino von Basedow, ein Nachkomme de« berühmten Schulmann» und Begründer« de» Philantropin» Johann Bernhard Basedow. Generalleutnant von Basedow hat zahlreiche militärische und strategische Arbeiten veröffentlicht. Nach Beendigung des Krieges, als es mit der Mil törlaufbahn vorbei war, begann er, sich dem Studium der Kunst geschichte zu widmen. Vergangenen Sommer er- warb er sich an der Universität Halle als 66jähriger den Doktorhut mit der Arbeit „Schloß- nnd Etadtkirche St. Marien in Dessau". Olaf Gulbraasson, der Simplizissimuszcichner, hat sein Lehramt an der Münchener Kunst» gewerbeschule aufgegeben. Schwind «nd die Sintflut. Moritz v. Schwind, der als Gegner der zu seiner Zeit modernen Histo rienmalerei di« „gemalten Unglücksfälle" überhaupt nicht leiden könnt«, wurde einst von eini-m Kollegen, der die Sintflut in einem großen Bilde dargestellt hatte, um sein Urteil befragt. Nachdenk lich stand er vor der Landschaft und sagte schließlich nur: „Das freut mich — das freut nnch aber wirklich . . ." „Das Bild gefällt Ihnen?" meint? der andere geschmeichelt. Doch Schwind fuhr ruhi-, fort: „Das olles freut mich aber wirklich, daß das Luderzeug alles versaufen muß!" De» „Kleinen Theater»" Neibnachtsspiel. Selten war in der Musenstätte der Elsterstraße das Audi torium sich in seiner Zufriedenheit mit den Vorgängen auf den weltbedeutenden Brettern so einig wie an- läßlich der Erstaufführung von Bürckners „Rot- käppchen". Die Kleinen und Allerkleinsten be völkerten die dichtgefüllten Sitzreihen und zwar saßen, was sonst nicht üblich ist, die Zuschauer sich bisweilen gegenseitig auf dem Schoß. Und alle, alle nahmen den lebhaftesten Anteil an den Vorgängen im finstern Walde und in Großmutter» Stube, in der der böse Wolf triumphie.-t, um dann seine b«' kannte gerechte Strafe zu erl id n. Bürckner hat in di« alte Rotkäppchen Handlung mit unleugbarem Ge- schick Kindermelodien und -Tanzweisen verflochten.— Für di« vollendete natu.allstische Darstellung der Mitwirkenden, in erster L'nie Cläre Christens, Keßler», Vogel» und Le mit», z«igt, daß die Kinder nicht nur lachten, wenn oben der Frohsinn da» Zepter schwang, sonärrn auch ängstlich weinten, wenn e» in dem Hin und Her zwischen dem l'ittrr- bösen, listenreichen Wolf» und seinen armen Opfern gefährlich zu werden drohte. Nenbiirger hak mit bescheidenen Mitteln für ansprechende Bubnenbilder Sorge getrogen, ja sogar ein Oorp» de ballet mit Jolanthe Lenz an der Spitze bemüht. R—1.
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