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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231218
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-18
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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vtzea»t»g, 6«r 18. v«»«ad« Spaziergang »mch --- Wei'hnachiszeii Käufertype« — Kreuz und quer durchs Warenhaus — Große Rosine« Pulswärmer für die Beine — Vas Weihnachtsbudget Ls gibt verschiedene Methoden, seine Weihnacht»- cin.äufe zu besorgen. Unentschlossen« Käufer (zum Beispiel ich) lasten alles bis auf die letzte Minute und stürzen sich dann unter dem Druck der Stunde in die Geschäfte. Wenn die Ladenfräuleins, die es nm Christabend doch auch eilig haben, bereits dir Lichter abdrehcn, dann ist (für mich und meines gleichen) just die rechte Zeit zum Einkäufen ge- tommen. Nun muß man sich entschließen, wählen, zugreifen. Da» abgekürzt« Verfahren, da» man selbst kerbeigeführt hat, weckt nicht nur di« Entschlußkraft, sondern auch die Erfindungsgabe. Man kauft in dieser Situation nicht nur rasch, sondern meistens auch richtig. Leute, di« nie recht misten, womit sie ffrau und Kinder überraschen sollen, und di« über haupt im Einkäufen ungeschickt sind, wählen am besten die letzt« Viertelstunde vor dem Christfest für ihre Besorgungen. Trösten wir uns, wir haben eine ganze Menge Leidensgefährten, wir letzten Käufer, die wir mit den Paketen durch den verebbenden Großstadtabend eilen, wenn schon die ersten Lichter in den ffenstern aufzucken. Nieinc Mutter beispielsweise hat cs ganz anders gemacht-, sie gehört zu dem entgegengesetzten Käufertypus zum sorgfältig wählenden, behutsam vorbereitenden. Sic kaufte geradezu nach einem strategisch ausgearbeiteten Plan: im September die ausziehbare Eisenbahn und die Puppen, im Oktober Mandeln und Rosinen für die Stollen, im November Nüsse und die kleinen rotbackigen Aepfel, die sich un- endlich lange halten, und Anfang Dezember kam der Schluß mit Bilderbüchern, Schokolade, Strümpfen, Matrosenmütze und Taschentüchern. Dies« Methode hatte nur den Nachteil, daß das Eßbare bis Weih nachten immer weniger wurde, und auch das Ge heimnis der Eisenbahn und des Baukastens wurde aufgcdeckt, wiewohl es tief im Reisekorb verwahrt war. Und was macht man sich schon aus Taschen tüchern, Matrosenmütze und Strümpfen, die schließlich als Ueberraschung übrigblieben? Man sieht, auch die vorsorglichst« Methode des Weihnnchts«tnkaufe» hat ihre Mucken. Wie in Watte eingepackt liegt da» Warenhaus im Nebel. Liftboy drückt den Messinghebel-, Menschen fracht hinauf, hinab, sinkt und fällt und kreist im Takt, weihnnchtsstlia vollbcpackt. Ilm den Riesen- Lichterbaum krabbeln staunend Kind und Kegel, Glanz und Wärme wie ein Traum. Puppenstuben, Schiff mit Segel, Schaukelpferd, doch Tschako, Säbvl führt man und verlangt man kaum. Ein« Frau er, steht Rosinen, zaghaft nur, ein ganzes Achtel-, Leure, die sehr gut verdienen, tragen mehr als eine Schachtel. — , Brennende Zigarren und Hunde sind denn Portier am Haupteingang abzugeben. Wenn man zurück» kommt, sind die Hunde mitunter vertauscht und di« Zigarren bestimmt nicht mehr da. Kinder sind an der Leine zu führen. Sie reißen sich aber los, um die Schaukelpferd« am Schwanz zu ziehen und die Puppen am Bauch zu drücken, damit sie piepen. Die Verkäuferinnen verbieten sich das höflich-, nämlich Jugendliche! die Ihr heute vielfach ein mehr als auskömmliches Einkommen habt, helft die erwerbslosen Greife und Greisinnen vor dem ärgsten Hunger und Kälte zu schützen durch Spenden an die Leipziger Winterhilfe (Ortsgruppe des Süchs Volksopfers) ryeschäftSstelle Stadthaus, Eingang Rat auSring, Untergeschoß Zimmer 623, Fernruf Neues Rat haus 359. Bankkonto: Stadtbank Leipzig 4298, Postscheckkonto 6340 Zahlstelle auch bei allen Leipziger Banken! das Berühren der Puppen. Dies« selbst ttegen in kunterbunten Bergen durcheinander, zum Aussuchen, und schneiden Gesichter, die irgendwelchen Persönlich keiten komisch ähnlich sehen. Ein wundervoller V-Zug-Wagen, mit dem ich selbst noch spielen möchte, massiv in Stahl gearbeitet, garantiert drei Tage lang unzerstörbar, mit Beleuchtung und W.-C., kostet nur 4V Ich will » mir mal überlegen. Durch die Kofferabteilung wandle ich langsam und mit Genuß. Es riecht hier wundervoll nach Reise, Juchten, Ferne, Abenteuer, Hotel», Bahn hof. Schon seh« ich meinen Rohrplattenkoffer, beklebt mit den Zetteln der Zollabfertigung und der Gast höfe von Mailand, Rom, Neapel. Klein« Hand- Necessaires für Damen, darin alles für di« Reise Unentbehrliche enthalten ist: also silberne Eierbecher, dito Puderdöschen, Dessertmesserchen, Spieglein, Spieglein an der Wand, kosten auch nur einige hun dert Mark. Gestern tief noch im Billionenelend, heute schon ein Auge auf da» Ueberflüsstge werfend. So ist der Mensch. Erst bei den entzückenden Ueber- flüssigkeiten beginnt das wahre Vergnügen de« Ein- kauf». * Wenn man nicht recht weiß, was seinem Mädchen schenken, und wenn es billig und dabei dennoch schick fein soll, dann sckienke man ihm einen Puls, wärmer für den schlanken Knöchel. Ich weiß nicht, wie ich diesen neuen, bei den jungen Mädchen überaus beliebten Artikel anders bezeichnen kann. Ls sind eine Art Wollstutzen in allen Farben, di« man über den Strumpf zieht. Niemand kennt so recht den Zweck dieser um die Fessel gelegten Wollringe, und das eben ist das Schick«. Vor Jahren schon sah ich in Schliersee, unfern der Hayri- fchen Hauptstadt Miesbach, solche Wollstutzen auf dem nackten Fuße der Eingeborenen. Aber zum Scidcnstrumpf und Lackhalbschuh sieht cs noch viel aparter ans. Mitunter kommt auch etwas Gutes aus Oberbayern. * Wer in der Lebensmittelabteilung den Ansturm auf die Sultanien gesellen hat, muß überzeugt sein, daß wir saniert sind — wenigstens bi» auf weiteres. Es sind nicht etwa nur die so- genannten Gutsituierten, die sich stundenlang an- stellen, als wären Sultaninen Gaseinheiten, sondern auch einfachste Leute stoßen und drängen sich um die großen Rosinen, die die Stolle so lecker saftig machen. Schiffahrt tut not, aber Stolle muß sein. Stolle ohne Sultaninen ist eitel Stückwerk. Erft wenn man am ersten Feiertag nach guter Landessitte die schwere Stolle in den echten Kaffee titscht, fühlt man so recht von innen heraus, daß Weihnachten ist. Darum sind Sultaninen und Bohnenkaffee zurzeit das große Geschäft. Die Kaufleute waren vor kurzem noch gar nicht in der Lage, sich so in Rosinen ein- zudccken, um jetzt die Nachfrage befriedigen zu können. Noch vor wenigen Wochen wagte man gar nicht an Sultaninen zu denken. Heute aber, da sie nur 1,60 kosten, haben unsere stabilisierten Haus- fraucn mit einem Male Sultaninen, um höflicher weise nicht »große Rosinen* zu sagen, im Kopfe. Die sieht die Weihnachtsrechnung aus? Im Querfchnitt etwa so: Preise 50—75 Prozent über ffriedensstand, Einkünfte 50—75 Prozent unter Friedensstand: das ergibt lOOprozentige Weihnachten — nach unten. Immerhin, mit70^it gibt es schon eine anspruchs- lose ffamilienbescherung, für 150 -A kann man be scheiden bürgerliche Weihnachten feiern, und wer feinen Weihnachtsetat mit 300 belasten darf, der kann beinah« fricdensmäßiq bescheren. Die drei sta- bilen Wochen, die dem Feste voranqingen, waren die schönste Ueberraschung und bilden die Grundlage des Weihnachtseinkaufes. Unsere edelvalutarische Mark rollt in den Geschäften, und das ist gut so. Man weiß ja doch nicht recht, was morgen sein wird, und freut sich des Geldes, solange es noch etwas wert ist. Wir, Menschen dieser Zeit, sind Kinder des Augenblicks. Weihnachten sind uns sicher. Was dann kommt, weiß man nicht. Auf lange Sicht hin aus kann »un heut« nicht vorsorgen, höchster» Stollen backen: die Hausfrauen legen sich deshalb mächtig« Vorräte hin, bi» an 15 Stück, die bi» in das Frühjahr hinein schmecken sollen. Denn echte, mit Butter und Sultaninen gebacken« Stolle ist mehr als wertbeständig: sie wird um so besser, je länger sie liegt. Nicht von allen Werten kann man da» gleiche mit Sicherheit behaupten. Leipziger Teuerungszahl Der innere Wert der Mark ist am 17. 12., gemfsen an der Teuerungsgahl de» Statistischen Amts Leipzig (SV 625 000 000 000.—), gestiegen seit 14. 12. 4 Prozent, 12. 12. 7 Prozent, 10. 12. S Prozent, 7. 12. 12 Prozent, 5. 12. 19 Prozent, 3. 12. 26 Pro zent, 30. 11 27 Prozent, 28. 11. 27 Prozent, 26. 11. 27 Prozent. Markthalleuwanderuup. Der Montag brachte der Leipziger städtischen Markthalle frische Waren zufuhr. Die Preis« hatten bei verschiedenen Warengattungen eine kleine Ermäßigung erfahren. Butter wurde mit 3Z Goldmark notiert. Amerikanische» Schweinefett stellte sich aufl^t. Schmelzmargarine sollte 1L Gold mark kosten. Speck wurde mit 1H «K für Räucher ware, mit 1Z Goldmark für Salzware angeboten. Eier stellten sich auf 30 Pf. das Stück. Die Fleisch stände hielten geschlossen. Wurst- waren wurden zum Einheitspreis« von 2,4 gegen 2,6 Goldmark abgegeben. Gefrierfleisch war ebenfalls im Preise zurückgegangen. Rindfleisch wurde mit 56, 60, 64 und 80 Pf. notiert. Gehackte» sollte 80 Pf., Hammelfleisch 1 -A und Schweinefleisch ebensoviel kosten. Wild und Geflügel wurden zu den bisher notierten Preisen angeboten. See- und Flußfische lagen in ausreichenden Mengen zum Verkauf aus. Di« Preise waren unverändert. Kartoffeln hielten sich ebenfalls auf den be- kannten Preisen. Auch die verschiedenen Gemüse sorten wurden zu den Sonnabendpreisen notiert. Ha«öelskammer«vtgew Wie uns die Handelskammer mitteilt, sind ihr« größeren Scheine, d. h. die Ein- und Zwei-Mark- Schein«, vergriffen. Mit Rücksicht auf die nunmehr hinreichende Versorgung der Wirtschaft mit Renten mark ist eine weiter« Herausgabe nicht be- absichtiat, obwohl der Kammer vom Reichs finanzministerium eine Kontingentserhöhung zuae- standen worden ist. Dagegen stehen Zehn-, Zwanzig- und Fünfzigpsennigscheine noch in großer Menge zur Verfügung. Bei größerem Bedarf sind vorherige Anmeldungen erwünscht. Was die Deckung des Handelskammernotgeld«» be trifft, so besteht diese nach Vorschrift des Reichs- finanzministcriums ausschließlich aus Gold anleihe. Auch di« zahlreich «ingelieferten Devisen wurden in Goldanleihe konvertiert. Arbeitszeit -er Beamten Vom Deutschen Beamtenbund wird un« ge- schrieben: Nach einer in der Tagespress« verbreiteten Mitteilung der Expreß-Korrespondenz sollen die Be- amtenorganisationen ein« Begrenzung der Geltung»- dauer der Verordnung über die Arbeitszeit der Be amten auf drei Iah« gewünscht und die Einführung einer Mindestarbeitszeit verlangt haben. Demgegenüber muß festgestellt werden, daß die Orga- n'staionen die Befristung auf drei Ihare als eme viel zu lange Zeit einmütig abgelehnt haben. Weiter ist von allen Organisationen nicht die »Einführung einer Mindestarbeitszeit* gefordert, sondern im Gegenteil die Festlegung einer Höchstarbeits- zeit, über die die Regierung nicht hinausgehcn darf, verlangt worden. Leipziger MittelstaudhUfe G. m. b. H. Auf die Pcrkcmftstellc Parkplatz 3/4, nahe dem Hauptbahnboi, sei besonders hingewiesen. Außer Werktag» tzlO bis 1 Uhr auch am letzten Sonntag vor Weihnachten vor 11 bi» 4 Uhr geöffnet. Gelegenheit Haus-, Ausstattungs- und Klln st gegen st and« aller Art, also auch schönste Weihnacht»- geschenkt von bester Friedensqualität, preiswert zu erwerben. Oer Kampf um die höhere Schule Di« Elternausschüsse und die Schutzgemeinschaft der höheren Schulen veranstaltete« im Zentraltheater eine öffentliche Versammlung, in der Dr. Th. Litt, Professor an der Universität Leipzig, über: »Grundsätzliche- zur Reform der höheren Schule" sprach. Der Letter deS Abends, Reichsanwalt Feisenberger, begrüßte die Er schienenen, unter denen auch der Rektor der Uni versität, Prof. Steindorff, und zahlreiche Dozenten sich eingefunden hatten. Pointiert und mit glänzender Dialektik sprach dann Dr. Litt. Seine Ausführungen richteten sich vornehmlich gegen den von Oberregierungsrat Dr. Wünsch ausgearbeite- ten Organisationsplan des sächsischen Kultus ministeriums über den Ayfbau der Einheits schule. Was darf man von einer Bildung»« organisation überhaupt voraussehen? Organisation wird um so schwieriger, je subtiler das betreffend« Gebiet ist. Ideale Formen der Dildunasorganisation gibt es gemäß dem Wesen echter Biwung und den Schranken alles Organisatorischen nicht. Innere Reformen wird man nur gutheißen können, aber ein radikaler Umbau muß verhängnisvoll wir ken.—Jede Organisation mechanisiert bis zu einem gewissen Grade. Bildung dagegen ist Individuali sierung, Mannigfaltigkeit des persönlichen Lebens. Ein weiterer Mangel aller Dildungsorganisatio- nen: es gib* k?ine Möglichkeit, alle in einem Kinde liegenden L' m zu entfalten. Unsere differenzierte Kultur schließ eine Entfaltung aller Fähigkeiten aus. Die Frage kann tatsächlich nur lauten: tpelche von alle« Fähigkeiten ißt z« pflegen? Sonderkurse sür die besondere Schulung Be» aabter, wie sie Dr. Wünsche in seiner Einheits schule vorsieht, lehnt der Vortragende ab. Denn dann fehle die innere Einheit des Bildungsganges. Nur von einem Zentrum aus geordnet, kann eine innere, ideelle Einheit des Bildungsstoffes geschaffen werden. Die Behauptung, die Kernfächer der höheren Schule, insbesondere die fremden Sprachen, seien nicht kindcrtümliche Stosse und würden zu früh an den Zögling herangetragen, bezeichnete Dr. Litt nach feinen Erfahrungen als konstruiert. Keines wegs wird man die fremden Sprachen als einzigen Bildungswert hinstellen können. Aber sicher bilden sie für gewisse geistige Funktionen ein außerordent liches Zuchtmittel. Zu alledem kommt nun noch ein Komplex von sozialen Erwägungen. Der Sah, daß der ausge dehnte Lehrgang einer neunklassigen Schule Privileg bestimmter Staude bleiben müsse, hat zumindest jetzt keine Geltung mehr. Denn heute gehören die Eltern dieser Schüler nicht mehr zu den materiell wrllmulele lm ürkÄail Palast betitelt sieb vunmebr «iio trtikers vis Direktion <1 OH VO 9 E 1, vslcb« äio Deituvg cios Varietss sonokl als ouek «sie XIeinkunstbükno im lirvstall-Dolast übernommen Kat. vrölknvt oacbciom <liv lÄnmo einer Lrnouerunu unrer- 2086V ivoräon sinä. am visnstas. üan 25. Dvrember, mit sivsm ruiserlssonsn Lroaramm. tiesangsvortröuv. TLN2voriükrun8Lll usn'. wechseln mit musikaiisekon varbistunasn uvri bikten Ve^äbr kür einen unter- baltunLsrvieben -zbenä. voscmäers sei «inrnnk kin- avviesen, äak unter cier Voituns voll Direktor Vogel in llsll iiünstlsrspiolen Kain Wslnrvtsng msbr besteht. NgctimiNsgs iSZUek 4-Ukr-l'ss bei gpokem fi-ogl'smm. LintrM frei. Kulturgeschichte -er Küche Von vr, Valarlan Tornlu» (Leipzig) Der bekannt« Bcrtz>ss«r der .Salont" unL der .Kavalier«'' lüht im Verloz« von Otta Onitzow I« '.'«deck w!»l>«r «in mit alten Kupfern aad- StpaUete« Bündchen .Di« g»t« alte Zett' «r- Ichelne», Etretfjü-c durch L« gesellschaftlich« Kultur der Vergangenheit, d«n«n wir faigeird« Probe «nt- »ahmen. Wie schon die Köche im alten Rom vor keiner Grau- sanckeit zurückschreckten, um, nach ihrer Meinung, die Speisen dadurch schmackhafter zu gestalten, d. h. Wach teln blendeten, damit man sie besser mästen konnte, oder jungen Täubchen die Füße brachen, damit sie im Nest blieben, so kam es rm Jahrhundert Luthers vor, daß man Gans« bei lebendigem Leib« briet oder lebend« Krebs« Echwefeldämpfen aussetzte, bis sie rot wurden, worauf man sie zusammen mit gekochten servierte. Daß man selbst vor den Sing vögeln nicht halt machte und sie tötete und briet, war etwas durchaus Alltäglickes. Abgesehen von solchen Gefühlsroheiten und Geschmacklosigkeiten, muß mau der deutschen Küche des 16. Jahrhunderts doch eiue gewisse Selbständigkeit und eigene Geschmacksrichtung nachrühmcn. Der französisch« Rerftnd« Mon taigne ist auch nicht wenig darüber verwundert. Er findet besonders die Fleischspeisen vortrefflich und bedauert, daß er keinen Kock, mitgenommen habe, damit er sie studiere. Ja, er gibt sogar der deutschsn Küche den Vorzug vor der italienischen. „Das Fleisch*, vertraut er in Florenz seinem Tagebuch an, .bekonnnt man nicht halb so reichlich wie in Deutschland vor gesetzt, und cs ist auch nicht so gut zubereitet. E» wird zwar auch in Deutschland nicht gespickt, ist dort aber weit besser gewürzt: ebenso gibt e» dort größere Abwechslung in Saucen und Suppen.* Leider Kat die deutsche Küche nicht lang« ihre Eigenart bewahrt. Der dreißigjährige Krieg übte seine vernichtende Wirkung auch auf diesem Gebiet au«. Nie die gesamte Kultur, so geriet die Kochkunst gleichfalls unter französischen Einfluß. Nun hatte sedoch die französisch« Küche im Zeitalter Ludwig« de» Dreizehnten und Ludwig« de» Vierzehnten keine», wcg» jene feinen fesselnden Reize, di« man ihr heute zubilligt. Man zog die Mass« der aufgetragenen Speisen der Güte einzelner Gericht« vor. Der Sonnenkönig selbst entwickelt« «4nm, goftmden Appetit und verzehrte bei einer Mahlzeit vier Teller Suppe, «inen ganzen Fasan, ein Rebhuhn, einen großen Teller Irish Stew, zwei gut« Stück Schinken, einen Teller Paionn« und dazu noch Obst und Konfitüren. Liest man die Menükarten deutscher Fürstenhöfe aus jener Zeit, so staunt man nicht wenig über die Reich- haltigkeit der Tafel und begreift schwer, wie das alles in einem Magen untergebracht werden konnte. So gab es bei einem Diner am Hannoverschen Hofe als ersten Gang: zwei Weinsuppen, Rehrücken, gebratene Vögel, Karpfen, Pasteten, gefüllte Lammbrust, Braun kohl Wilüschwcinschinken, Kalbsbraten, Welschhuyn, junge Hühner, Rindfleisch, Karauschen: al» zweiten Gang: Lammbraten, Feigentorte, Spritzkuchen, Hecht, Hirschwilübret, Artischocken. Rindfleisch mit Klößen, Kalbfleisch, Sauerbraten, Krebse, Spanferkel, Kalbs kaldaunen, Ochsenklauen und dann zum Schluß noch da» Dessert. Und auch in Bürgerhäusern amen Schmausereien vor, die aus sechs Gängen bestanden, von denen jeder neun verschieden« Speisen enthielt. Das sogenannte Herings Huhn, d. k. ein halb gar gekochtes Huhn, das mit Heringsstrcifen ge- spickt und mit einem Gemisch aus Hühnerbrühe und Heringsmilch, dazu noch viel gewürzt, iibergo' i rst, durfte bei keiner großen Mahlzeit fehlen; denn es reizt« den Durst, und da» Trinken gehört« nun ein- mal zu den notwendigsten Ingredienzien eine» froh- licken Schmause». Di« Unmäßigkeit im Essen h»clt auch noch rm achtzehnten Jahrhundert an. Da» Min deste, was ein Grandseigneur ftinen Gästen bieten mußte, waren drei Gänge: 1. ein nahrhaftes Gericht von Fleisch oder Fisch mit Gemüsen, vier kleiner« Schüsseln und zwei kor« ä oeuvres; 2. «inen großen Praten. zwei Entremrt»; 3. Frückte und Kompott. Aber jetzt begann man schon sehr, wenigsten» in Frankreich, auf di« Qualität des Hergestellten zu achten. E» ist bekannt, daß hoh« Aristokraten, der König voran, sich sehr eifrig mit den Geheimnissen der Kochkunst beschäftigten. Ludwig der Fünfzehnte nahm da» Kochen wichtiger al» dm Staatsgeschäfte und hatte für Saucen und Ragout» eine besonder« Begabung. Aber ander« standen ihm nicht nach. Manche heut« prunkvoll aus der Speisekarte prangende Speise verdankt ihre Entstehung dem erfinderischen Scharfsinn de» Rokokokavalier». So erfand der de- rüchtigte Herzensbrecher de» galanten Zeitalter», der Herzog von Richeli«» die Majonaise, der Prinz Sala» das Salmi von Bekassinnen, der Herr von Bechamel die berühmte Sauce, von der er selbst begeistert war, daß er erklärt«, er könnt« seinen eigenen Vater essen, wenn man ihn mit dieser Sauce zu bereitete. Die Kochkunst erlebte Triumphe. Ihre Ausdrucksmöglichkeiten überschritten alles vlsyer Da- gewesene. Es gab Gerichte, die mit einem solchen Raffinement zubereitet waren, daß man nicht ahnte, was man aß. Durch allerlei Dewürzzutaten brachte man es so weit, Fleischspeisen in Fischspeisen zu ver wandeln. Die berühmtesten Kochkünstler der Zeit, ein Marin, Mouthier, Meffelter, wetteiferten im Er sinnen neuer Rezepte und waren der Stolz ihrer Ge bieter. Sie selbst wiederum genossen mit Würde ihren Ruhm. Es hat niemals so viele Feinschmecker wie im acht zehnten Jahrhundert gegeben. Viele Gastgeber legten ein besonderes Gewicht auf di« Güte ihrer Mahl zeiten. So waren di« Souper» des Präsidenten Henault berühmt, die Dejeuner» de« Abbs Moreller und der Gräfin d Asiny». di« Diner» des Herzogs von Lhoiseul. Zu diesen drängten sich selbstverständ lich alle Gourmet«. Daß sich gelegentlich irgendeiner durch allzu reichlichen Genuß erne Magen.ndwposition oder gar einen kleinen Schlaganfall -uzog, war kein« Seltenhaut. Aber der wahr, Feinschmecker geriet nicht in solch« fatal« Situationen, well er durch ge- eignete Vorbeugmittel die nötig« Vorsorge zu treffen verstand. Die großen Gourmet» jener Zett wußten nicht nur alle delikaten Speisen zu würdigen, sondern sie besaßen auch di« Geschicklichkeit, sie elegant und amüsant zu schildern. An d«r Svitze dieser schrift stellernden Eßkünstler marschiert« der Generalsteuer pächter Grimod d« la ReyniSr«, den man den Cor neille der französischen Gastronomie nannte, der kn seinem .Almanach de» Gourmand»*, dem er noch sieben ander« folgen ließ, ein viel gel«s«ne» Dade- mecum für jed«n Feinschmecker schuf und der, würdig seine» Talente», an dem übermäßigen Genuß von Gänseleberpostet« starb. Um dieselbe Zeit schrieb Scrchoux sein mit tadello» witzigen Pointen ge würzte» Gedicht über di« Küche. Ali der «leaantest« Tvpu» der Dastrosophie, dessen geistreich« Tisch- und Kuchenbemerkungen noch heut« in der guten Pariser Gesellschaft kursieren, galt der Marqui» d« Lufsy, bei dessen meist nur in einem kleinen Kr«i» abaehaltenen Mahlzeiten nicht da» Seltenste, sonder» da« Veste, nicht di« bunteste Mannigfaltigkeit aller Zone» und I Länder, sondern das Zeitgemäße in vollkommenster Güte serviert wurde. Allein mehr gelesen als seine .Historische Gastromonie* wird Brillatt-Savarins .Physiologie des Geschmacks*, dieses reizvolle Büch lein eines wahrhaften Philosophen der Kochkunst, der selbst keine weltberühmten Diners veranstaltete, und den man bei Lebzeiten in der Gesellschaft der Madame Recamier in Paris kennen lernen konnte. Die französischen Kochkünstler beherrschen auch das neunzehnte Jahrhundert der europäischen Küche, so weit es sich um die vornehme Gesellschaft handelt. Aber mit dem Erwachen des Nationalbewußtseins der einzelnen Völker nach den napoleonischen Kriegen tritt, vornehmlich in bürgerlichen Kreisen, mmer mehr eine Emanzipation ein, welche dr« nationale Eigenart der Speisen scharf zu betonen sucht. Heute kann man von einer ausgesprochen deutschen, englischen, italienischen, russischen, skandinavischen Küche reden. Für un» Deutsche ist die während des Krieges entstanden, aus allerlei Ersatzmittel sich stützende Küche ein besonders lehrreiche» Kapitel, das in einer künftigen Geschichte der Kochkunst nicht fehlen darf und das dem Erfindungsgeist der deut schen Hausfrau, au» nichts etwa» zu schaffen, das rühmlichste Zeugnis «»»stellt. Siu Siizzeubuch der Kronprinzessin Die ehe malige deutsche Kronprinzessin har vor dem Kriege im Sommer 1V14 ein Skizzenbuch ge schrieben, da» der Berliner Dervag Georg Stücke unter dem Titel .Sommer an der See* in der nächsten Zeit veröffentlichen wird. — Die literarische Fruchtbarkeit de» Hause« Hohenzollern hat in den letzten Jahren «inen erstaunlichen Umfang ange nommen. Eka Museum der Homöopathie. Zur Erinnerung an den Schöpfer der homöopathischen Heilweise, Dr. Samuel Hahnemann, .st in Stuttgart von Dr. Richard Haehl ein Museum geschaffen, da» alle» irgend erreichbare, auf Hahnemann bezüg lich« Material vereinigt. Dr. Haehl hat auf Reisen im In- und Ausland« Porträt» von Hahnemann, sein« sämtlichen Merke, Briefe, ferner Plaketten, Statuetten, Handavotheken Hahnemann», sein« Uhr, Diplom«, eigenhändig« Repertorien und viele and«G Gegenstände aus seinem Besitz Mrsammengebracht.
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