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Von Pflastersteinen und anderen Köstlichkeiten So in diesen Tagen steht eine» Morgen» oben auf dem Nach.losen der größt« Topf, der in der Küche vor- Imnden ist, steht da öden und ist mit einem weißen Tuch -«gebunden. Die Großen, die ihn entdecken, sagten ver gnügt: »Ach Weihnachten ist in Sicht/ und die Klei nen schreien laut auf vor Freud« und beginnen vor dein Ofen einen indianischen Tanz. In dem zugebundenen Topf aber — da» wissen altt — ist eine zähe, klebrige, dunkelbraun« Masse, di« von der Mutter aus Sirup, Mehl und vielen geheimnisvollen Gewürzen zusammen- geknetet wurde, eine Masse, die mindestens vierzehn Tage lang auf dem warmen Kachelofen schlummern muß, bis daß aus ihr die herrlichsten Dinge geformt und gebacken werden. Dinge, ohne die das Weihnachts fest. nun einmal nicht zu denken ist. Und alle Welt wartet auf diesen Tag, an dem der große Teigtopf vom Ofen hrruntergekolt wird und in d>e Küche kommt. Das ist dann eine ganz andere Lache a'^ das gewöhnliche Kuchenbackenl Ls .. jedes Jahr wieder wundervoll. Schon di« merkwürdi gen Formen aus Dlechbändern, mit denen Herzen, Elefanten, Vögel, Monde und -^erne au» dem pluttgewalzten Teig gestanzt werden, sind entzückend. Aber das ist keine Kunst. Kunst ist, wenn der Vater höchstselbst oder ein begabter Onkel zum Küchentisch kommandiert wird, ein Witzes Messer m die Hand be kommt und nun einen Weihnachtsmann, einen Jäger aus Kurpfalz mitsamt seinem Pferd und Büchse, die böse Pauline aus dem Struwwelpeter und die Dios- kuren Max und Moritz in den braunen Teig ein zeichnet-, und Kunst ist es, wenn die Mutter die wunderbaren eingeritzten Bildwerke keil und ganz aufs Backblech bekommt-, und Kunst ist es, wenn sie ihnen Gewänder aus Schokoladenguß anzieht, Haare, Lchnüre und Knöpfe aus Zucker macht und die Augen aus Korinthen! Und welch schönes und Staunen erregendes Schau- spiel, wenn di« Wunderwerk«, noch einmal so dick als vorher und ein bißchen au« der Fasson geraten, aus dem heißen Ofen kommen. O Jeder hat sein« Lieblings-Weihnacht«- Näscherei. Was mich betrifft, ich geb« den kleinen, runden, zuckerübcrgoflenien Honigkuchen-Plätz chen den Vorzug, die Pflasterstein? heißen, „l-nons » non luaencka" hat der alte römische Honigkuchenbäcker von ihnen gesagt, das bedeutet auf deutsch: »Pflasterstein« heißen sie, weil sie m»d«r Pflaster noch Steine sind!"' Sie dürfen kein bißchen hart sein wie gewöhnliche Pflastersteine und gar kein« Buckeln und Kanten haben; weich müssen sic sein, und ihr Zuckerüberzug muß ganz leise an Rosenwasser gemahnen. Wenn man sie in den Muni steckt, muß das geradezu nach Weihnachten schmecken Ich glaube, von diesen Pflastersteinen schreibt si' die beliebte Redensart »auf Granit beißen" her. Aber auch die anderen Weihnachteherrlichkeitc sind nicht zu verachten. Sie sind mit Städten un Ländern eng verknüpft; und um die Weihnachtszr, glaubt man, daß gewisse Ortschaften nur aus den Grunde entstanden sind, um uns ihr« festliche: Spezialnäschereien zu bereiten. Da ist bei spielsweise Thorn, das dir ganze Weihnachtswcl «egen feiner »Katharinchen"" liebt, der flachen braunen, handgroßen Honigkuchen mit den vielen runden Zacken; da ist Basel mit seinen »Leckerli*, spitzgeformten, schokoladenüberzogenen Pfeffernüssen; da ist N ü r n b e r g mit seinen wunder- vollen Lebkuchen; ganz Westfalen, das jene wohlschmeckenden, altfränkisch geformten Männlein und Weiblein aus knuspriger Masse liefert, die den Namen »Spekulatius"' führen; Ostfries- land mit seinem überaus schönen Honigkuchen, oer dick mit Kandiszucker bestreut und mit großen gitronahscheiben gespickt ist. Und dann Königs berg und Lübeck! Man weiß wirklich nicht, welche Stadt man mehr um ihres Marzipans willen lieben soll! Gepriesen seien alle Länder und alle Städte, dl« uns die Weihnachtszeit wahrlich versüßen! Ge priesen sei das Land Italien für die Kostbarkeit seiner Pomeranzenschalen, für die Süße seines Zitronats! Gepriesen sei Smyrna für die großen Sultaninen, di« schönsten der Ro sinen, Griechenland für seine Korinthen, das tropische Amerika für seine Vanille, Afrika für die Nelken. Ostindien Mr die Muskatblüte, Ehina für den Zimt, Asien für den Ingwer, Kalifornien für seine edlen Fruchtkonserven I Und gepriesen seien alle Felder um Magde burg (wozu in die Ferne schweifen!) mit ihren Heerlagern von Zuckerrüben, die den Sirup, den Kandis, die festlichen Zuckerhütc und alle Zucker- sorten liefern! Und Preis sei auch jedem Dauern- gehöft für Mehl, Butter und Eier! In diesen Tagen hat sich anscheinend alle Welt vereint, um Naschwcrk und Leckereien in alle Häuser zu schaffen, und das eine End« der Welt hilft dem anderen Ende willig aus. Ksrl kILktkr Weltchronik Der deuijche Lausbub in Syrien. Der 18 Jahre eite Kurt H. aus Treptow war im Oktober seiner Mutter, mit der er sich schlecht vertrug, aus- gelniffen. Nachforschungen nach dem Vermißten hatten zunächst keinen Erfolg. Nun ist bei der Mutter ein mit dem Poststempel Konstantinopel ver- scheuer Brief des Ersten Maschinenoffiziers de» Dampfers »Gastein* eingetroffen, wonach sich der abenteuerlustige Bursche in Syrien befindet. Der Junge wurde nach der Abfahrt von Alessandria auf der Reise nach Palästina zwischen andern Passa gieren ohne Paß und Geldmittel ent- deckt. In Palästina, das von Engländern besetzt ist, herrschte straffe Paßkontrolle, so daß es dem Ausreißer nicht gelang, an Land zu kommen. Er mußte also auf dem Schiff bleiben. So ging die Fahrt nach dem von den Franzosen besetzten Bei- rut, wo die Ausschiffung ohne Paß ebenfalls un möglich war. H. versuchte daher zur Nachtzeit schwimmend das Land zu erreichen, was ihm auch glückte. Er ging dann durch die Straßen Beiruts, wo er von einer französischen Pa trouille aufqegriffen und auf den Dampfer „Gastein* zurückgebracht wurde. Beim Trocknen der Kleider wurden von dem Maschinenoffizier in den Taschen des Jungen Papiere mit der Treptower Adresse gefunden. Am 27. Oktober wurde Tripolis in Syrien erreicht. Hier täuschte er einen Araber mit einem Lichtbildausweis und kam ans Land, wo er schließlich auch in einem 120 Kilometer von der Küste entfernt liegenden Ort Arbeit bekam. Der Schiffsoffizier schreibt, daß der Junge erstaun liches Glück gehabt habe. Er warnt jedoch alle Abenteuerlustigen vor Nachahmung dieses Streiches. K. H. war mit nur vier Milliarden Pap irr mark ab gerückt. In Triest hatte er als Gepäckträger das Schiss betreten und sich in den Laderäumen versteckt. Briefmarken, die sich selbst ausfressen. Eine der ältesten und beliebtesten Marken, die nur um wenige Monate jünger ist als die zweitälteste Marke über haupt, ist das sog. „brasilianische Ochsen auge*. Diese klassische Marke, die am 1. Juli 1843 zum erstenmal einen Bries schmückte, scheint im Aus st erben begriffen zu sein. Eie ist zum Ent setzen schon so manchen Sammlers direkt in sich z u- sammengefallen. Zermürbt und zerbröckelt. Diele Hunderte von Stücken dieser Marke bekamen plötzlich diese «Krankheit*, und mancher Sammler stand vor einem Rätsel, als er statt des schönen, wohlgehüteten Exemplars eines Tages ein Häuf chen Papierstaub in seinem Album fand. Der Grund dieser vielbeklagten Erscheinung sind ge^ fräßige Infusorien, die sich in dem Papier festgesetzt haben. Die brasilianischen Marken waren auf sog. Rcis-Dastpapier gedruckt. Dieses an und für sich für den Markendruck sehr geeignete Papier hat aber eine unangenehme Eigenschaft: bei feuchter und dunkler Lagerung entwickeln sich an diesem Pa pier bald Infusorien, die im Laufe der Jahrzehnte das Papier auffressen. So bröckelt Schicht um Schicht von der Marke ab, si« wird immer dünner, bis sie eines Tages direkt in sich zusammen bricht. Die wenigsten Markensammler kennen diese Gefahr für ihre Marke, mrd noch weniger wissen sic, daß man ihr leicht entgegenwirken kann. Die In- fusorien lassen sich mit Formalin-(Formaldehyt-) Dämpfe schnell abtöten. Wegen eine- Stückes Blei. In Berlin er eignete sich eine entsetzliche Familientragödie. Der Lokomotivführer Johannes Heusler aus Pankow tötete aus Scham über seine vom Disziplinär gerichtshof ausgesprochene Dienstentlas sung Frau, Tochter und Sohn sowie sich selbst. Heusler, der im vorigen Jahre von einem Beamten der llebcrwachunasabteilung der Cisenbahnwerk- stätten dabei beoSachtet wurde, wie er ein Stück Blei, das er zu Bleisoldaten für sein Enkelkind verwenden wollte, mit nach Hause nahm, ist zuerst vom Dienst dispensiert, bald aber wieder eingestellt worden. Das gegen ihn eingeleitete Verfahren beim Disziplinargericht in Potsdam ging aber weiter und endete mit dem Cntlassungsurteil. Seit der vor acht Tagen erfolgten Verkündigung des Gerichtsspruches war Heusler zusammen- gebrochen und hat verschiedentlich geäußert, daß er diesen Schicksalsschlag nicht überleben werde. In der Nacht vom Sonntag aus Montag tötete er zu erst seinen Sohn und später Frau und Tochter durch Revolverschüsse und schnitt ihnen dann noch die Plcksadern aus. In mehreren Briefen an die Eisen bahnverwaltung, die Staatsanwaltschaft und das zu ständige Polizeirevier schilderte er die genauen Einzelheiten seiner Tat. Am Morgen begab er sich noch einmal nach den Eisenbahnwerkstätten, um sich von seinen Kameraden zu verabschieden. Irgend- welche Andeutungen über das begangene Verbrechen hat Heusler nicht gemacht. Nacb Hause zursi^gekehrt, erschoß er sich selbst vor dem Bette seiner Frau. Aus -em Gerichtsfaal Oer Separatistenprozeß vor -em Staatsgerichtshof Nach Beendigung des Verhör» wird der Sachver- ständig« Medizinalrat Dr. S cha ck w i tz - Hannover gutachtlich vernommen. Dieser kommt zu dem Schluss«, daß der Angeklagte trotz aller Bildung und Auf fassungsgabe Psychopath ist, was zur Zeit auf seiner homosexuellen Veranlagung beruhen möge. Er faßte sein Gutachten dahin zusammen, daß der Schutz des 8 stl zwar ausgeschlossen ist, daß aber verminderte Zurechnungsfähigkeit vorliegt. Er hält den Grafen wohl für einen fanatischen Antipreußen, nicht aber für einen Antideutschen. Es folgt das Verhör der 48jährigen, sehr schlecht deutschsprechenden, Wirtschafterin Zeugin Lina Go- theux, die aus Montreux in der Schweiz stammt. Sie beteuert, der Graf habe nie Geld von den Fran zosen bekommen. Sie hat ihn unterstützt, wenn er nichts zu essen hatte. Weiter erklärt die Zeugin, die z. T. auf Französisch verhört wird, der Graf hab« es immer für ein Unglück gehalten, wenn das Rhein land französisch werde. Der nächste Zeuge ist der Direktor der freien Bauernschaft in Regensburg, Clemens Wortberg. Er sagt aus, der Graf habe geäußert: »Lösen wir uns nicht von Berlin, können wir uns auch nicht von Paris lösen.* Er habe bestimmt nicht von Frank reich Geld bekommen. Rechtsanwalt Josef Bongart-Donn sagt aus, der Angeklagte habe für ein sehr umfassendes rhei nisches 'Frankenreich geschwärmt. Er hat den An- geklagten für einen harmlosen Phantasten gehalten. Seine Entmündigung sei die Ursache zu seinem Hatz gegen Preußen und die Hohenzollern gewesen. Er nennt den Grafen einen grundanständigen Menschen, einen Kavalier alten Schlages. Er meint bcst mmt, der Angeklagte habe den neuen Rhcinstaat im Rahmen des Deutschen Reiches halten wollen. Als letzter Zeuge wird der Cisenbahnsckretär Stubel-Köln vernommen, der über des Grafen Beziehungen zum rheinischen Pfadfinder- und Sper- Kunde berichtet, der durchaus gegen den Verrat Smeets war. Die Führer der Bünde sind in diesem Jahre von den Franzosen ausgewicsen worden. Look im Zuchthaus Der bekannte Polarforscher Cook ist wegen Schwindelei zu einer schweren Zuchhausstrafe ver urteilt worden. Dr. Frederick A. Cook war, nachdem ver Spiegelkrieg Lin wahrer und heiterer Barockroman irs von Larrv (Uachtrnck vkrtetni.) Liane läckMie ein ganz kleines, spöttisches Lächeln. „Ditte, bcnüihcn Sie sich nicht. Sagredo hat bereits einen neuen Spiegel für mich bestellt, der in der allernächsten Zeit cintresfen soll." „Dann werden Sie eben zwei Spiegel haben, denn ich lasse es mir nickst nehmen, das Unglück, aas ick) angcrickstet habe, muh wieder gut zu machen!'" „Ich kann Sie nickst daran hindern!" „'Sie werden also meinen Spiegel annehmer.?"" rief Calvert erfreut, denn er hatte nicht anders gedacht, als daß Lime sein Gefck^nk mit einer ina fest? tischen Geste ablehn en würde. In L'ancnS Herzen ränget, S4olz uns Gier ein Weilchen miteinander. Sic sand, daß e-5 groß artiger gewesen wäre, sich von dem jähzornigen Mann jedes weitere Geschenk zu verbitten, aber die Aussicht, zwei köstlich Spiegel zu besitzen und mit ihnen den Neid vieler Damen zn erregen, war so verführerisch, daß sie sich nicht entschließen konnte, Herrn Colbert völlig abzuweisen. Sie sagte also gnädig: »Ich will mir die Sache noch überlegen!" Und so war Colberg sehr vergnügt und runzelte nur ein wenig die Stirn, als, just da er das Haus der Ftau von Quero» verließ, die Sänftenträger der vevelianischen Gesandtschaft, die man schon von Ferne an ihren Farben konnte, >nn die Ecke bogen. So blieb eS nun für einige Zett. Frau von Oueroy litt zwar nicht mehr an DaveurS, wenn der Minister zu Besuch kam aber sie sprach immer noch zu ihm, wie über eine Entfernung lnnweg, kenn solange der zertrümmerte Spiegel nicht ersetzt war, murmelte in ihr immer noch leiser Troll und da sowohl Sagredo wie Colbert ihre Bestellung durch einen Pariser Kaufmann erst nach Venedig hatten aufgeben müssen, so konnte noch geraume Zeit verstreichen, ehe der Verlust gedeckt und die alten Beziehungen wieder hergesteltt waren. Außerdem mackste es Frau von Oueroy Vergnügen, daß der Minister jetzt so demütig, ja reuevoll schien und es freute sie, stets den einen ihrer Verehrer gegen den anderen auszuspielen.. Sie rühmte Colbert gegenüber Sagredo's welt männischen Takt und erzählte Sagredo. daß sie das leidenschaftliche Tenrperarnent des Ministers zwar zuweilen unbequem, in, ganzen acker doch! an ziehend fände. Ihr Gefühl aber sprach lauter für den Ausländer mit den blauschimmsrndcn Wangen und dem undurchdringlichen Blick, als für den Minister, der immer nur wie irgend ein Durch schnittslandsmann aussah, selbst '.venn Felicien noch so große Sorgfalt uns die Toilettenkünste seines Herrn verwendet hatte. Ja, sie dachte zu teilen, >as; es wohl hübsch sein müßte, an der Seite dieses verführerischen und selbstsicheren ststonnes in den Palast der venetianischvn Gesandt schaf. eiuzuzichen und dann wunderte sie sich wohl ein wenig, daß Sagredo diesen anmutigen Einzug immer noch nicht zu erwägen schien. Er sprach zwar sehr viel von Lcidensckstrften und Ent zückungen, aber zu irgend welchen ernsteren Be teuerungen ließ er sich nickst hinreißeu, denn er war nicht nur ein abgesagter Feind der Ehe, sondern scheute sich noch ganz besonders, sich dauernd an eine Pariserin zu binden. Menn er eine Heirat überhäufst in den Kreis seiner Be trachtungen zog. dann wollte er nicht eine kluge, ehrgeizige und herrschbedürstige Gemahlin Haber, wie diese Französinnen waren, sondern ein liebes, albernes, verliebtes Mädchen, wie man sie in seiner Heimar für die Che erzog, eine Gattin, die man zwar mit Stolz auf ihre Schönheit und ihre Toilette an jedem fremden Hof präsentieren konnte, die aoer eocn auch vom Leben nichts weiter wollte, als schöne Kleider, ein müßiges, buntes Leben und die Huld der Dogaressa oder der fremden Königin, der sie vargestellt wurde. Aus der gesckstihten Zone dieser Ansichten hörtte er mit verbindlichem Lächeln zu, wenn Frau von Oueroy ihm Colbert's Vorzüge rühmte und sand es er götzlich, daß die Frau, die von dem einen Mann geliebt wurde, wohl schon morgen ihn, den sieg reichen Aenetianer lieben würde Allmählich aber schien der Minister wieder bei Lianen ein wenig zu gewinnen, obgleich soeben Sagredo's neuer Spiegel eingetroffen war, der in der Tot an Schönheit der Glasblumen den zer schlagenen noch übertraf. Colbert's Spiegel r-agegen zögerte immer noch zu erscheinen, doch an seiner statt war zu Frau von Oueroy aus Venedig eine andere Kunde gekommen, die ihr eitles Frauenherz mi: Genugtuung erfüllte. Es tvar der Brief, den Frau von Lionne an sie ge richtet httte, ein Brief, der so diplomatisch und überfein abgefaßt war, daß er in den Vorstellun gen der Frau von Oueroy Verwirrung anrichtcte. Es hieß da einmal: „Sagen Sie mir doch, liebste Liane, ioas geht eigentlich mit unserem Minister Colbert vor? Ich kann mich Ihnen nicht näher erklären, aber ich habe deutlich die Empfindung, daß dieser Mann von einer großen Leidenschaft erfaßt ist, für die er Unmögliches vollbringen will. Sie begreifen, daß die Stellung meines Mannes mir die größte Diskretion und Zurückhaltung auf- erlegt, aber um Himmels willen, kluge Liane, schreiben Sie mir mild und vertraulich, wer seine Erwählte oder, um mich richtiger auszudrücken, seine Beglückende ist? Es ist gewiß eine hohe, eine sehr hohe Dame. Vielleicht Fräulein von M . .. die Kusine unseres allergnädigsten Herrn? Oder Madame H ..., seine erlauchte Schwägerin? Oder am Ende gar hier verbietet mir der Respekt vor unserem allcrdurchlauch'igsten Herrscherlmuse weitere Folgerungen zn ziehen. Ich kann Ihnen leider nickst in einem Brief die Gründe angeben, die Stich -u diesen Schlüssen bewege», aber roir SollLLd«uI, 6« IS. vLLLrader er von der New Dork Unioersity seinen Doktortitek erhalten hatte, Arzt einer der Pearyschen Nordpol- Expeditionen und nahm in derselben Eigenschaft ar der belgischen Südpolfahrt teil. Dann unternahm er auf eigene Faust Forschungsreisen und behauptct« im Jahre 1906, er habe den Mont McKinley be stiegen. Au» verschiedenen Gründen zweifelte man hier daran, und auch als er 1909 von einer Fahrt in die arktischen Gebiet« zurückkam, wurden starke Zwei fel an seiner Behauptung, er habe den Nordpol erreicht, geäußert. Nichtsdestoweniger ernannt« ihn die Stadt New York zum Ehrenbürger, auch erhielt er viele andere Ehrungen und wurde auch in Europa, besonders in Dänemark, gefeiert Dr. Look hat jetzt vier Wochen lang vor einem Ge richt in Texas gestanden, wo gegen ihn die Beschul digung vorgebracht wurde, er habe durch den Ver kauf wertloser Aktien von Oelarsellschaften die er im Verein mit einigen anderen Personen ge- gründet hatte, Hunderttausende von Dollars erschwin delt. Die Geschworenen erkannte., ihn schuldig. Dei Richter im Dundesgericht in Fort Worth hat ihn zr 14 Jahr en 6 Monaten Zuchthaus verurteilt Er hat dabei auf da« Niederträchtige in der Hand lungsweise des Verurteilten hingewiesen, der beson ders darauf ansging, Frauen um ihr Ver mögen zu beschwindeln, und der namentlich viel« Witwen um ihr ganzes Hab und Gut gebracht hat In seiner Eigenschaft als Arzt der Pearyschen unk der belgischen Südpolexpedition hat sich Cool unbestreitbare wissenschaftliche Verdienst« erworben, die auch von der strengen Wissenschaft an erkannt worden sind. Wie Look über den Weg wissenschaftlich-sportlicher Eitelkreit schließlich zum Verbrecher geworden ist, das ist ein psychologisches Problem. Kunstkalender Mitteilung der SlSdtischeu Theater-Intrndanz. Di, Oper bereitet zum Sonnlag, den 23. Dezember, ein« Neuinszenierung von Humperdincks »Hänsel unt Gretel* und eine Neueinstudierung der „Puppen- s e e* vor. — Für Dienstag, den 25. Dezember (1. Weih- nachtSseiettag), bringt die Operette neueinstudteri »Di« EsardaSsürstiu« heraus. Dte Titelparlt« lieg' wieder in den Händen den Therese Miet. Erste Wieder holung am 2- WeihnachtSseieriag. Schauspielhaus. Das WeibnachtSmSrchen .F r a r Holle', das heul« Sonnabend zur Erstaufführung kommt, wird bis zum 23. allabendlich gegeben, außer- dem an jedem Mittwoch, Sonnabend und Sonntng nach mittag. Am heiligen Abend bleibt das Theater ge- schlossen. An allen drei WeihnackttSfeiertaaen wirt „Die Bellerina d«S Königs*. Lustspiel tu vier Akten von PreSber und Stein gegeben. Die Titel rolle spielt Lina Carstens, Friedrich den Großen Fran; Stein. Weihnachts-Oratorium in St. Pauli. Heute Sonn abend, 15. Dezember, Z48 Uhr finden» drei Aistsührungeri von HerzogenbergS lieblichem AcitznachtS'Ora torium statt. Namhafte Leip'igcr Künstler wirken mit. Die Besucher der Konzerte können rabei ein feines Porträt-Relief von Hcrzogenoerg. das aus der Meister- bannd Prof. H i l de b r a n d S - Berlin stammt, be wundern. ES bringt auf dem Cyorraum von St. Baust und ist dem UnIve'-fität'-Kircrenchor wegen seiner Pflege Herzogenbergscher Musik gestiftet worden. Agnes Drlsarto: Heute 8 Ubr km Festsaale des Neuen RaibcmscS elfter Atzend znr Laute. Ter Reinertrag fließt ver Leipziger Winterhilfe zu. Geschäftliches WrberhauS. Nm rheitlisch west'Llischrn DcxtNMd st-ic- gcviei waren Bestrebungen 'm Gang.' durch die Grün dung einer „Noigemcinsmafi" Ius-'st ie und Hrndc! zu- sammenzuschlictzen, zwecks Berbilugung der Preise. Diese begrüßenswerte Erscheinung verfolgt eine neue Grün dung. die Tertilhandels-Gcsellschatt -um ..Weoerhrui A.-G.*, die unter enger Anlehnung an sie Industrie di« Möglichkeit schasst, Textilwaren in gutca Qualitaler billig auf den Markt ,ü bringen. Tie Wcoerüius A.-G. errichtet in Leipzig eine grotzc Zahl von PertaufSstellcr. Fabelhafter Preisabbau in Zigaretten: Bekannt: Großhandlung am Platze liefert erstaunlich billig. Be sonders Händler, Gastwirte uns Kaniinrn seien auf diese überaus vorteilhafte Sin'aufSmäglicvkcit. die nur noch kurze Zelt w"hrt hingew'esen. Vcr?au'ttte^en d«> linden sich Katbarineitstras'.e 17. Ncumarkt 12 Bliicl-ci- straße 11. — Zigarctten-Intercffenten beachtet die An zeige in vorliegender Nummer. Lunapark. Seit längerer Zeit speist die Direktion des Leipziger Lunaparks allwöchentlich eine größere Anzahl bedürftiger Kinder. Das Hilfswerk soll nach Möglichkeit den Winter hindurch anfrechterhallcn werden. Wie uns von der Direktion mitgeteilt wird, findet der heutige Sonnabendball zugunsten der Klnd-erspeisunq statt. Im Interesse der guten Sache wird um zahlreichen Besuch gebeten. Die vorliegende Ausgabe umfaßt IS Seiten haben hier allen Grund zu glauben, daß Colbert Cupidos Pfeilen erliegt und Sie würden uns beiden einen Dienst erweisen, wenn Tie mir sagen könnten und wollten, tvelche Venus diesen Merkur zu einem Seladon gewandelt hat?" Sicher hätte auch ein gewiegter Diplomat aus diesem Brief nichts anderes als Neugier aus eine höfische Liebesgeschichte en'ttäiseln können und so ist es denn verzeihlich, daß Frau von Queroy aus dem Brief nichts ersah, als daß Colbert's Leidenschaft sich bereits über die Lagune hin geofscnbort hätte, seine Leidenschaft, deren Gegenstand doch natürlich niemand anders war, als sie. Und weil eine Frau immer milde gestimmt ist, wenn ein Mann sie so närrisch liebt, daß selbst die Entferntesten es merken, so lächelte seit dem Empfang dieses Briefes Frau von Oueroy dem Minister wieder huldreicher zu als bisher, n>eil sie sand, daß eine Liebe, deren «Seufzen bis nach Venedig drang, einen kleinen Lohn verdiene. Sagredo sah es und lächelte gleichfalls. Er besaß die naive Lebens kunst, die seinen Landsleuten eigen ist und darum freute er sich, daß der gefürchtete Spieqclzoll nicht cingerreten war und Laß Colberl sich jetzt sogar in Bcncvig mit seiner Passion für Frau von Oueroy lächerlich machte. Sicher hatte er iso meinte Sagredo) sich an die französische Gesang schaft wegen eines Spiegels ge-vandt und ein solches Aufhebens uni den Auftrag gemacht, daß sie auf der französis«chen Gesandtschaft glauben mußten, der Herr Minister opfere diesen «Spiegel auf dem Altar einer hohen Frau. Er hatte ge lächelt, do Liane ihm mit leisem Triumph von dem Brief der Frau von Lionne erzählt hatte, denn er meinte, vielleicht nicht mtt Unrecht, daß sie solches nicht nur aus Eitelkeit tat, sondern auch um ihn eifersüchig zu machen .... Colbettt, der von dem Brief der Gesandt!» natürlich nichts ahnte, sah voll Freude, daß Liane, ihren Zorn zu vergessen und ihm wieder wie einst gnädig zu lächeln schien. (Fortsetzung folgt.)