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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192312061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231206
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- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231206
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-06
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
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LEne » ——^7^^ "'M—I«»I I- . Kein« Kohlenpreisermäßtgung Der Plan, nach dem der Währungskomm-ffar Schacht bet der San wrang der deutsch« Wäh rung vorgina, hat den Eriolg gezeitigt, oaß die ans- länd.scken Devisenkurse sich im allgemein«» den Ber Un.^ Notierungen anglichen und 1» Inland« das Waren-Pretsntveau in Bewegung ge riet. Ntzn begann, die vtelsachen Zuschläge, die man in einer Zett ständiger Nlarkverschlechterung in die Preise «tnkalkulteren mutzte, allmählich wieder her- auszuschälen. Ls geschah dies unter dem Druck, den die gesunkene Konsumkraft der Bevölkerung auf die W-^cg-Ängebotseite austtbte. Denn schlietzltch be steht der Zweck einer Ware für den Erzeuger oder Händler nicht darin, datz er davon ausstapelt, soviel er tann, sondern irn Umsatz«. Desgleichen baut man ein« Fabrik nicht, um sie stillstehen zu lassen, sonder» um Waren zu erzeugen und abzusetzen. Dieser Zweck der Produktionsbetriebe und deS Handel- ist durch den Verfall der Papicrmark sehr gestört wor den. An die Stelle der Kalkulation ist eine mehr oder weniger erzwungene Spckulanon getreten und hat in der deutschen Wirtschaft so tief Fuß gesatzt, datz es vielen schwerfallen mag, fick, mit einem Schlage wieder der alten reellen Geschäftsführung zuzuwenden. Denn gewitz hatte auch die Wildwest- GeschästSgebarung ihre Sonnenkinder gehabt. Der Kohlenbergbau gehörte kaum zu ihnen. Di« am grünen Tisch festgesetzten Koblenpreise der Nach- kriegszeit haben den Z«chen übermäßig hohe Ge winne wahrscheinlich nicht gebracht. Als ander« Waren schon längst den Weltmarktspreis«« an- geglichen hatten, hink.en die Kohlenvreise noch weit hinterher, bis endlich der Entschluß gefaxt wurde, mit kurz aufeinar.dcr folgenden Preiserhöhungen über di« Weltmarktspreise hinauszugeben. Ma« hatte bei diesen Erhöhungen den Eindruck, datz die neuen Kohienpreiss nickt nur gewinn dringend gestaltet, sondern auch ein Teil der früheren Verluste wieder hereingeholt werden sollte. So begreiflich dies an sich ist, muh es doch in einer Zeit, da der grösste Teil der Produktions stätten stillstcht, höchst bedenklich erscheinen. Menn nun noch hinzukommt, dass gcldstebile Verhältnisse Len Teil des Verlustes ausgleicken, der vordem durch verspäteten Eingang d.-s Verkaufserlöses entstand, so wird eine llebc "üsung der bestehen den Koblenpre.,e zur zwingenden Notwen digkeit. und dies um so mehr, als die Preise für Kohlen in allen Produkten wiederkehren, verbilligte Kohlen also eine Verbilligung der Produktion und in einer Zeit, da diese wegen mangelnden Gewinnes stillstcht, die Möglichkeit einer Wiederaufnahme in sich schliessen. Die Wiederbelebung der Produktion ist aber die grundlegende Voraussetzung für das Ge lingen der M ährungSsanierung. . D>« «in« Bedingung, die das „fachmännische" Urteil für «ine Herabsetzung der Kohlenpreise stellt, sieht stark nach dem eigenwilligen Stand punkt aus, auf den sich die Kohlenbarone bezüglich der Kohlensteuer gestellt hatten. Nur handelt es sich diesmal um die Frage der Arbeitszeit. Ls geht nicht an, diese Frage mehr als unbedingt notrveudig mit den Kohlenpreisen zu verknüpfen, und mangeln dem guten Willen mühte auf alle Fäll« nachgeholfen werden. Datz es zum Teil am guten Willen fehlt, scheint aus der zweiten Bedingung hervorzugehen, die verlangt, datz sich vor Erörterung der Koblen- preissrage der wertbeständige Gcldüberwcisungsver- kehr eingespielt haben müsse. Wenn andere Waren preise ermässigt werden können, ohne dass dies der Fall ist, so wird es höchstwahrscheinlich auch bei den Kohlenpreifen möglich sein. Der Trotz der Kohlenbarone darf die SanierunasuoUttk jeden- falls nicht in Frage stellen. Ls wäre wünschenswert, dass das fachmännische Urteil möglichst bald einer Nevifion unterzogen würde. * Ltm die Arbeitszeit im Ruhrbergbau Esse», 4. Dezember. (Lia. Tel.) Das Arbeit«- zrtt-Abkommen zwischen dem Zechenver» band und den Bergarbetterorganisatio- neu, das «in« Verlängerung der Arbeitszeit um eine Stunde auch für de unter Tag Arbei tenden versieht, und das morgen in Kraft treten sollte, hat heute den Revierfunktionären des Ruhr bergbau» zur Entscheidung Vorgelegen. Da» Abkom men ist vom alten Verband in Bochum erst nach langen Kämpfen mit einer knappen Majorität von 99 gegen 62 Stimmen angenommen worden. Für das Abkommen stimmten auch der Hirsch- Duackersche Gewerkverein und die pol nische Derufsverein'.gung. Abgelehnt wurde es überraschenderweise von der am weitesten recht» stehende» Organisation, dem Ehristlichcn Berg- arbeiterverband. Dessen W.derstand richtete sich hauptsächlich dagegen, dass durch da« Abkommen di« restlose Wiederelnstellung der Entlassenen nicht garantiert werde. Infolge der Ablehnung durch di« christlichen Gewerkschaften ist die Durchfüh rung des Abkommen» unmöglich geworden. Ver mutlich werden di« Unternehmer nunmehr ver suchen, durch lokal« Vereinbarungen, wie sie bet Krupp und bei Thyssen schon zustande gekommen sind, ein« Mehrarbeit »er Belegschaften zu erreichen. Vs» sächsischen Landtag Dmnbe», 8 Dezember. (Gig. Te l > ^e>- Land- tagm»«»schuß zur Untersuchung der Beamte»- Politik der Regierung tagte gestern. Er beschütz datz di« Beweisaufnahme öffentlich se.n ,ou o daß über die nichtöffentlichen Beratungen em Be richt vom Ausschuß selbst festgestellt und i» der Presse betanntgeoeben werden soll. Di« deutschnationale Fraktion de« Landtage» hat zu der Meldung über des Ab'ommen de« Minister» Liebmann mit den Kommunisten ein« Anfrage a» di« Regierung gerichtet, ob di« V-r- öfsentlichung den Tatsachen entspreche, ob d?m jetzi ge» Ministerpräsidenten diese Abmachungen b könnt waren und ob er eventuell dem Innenminister gegen über die selbstverständlichen Folgerungen ziehen »oll«. , Eine »weite Anfrage d«r gleich«» Fraktion be- schststigt sich mit d«r von der Regierung immer wie der ickg «leugneten Spltzelargaaifattv«. Dark» heißt em .Wiederholt haben Mitglieder de« sächsischen Regierung »ar de» Landtage in cmtlichen Erklärungen versichert, daß di« sächsisch« Regier- ng keinerlei Spitz«! unterhalte. Rach da» neuesten Vr»ffe>»«kbung«n ist dagegen fahrelang ein« bi» in» Einzeln« gthcndt Organisation d«s Spitzelwesen» burchgefStzrt worden, s» z, V. auch g*g«n die Relch « » ehr." w:i.1 ist eu Hcs-Ucn in D" versucht, in->gebc'n, ein Parteiblatt herauszubringe». Di« Drnckeret bofand sich in der Canalettostraße. Al» die Polizei von diesen Dinar« erfuhr, besetzt« st, die Druckerei und »erdastet« d«u Redakteur Felir Lewtnfeh», sowie zw«t ebenfalls i» der Druckerei anwesende Schriftsetzer und «ine vimte Person. Di« Handdruckpresse, mit der da» Watt Hervest«Ist »erd«» sollt«, sowie die Schriftsätze und sonstige» Material »urde beschlagnahmt. Dreode», 8. Dezember. (Gig. Tel.) Die »Leip-» ziger Neuesten Nachrichten* haben in ihrer Montag nummer dem Ministerpräsidenten unterstellt, datz er die Reich»«ehr in schamloser Weis« »er- leumdet habe. Ministerpräsident Fel lisch hat wegen dieser Beleidigung Strafantrag gestellt. Herr v. Knilting als Sprecher des bayrischenpartikuiarismus München, 8. Dezember. (Eia. Tel.) Minister präsident Dr. v. Kni Hing erklärt« in feiner mit Spannung erwarteten Rede vor du» Landtags» anoschuß, die Verhängung de« bayrischen Ausnahmezustände» sei in Berlin bereits ein paar Stunden nach der Beschlußfassung do» Mi nisterrates bekannt gewesen, zu einer Zeit also, wo die bayrische Oeffentlichkeit noch nicht» von ihr habe wissen können. Di« Antwort Berlin» fei die Erklärung de» militärische« Reichs-Au— nahmezustandr» gewesen. In Berlin hab« damals, wie ein Ferngespräch de» Reich»kanzle» mit ihm Knilling, ergeben habe, di« Auffassung geherrscht, daß die beiden Ausnahmezustände nebenein ander bestehen könnten. Die Bestellung eine» Z'.vilkommissar» für Bayern sei mit Rücksicht auf Bayern unterblieben. Obgleich man also in Bayern Hobe erwarten können, daß R e ich»ko mm issar und Denerakstaatskömmissar reibungslos -usammeNarbeiten würden, sei da» Gegenteil eingetreten. Daran sei aber Berlin und nicht Mün chen schuld. Ausführlich befestigte sich der Mi- nisterprästdent dann mit dem Verbot de» »Völ kischen Beobachter«* und mit dem Falle Lossow, wobei schon Bekannte» wiederholt wurde. Im Falle Lossow sei der bayrische Standpunkt der gewesen, daß, rr-nn da» Reich, wie in Sachsen, auf Grund des Artikel» 48 der Reichsverfassung eine ganze Landesregierung absctzen könne, Bayern wohl berechtigt sein müsse einen Landeskommandanten, dessen Bestellung ja von ihrer Zustimmung abhänge, im Amte zu behalten, sofern damit die Gefahr ftir die öffentlich« Ruhe und Ordnung beschworen wird. Der bayrische Widerstand gegen die An- ordnungen de» Reichswehrmini ster« sei ein Akt aufgedrängter Notwehr ge- weseu. Die Wurzel diese» »nd anderer Konflikt« zwischen Bayer» »uü de» Reich fei di« Weimarer «ersaff»»-, die Bayern die Militär-, Finanz- und Verkehrs hoheit genommen habe. Der Fall Lossow werde übrigens demnächst eine für Bayern ehren volle Erledigung finden. Dann ging Herr v. Knilling zu den Vorgängen de» Hitler-Putsche» über, den er mit einem räuberischen Ucberfall in Wildwest verglich. Tele phonischer Nachrichtendienst und polizeiliche Dor- sichtsmaßnahmrn hätten in diesem Falle vollständig versagt. Der Ministerpräsident schilderte dann die Gefahr de* fürchterlichen Bürgerkriege», der zu befürchten gewesen wäre, wenn es nicht gelungen wäre, den Putsch sofort niederzuschlagen. An Hitler und seinen Genossen bleibe eine schwere Schuld für immer haften. Die ganzen Borg' nge könnten übrigen» durch Strafverfahren restlos geklärt werden. Der von den Sozialdemokraten geforderte par lamentarische Untersuchungsausschuß wäre zweifellos nicht in der Lage, ein« vollständigere Klarstellung zu erzielen, al« da« Verfahren vor Ge richten, für da» selbstverständlich nur bayrische Gericht« in Frage kommen könnten; denn selbst im Rahmen der Republik-Schutz-Gesetz gebung, die »leider noch immer zu Recht bestehe*, sei die Möglichkeit gegeben, die Straf fälle durch bayrische Gerichte untersuchen und ab urteilen zu lassen. Unser Heil — so versicherte der Redner — liege nur auf nationalem Boden und In einem föderalistischen Reich. L.ne Aufhebung dr» bayrischen Ausnahmezustandes könnte vorläufig nicht verantwortet werden. Mit diesem Satz be schritt der Ministerpräsident den Bode» inner- politischer Betrachtungen. Solang« di« Be stellung des Deneralstaatskovmrissa» noch in Kraft sei, geh« es nicht an, das Kommissariat an ministerielle Weisungen zu binden. Die Lösung grundlegender Fragen und die Durchführung von Reformen blieben jedoch nach wie vor in der Hand der Regkerung. Auch Bayern müsse nun zu ent scheidenden Maßnahmen schreiten, namentlich auf dem Gebiet« de» Abbaus, der Einschränkung der Staats, und Verwaltungsausgaben und der Ver mehrung der Staatseinnahmen. Gin Durchgreifen fei nur mögliche wenn di« Regierung durch «in Er- mächtigungsgesetz mit außerordentlichen Boll- machten an «gestattet werd«. * Da» Sehnen derer, die es kaum erwarben konnten, daß Ministerpräsident v. Knilling vor dem Ländtagsausschuß wieder einmal das Dort zu programmatischen Erklärungen ergreife, ist endlich gestillt worden. „Der Knilling" — um ein« ergötz.iche Studie Ludwig Thoma« -u zitieren — hat gesprochen. Der Fall ist erledigt. Erledigt im Sinn« einer erneuten Fanfare gegen dt« Retchsrinheit und «in« löblichen Unterwerfung unter da» Generalstaat»- kommissariat des Herrn o. Kahr. Es ist zwar oeschichtsnotorisch, daß Bayern von jeher «in Außenseiter Deutschland» gewesen Ist, aber da» verschlägt nichts: Auch für Herrn v. Knilling ist mit der Weimarer Verfassung da» Uabe! in di« deutsche D:lt gekommen. Und «eil dies« Verfassung mit ihrem (in Wahrheit recht beschef- denen!) Unitartsnm» dem herkömmlichen Extra«urst-Begehren Bajuparien» gewisse Hem- mungen entgegensetzt, deshalb braucht st» tn München auch nicht respektiert zu werden. Bayrisch«! Parttkulari».nu» bricht N.ichsrecht. Die» ist auch die Meinung Knilling». Der gegenwärtige bayrisch« Minister Präsident ist so wenta auf seinen Ruf-bedacht, daß er «» wagt, au» dem durch die Verfassung gedeckten Bor» ,p>I)k.' ^cs Ruckes «fegen Ve kom-.mmisiisch snzs »l- demokratische sächsische Regierung «in Recht des Lande» Bayern avzuleiten, gegen den Willen des Reich.» einen Landestommanaonten aus seine» Posten kstzuhalten! Diese staatsrechtliche Klit terung ist -u dreist, al» daß do» Reich noch lang» »m eine endgültige Vereinigung des Falle» Payern contra Reich herun«oen dürfte. Wen» Knilling mit seiner Ankündigung einer „für Bayarn ehrenvollen" Schlichtung der Affäre Lossow recht behalten sollte, dann würde dec Autorität des Reiche» ein weiter« schwerer Schlag versetzt. Gewiß ist di« Politik die Kunst de» Möglichen und ein Feld des Aus- gleich», aber auch hier gibt es Grenzen. Inn.rpolitiscy bestätigt die Rede, daß die Scheinstärke des Herrn v. Kahr der Kraft der bayrischen Landesregierung immerhin noch über legen ist. So lange das Genevalstaatskommissa- riat nun einmal noch bestehe, lasse sich die Amtsführung seines Inhaber» nicht an ministerielle Weisu rgen knüpfen. Der „Sieger* vom 9. November 1923 darf also in serner Staatsle ker-Rolle wetterditettteren. Für sich selber weiß Herr v. Knilling schon noch genügend Beschäftigung: Die Not der Zeit ruft auch in Bar-ern nach einschneidenden Verwaltung». und Wic.schastscefornren. Nur schade, daß die Aus sichten für das Zustande'ommen des besonderen Ermächtigungsgesetzes, das Knilling für die Regierung wünscht, so außerordentlich ungünstig sind! Di« Vorgänge, die sich im bayrischen Ministerium eban jetzt abgespielt Haden, sind so sinnfällig, daß ihre Tragweite auch Herrn v. Kni. ing ohne weiteres auf- gegangen sein dürfte . . Münche», 8. November. (Ei«. Tel.) Der Stand der Krise stellt sich im Augenblick so dar: Der Schwerpunkt liegt bei dem Antrag de» Finanz. Minister», der erklärt hat, nur da--- die Der- antwortung für die Finanzgebarung weiter trogen zu können, wenn er allein oder zusammen mit dem Ministerpräsidenten besondere Vollmachten vom Landtag« erhalte. Im Min sk- - t ss »m Montag mit der Angelegenheit beschäftigte, sind Knilling und der Fi nanzmtnister mit ihrer Meinung allein geblieben; da» üb ige Ministerium unter Führung des Kultusministers Matt stimmte dagegen, und die beiden andern Koalitionsparteien, die Mkttelpartei und der Bauernbund, erklärten, daß sic, wenn das Lrmäch- tigungsqesetz durchginge, ihre M'nister Gürtler und Wutzlhofer au» dem Kabinett zurück- ziehen würden. Danebenher läuft noch die Kom- petenzfrage, soweit sie sich auf die Abgrenzung der Gebiete de» Kabinett» und de» Generalstaatv- komm'ssariat» bev'eht München, 5. Dezember. (Ltg. Tel.) Finanz minister Krausneck ist zurückgetreten. Er erklärte dazu, baß nach seiner Auffassung die Lage infolge brr zerrütteten finanziellen Verhältnisse Über aus ernst geworden fei. Mit der Ausgabe der Goldschatzanweisungen habe Bayern einen Weg beschritten, der nur mir Th « os enden könne. Erhöhung der Einnahmen, Herabminderung ber Ausgaben, Person alvermiNberungen müßten auf stärksten Widerstand der beteiligten Kreise stoßen. Das Ermächtigungsgesetz, das dies« Befugnisse in tue Hand de« Mm.sterprafidenten legen sollt«, sei daher dringend notwendig. Der Finanzminister vermochte für diese zustän dige Bestimmung eine Mehrheit nicht zu erreichen. Der Ministerrat wollt« sie jedoch nur dem Gesamt- staatSministertum übertragen und hat damit di« Vor lage, so wie fi« Dr. Krausneck verstand, im wesentlichen abaelehnt. Da somit der Finanzminister unter diesen Umständen eine Verantwortung über die Ftnanzgebarung des Landes nicht mehr tragen zü können meinte, hat er die Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt erklärt. München, 5. Dezember. (Eig. Tel.) Die Krise im Finanzministerium droht zu einer Regie- rungskrise des Mtnisterpräsidiums zu werden. Wir «rsahren, datz man sich mit dem Gedanken der Lr - richtung eines bayrischen Direk- toriums beschäftigt. Sin Verlast für den französischen Nationalismus Pari», 8. Dezember. Der bekannte Schriftsteller Mauri«« Barrb» ist gestorben. Di« im Grunde ohne alle Leidenschaft, au» bloße«, Mil» in den Plänen de» persönlichen Ehr geize», teil» in bestimmten Klassernnteressen wur zelnde Kalkül betrieben« Spielart de» Chauvtnt»- mu» verliert mit Maurice Barrt» «inen ihrer nam- Hastesten Vertreter in Europa. Die er, der erklärte Atheist, au» Erwägungen de» sozialen E-g-nnutzes heraus, den zur Stütze der bestehenden V fitzver- HLltnifle brauchbaren Klerikalismus förderte, so lieh er, der in seinen literarischen Berken zu den Füh rern der den nationalen Dingen gegenüber skep tischen Dekadenz zählte, feine Feder gleichwohl allen Unternehmungen, die von der Üebersteignng der nöl- kischen Triebe lebten. Zugleich ungemein eitel und darauf bedacht, sich bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund zu drängen, tauchte er schon in d«r Anhängerschaft de» General» Boulanqet auf, al» dieser in rasche« Aufstieg eum Abzott der Franzosen zu werden und feinen Schildbaltern uicd Wappenknechten re!che Ernte zu sichern schien. Der Lod Dsroulßd«» tm Januar 1V14 regte ihn sogleich taz« an, sich auf die politische Hinterlassen schaft de» in seinem überschwänglichen Patriotismus vollkommen ehrlichen und daher von Barrtz» grund verschiedenen Führer» der Patriottnliga zu stürzen. Zn dieser Augimschast, zugleich mit den schöngeisti gen Weihen eine» Mitgliedes der Akademie gesalbt, könnt« er dann im Kriege da» in unzähligen, haupt sächlich im „Echo d« Parts* abgedrückten Zeitung«- artSeln sich äußernd« Hetzapostölat entfalte», da» zweifellos mit zu de» Elamenten -«Härte, di« für di« ungeheuerlich« Verlängerung be» Krieg«» pwaut» wörtlich zu mache» stab. Mit de» Ende de» Kriege» endete auch seine Snufbah», für bi« » keinen «eitern» Avfsi.sg bedeutete, baß er, zmn «bgeordnetti, -e- w"hlt, «tae stumm« Roll« t« Parlament spielt«, dem er in ber Blütezeit be» Boulangismu» schon einmal angchött hatte. Geboren in Charme» an ber Mosel (von anderen freilich wnrbe sein Geburtsort anders wohin vmlsgt med stin« angeblich lochringisch« per- kvmt ai» fterarirck-vskitssch- Bmftftegesnug eeNsi-tX ist er ül Inhr; nst Der Kampf um Gens V»» 0e. ckuUuE Genf, Lofang Degwcke!-. Man muß nickt « den Kampf um R»m dcnien »nd Bevgletch« ziehen, di« wenig augebracht wuen, auch wenn man Genf da» „Rom des Calvinismus* genannt hat. Gv banal wiederholt sich die Geschichte meist nicht. Dennoch darf man heute schon vom Kampf um Genf reden, und in de« leise und »äh eingesetzten Ringen ein Vorspiel sehen, dem das Drama folgen wird, wenn di« übrigen Vorgänge auf der europäischen Bühne seine Entwicklung zulossen. Begonnen hat da« Stück tm Grunde schon im Jahre 1818, al» der Wiener Konar « ß sich nicht «atsckließen konnte, dem Kanton Genf, der sich eben der Schweiz« Eidgenossenschaft -ugesellt hatte, das ihm wirtschaftlich vnentb?hrliche Stückchen Hinter land und damit übrig n« gleichzeitig feine klaren natü lichen Grenzen zu geben. Statt de7in errichtete man ein System von Wirtschaftsgemc'n- schäft über die politischen Grenzen hinüber in tcn sogenannten „Freizonen^ von Gez und von Sa voyen, das e'nerseits der Ausgangspunkt einer neu?« wi-tschaftspolitischen Entwicklung hätte w r- den können, wenn... die Welt dafür reif gewesen wäre. Zunächst alle ding« half die „Große Zau " im Verein mit den kleinen Zonen ihren natürliche » Mittelpunkt, die rasch nnwachsend« Stadt Genf eru-hren. nnd bezoq «.für von ihr Genferische und sonstige fchwe -erische Industrieprodukt«. Das System als solche« war, wie gesagt, gar n cht übel und sog« geeignet, an anderen Orten der Welt Nachahmung zu finden. Aber es hatte, wenn es Dauer haben sollte, einen Zustand der Völkerver ständigung zur Dornussetzung, der bi« heute nicht hat erreicht werden können und von dem »vir heute vielleicht weiter entfernt sind, als vor sechzig Jahren. So empfand man in Frankreich die Zonen als e n Servitut, von dem man sich bei erster Gelegenhe.t befreien wollte. Nach dem Siege der Entente, ein- schließlich Amerikas, hielten die französtsryen In u- ftriellen den Zeitpunkt des Verschwinden» de: gon n für gekommen. Die französische Regierung, der die „Zonen* nur eine „nationale* Frage waren, dr rg auf ihre endgülttge Beseitigung, und so k m jener Artikel 438 des Versailler Vertrage» zustande, der besagt, „daß die Bestimmungen der V:r- träge von 1816 und der sonstigen Zusatzakte betres cnd die Freizonen von Ober-Savoyen und da« Gebiet von Gex den heutigen Verhältnissen n'cht mehr ent sprechen, und daß es Sache Frankreichs und ter Schweiz ist, untereinander im Wege der Einig» g die Rechtslage dieser Gebiete derart zu regeln, wie es bcid« Länder für zweckmäßig erachtn»." Ob- wohl dem Artikel durch die ihm c-ngehängteq Er klärungen de» Bundesrats und der französiciien Re- gierung seine Recht-Wirksamkeit zum. großen Teil genommen wird, geht jedenfalls da« eine ans ihm klar hervor, daß Frankreich und die Schweiz g c - m «insam sich über das künftige Regime gc - -i einigt haben müssen, bevor an eine Aufhebung der Zonen zu denken ist. Frankreich hat also einen unzweideutigen Artik l de» von ihm sonst so hoch gehaltenen Versailler Ver trage» zweifellos verletzt, als cs am 10. November feine Zöllner rings um den Kanton Genf herum so- zusagen vor den Torey der Stadt, aufmarschieren ließ«: Denn die Einigung mit der Schweiz ist bisher n cht zustande gekommen, weil die zwischen den Regierung n bereit» vereinbarte Konvention, di« in dem Hauptfach- lich interessierten Genf übrigen» unter den wärmsten Freunden Frankreich» erbitterte Gegner hatte, vom Schweizer Volke am 18. Februar diese» Jahre» mit einer vernichtenden Mehrheit abgelehnt worden ist. In einer staatsrechtlich unerhörten Rote v>-r. snchte Poincarö die Gültigkeit dieser Volks- abst mmung anzuzweifeln, indem er behauotete, die schweizerische Verfassung sei nur zu dem Zwecke ge- ändert worden, um die Zonen-Konvention einer -Volksabstimmung unterwerfen zu können. Da d e Verhandlungen nicht recht vom Fleck kamen, ließ die französische Regierung kurzerhand am 10. November im „Journal offic'el* ein Dekret veröffentlichen, in dem sie die Aufhebung der Zonen einseitig von sich aus anordnete. Der Schweiz blieb nichts übrig, als zu protest'eren und auf Grund de« Völker- bund-Paktes ein Schiedsgericht zu verlang-»», da« nun — nach getaner „Tat* — entscheiden soll. Soll man sich etwa wundern, daß im letzten Monat, al« die Zonenfrage kr'tisch wurde, hier an allen Ecken und Enden der sicherlich von fran - zö fisch er Se'te ausgehende Gedanke auftauchtc, Genf täte eigentlich besser daran, sich von der Echwe'z zu läsen und sich al» „Freie Stadt* zu etablieren?! Aber -i« Genfer merkten die Absicht rind wurden verst nunt; wurden es noch mehr, al» sie schon waren, »»nd der 11. November, der „Siegestag*, der noch im porigen Jahre hier eine große Bewegung ausgelöst hatte, ging diesmal vorüber wie jeder andere trübe Novembertag auch. Zn Bern war man mit Recht immer stolz darauf, daß di« Schweiz ein so festgefügt«» Staats- gebilde tst trotz der drei verschiedenen Raffen und vier verschiedenen Sprachen ihrer Bewohner, und iu diesem durchaus berechtigten Hochgefühl hat man vielleicht doch etwa« übersehen: daß man zum Zn- sammenbalt der verschiedenen Teile der Schweiz rrin materiell viel mehr hätte tun können. Wie die Dinar aber liegen, hat gerade die Genfer Frage, hat die Zonenfrvge überhaupt praktisch ein ganz her- vorragend internationale» Interesse. Hatte d« Welt heute nicht so viele andere dringende - Sorgen, so würde man ihr allenthalben ei« weit größere und intensivere Aufmerksamkeit -uwendcn. Bei dem unabhängigen Genfer Volk-charo"^! drohen kein« unmittelbaren Gefahren für da« Fest- halten Genfs an der Schweiz. Wohl ab r gibt es allerlei Möglichkeiten zur Anknüpfung und zur V*r- wurzelung einer schweizsein-Zche» Propaganda so- bald diese den Augenblick für gekommen Hilten sollte, in dem durch Wirtschaftsschikanen mürbe gemach! « Genf offen hervorzutreten. Diese heute noch fern- lieqenden, übermorgen aber vielleicht schon sehr nahen Möglichkeiten scheinen auch in Bern einige Besorgnisse hervorg«rufen zu haben. Gett ein'gen Tagen liest man in den sckweizerischm» Zeitungen viel »en Erwägungen, die in Bern ««gestellt würden, um durch Vusnohmetarife »nd bessere Verbindungen ein« Verbilligm»«, nnd Verbesse-ung d-, Verk-Hr» von und nach Genf für Ware» und Personen her- -nstrllea. E» wirft wi, «ine tragisch« Ironie, daß ge-nd, Genf, wo man zu Ehren de« V« sailler Vertrage, — in de« inan freilich damals mehr die Begründung de» Völkerbunde» bearüßen »sollt« — Fest? gefe'ert und Umzüge veranstaltet hat, heute elfte seiner Mr- kunq-n, »«nv nock- bä»n io n-rg-e»G*rrweise, In splfteg bc'c v.nt.
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