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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231130
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-30
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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r^eitug. 6«a ?0. Hovumd« Entrichtung Marken der Landtages ir wurden, hkeit, daß lingungm Kan darf e Oeffent- ide dieser Zur herigen Vlättrr- wieder siitpheu ) Die ge- nseren Er steen al>end ;ilt haben, »schüsse des er die Ge- rgeschlagen ; der Ver- r keine vunderung , Sachken Ausschüße mächtigen, Mr Mi- hskaNftler s Hitler- ern er- a. M." Anfang ug SPD. 1.) Für den > Sonnabend arden in der SPD. Groß- enso wurden Haltung der ergaben fast Vertreter, raktion hatte ! Zusammcn- rs erfolg, achsen etwas kommenden ch sa -eigen, zusammen- llem um die hen. Gerade >ie bisherige laufen ltagssraktion daß man r den Kem- ; aber von tige große m dcrAu^- fast durch- Die Ans- als Brrlie- hts an der der Dele- I der Dele- um Schluß Referenten Rot rat der -sidenteu Betrag ar Der- Markthallenwanderuvg. Am Donnerstag wurden für Fleisch, Wurstwaren. Fett und Fischwaren dre gleichen Preise gefordert wie am Vortag. Nur Obst und Gemüse wiesen einige Veränderungen auf; hier zogen die Preise leichr an. So stiegen Kartoffeln auf 70 Milliarden, Kohlrüben aus 120 Milliarden. Die übrigen Gemüsearten unver ändert. Wettere Verlegung von Arbeitsnachweise«. Der paritätische Arbeitsnachweis der Buchdrucker und der Arbeitsnachweis des Verbandes der Fa- brikarbeiter Deutschlands, Verwaltungsstelle Leipzig und Umgegend, sind in Fachabteilungen des öffentlichen Arbeitsnachweises übergeführt worden. Voin 1. Dezember d. I. an befindet sich der Buch drucker-Arbeitsnachweis im Grundstück Wächter straße 24, Hof, Erdgeschoß rechts, und der Fabrik- arbeiter-Arbeitsnachweis im Grundstück Seebucg- strnße 14—20, Hof links. Gleichzeitig wird die Fach- abteilung für die Hilfsarbeiter und -arbciterinnen Die AngesteltteN'Dersicherung L. Gehalte- und Beitragbilasse» Mit Wirkung vom 26. November 1923 gelten folgende Gehalts- und BeitragSklassen: der Betträge werden die dis- Klaffen 44—SO verwendet, der aufgedruckte Geldwert wird aber mit Wirkung vom 26. November 1923 verhundertfacht. Vom 26. November 1923 an werden Beitrags marken in den bisherigen Werten von den Verkaufs stellen nicht mehr abgegeben. v) Bersicheruugsgreu»» Die Vcrslcherungsgrenze ist mit Wirkung vom 1. -lvvember 1923 ab auf monatlich 100 Billionen festgesetzt worden. Du brauchst ein«: Platz im Universum, em „buen retiro", wohin du dich zurückziehen, wo du dich ausruhen, deine Kräfte samnreln kannst. Die Störun gen und Trübungen, die von der Umwelt auf uns eindringen, können wir nur durch zeitweilige Einsamkeit ausgleichen. Hier werden wir wieder wir selbst, finden unser eigentlichstes Wesen wieder. Damit soll nicht gesagt sein, daß wir uns wie Eremiten vergraben sollen, wohl aber, daß wir es nötig haben, uns zeitvkeilig von andere,: Menschen znrückzuziehcn. um Lieder zu unserem eigentlichsten Wesen zu gelangen. Die Zurückgezogenheit hat ihre Stunde, und die Geselligkeit hat die ihrige. . . . * Wenn du deine Arbeitsstätte — gleichviel ob du Kaufmann, Handwerker oder Künstler bist — zugleich zur Stätte schwatzhafter Unterhaltung machen läßt, die müßigen Tagedieb-Geistern offen steht, dann können in solcher Atmosphäre die höheren Geister nicht verrreilen. Du sollst ein Zimmer womöglich nur einem ganz bestimmten Zwecke widmen. Tue im gleichen Zimmer immer das gleiche. Du schaffst dann so in ihm eine ideengebende Atmosphäre, die immer mächtiger wird. Delo eigenes Zimmer Don piMntke« MuItorN Zeder Mensch sollte ein Zimmer für sich allein haben und sollte sehr darauf achten, wem er — fei es zu geselligem oder zu beruflichem Zwecke — Zutritt in diese» Zimmer gewährt... Es sollte möglichst ein Zimmer sein, in da» viel Sonne strömen kann. L» sollte nicht auf der Nord- oder Schattenseite de« Hauses liegen, denn Kaltes und Schattiges im Stoff lichen ist immer irgendwie Abbild des Kalten und Dunklen im Geistigen. In einem düsteren Zimmer, das keine Sonne hat, ist keine „Heiterkeit" möglich... GevaltS- llaNc monatliches Entgelt von mehr aiS Via zu ». M. NonatSbeitrag M. 41 — 25 Billionen I6S0 Milliarden 45 25 Billionen 35 „ 2240 46 35 . 50 3160 47 SN I 75 4660 46 4» 75 100 : W : SO 125 - — 10240 i»e ms raters? d nicht innen I Der film«", »lution io von ütwete Prof, n ge- tt der Lhnen un ehr ver- ner- ! von «i« Ugan ihren agen Inf- chen- mit n ist chi». iern- rb'gt rn- K Zor- di» oee» Die schöne Marietta Skizze von lif« Sursutrekori Bei jenen gottesfürchtigen alten Frauen, die so gern schwarze Tücher und weiße Häubchen tragen und die heimlich über Romane seufzen, und bei den Inhaberinnen von Ehambres Garnies auf der Santa Lucia in Neapel, di« eifrig um ihr Wohl und um das Wohl ihrer Ehambres Garnie» beten, habe ich Sta tuen von Dladonnen gesehen, billige Madonnen: ich will sagen, daß sie nicht viel kosten — ain bi» zwei Lire. Sie sind etwa ein Meter hoch, fabrikmäßig hcrgestellt, ihre Kleider sind gemalt, sehen aus wie Samt und Seide und sind für den einfachsten Blick sogar hübsch. » Ich liebe eine solche Madonna. Sie ist göttlich schön in der Stille des italienischen Dorfabends mit seinen schlafenden Gaffen und offenen Türen. Sie schützt die Häuser der Gläubigen. Ich blieb ost stehen» wenn ich in einer Nische eine solche Figur sah. Und ich legte mir di« Frage vor: Worin liegt dein Reiz, o Madonna, die du, vom ewigen Licht be leuchtet, dastehst bi» zum frühen Morgen? Mit dem Sonnenaufgang wird das Licht ausgelöscht, denn da» Gebet ist billiger als das Oel für die Lampe. Worin liegt dein Reiz, o Madonna? Und eines Tages sah ich, zwei Stunden von Neapel entfernt, unweit Sorrents, auf der Insel Kapri in einem Kaffeehaus eine solche Madoüua, lebend, Mensch geworden, Fleisch und Blut. Diese Madonna hieß Marietta. Sie war 17 Jahre alt und von Beruf Kellnerin. Sie brachte den Gästen schwarzen Kaffee, Wermuh echte Piemonteser Weine. Sie hatte keine italienischen, sondern nord- liche blaue Augen. Jeden Abend kamen wir Ruffen, junge Schrift steller, Maler, Künstler, zu ihr, zu unserer Marietta, und im Volksmande nannte inan un«: die Gemeinde der schönen Marietta. Die schad«, daß ich so schlecht die italienische Sprache beherrscht», ich hätte viel mit Marietta geplaudert. Jetzt brachte sie mir etwas. Ich fragte ff«: „Wie geht es dir, Marietta?" .Danke, gut, Signor!" sagt sie nnd Acht vor mir jp Erwartung weiterer Frageiu . im graphischen Gewerbe nach dem Grund stück Wächterstraße 24, Hof, Erdgeschoß links, ver- legt. Geschäftszeit für alle drei Fachabteilungen werktäglich von 8—3 Uhr; Fernsprecher 72111. * Van der Universität Leipzig. Der neuernannte Professor für romanische Philologie, Dr. phtl. Fritz Reubert, wird Sonnabend, den 1. Dezember, mittags 12 Uhr, im Hörsaal 16 der Universitm feine Antrittsvorlesung halten über das Thema: «Antike» Setstesgut in der französischen Lite ratur -wischen Renaissance und Re volution." * Gegen die Verweigerung der Annahme von Papiergeld wendet sich eine Verordnung des Wirt- schaftsministerium», die darauf hinweist, daß solche Firmen, die sich weigern, Papiergeld anzunehmen, gewärtig sein mässen, daß ihnen wegen Unzuverlässig keit die Erlaubnis zum Warenhanöel entzog:» wird. Die gleiche Verordnung wendet sich ebenso scharf gegen die Preistreiberei, die neuerdings einsetzt, um dir Loldmark im Werte nttderzudrücken. * Ei» Jubiläum in der Leidiger graphische» Maschtueuiudustrtr. Vor hundert Jahren wurde in Limehna, einem Dörfchen an der preußiscki.s^nr^u Grenze, der Begründer der größten bmhgewerblichen Maschinenlndustrie Leipzigs, Karl Krause, gc- baren. Aus kleinen Anfängen entwickelte er die von ihm begründete Werkstatt zu einem Welthou«, dessen Fabrikationsproaramm heute sämtliche graphischen Maschinen umfaßt, -arl Kraust« Name wurde 1859 bekannt, als er die erste Papierschneide maschine fertiggestellt hatte. Nach dem Siebziger Kriege legte Karl Krause im äußersten Osten Leipzigs, im Vorort Anger-Trottendorf, den Grund- stein zu jener gewaltigen Stätte der Arbeit, in der moderne Technik und Wirtschaftsweise ihren sinn fälligsten Ausdruck fanden. Um die Jahrhundert- wende beschäftigte er ein Heer von tausend Ange- stellten und ZÜbeitern, die sein Werk durch den jetzigen Seniorchef der Firma Karl Krause, Geh. Kommerzienrat Heinrich Diagosch, fand, war seine führende Stellung in der graphischen Maschinen- Industrie unbestritten. Am 3. Mär- 1902 starb Karl Krause. Auf dem Neuen Zohannisstiedhof zu Leipzig hat er seine letzte Ruhestätte gefunden. " Wieder elugelegter Zug. Der Zug 2458 ab Leip zig, Bayrischer Bahnhof, abends 11.57 Uhr nach Gaschwitz wird vom nächsten Sonntag, 25. No- vsmber, an wieder verkehren. PenfionSzahlung. Nächste Barzahlung fiv: Hinter bliebene (nicht Rentenempfänger) bereits Freitag, den Sv. d. M. (nicht Sonnabend von 12—2 Uhr im Hanpt- versorgungsamt. Maßnahme» dar Kewerbelammcr Leipzig , Nach Mitteilungen der Gewerbekammer, der amt- lichen Interessenvertretung für Handwerk, Kleinhandel und Kleingewerbe, hat sie in letzter Zeit im Hinblick auf die Notlage der ihr zugehörigen Kreise an zu- ständiger Stelle dahin gewirkt, daß die Betriebs- steuer beseitigt, di« Rhein-und Ruhr abgabe und die neuen Bestimmungen über die Beitragsleistungen zur Erwerbslosenfürsorge auf gehoben werden sollen. Weiter hat die Gewerbe- kammer beantragt, die Vorschriften über die Auf wertung der Gewerbesteuern zu er leichtern und für die Durchführung dieser Maßnahme eine Schonfrist zu gewähren. Sie hat ferner beim Rat der Stadt Leipzig in mehrfacher Eingabe auf die dringende Notwendigkeit zur Beseitigung oder Er mäßigung der angeordneten Steuer leistungen hingewiesen, wie z. D. Düngerabfuhr- abgabe, Feuerwehrabgab«, Einhe.tspreis für Gas und Elektrizität usw. Die sächsischen Gewerbekammern haben sich in einer kürzlich stattgefundenen Zusammenkunft mit dem Entwurf über die Berufsvertretung des Hand- werke und die berufliche Ausbildung Jugendlicher befaßt; sie haben sich ferner mit folgenden An gelegenheiten beschäftigt: Festsetzung von Kostgeld- Zuschüssen für Sandwerkslehrlinge, Abänderung des Genossrnschaftsgesctzes, Aufhebung der Fachausschüsse der Bäcker und Konditoren bei den Verwaltungs behörden, Einhebung der Beiträge für die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung, Erleichterungen für diejenigen Fernsprechteilnehmer, die den Apparat vorübergehend nicht mehr benutzen könnem Ich schweige einige Augenblicke, dann sage ich: .Marietta, deine Wirtin ist eine alte Hexe!" „Wie kommen Sie darauf?" sagt sie. .Können Sie diese Behauptung begründen?" .Gewiß könnte ich dir davon was erzählen, aber ich bin ein vorsichtiger Mensch und muß erst den Fall prüfen. Ich glaube nur, was ich selbst sehe. Ist es nicht so am süchtigsten, Marietta?" „Gewiß, Signor!" Ich sehe, daß meine Worte Marietta gefallen, sie errötet leicht und lächelt selbstzufrieden. Wir schwei gen. Die Terrasse des Kaffeehauses ist leer, cs ist Nachmittag, und alles ist im Bade. „Marietta, ich liebe dich!" Das ist ein Scherz, und auch der Ton ist scherz- haft, aber ich glaube, Marietta stand solange am Tische, weil sie mein Geständnis: Marietta, ich liebe dich! erwartete. Marietta schweigt, schüttelt verneinend den Kopf, und ich denke: wen kann diese« Mädchen auf dieser Insel lieben? An den Feiertagen, wenn sich auf dem Hauptplatz die Burschen versammeln, sehe ich sie an und denke: Wer von diesen Burschen ist der Schatz Marietta»? Des Abends besuch« ich die kleinen Kneipen, schaue mir die Trinkenden an und denke: Vielleicht wird sich Marietta in diesen oder jenen verlieben? .Marietta, fahre mit mir nach Rußland!" Ich schaue sie an und denke: Sie hat ja recht, in Rußland ist es zu kalt für sie. .Nach Rußland?" fragt Marietta, und ihre Stimme beginnt zu zittern. .Rein, Signor," sagt sie leis«, .nein, Signor!" .Marietta," sage ich wieder .wenn du wüßtest, wie schön Rußland ist! Ich muß bald abreisen, ich habe Heimweh", und will ihr vom schönen Rußland erzählen — und die anderen Landsleute stimm«: «rzu. Marietta wird nachdenklich. Und unwillkürlich erwacht in ihr der Gedanke: Vielleicht ist Rußland wirklich schön. De» soll ff« mehr glauben, de« Leh ner oder dem S^tftsteller? Man kann nicht an- nehme», daß der Schrer lügt, and man kann «ine« Schriftsteller nicht glaube». Mariefta liebt die Schriftsteller. Die ganze Insel liebt sie, das ganze Land auch. In Italien weiß wem: die Könige ffnd geskwbeu, die Eroberer, dft Landesverräter Die Familie des stellenlosen Kellners Philipp Flecken in Aachen war in bitterste Rot geraten. In einer schwachen Stunde fällt der 36jährige Mann einem belgischen Spion in die Hände, dem er Material über die Hundertschaften der Schupo in Münster, Aachen und Elberfeld verschaffen soll. Der Willen lose macht einige Versuche. Sie mißglücken. Sein Gewissen erwacht. Aber da wird der Belgier zum Erpresser. Flecken wird, ehe er auch nur einen Plan ausführen kann, von der deutschen Poli zei verhaftet. Zu seinem Glück! Denn so konnte das Reichsgericht Milde walten lassen und die Strafe auf 6 Jahre Zuchthaus festsetzen. * Nicht ohne einige Romantik ist der -wette Fall. Der 19jährige Schütze Paul Kurras des 6. Reichs- wehr-Infanteric-Regiments zu Lübeck hat ein .Der- hältnis", das zugleich die offizielle Braut eines Valutaschweden ist. Als ihm die Liebste eines Tages den Laufpaß gibt, ist ihm die Stadt verleidet. Er wird mit dem Schützen Bosse fahnenflüchtig. Zuvor nehmen sie noch die Löhnung und eine größere Nachzahlung in Empfang und beschließen — es war im April 1923 —, nach der Türkei zu wandern. In Villach (Kärnten) verlassen sie die Eisenbahn und sitzen bald im Gebirge fest. Fechtend und hungernd schlagen sie sich nordwärts bis nach Wien. Dort werden sie aufgegriffen und, da sie ohne Ausweis papiere sind, auf bayrischen Boden abgesetzt. Sie erreichen Nürnberg, wo sie einen ehemaligen Grenz- schutzkameraden finden, der sich ihnen an- schließt. Das Kleeblatt wendet sich dem besetzten Gebiet zu und findet in Wiesbaden bei den Franzosen Arbeit. Bald hat An französischer Aaent an den Reichswehrdeserteuren „Gefallen^ gesunden. Er setzte eine hohe Belohnung aus für die Be schaffung von Regimentsbefehlen, Ver- ordnungsblattern; auch für die neueste Dienstordnung der Reichswehr hatte er Interesse. Kurras beißt an. Der Nürnberger Klieser leiht ihm seine Ausweis- papiere, und eine» Tages sitzt Kurras-Klieser mit 30 000 -4t „Spesenvorschuß" im Personenzug "Richtung Lübeck, wo er durch seine früheren „Be ziehungen" in den Besitz der erwünschten Infor- mationen zu kommen hofft. Wahllos und unbedenk lich klopft er auf der Straße dem ersten besten Kom- pagniekameraden auf die Schulter, zieht ihn in ein abgelegenes Restaurant, imponiert ihm (wie er glaubt» durch seine Gastgeberrolle und vor allem durch seine „Erlebnisse" in der Fremdenlegion in Südafrika, die in Wirklichkeit nur ein Produkt seiner Phantasie sind. Dann rückte er mit der Sprache heraus. Augenblicklich könne er dem Kameraden nichts bieten, aber bis er wieder zurückkomme, bringe er Zivilkleider mit, und dann könne der Kamerad ebenfalls von der Reichswehr „losgehen". Jedoch: bis nächsten Tag 12 Uhr mittags muffe er im Besitz der Informationen sein. Der andere sagt zu und — erstattet Anzeige. Am nächsten Tag wird Kurras verhaftet. Das Reichsgericht verurteilte ihn jetzt zu 10 Jahren 9 Monaten Zuchthaus * Johanna Paulus, 26 Jahre alt, hat nach einem geringfügigen Streit ihre Dienststelle verlassen, treibt sich im Weseler Hafen herum und verbringt Tage und Nächte bei den Kapitänen auf den Schiffen. Außer den verschiedenen fliegenden und schwimmen den Verhältnissen hat sie noch ein festes: den belgischen Koch August, den sie zwar nicht mag, aber doch auch nicht läßt. In den Weseler Kneipen ist die Paulus ebenso bekannt wie verrufen. Am 2. Juni hat sie mit dem Auaust ihren Geburtstag gefeiert. Als sie in der dritten Kneipe landen, ist sie um keine Nuance Heller als ihr blauer Anton. In diesem Lokale stört sie ein junger Mann, der — wie sie glaubt — sie dauernd fixiere. Sie macht ihren Anton aufmerksam und meint dazu: „Das ist sicher ein deutscher Kriminal!" Vielleicht hat sie diese Be- werkung etwas bestimmter gefaßt, denn der deutsche Kriminalbeamte wurde daraufhin von einem bel- gilchen Posten verhaftet. Jetzt hatte sie sich vor dem Reichsgericht zu verantworten. Eine ganze Reihe Umstände sprechen »u ihren Gunsten, so daß das Urteil nur auf ein Iahrsechs Monate g>ucht- hau» lautete. > , * Was zahlt der Geist? Eine alte Dame, di« wegen ihres Geizes bekannt war, erhielt eines Tages den Besuch der Frau Pastor, die sie dazu bewegen wollte, für das Wohliatigkeitskonzert, das die Ge ¬ meinde veranstaltete, ein Platz zu nehmen. „Es tut mir wirklich leid," sagte die alte Dame sofort, „daß ich zu dem schönen Konzert nicht kommen kann. Aber ich bin für diesen Abend schon eingeladen. Nun, so will ich wenigsten» im Geist bei Ihnen sein." „Und welchen Platz wird Ihr Geist nehmen?" lautet die Antwort. „Einen zu 500 oder zu 800 Milliarden?" Ueber diese unerwartete Entgegnung war die geizige Dame so erstaunt, daß sie in der Verlegenheit den billigeren Platz nahm. Ver Zwischenfall im Lsiorio Zu unserer Darstellnng über die Verhaftung zroeier Mitglieder der Interalliierten Kon trollkommission im Hotel Astoria wird uns von der Nachrichtenstelle im Reichswehrministerium noch erggänzend mitgeteilt: „Der belgische Oberleutnant — nicht Hauptmann — Airepper und sein Begleiter, der französische Feld- wedel Clement, hatten schon im Laufe des 14. No vember in der Gegend von Rochlitz, al» sie in den: Auto Nr. IS 010 die Aufstellung der Reichswehr auszuspioriieree suchten, einen Zusammenstoß mit der Reichswehr gehabt. Ihr Benehmen hatte dabei den Verdacht geweckt, daß sic troß ihrer Aus weise in Wahrheit kommunistische Spione oder fremdländische Agenten seien. Das Standort kommando Leipzig hatte daher allen Mann- schäften den Befehl hekanntgeben lassen, auf das Auto Nr. 19 010 zu achten und die Insassen zur Fest- stellung ihrer Personalien dem Standortkommando zuzuführen. Lin Befehl, sie zu „verhaften, ist über haupt nicht erlassen worden, auch wurde der obige Befehl schon 10 Uhr abends wieder aufgehoben, nach- dem die Ausweise der beiden im Hotel Astoria ge nügend geprüft worden waren. Die Aufhebung de» Befehl« konnte indessen naturgemäß nicht noch in der Nacht allen Mannschaften bekanntgegeben werden. Vier Mann einer Kraftfahvabteilung — ein Reichs wehr offi zier ist nicht dabei gewesen —, die die Anwesenheit des Autos vor dem Hotel Astoria be merkt hatten, glaubten sich daher verpflichtet, dio Insassen aufzufordern, ihnen nach dem Standortkoin- mando zu folgen. Die» geschah in durchaus höflicher Weise. Daß es dann zu einer „lebhaften Ausein andersetzung" kam, ist einzig und allein dem äußer st renitentenund wenig offizier mäßigen Verhalten des belgischen Oberleut» nant» zuzuschreiberr, der außerdem dabei beobachtet wurde, wie er mehrere Seiten — offenbar kompro mittierenden Inhalts — ans seinem Notizbuch riß und verbrannte. Auch wurde bei ihm eine Karte ge funden mit genauer Bczzeichnung aller von Truppen besetzten Orte, was den Verdacht gegen ihn und sei- nen Gefährten auf das Aeußerste verstärken mußte. Auf der Wache hat dann der wachthabende Offizier, sobald er von dem Vorfall erfuhr, di« sofortige Frei lassung der beiden verfügt. Es muß entschieden be tont werden, daß erst das Verhalten des Belgiers und des Franzosen, das von „Höflichkeit" und „Un^ erregthett" wät entfernt war, der Szene im Hotel Astoria die unerfreulichc Wendung gegeben hhat. Auch ist hcrvorzuhcben. Laß die beiden der Spionage re st los überführt waren und nur auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Interalliierten Koittrvllkom- Mission freigelassen woorden sind." " Re»t»er, Fürsorgeempfänger usw. Brikett« ausgabe am Dienstag, den 4. Dezember 1923, für alle Nummern in Sellerhausen, Dennigfenstraße (Matz L Co.). Zirkus Gtinnes Erst jetzt erfährt man, daß Stinne» die Ueber- fahrt des Zirkus Sarrasani nach Südamerika finanziert hat. Der gewaltige Tierpark des Zirkus ist augenblicklich auf dem Stinnesdampfer „Lude «- dorff" unterwegs nach Montevideo. Pferde, Ele fanten, Löwen, Tiger, Marokkaner und Balletteusen, die in Deutschland wahrscheinlich verhungert wären, essen nunmehr auch das Brot des Hugo Stinnes Auf dem Dampfer kursiert das hübsche Wort, wir brächten nach drüben ciccensss (Spiele), damit uns Südamerika panom (Brot) bringe. Der Zirkus Darnum war ja auch ein Riesenunternehmen und brachte Attraktionen der Welt, sogar gleichzeitig — die Vielseitigkeit des Zirkus Stinnes aber, in dessen Manege di« ganze Wirtschaft nach seiner Pfeife tanzt, schlägt jeden Rekord. Reichen, und nur di« Werke -er Dichter blieben mr sterblich. Einer von uns, der heimlich in Marietta verliebt ist, betrinkt sich oft und fällt unter den Tisch. Er lärmt, schimpft, schreit. Dann werden die Besitzer des Kaffeehauses un gehalten, schauen den trunkenen Schriftsteller an und denken: „Sie lügen, wenn Sie sagen, daß Rußland schön sei." Nur Marietta nimmt besorgt den Trunkenen unter den Arm und führt ihn zum Ausgang und wünscht ihm freundlich: „Gute Nacht!" Und er antwortet, ihr die Hand drückend: „Sie sind ein braver Kame rad, Marietta!" Und dann stehen wir auf dem Hauptplatze: Unten rauscht das finstere Nie er, in der Ferne sieht man das Signal feuer eines Dampfers. Und der verliebte Schriftsteller blickt zum Himmel und deklamiert: „Ave Maria, gratis Plena!" Die dicke Wirtin schaut in diesem Augenblick neidisch auf ihre Kellnerin. Und wir machen Marietta den Hof, nicht der reichen Wirtin.. Wir sind arm, aber dafür sind wir die Gemeinde der armen, bescheidenen, hübschen Marietta. Wir sind arm, aber wir schenken ihr die Werke unserer bescheidenen Kunst: Gedichte, Kompositionen, Bilder. — Der Somm«r vergeht, und nach und nach verlassen wir die Insel: Der fährt nach Rußland, jener nach Venedig. Und in der Frühe erscheint Marietta auf der Landungsbrücke mit Blumen und sagt zu dem Abreisenden: „Auf Wiedersehen!" Und der Abreisende wiederholt unseren Scherz: „Partiamo in Russia!" — „Reife mit nach Rnß- land!" Und wird« kann man in ihren Angen den Schrecken vor diesem Lande lesen. „Marietta — Russia bella." „Oh, Russia bella!" wiederholen wir. Aber Marietta antwortet: „Ich glaub«, daß Rußland schon iss. Da« Land ist schon deshalb schön, well dort solch nette Her«« -eboren «erben, wie Sie, «ein« Herr«. Ader «eine Mutter läßt mich nicht fort. Und ich muß ein« ge horsam« Tochter fein. Verstehen Sie?" Und wir verstehen. Der Dampfer setzt sich in Bew««ttw, pich Martztzg ruft dem Abreisen-«» zm „Saistn b^a Rnffmi" Und der Abreisendc ruft zurück: „Selbstverständ lich, Marietta!" Gerade jetzt, wo wieder, zum tausendsten Mal«, der Turm, den die Menschheit in Babylon aufbauen wollte, der Turm des Glückes und der Errettung zusammenbricht, erinnere ich mich an die ferne Ma rietta und lispele, wie im Gebet: „Ave Maria, gratis Plena!" (A»A dem V. Heft der Muttrrcrten MonatHchrijt „Das Leden".) Die Separatist«» befchieße« Karl de« «raße». Di« Wandbilder Alfred Rethels aus dem Leben Karl» de» Großen im Kaiserfaal de» Aachener Rathause», wurden bei dcn letzten Unruhen von Separatisten durch Schüsse beschädigt. Das Bild mit der Kaiserkrönung de« Weihnachtsabends 800 ist durch 21 Handbreit große Einschußöffnungen aufs schwerste beschädigt. Die Buchstab«» T und F. Der englische Diplomat Sir Henry Drummond Wolff erzablte Lady Paget eine lustige Geschichte, die diese in ihrem Buch „Ge sandtenleben von einst" mitteilt. Ein sehr angesehener und bekannter Quäker führte ein Tagebuch, da» er eines Tages Sir Henry zu lesen gab, um ihn durch das Beispiel seine» Lebenswandel» zum Liutritt in die Gesellschaft der Freunde zu bewegen. Die Seiten war«» mit frommen Gedanken, gute» Vorsätzen und Beispielen von nachahmenswerten Handlungen angefüllt. Man konnte daraus ersehe»* wie sehr der wackere Mann mit der Sünde gekämpft und was für ein gutes Leben er geführt hatte. Etwas fiel aber dem Leser auf. Er fand nämlich an de« Rändern sehr häufig di« beiden geheimnis vollen Buchstaben „T" und „F" angezelchnel. Auf Befragen, was diese beiden immer »»lederkehren den Zeichen bedeuten sollten, wollte der Quäker zu nächst nicht mit der Sprache heraus, aber schließlich gab er dach die Aufklärung und gestand, daß es die Ansanmtbuchstaben der beide» Varia „twupted" (versucht) und .fall«»" (Gefalle«) seien. Sa zeigte sich bat dieser genauen Rechnungsführung, daß der froannne Mann nicht nur oft von dem Bösen ver- sucht, sondern auch oft diesen Versuchungen erlegen war, was er durch die »ysterischen Buchstaben iu Mr« stkgrbuch
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