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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231129
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-29
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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Ds«r«»K>-, ck«t Ist ITovemdV Bedarfs der Besatzung»armce. die Bedürfnisse der Mieumvertreter, die danach ledialich die Repara- tionslieferungen überwachen sollen, und ferner di« Auofuhrmenge der Metallerzeugnisse. die der Kon- tingentierung unterworfen wird. Die Franzosen baden sich beim Abschluß diese» Vertrage» all« bisherigen Er-ahrungen reichlich zu Nüße gemacht. Nachdem französische Industrielle eine Zeitlang starke Beteiligungen im polnischen, tschecho- slowakischen und jugoslawischen Bergbau ein gegangen waren, wurde der französische Einfluß dort infolge de» sinkenden Franken allmäblich erheblich eingedämmt. Die neu eindringenden Kapitalien (Amerika usw.) gewannen die Oberhand, und Frank reich mußte die Hoffnungen, die es an die Investie rung seiner Mittel geknüpft batte, zum Teil begraben. Da erschien Deutschland den Franzosen als ein passendes Objekt, wo sic sich neue Bezugsmög- lichkeiten sichern könnten, und man muß sagen, daß Frankreich seine Interessen diesmal ungleich, mäßig besser zu wahren verstanden bat. Der Ab- schluß des Abkommens selbst drohte noch in letzter Minute daran zu scheitern, daß Frankreich die Kohlenlieferunqen nicht auf Reparationskonto, son dern teilweise auf Be satzungskonto gebucht wissen wollte. Der Vertrag kam schließlich zustande, aber Frankreich hat es durchgesetzt, daß die Re- parationskommission darüber zu entschei den hat, ob die übrigen Leistungen, wie Kohlen abgabe und Reparationslieferungen von Neben produkten zur Deckung der Bcsatzungskosten ver wendet werden sollen. Denn nachdem die von Frankreich vorgcschlaqrne Regelung der interalliier ten Schulden nicht angenommen worden ist. und die Reichsregicrunq sich zur Leistung von Reparationen außerstande erklärt hat. sucht PoincarL so viel wie möglich au» diesem Vertrage herauszuschlagen. Dazu soll dieses „Besatzungskonto des Ruhrgebietes* helfen. Von einem solchen kann aber nach dem Versailler Vertrag gar nicht die Rede sein, da allen Alliierten ihre Besatzungskosten aus einem gemeinsamen Konto zu erstatten sind. Und hierauf wird sich Eng land bei der Behandlun der Frage vor der Ne- parationskommission vermutlich auch stützen. Voin- rare will ganz offensichtlich die Engländer mit der Besatzungskosten-Frage erneut zu einer St'llung- imhme in der Frage der Recht Mäßigkeit der Ruhrbesetzung zwingen. Um leichter zum Ziele zu gelangen, bat Poincarö sich rechtzeitig Italiens Unterstützung damit gesichert daß in dem vorliegen den Abkommen die Kohl-niu crungen an diese« Land gleichzeitig mitgeregclt u den Oer sächsische Landtag und die Reichswehr Drerde», 28. November. (Eig. Tel.) In der heutigen Landtagssitzung wurde die Beratung über di« kommunistischen Anträge und Anfragen betr. die Reichswehr fortgesetzt. Gleich als der erste Redner der Deutschnationalcn, Abg. Kaula, an da» Vult getreten war, setzte ein ungeheurer Lärm der Kommunisten und eines Teiles der Sozialdemokraten ein. Die Reichswehr ist nach Sachsen gekommen, um das sächsische Volk vor dem roten Schrecken zu be- wahren. (Anhaltender Lärm links.) Die von der Reichswehr verhafteten Leute sind schon längst durch ihr Treiben bekannt gewesen; es hat keiner Denun ziation bedurft, wenn Lehrer vom Schlage des Ab geordneten Schneller heute aus die sächsischen Kinder losgelassen würden, dann ist es kein Wunder, wenn der sächsische Lehrerstand immer mehr an Ansehen verliere. Durch die unerhörten An griff« auf di« Reichswehr will man den Fall Zeigner übertönen. Diese Spekulation wird sich aber n-cht durchführen lassen. (Zuruf: Frecher Burschei Der Präsident bittet die äußerste Linke, mehr Ruhe, zu bewahren, wenn sie noch Anspruch auf Bildung machen wolle. So niedrige Aeußerungen nie „Mist vieh* seien bisher in dics-nn Hause nicht üblich genesen.) Wenn die Reichswehr cingegriffen hat und teilweise auch zu Mißhandlungen sich hat hinreißen lassen, so ist da« erst geschehen, nachdem sie in unerhörtester Weise provoziert worden war. Wer berechtigt cm übrigen den Ministerpräsidenten Fellisch dazu, im Reichstage zu erklären, das ganze sächsische Volk se» über das Einrücken der Reichswehr in Sachsen em pört? Mindesten» neun Zehntel der sächsischen Be völkerung sind sich vielmehr darüber klar, daß in Sachsen nicht Ruhe und Frieden herrsche. Die Re gierung in ihrer jetzigen Gestalt wagt es nicht, den Massen entgegcnzutreten. Deshalb hat die Reichs- wehr kommen müssen. Die Deutschnationale Partei begrüßt den Einmarsch der Reichswehr und Kat Ver trauen zu ihr. (Lebhafter Beifall recht» und in der Mitte.) Abg. Dr. Schneider (DD.): Soweit sich die vor- gebrachten Anklagen gegen die Reichswehr bestätigen, wird da» von seiner Partei lebhaft bedauert werden. Abg. Dr. Lehne (Dem.); Auch die Demokratische Partei verurteilt die vorgekommenon M ßqriffe. Bla» muß aber erst die Reichswehr selbst zu den Anschul, digungen hören, ehe man sich ein klares Bild mach«» kann. Was di« Minister als amtliches Material var getragen haben, sind einseitige Angaben. Der vom sächsischen Ministerpräsidenten im Reichs tage gehaltenen Rede kann nicht zugestimmt werden. Di« Reichswehr ist von ihrer Aufgabe in Sachsen keineswegs erbaut. Auch heute liegt noch die N^t- wendigkeit der Anwesenheit der Reichswehr vor. Die Polizei muß erst wieder so stark sein, daß sie de» Staatsbürgern den erforderlichen Schutz gewähre» kann. (Hierbei kommt es -u einem Zwischenspiel zwischen dem ehemaligen Dresdner Polizeipräsiden ten, Abg. Menke und der sozialdemokratischen Ab geordneten Frau Büttner. Bei dieser Gclegenheii spuckt Menke vor der Abg. Büttner au» und ruft ihr zu: „Sie bezahlte Agentin!*) Di« Regierung muß unbedingt z» einer Verständigung mit der Reichswehr kommen. Man erwartet von dem Ministerpräsidenten Fellisch, daß er «ine Perständi- gung mit der Reichswehr finden wird. (Die Sitzung dauert fort.) Strafanträge im plättner-prozeß Nachdem Dienstag abend im Prozeß gegen di« Gruppe Plättner vor dem Staatsgcrichtshoj zum Schutz der Republik die Beweisaufnahme geschloffen wurde, hielt am Mittwoch der Vertreter der Reichs anwaltschaft sein Plädoyer. Der Reichsanwalt stellte sich auf den Standpunkt, daß den Straftaten der Angeklagten zwar politische Motive zugrunde läge. Der Staat müsse sich aber unter allen Um ständen gegen den konzentrierten Angriff auf seine friedlichen Bürger schützen. Die Strafantrage des Rcichsawalt» lauteten: Gegen Plättner 18 Jahre Zuchthaus, gegen die Angeklagten Hölzl, Töpfer, Menzel und Janke 10 Jahre Zuchthaus, Fischer v Jahre Zuchthaus, Lewendowski und Meißner acht Jahre Zuchthaus. Gegen die anderen Angeklagten beantragte der Reichsänwalt Strafen in Höhe von 5 Jahren bi» 8 Monaten Gefängnis. Nach dem Strafantrag kommt es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen dem Angeklagten Plättner und dem Vorsitzenden Rcichsgcrichtsrat Dr. Riedner. Der Vorsitzende icagt die An geklagten, ob sie zu diesen Strafanträgen noch etwa» zu bemerken hätten. Plättner springt m t bleichem Gesicht, ubcrau» erregt, ron seinem Platz auf und ruft dem Vorsitzenden zu: „Wir pfeifen auf da« Urteil!* — Vorsitzender: „Das ist eine Unverschämtheit!* Das Gericht zieht sich darauf zurück, nm darüber zu beraten, wie Plättner diesen Ausfall zu sühnen habe. Kleine politische Nachrichten Wie das „Reue Wiener Journal* erfährt, soll in Wien der frühere Oberleutnant Rotzbach unter falschem Namen in Begleitung einiger Offi ziere eingetroffen sein, um mit den deutschvölkischen Studenten über die Bildung von Stoßtrupps zu verhandeln. * Die Arbeiterschaft der österreichischen Metallindustrie hat den Unternehmerver- bänden ein bi» Freitag befristete» Ultimatum überreicht, in dem ein« fünfzigprozentige Erhöhung der Löhne gefordert wird, widri genfalls am Sonnabend der Streik in der ge- samten Metallindustrie Oesterreich» beginnen werde. Infolge von Ausständen und Aussperrungen sind bereits 12 000 Arbeiter ohne Beschäftigung. * Wie über den augenblicklichen Stand der Wahl- Vorbereitungen in England verlautet, werden sich in den 605 Wahlkrei en, in denen ab- gestimmt werden muß, 501 konservative, 445 Liberale und 421 Arbeiterparteikr um die Mandate bewerben. Hypoiheken-Aufweriung (Line Retchsgertchts-Sutschet-urrg Der 5. AUrklsemU des Reichsqerickrts sLLte «urr Mittwoch eime für GrurrdKücks- bestyer und HypothekenglLnviger hochw chtige Entscheidung. Er erkannte de» Grundsatz der Aufwertung von Hypotheken als berechtigte ssor» derunga« und entschied, dass dem Gläubiger die Befugnis ,»gesprochen werde« kSnne, die LSfchung der Hypotheken berweiger«, falls nur Pa. vier mark als Rückzahlung angeboterr wird. In seiner Begründung sagt das Reichsgericht: Der Senat ist sich bewußt, daß der von ihm auf gestellte Grundsatz der Aufwertung der Hypotheken im einzelnen noch zu vielen Schwierigkeiten und Zweifel führen kann. Das sei aber nicht ein Beweis dafür, daß dieser Grundsatz, den der Senat au» dem gesetzlichen Recht und aus der Billigkeit ableitct. dem Recht nicht entspricht; er sei nur eine Folge der un glücklichen wirtschaftlichen Verhältnisse, in die wir geraten sind. Die rechtliche Möglichkeit der Aufwertung einer Hypothekenforderung ist nach 8 2 4 2 BGB. anzuerkennen. Es kommt gerade bei der Hypothekenforderung in Betracht daß der Gläu biger bei dem gestiegenen Wert des Grund, stücks einen entsprechenden Ausgleich findet. Allerdings ist nach Z 242 zu berücksichtigen, was Treu u n § Glauben mit Rücksicht auf die Perkehrssitt« im einzelnen Fall« fordern. Daraus folgt, daß nicht allgemein schlechthin der Grundsatz aufgestellt werden kann, daßalleHnpo - thekenforderungen ohne weitere» auf- zuwerten wären, und daß alle Hypothekenforde rungen etwa im Verhältnis der Papiermark zur Goldmark aufgewertet werden müssen. Es wird bei der Aufwertungsfrage vielmehr neben dem ge stiegenen Wert des Grund st ücks auch a u f andere Umstände, wie wirtschaftliche Lage des Schuldners, ankommen; ebenso werden die Lasten öffentlicher Art, die auf dem Grundstück ruhen, zu berücksichtigen sein. Weiter wird in Be tracht zu ziehen sein, ob es sich um ein städtisches, ein ländliches, ein industrielles oder um ein land wirtschaftliche» Grundstück handelt. In dem zur Entscheidung anstehenden Falle handelt es sich um die Klage de» Rechtsanwalt» Reinshagen. Berlin gegen den Kaufmann Stolz in Berlin um Löschung einer Hypothek von 13 000 Mark, eingetragen aus ein Grundstück in Lüderitzbucht. Der Ktäger ist Eigentümer eines im Grundbuch von Lüderitzbucht eingetragenen Grund stück» (früher Dcutsch-Südwcstafrika). Die Forderung ist am 1. April 1020 fällig gewesen. Der Kläger hat für die Hauptforderung einen Betrag von 18000 Mark durch eine Bank überweisen lassen und den Antrag auf Löschung gestellt. Der Beklagte ver weigerte dies, da die Schuld in einem entsprechend'!» Kurswert inHartgeld zu entrichten sei. Die bciden Dorinstanzen haben den Beklagten zur Löschungsbewilligung verurteilt. Die Entscheidung des Kammergerichts kann das Rerchs- geeicht nicht aufrechterhalten. Es tritt zwar der Auffassung des Kammergericht« bei, daß in dies m Falle allein das deutsche Inlandsrecht auch für das ehemalige deutsche Kolonialgebiet Geltung habe, da außer Zweifel sei, daß al» Ort der Rückzahlung nicht Lüderitzbucht, sondern Berlin in Frage komme. Im staatsrechtlichen Sinne sind die deutsche« Schutzgebiete nicht ohne weiteres Teile des eigentlichen Reichs- gebietes. Es muß vielmehr von Fall zu Fall geprüft werden, ob nach Grund und Zweck der m Betracht kommenden Rechtsnormen ein Schutzgebiet als In- land oder Ausland anzusehen ist. Daß die Schutz gebiete in Ansehung des Geldwertes nicyt al» Inland zu gelten haben, geht darau» iervor, daß für dis Schutzgebiete besondere Rechtsnormen erlassen worden waren. Nach >em 1905 verkündeten Bankrecht galt in den Kolonien zwar die Reicbsmarkrechnuno, nicht aber die Reichswährung. Wohl mußten Kassenscheine bei allen amtlichen Kassen zu ih-em Nennwert in Zahlung g»n"inmen werden: für den Privatverkchr bestand indessen ein Zwang zur An- nahm« nicht. Hinsichtlich der R-ichsbanknoten waren sämtliche Kassen nur »ur Annahme er mächtigt. Die Reichsbankkaflenscheine und Reichs- bantnoten waren also keine gesetzlichen Zahlungsmittel in den Schutzgebieten. Die Aenderung des Bankgesctzes, die 1909 eingetrctcn -st, gilt daher nicht ohne weitere» für die Schutzgebiete. Gegenüber der Behauptung, daß Reichsbanknotc» und Kassenscheine kraft des Gewohnheitsrechtes ge setzliche Zahlungsmittel geworden seien, müssen vom Berufungsgericht noch nähere Feststellungen gemacht werden. Fest steht jedoch, daß der Gläubiger sich nicht mit der Zahlung in deutschem Papiergelde zu frieden geben muß. Der Beklagte hat die Krage der ««ftvertnng in den Porinstanzen nicht zur Entscheidung gestellt." Er hat aber darauf hingewiesen, es könnte ihm nicht zugemutct werden, die Hypothek i« minderwertigem deutschen Papiergeld zurückzunehmen, und daß cs unhaltbar sei, für Grundstücke im Ausland deutsches Papiergeld in Zahlung zu nehmen. Damit h"t sich der Kläger aus den Standpunkt gestellt, daß eins Aufwertung vorzunehmen sei. Es wird nun Sache des Berufungsgerichts sein, über die tatsächlichen Voraussetzungen der Aufwertung der Hypothek zu entscheiden. Die Bestimmungen des deutschen Währungs- rechtes stehen der Zulasssigkeit der Aufwertung nicht entgegen. Zwar sind d e Noten der Reichsbank gesetzliches Zahlungsmittel geworden, und durch Gesetz vom 28. September 1914 I ist die Goldklausel aufgehoben worden, doch sind f diese Bestimmungen zu einer Zeit erlassen, als die begründete Auffassung herrschte, daß die Scheine dem Metallgeld gleichstünden. Durch die Außerkraft setzung der Goldklausel darf eine Benachteiligung der Gläubiger n cht entstehen, denn an die jetzt ein getretenen Folgen hat der Gesetzgeber seinereit n cht gedacht. Nach dem Eintritt des Verfalls der Währung ist ein Konflikt zwischen der Währungs- Vorschrift und der alles beherrschenden Vor schrift des 8 242 des BGB. über Treu und Glauben entstanden. Der Senat ist der Auffassung, daß in diesem Konflikt die Vorschrift des K 242 den Vorrang hat. Tatsächlich hat denn auch der Gesetzgeber in vielen Fallen anerkannt, daß der Grundsatz Mark gleich Mark nicht unbedingt aufrechterhalten werden kann. In demselben Sinne hat sich d.e Rechtsprechung auch auf dem Gebiete der gegen seitigen Vertrüge bewegt. Für die Zulässigkeit einer Aufwertung der Hypotheken läßt sich 8 157 BGB. mit heranziehen. Es ist aber in dem vorliegenden Streitfälle nrcht zu entscheiden gewesen, wie e» sich mit der Auf- Wertung anderer Forderungen (Sparkassen, Anleihe- forderungen usw.) verhält. Auch darüber ist n cht zu entscheiden gewesen, welche Folgerungen mit der Aufwertung w e im vorliegenden Falle sich in bezug auf die dinglichen Sicherungen (Ein tragungen an derselben Grundbuchstelle usw.) er geben. Im vorliegenden Falle verlangt der Schuldner, der Eigentümer des Grundstückes rst, Löschung gegen Zahlung des Nennbetrages in Papiermark. Dieser Anspruch .st, wenn m n die Aufwertung der Hvpothekenforderung -uli ßt, unbegründet. Der Schuldner hat sich cm schuld- rechtlichen Vertrage verpflichtet, für di« ganze Forderung Sicherheit durch Hypothek zu leisten. Es würde gegen Treu und Glauben vcr- stoßen, wenn die Löschung der Hypothek gegen d'n Nennbetrag erfolgte. Der Senat hat au» allen d esen Gründen entschieden, das Urteil des 18. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin aufzuheben und zur anderweiten Entscheidung zurückzuverweisen. Llmblättern Don t. S. Kettlm Erinnert man sich jene» Wunderkindes, dessen Konterfei uns Thomas Manns Feder mit graziöser Zroni« zeichnete? Ich kann vor keinem neuen auf gezüchteten Paganini, keinem erblühenden d'Albertchen mehr im Konzert sitzen, ohne de» kleinen Bibi Sacoellaphylaeca» zu gedenken, jenes Griechcnknabe» in weißer Seide, dem ein dunkler Impresario einen Kuß gibt, einen schallenden Kuß, gerade auf den Mund. Ich dachte auch an Bibi, al» ich jüngst vor einem Podium saß, das ein sehr junger Geiger betreten sollte, dachte an ihn, obschon ich wußte, daß dieser Fünfzehnjährige, zum Gardcmaß schon aufgeschossen, im schwarzen Habit mitteleuropäischer Konvention und ohne jede Wimderkinder^eidenschärpe auftreten würde. Er kam und spielte und wurde laut gefeiert. Es waren viele Menschen do, die Musik liebten, und viele, die sich'» zur Ehre rechneten, dem Bürschlein da oben mit ihres Geldsocks Uebcrfluß den Weg zum Ruhm zu ebnen, denn — nicht wahr — es würde auch ein wenig ihr Ruhm sein! Und sie saßen darum mit Ernst und kritischen Mienen do und spähten nach dem Beifall der Kenner, der ihren Zweifel betäuben solliL Denn man war nicht so ganz sichü, daß er Fort schritt« machte, der junge Freund da oben, und wie sollte man da» auch wissen? Hier war iricht« zu be rechnen, hier gab kein Kurszettel Gewißheit über den Stand der Aktien, und es war ein Risiko ungewöhn licher Art, wenn man zehn oder hundert Papierchen für den Ruhm eine» Fünfzehnjährigen cmlegtt. D«m die schlionnHen Jahve, di« kritischen Jahre .... „Aber er spielt in der Tat erstaunlich sicher!* Da» hat ein Musikant gesagt, und diese« Urteil tut all den unmusikalischen Ohren der Nachbarschaft so wohl! E» sind Worte, bi« einen Sinn haben, an bi« man sich halten kann, besser al» an di« ungewissen kühnen Tön«, di« der junge Freund da vorn seinem Insiru- ment «stockt. Und mm kommt er wieder, mit einer Dame, die Kedae^n W nnd mit dar M ein Duett von Spohr spielen wird. Ja, «in wenig unbeholfen ist er noch mit seinen langen Gliedern, und Kinderstube ist wohi ein Wort, da» er nie gehört, e ne 'Sache, die ihm völlig fremd geblieben ist. Die kleinen Augen in den dicken Gesichtern, di« nur die Gvandezza der berühm ten Künstler gesehen hoben und bewundernd darin allein Meisterschaft erkennen, die kleinea Aeuglsin werden kritisch aufgerissen, wenn die feuchte Hand de« Iünglir^» am Rockschoß trocknend niedergleitet. M»er inzwischen spielen sie oben da» Duo, ein» dieser anmutigen Zwiegespräche, di« so munter dahia- geplaudert werden. Nein, es braucht sich mancher nicht zu schämen, wenn ihn das Gegen- und Durch einander der beiden Stimmen befremdet, wenn er sich dabei ein wenig langweilt, und di« große Stille im Saal ist gewiß nicht nur Andacht, ist wohl auch ein Quentchen, ein Quantum Schläfrigkeit. Darm aber plötzlich begibt sich etwa» Unser- mutttes: der Geiger» der Üein« große Fünfzehn- jährig«, geht, kaum daß er einen schwierigen Lauf glanzvoll geendet, zum Pult der zweiten Geige, wen det, während sie weiterspielt, ihr Notenblatt, tritt zu rück, blättert seinen eigenen Vart um urrd setzt sicher in schwindelnder Höhe wieder ein. Da» alle» schneller, al« man'» beschveGt. Ein Rauschen, Raunen, Flüstern geht durch den Saal, ein Lächeln schimmert auf allen Gesichtern, und e» fehlt nicht viel, so klatscht« man Beifall. Da» ist geschehen? Ein Fünfzehnjähriger hat, ahnung»lr» und mit der Selbstverständlichkeit, di« di« Sache fordert, seiner Lehrerin, Heiner Partnerin, seiner „Dame* die Noten umgcblättert. Er ist geschickt ge- wesen, galant, Kavalier, Gentleman! Und da» ist sehr viel, da» rührt di« lieben alten Dam«, die an seine fünfzehn Jahre und an sein« arm« Jugend denken, und da» gilt vor den kritischen Augen mehr al» sein Spiel vor den — ach, wenn st«'» ehrlich ge stehen wollten! — gequälten Ohren! Denn du e» nun noch fertig bringst, kleiner Freund, di« Hand nicht am schwarzen Rock zu t ocknrn und dir nicht vor jede» Sonatensatz dein« lustig auf gestülpt» Kindernas« zu wischen — sei versichert, du wirst ein geseftrter Künstler werden. Und wenn du eines Tage» dann den großen Beethoven spielst, denke dankbar an Papa Spohr, der dir freundlich di« Pauft gab MN glücklichen UmbNitternl Zum fünfzigjährigen Jubiläum de» Leipziger Germamfttschen Institute» ist eine kleine und be scheidene, aber sehr hübsch ausgestattete Fest schrift erschienen, deren Papier der Inselverlag, deren Druck Spamer und deren Dindearbe t F. Bösenberg gestiftet hat. Gustav Roetbe teilt darin Leipzigs Seminarerinnerungen mit, und Johannes Hertel, berichtet über Eduard Sievers' erste Leipziger Zeit, der 1802 als Zarnckc« dlachfolger auf den Lehrstuhl der deutschen Philologie nach Leipzig kam. Paul Mederow, ehemals am Leipziger Schauspielhaus, zuletzt am Deutschen Theater in Berlin, hat in gürich gemeinsam mit dem Schrift- steiler Felir Möschlin ein Wandertheater neben dem bestehenden Schauspielhaus unter dem Namen „Schaubühne* gegründet. Unter Mit wirkung schweizerischer Künstler sowie auswärt ger Gäste, une Waßmann, Diegelmann, Kayßler, H^"ne Fehdmer, sollen hauptsächlich Werk, der klafften Literatur, daneben jedoch auch bedeutsam« Werke moderner Autoren in Zürich und anderen Städtender Schweiz zur Aufführung gelangen. Supferstichversteigerung in Dien. Das Anti quariat Gilhofer und Rauschburg in Wien verstei gert in diesen Tagen die Dubletten der Kupferstich- sammlung Albertina in Wien. E« handelt sich hier um eine Sammlung von kostbaren eng- lischen Schabkunstblattern de» 18. Jahr- hundert». Di« Seel« l» Trommelfeuer. Im letzten Heft de» „Brit sh Med'cal Journal* wird vorgeschlagen, bei künftigen Aushebungen jeden Rekruten nicht nur auf seine physisch« Tauglichkeit hin zu prüfen, sondern auch daraufh n, ob er nicht der Gefahr ausgesetzt sei, unter den Eindrücken der modernsten Krieg». Methoden einen seelischen Zusammen- bruch zu erleiden. Entsprechend den für berufliche Föhigke!t«vrüfungen ausgestellten „Test* - Systemen sollte auch für diesen Zweck «ine psycholog'sche Experimenten« h« zur Prüfung der seelischen Did»r- stondofäh'qkeit de» Rekruten a nag «arbeitet we'd-n. E» scheint sich also, ans» seelisch« Gebiet verpflanzt, etwa» wie der alte Kampf zwischen Geschoß und Panzerplatte vorzudereiten. Ob e» gelingen wird, für die Fähigkeit, Trommelfeuer und Ga »- an griff« seelisch zu ertragen, Belastungsproben zu ersinnen, deren Ergehn'sse da« Vorhandensein dieser Fchigke ten beweisen, wird von englischen Zeitungen einstweilen mit Recht bezweifelt. Oer Faun Kleines Theater. Mitten hinein in die Londoner Gesellschaft, oder doch in das, was Herr Eduard Knoblauch, der seinen Wilde und seinen Shaw nicht ganz ohne Nutzen gelesen hat, dafür hält, platzt ein Faun und benimmt sich so, wie Herr Knoblauch glaubt, daß Faune sich betrogen. Er redet also, kurz gesagt, ein achtspaltiqes Feuilleton über das Tbema: „Zurück zur Natur.* Einen von Wilde abqeguckten Lord will er zum vor- urteilslosen Naturmenschen, eine von Shaw ent- lehnte Lady Suffragette zur großen Liebenden be- kehren. Da Herr Knoblauch nicht kleinlich mit der Psychologie rst, macht sich da» alle» tu drei Att^n; da ihm aber eigentlich weiter nicht» al» da» Thema und »u seiner Durchführung nur das Feuilleton von der Mmutter Natur eingefallen ist. so muß der arme Faun eben drei Akte entlang sehr viel Makulatur schwatzen. Alten Damen sagt er, baß st« alt sind, und die jungen Ladies fordert er auf, Kinder zu gebären, oder wenigstens die nötigen Anstalten dazu zu treffen. Er gebärdet sich wie «in lyrischer Heirat»- Vermittler und nennt sich Prinz Silvani au» Italien (»ilv»ou» -- Wald- und Feldgott). Der gute Einfall Herrn Knoblauch»: Der Faun vermag seinem Wilde-Lord, der im Rennen ein Ver mögen verloren hat. todsichere Tipp» zu geben, weil er sich mit jedem Pferd, al» eine» echten Natur- geschöpft im Instinkt versteht, und sein« Vorzüge und Fehler auf den ersten Blick erkennt. Emil Mamelock taugt eigentlich besser für einen Lord al» für einen Faun. Al» gesellschaftl'ch unmöglicher Prinz Silvani mag «r angehen, aber wenn er «reß« Natur mimt oder die annlmmt, dann steht er nur wie «in Hofschauspieler au», der Sttmden gibt und seinen Schülern im- panieren rrill. Sr war von Schülern umgeben.
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