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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231127
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-27
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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Vebesbriefe im Paplerlorv Vie Heimkehr de, Ermardete». Die New Horker Polizei findet an der Manyat- tanbrück« einen Hut, «inen linken Stiefel nnd eine Hose. Dem gehören die Kleidungsstücke? Maa forscht nach. Endlich wirb da» mysteriös« Rätsel gelöst. Die Frau de» Klubmeistera eine, der feudalsten Klubs der Stadt erkennt in den Degen- ständen do» Eigentum ihres seit Tagen verschwun denen Mannes wieder. Sie weih gräßlich« Dinge zu berichten: ihr Mann sei stet» ein hochanständiger und pflichtgetreuer Beamter gewesen. Einmal hab« er di« Fetzen eines Liebesbriefe» im Papierkorb de» Klub-Schreibzimmers gefunden, die rin sehr ange sehenes weibliches, verheiratetes M tglied an den Mann einer Klubfreundin gerichtet hatte. Von diesem Fund habe der Empfänger erfahren und, da der Klubmeister scheinbar die komprimittieren- den Briefe nicht hatte zurückgcben wollen, den lästigen Mitwisser erschossen und in» Wasser ge worfen. Auf Grund dieser Aussage wird der Mann, ein in New Jork sehr angesehener Kaufmann, unter M o r d» verdacht verhaftet. Tag und Nacht beschwört der Gefangene seine Schuldlosigkeit. Vergeben»! Dir Berdachtemomcnt« häufen sich. Da taucht an einem Hcrbftabend jetzt der für ermordet erklärte Klubmeister von einer längeren Bum melr eise etwas unerwartet zurück und »st nicht wenig erstaunt, al« man vor ihm flüchtet, weil seine Frau ihn für sein eigenes Gespenst ansieht, das im Grabe nicht zur Ruhe kommen kann. Schließlich überzeirgen sich Fran Klubmcister, daß der Herr Gemahl höchstpersönlich und lebend zurück gekehrt sind In ihrer Verzweiflung bittet sie ihn, sich in ihrer Wohnung versteckt zu halten, bi» die ganze Mordgrschichtc wieder vergessen ist. Der Mann hält dieses Ansinnen für einen Tr.ck seiner Frau, die ihm während seiner Abwesenheit auch untreu ge wesen ist, und schlügt Krach. So kommen zuerst Nachbarn, später die Polizisten hinter das Geheimnis des Mordes. Sofort wird das zu Unrecht verhaftete Klubmit- glicd wieder entlasten. Run erfährt di« Behörde aber, daß di« Geschichte mit den aufgefundcnen Liebesbriefen im Papierkorb des Klubs wahr, und daß der Klubmeistcr ein sehr gefährlicher Erprcss« r ist. So wird also der neuerdings ver dächtigte Ex-Ermordete fcstgenommcn. Er leugnet aber jede Schuld. Und der kompromittiert« Kauf- mann, glücklich, daß er wenigstens aus der Haft ent lasten ist, schweigt erst recht. Nur di« Liebesbrief- Absenderin, die bisher noch unbekannt geblieben ist, hat sich, ihren Geliebten und den erpresserischen Klubmeister in einem anonymen Schreiben an die Polizei verraten. Sie schildert nämlich den Vor gang, wie er sich abgespielt hat, und fleht kne Be hörden an, endlich di« höchst peinlichen Unter suchungen in dieser Angelegenheit zu unterlasten, da sie icden Augenblick befürchtet, daß sie als die Ab senderin entlarvt und von ihrem bisher ahnungslosen Ehegemahl für immer ver stoßen wird. Die New Parker Polizei kennt aber kein« Rücksichten in dieser Beziehung und setzt ihre Ermittlungen znm Schrecken der beteiligten Parteien fort. Der Millionenblock. Im Erlanger Kolleg er- schien dieser Tage «in Student, der das Geld erst dreimal wenden muß, ehe er es ausgeben kann, >md brachte aus seiner Rocktasche einen Schreibblock, zu- sammengehcstet aus gehn-Millionen-Scheinen, deren Rückseite bekanntlich weiß ist. Der Käufer von Schreibpapier wird heute ermessen köinrnen, welch billigen Schreibblock der Student besitzt . . . Fürchterliche Rache eine« betrogenen Ehemannes. Aus Budapest wird gemeldet: In GedövSgffeg jen seits der Theiß hatte der aus russischer Gefangen schaft heimgekehrte Landwirt Klemens Andrisko im Frühjahr die schöne Tochter des Obergärtncrs Jo ¬ hann Ondru» geheiratet. Ihr Familienglück währt» jedoch bloß kurz« Zeit, La sich der Wirtschaftsbeamte Karl Legeza zu viel um di» junge Frau zu schaffen machte. Eine» Tage» erhielt der Gatte einen ano- nymen Brief, in dem er auf da» Liebesverhältnis seiner Frau mit Legeza aufmerksam gemacht wurde. Nachdem sich Andrisko von der Richtiggkeit dieser An- gab« überzeugt hatte, beschloß er, sich an dem Liebes paar in fürchterlicher Weise »u rachen. Er konstruierte eine Bombe, di« er unter dem Bett anbracht« und mit einer elektrischen Klingel verband. Dann begab er sich auf den Dachboden, um sich von hier an der Wirkung der Explosion zu weiden. Al» die Klingel ertönte^ suchte der Liebhaber nach der Ursache und gewahrte unter dem Bett die Bomb«, die — da» wußte er al» früherer Soldat — nach einigen Se kunden explodieren mußte. Er schlug da» Fenster ein und sprang in den Hof, wo er sich auf den Boden warf. Im nächsten Augenblick explodiert« die Bomb« und riß di« treulose Frau in Stücke. Doch auch di« Decke stürzte infolge des starken Luftdruck» ein, und der Gatte fand beim Sturz ebenfßrlls den Tod. Legeza, den die Meng« lynchen wollte, wurde von der Gendarmen« in Verwahrung genommen. Da» Lnd« de» Frantfurtrr Palmrugattrns. Frankfurts berühmter Palmengarten scheint, wenn nicht in letzter Stund« durchgreifende Hilfe kommt, nun- mehr auch dem Untergang geweiht zu sein. Die Palmen- gartenverwaltung hat dem gesamten Personal gekündigt, da die Einnahmen nicht mehr zur Unterhaltung, geschweige denn zur Aufbringung der Löhne für di« Gärtner usw. ausreichen. Durchbruch der Ostsee bei Damkerort. An der alten sturmgefährdeten Stelle der hinlerpommerschcn Küste bei Damkerort ist bei den jetzigen Stürmen ein Durchbruch erfolgt. Die Düne ist in Länge von 18V Metern weggespült, gewaltige Wassermengen haben sich in den dahinterlieyenden Bukower See ergossen. Im Dorfe Damkerort ist das Wasser bereit« in die Häuser gedrungen. In der Nähe -es Fischer- dorse» Neuwasser wurden in einem Walde 18V große Bäume von der Sturmflut entwurzelt. Lichtreklame-Orgic» in Loudon. Aus London wird der »Neuen Freien Presse" geschrieben: Bei einem abendlichen Spaziergang durch die Straßen der City glaubt man sich in in Feenreich versetzt. Die Bizarrerien d«r Lichtreklame, die ihre Farben in verschwenderischer Fülle über Straßen und Pütze gießen, wirken geradezu überwältigend. Die neueste Attraktion ist ein leuchtender Hund, der mit gefletschten Zähnen grinst, mit den Augen blinzelt, mit dein Schweife wedelt und eine leuchtende Ziga rette raucht. Ueber ihm sieht man eine im buntesten Farbenspiel aufzuckende Weinflasche, aus der perlen der Rotwein in ein Glas fließt. Daß dieser Wein der schmackhafteste sei, verkündet in Flammenschrift der begleitende Text. Ein unentwirrbarer Knäuel rotierender Räder ordnet sich plötzlich zu Buchstaben,' die für eine Zahnpasta Reklame machen. Eine dichte Menschenmengo staut sich immer vor einer Häuser wand, auf der ein riesiger ebeicholz'chwarzer Senegalneger mit einer zierlichen Fran zösin Tenni» spielt und nach allen Regeln der Kunst flirtet. Jeder der hin und her wirbelnden Bälle setzt seinen Ehrgeiz darein, sich in einen Buch staben zu verwandeln und die UnübertrcsfliHkeit einer Seife zu verkünden. Entzückend ist eine Licht reklame, die einer der beliebtesten Londoner Schla ger ist und von den Fremden nicht weniger eifrig be staunt wir- als etwa die Herrlichkeit der West minster-Abtei. Ein pausbäckige» Baby saugt aus einer Milchflasche, und sein zufriedener Gesichtsausdruck verrät, daß Nestle-Milch die beste ist. Man glaubt sich mitunter in ein Kinotheatrr versetzt. Auf einer Häuserwand sieht man ein Automobil in voller Fahrt, auf einer anderen ein elegante» Portemonnaie, aus dem Goldstücke regnen. Vor den Redaktionsgebäuden der großen Zeitungen aber, wo jeden Augenblick die neuesten Meldungen aufflammen und in Lichtbildern die Tages- ge schichte dem Publikum vorgeführt wird, er reicht das weitstädtische Treiben seinen Höhepunkt, so daß man sich in einen Hexenkessel versetzt glaubt. Sine dramatische pro-eaufnahme Verlt», Ende November. .Ach, Fräulein, Sie haben aber auch ein famose» Filmgesicht!" Mit diesen Worte» wurde die sechs- undzwanzigjährig« Verkäuferin Lo«i D. eine» schöne» Tage» angeredet, al» sie sich la «irrem Berliner Kina- theater in der Pause zwtsche» Lustspiel und Drama dem Genuß einer kandierten Fruchtstange hiaaab. Die also Apostrophierte blickte flüchtig auf, aber stehe da, ihr Antlitz erhellte sich, denn sie sah sich einem schmucken und verwegen «»»sehenden Kavalier gegen über. Der nicht mehr ganz junge Mann stellte sich als der Direktor der Badischen Filmfabrik A.-G. vor, und was sich nun au» dem im Laufe der fünf Akte immer wärmer werdenden Gespräch ent wickelte, bildete den Gegenstand einer Verhandlung vor dem Gericht. Der Angeklagte Spiridion A., jugo slawischer Staatsangehöriger, ist ein Mann von jenem südländisch-balkanischen Aussehen, da» auf ge wisse Frauenkategorien wie Sekt zu wirken pflegt. Er sitzt mit «roßen träumerischen Augen da, und es hat den Anschein, al» verweilten seine unschuldsvouen Gedanken bei irgendeiner fernen Liebesnacht. Lont D^ die al» Hauptzeugin auftritt, ist ein Wuschelkopf mit englischem Ansichtspostkartengesicht und einer ebenso naiven Weltanschauung. — Vorsitzender: Sie sind also nachher zuerst mit dem Angeklagten in «ine Kon ditorei gegangen? — Zeugin: Jawohl. Und dann be, suchten wir noch mehrere Lokal«. Schließlich ver abredeten wir uns auf den nächsten Tag. Herr A. war begeistert von meiner Mimik, versprach, mich aus zubilden und fuhr mit mir nach Nenbabclsberg hinaus, wo seine Aufnahmen angeblich stattfanden. Er hatte mir noch eingeschärst, ich solle mich recht fein machen, weil ich zuerst in einer Gesellschaftsszene flatteren sollte. Da hatte ich deshalb unseren Fami - lienschmuck angelegt. Schließlich kamen wir auf eine kleine Waldlichtung. Da ich gar keine Gebäude sah, fragte ich, wo er mich denn hinbrächte. Da sagte er, er müsse erst einmal eine Probeaufnahme im Freien machen. Und da kam auch schon ein Mann mit einem Stativ und einem photographischen Apparat, stellte alles auf und bearüßte Herrn Z. Der stellte sich an den Apparat, und der andere Mann mimte einen Landstreicher, der «in« junge Dame im Park anfällt und beraubt. Er packte mich auch so furchtbar fest gleich an, daß ich furchtbare Angst be- kam und schrie. Aber Herr Z. rief: .Lasten Sie doch, ist alles nur Temperament!" Der Mann warf mich zu Boden, band mir die Hände fest und ein Tuch um die Augen, beraubte mich und lief weg. Als mich Spaziergänger fanden, war Herr g. auch ver schwunden, das Stativ lag auf der Erde und daneben ein alter Stiefelputzkasten, über den ein großes Tuch gehängt war." — Herr Z. leugnet bei seiner Vernehmung alles. Sogar, daß er die Dame über haupt kenne. Zwischendurch versteht er dann plötzlich nicht Deutsch, wird aber vom Vorsitzenden durch güt liches Zureden bald wieder bewogen, sich an seine Kenntnisse zu erinnern. Er wandert, während sein Komplice flüchtig ist, auf einige Zeit hinter Schloß und Riegel. Aber wenn er herauskommt, so ist zehn gegen eins zu wetten, daß sich an seinen träumerischen Augen auf« neue die Herzen kleiner, kinosüchtiger, dummer Mädchen entzünden werden. Der Apfel der Eva. Mr. Campbell, ein eng- lischer Gelehrter, der sich mrt der Frage beschäftigt, welche Frucht eigentlich Lva dem Adam reichte, hat sich schließlich überzeugen müssen, daß es auf keinen Fall ein Apfel sein konnte, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil in der Gegend, in di« man das Paradies verlegt, der Apfelb.rum un bekannt gewesen ist. Welche Frucht mag denn nun aber bei den Derführui«,«künsten der Lva als Lock- mittel gedient haben? Denn man sich an die Be schreibungen und Abbildungen des Daumes der Er kenntnis in den Handschriften de» Mittelalter» hält, so hat man nur de« Schwierigkeit der Wahl, da jede» Volk der besten im Lande wachsenden Frucht den Vorzug gegeben hat. So stellten die Griechen Eva in dem Augenblick dar, als sie eine Feige pflückte; bei den Italienern aber sollte es eine Orange sein; die Burgunder erklärten, daß di« verbotene Frucht rrur eine Weintraube gewesen fein könne, 6« K7. während die Normanen dem Assel den Vorzug gab«» Die Bewohner der Picardie glaubt« ihrerseits, daß allein di, Kirschen auf Eva solche» Lockrriz aus- üben konnten, um die Vertreibung au» dem Paradies zu rechtfertigen. Kurz, eine Lösung de» .Problems" scheint zuunöglich. Gewiß ist nur das ein«, daß das Paradies für die Menschen unrettbar verloren ist — und daß der gelehrte Mr. Campbell enorm viel Zett Hot. Di« Mod« t» Gold. Der Hunger nach Gold tobt sich jetzt auch in der französischen Damen- mode au». Jede Pariserin, die etwas auf sich hält, und die es sich vor allen Dingen leisten kann, ist nach Kräften bestrebt, ihre Umwelt in ein Dorado zu verwandeln. Der Salon wiü dementspechend mit schwerem Brokatstosf bekleidet, die Möbel erhalten einen goldschimmernden Lackanstrich. Auch die Sofakissen sind reich mit Gold bestickt und mir gol denem Zierat überladen. Auch in der Kleidung bringt man, wo immer es geht, do« G^Id an; au» Goldbrokat ist der Stoss de» Kleides wie die Schuhe und Stümpfe; aber damit nicht genug, wer den auch die Federn des Fächers mit Goldstaub be streut und alker Zubehör der Toilette, wie Pompa dour, Puder- und Schminkbuchse, Taschenventilator usw. sind aus Gold hergestellt oder wenigstencaus einem Metall, das wie Gold gleißt. Mord nach dem Kuß. Aus London wird ge- meldet: Am vergangenen Montag kam Ger e William Iggulden, ein junger Porträtmaler, ?ur Polizei und sagte: .Ich fuhr soeben mit Mrs Ltl.tt Doward in einer Autodroschke. Während wir uns küßten, verlor ick» plötzlich meine Selbstbeherrschung zog ein Rasiermesser aus der Tasche und durchsckuritt ihr die Kehle. Hier ist ihre Handtasche. Die Laiche ist draußen im Waggon." Jetzt wird der Gc st?'- zustand des unheimlichen Mörder» untersucht. Die tödliche Lüge. Wie aus Capodistra gemelket wird, hat sich dort ein tragischer Fall zugttraqm. Dittorio Statovaz, ein junger Mann aus Pol:, vc - liebte sich in ein junges Mädchen, und um ihm -u imponieren, erzählte er ihr unter dem Siegel ter strengsten Verschwiegenheit, er sei der in ganz Ist i.n sehr gefürchtet und seit langem gesuchte Bandit Lallarig. Seine Braut konnte das Geheimnis natür lich nicht wahren, und es kam zu Ohren dar Bchörde. Al« nun Statovaz dieser Tage wieder zum Bcsu'e bei seiner Braut weilte, wurde des Haus vorsil'tig umstellt, und als er gegen Abend heraustrat, wu-de der harmlose Großsprecher al» der vermeintliche ge fürchtete Raubmörder nach kurzem Anruf von den Kugeln der Carabinieri niede-gestreckt. Der Niedergang des Schnupftabak». Aus Schottland kommt die Kunde, daß eine der letz ten von den alten Schnupftabakfabrikcn in Juniper Green, deren Produkte einst einen Weltruf besaßen, ihren Betrieb eingestellt hat. Ausnahmsweise wird dafür nicht die allgemeine Wirtschaftskrisis verant wortlich gemacht, sondern die bisherigen Fabrikanten erklären, es bestehe keine Nachfrage nach Schnupfpulvern mehr. Die Glanzpcr'ode des Schnupftabaks, über die wir aus literarischen Quellen wohl unterrichtet sind, war im 18. Jahr hundert: aber auch die erste Hälfte des IS. wußte diesen Duftstoff noch zu schätzen. In der Rokoko- Periode schnupfte jedermann, wie man aus den zahl losen zierlichen Dosen erkennen kann, die das be kannteste Denkmal jener Zeit bedeuten. Auch große Damen huldigten damals diesem kleinen Laster, Königinnen und Prinzessinnen, und ein Lon doner Haus, das sich heutzutage mit dem Verschleiß prosaischer Zigarren und Pfeifentabake befaßt, früher aber die geme abendländische Menschheit mit Schnupfpulvern versorgte, bewahrt in seinen Ge- schäftsbüchern den Nachweis, daß auch Prälaten der anglikanischen Kirche, römisch« Kirchenfllrsten und sogar einige Päpste die Mode mitmacbten. Es gab damals für die Schnupfer ein« viel größere Auswabl — und auch höhere Preise — als heute: der Duft wurde in der guten Zeit nicht durch b-ngemischte Essenzen bestimmt, sondern ausschließlich ^urch vie kundige Mischung verschiedener Tabaksorten. Gegen das Ende des 18. Jahrhunderts erst kaP der Brauch auf, besonders kostspielige Sorten durch Besprengung mit spanischem Essig, dem Rosenöl beigrmischt wurde, zu parfümieren. Saarländisches Bilderbuch Don t.l«st»«1 VIII Die Einreise. Sie wollen ins Saargebict reisen? Haben gehört. Laß es sich dort so gut lebt, man wird in Franken bezahlt, hat alles, was das Herz begehrt. Es ist ein« Art Amerika ohne Ueberfahrt. Aber wie kommt man hinein?... Haben Sie einen roten Saarpaß? Sind Sie gebürtiger Saarländer? Oder können Eie Nachweisen, daß Sie wenigstens vierzig Jahre dort gelebt haben? Nein? Dann ist es zieml.ch ausgeschlossen, daß Sie nach dem neuen Amerika auswandem können, denn da» Saargebiet liegt hinter einer hohen, undurch dringlichen Mauer, und seine Pforten sind gut be wacht. Für phantasiebegabte, unternehmungslustige Leute ein interessante» Land; frül^r hat man sich wenig um seine Existenz gekümmert, man wußte, daß dort unten Garnisonen und Eisenwerke waren. Jetzt ist'» auf einmal ein begehrte» Neuland ge worden für solche, denen es im eigenen Lande nicht mehr gefüllt... Aber eher kommt ein rheinischer Gutsbesitzer, der in Frankfurt o. M. wohnt, auf sein Weingut jenseits des Rheines, als irgendein rechtsrheinischer Bürger ins Saargebict. — Warum da» so ist, weitz niemand, es ist so... Gehört man aber zu der Gruppe, di« sich eines roten Saarposses erfreut oder hat man al» «.ebürtiger Saarländer da« Recht auf Einreise durch Einreisen seines deutschen Paffe» erworben, so fährt man bis zur Grenze, wo das unbesetzte Gevi«t, der deutsche Fahrplan und die deutsche Einheitszeit auf- hört, bis Frankfurt a. M., fährt mit der Straßen bahn bi» Griesheim, geht dort eine halbe Stuod« auf der Landstraße durch Wind und Wetter sich hab« di« Reise nie bei schönem Wetter gemacht) zum Griesheimer Bahnhof. Dort beginnt da» besetzte Gebret, dort sängt die Frankenwährung an, und dort erfährt man, wann irgendein Zug über Wies baden nach dem Saarland geht. Em zweiter Weg, der mir einfacher scheint, ist der über Mannheim, der uns nur zwingt, dort zu übernachten, denn erst jen- seit» der Ludwigshafener Rhcinbrück« erfährt man, wie und wann man wetterfährt, und daß es nur «ine» Ltlzug gibt, der uns nachmittag» um 5 Uhr weiter, befördert, mit dem man bei Nacht im Saaraebiet landet. Der um AS Uhr abgehend« Pariser Schnellzug ist nur für diejenigen vorhanden, di« ein Fahrkarte nach Lothringen wenigsten» aufweisen können, und sei'» nur eine Station hinter Saar- brücken. Diese brauchen nicht dreimal unterwrg» auszusteigen, ihr Gepäck bi« zur Aollstativn zu schleppen, sich unterwegs zweimal neue Karten zn lösen ... alles ist ziemlich kompliziert, und kann nur von Landeskundigen mit Glück zu einem guten Ende geführt werden. Die grünen Blusen deutscher Dienst männer hören hinter der Rheinbrücke auf, das einzig Farbige, was man hier erblickt, ist der rote Fez und das schwarze Gesicht eines Negers, der sein Baionett auf der Schulter auf dem Bahnsteig spazieren führt. An Unruhetage» sind die Rheinbrücken verschlossen, und nur einmal am Tage und nur für Saar länder passierbar. Aber das alle» erfährt man meist erst, wenn man drüben ist, vor dem Fahr kartenschalter, hinter dem eine Dame mit rotem Pagenkopf, in grünseidcner Bluse, Karten ausgibt. Also keine Reise in» Blaue! Nur keine alten, ge brechlichen, nervösen oder gar kranken Leute herüber, bringen... e» ist bei schlechtem Wetter nicht ohne Lebensgefahr. In Griesheim hat sich als besonderer Sport da« Koffertragen für die Jugend heraus gebildet... wie in Italien bei Ankunft «ine» Dampfer» wird man umringt von einem Knäuel von Buben, die uns die Koffer au» den Händen reißen, sich unterbieten, rufen, schreien, und uns französisches Geld zum Wechseln anbietcn. Eie wissen genau den neuesten Kur«, es ist eine Börse unter freiem Himmel... am Bahnhof zu Griesheim. Am besten wechselt man sein deutsche, Geld an dem Schalter oder in einer der improvisierten kleinen Wechselstuben sofort beim Eintritt in» besetzte Gebiet, und ebenso ist vor der Ausreise alles fremd« Geld ab- zuftoßrn, denn der Franken stand z. B. vor einige» Tagen im Saargebiet fast eine Billion, und man be zahlte in Griesheim nur 240 Milliarden. * Der Geldverkehr. Der Geldrerkehr drübea»ist sehr merkwürdig. Man gewöhnt sich so leicht an da» Ausgeben der ge wechselten Franke» wie «inst an das der Mark. Man gibt für eine Zeitung fünfzig Centimes, für di« Straßenbahn dreißig, für eine Tasse Kaffee einen halbe» Franken leichter Hand au» und ist erstaunt, wenn man uns auf dem Bahnhof in Wiesbaden 300 Milliarden dafür abnimmt. Man steckt sich einen Zehnfrankenschein in da» kleine Poortemonnaie, spe.ft dafür im Restaurant «ine Suppe, «ine Poularde mit Salat, Kompott, Dessert, trinkt seinen Nlokka im Cafe, kaust sich eine Zeitung oder ein Buch, fährt mit der Straßenbahn und hat immer noch «in paar Centimes in der Tasche. Da» neu« Hartgeld funkelt wi» Gold, di« durchlochten Centime» geben sich fo leicht au». Ma« spott nicht mehr dort unten. Di« Verhältnisse haben sich verschoben, seit man nicht mehr mit deutschem Geld und französischem bandeln ond tauschen kam:. Deutsche« Reichsgeld ist dort lckwer zn bekomme», man rechnet nur noch i» Franken, und rechnet nicht mehr um. Die Berg- leute, die früher ihre Franken umtauschen konnten, haben entweder Häuser in Frankfurt und Wiesbaden gekauft oder sind wieder arm wie vorher, wenn sie nicht» anlegten; die Borger«: blüht wieder wie einst auf den Bergmannsdörfern. Schlimm ist es, daß die deutschen Zeitungen, die man im Saarland«: abonniert, so unregelmäßig er scheinen. Weshalb? E» hält sie niemand unterwegs an, der Wey für Zeitungen ist frei, aber sie kommen nicht, ehe d:e Nachzahlunyen oder Vorauszahlungen geleistet sind, und da sich die deutsche Rechnung täglich 8ndert, erreichen die Geldsendungen die Perliger nicht rechtzeitig, und die Zeitung bleibt aus. Dies« Vorauszahlungen sind für ein so abgetrennte» Land einfach undurchführbar, und wenn sich di« deutsche Währung nicht endl ch stabilisiert und die Preise für den Monat festgesetzt werden können, werden all mählich die saarländischen Leser die deutsch'n Zeitungen abbestellen. Und da» ist sehr traurig in einem Lende, wo uns an jeder Ecke ein Kiosk mit fremdsprachlichen Blättern entgegenstarrt und jede Zeitnngshandlerin an feder Äks Dutzende von fremden Journalen freilhält. O Saarbrücken. Die graue Stadt... sie war einst lustig, sa:»ber und bunt, die schmucken Uniformen der hell blauen Dragoner auf ihren Schimmeln, der blau- roten Ulanen auf ihren Füchsen, der dunkelblauen Artillerie, die roten Kragen der Infanterie belebten da» Straßenbild der Industriestädte. Dann wechselten die Farben. An dem Tage, al» di« deutsche Fahne sank, tauchten die khakigelben Uniformen, der rote Fez, der weiße Burnus und himmelblaue Mäntel aus; statt dex Pferd« rasen Auto» durch die Straßen. Jeder hat ein Auto zur Versüaung, der auf dem Bergamte arbeitet oder militärisch eingekle det ist. Jeder Gemüsehändler hat e« zu einem kleinen Citroen gebracht, Auto» und Lastwagen erschüttern di« Sou»fro»ten; Auto», mit Trikoloren geschmückt, elegante Auto», in den Kiffen dichtvermummte frierende Damen, bi» an di« Augen in Pelze gewickelt. Autos, die aussehe:: wie kleine, gelbe Holzsch.ffe, wie Särge, wie Seelenverkäufer. Der Straßenverkehr ist nervenzerstörend, atemraubend, lebensgefährlich ge worden. Der Bahnhof gleicht einer Measchenschleuse, di» unaufhörlich durch ihr« engen Ausgänge Ström« von Menschen heran»!»«, hie sich i» der Stadt ver teile«. Lothringer, Pfälzer, Franzos«», Reisend« aller Art, Schmuggler, Schieber, Geldwechsler, Bankier« an» Part», Seidenhändler au» Lyon, di« groß« Lyoner Messe ist Überall angezeigt. Ver nach weist, daß er ssir mindesten» hundert Franken jen- seit» der Vogesen eingekauft hat, bekommt die Fahr- karte geschenkt! Man ist sehr entgegenkommend gegen solche Geschäftsleute... Aber um dorthin zu kommen über die Grenze, die jenseits Saarbrücken wieder beginnt, in Forbach, muß man erst seinen roten Saarpaß besitzen, dann bekommt man den Haul-conäuit für Frankreich mit Leichtigkeit. Wer sich abmeldet und sich länger als drei Monate vom Saarlands entfernt, verliert seine Zugehörigkeit, er ist kein Caareois mehr, und wenn seine Vorfahren schon zur Zeit Karl, de« Großen hier angesessen waren. Heute ist di, Stadt wieder grau geworden, vou Rauchschleiern überzogen, mit grauberußten Haus- fronten, es regnet Ruß, es regnet Saarkohlenstaub... Die Saarregierung hat nach zähem Kampf endl ch durchgesetzt, daß die Anamiten und Marokkaner, die unsere Kasernen füllten, weggekommen sind, die Alpenjäger sind dafür eingezoaen; Saarbrücken st noch wie vor französische Garnison. Nur die Fachen haben ssch geändert. Dos Khakigelb der Uniformen hat sich der Atmosphäre angewöhnt, die hunmcl- blauen Mäntel haben eine bescheidenere Tönung an genommen, sie sind in das Grau der Luft, drs H mmels und der Straßen übergegangen; sic irllur nicht mehr auf, das Grau hat sie verschluckt. Der bronzene Bismarck auf dem Schloßplatze braucht nicht mehr auf gekreuzte Trikoloren herabzusehen, die man so oft wegnahm und wieder hinlrgte, daß es zuletzt langweil-g wurde... er ist auch grau geworden, der Alte mit seiner Rolle des Versailler Vertrages, die er in seinen Händen hält... Es finden keine Paraden und keine Fackelzüge mehr statt, und auf dem Spicherer Schlachtfeld« wird Gemüse gezogen hinter Stacheldraht; e» ist eine große Kolon:« brauner, grüner und blauer Kahlköpfe, die dort wachsen, von Bajonetten bewacht... die Spicherer Milchfrauen marschieren wie einst, d.n Korb mit Käse, Milch und Rahm auf dem Kopse, über den Berg zur Stadt... und hinter dem Wirts- Haus der goldenen Bremm steht wieder der fran zösische Grenzpfahl, wie dazumal, al» :ms«re Vater die Kniewelle über seinem Schlagbaum machten... Tt» l»«g«« Wie»«r Stück i« der Art Nestroq« und nabe seine» gemütlichen Humor hat Max Gla - fer «schrieben; e» heißt: Liebe auf Raten" und ist bei Heinr. Mercy S«dn lPrag) verlegt. Der »»unteren und volk»tümlichen Komödie kann man Nestroy» Pragram» unterlegen: .Bi» zu« Lorbeer versteig' ich mich nicht. G'fatten sollen mrine Sachen, unterhalten. Lachen sollen d' Leut,' und mrr soll di« Gsschicht « Geld tragen, dich ich auch lache» kann .. Vi E'n « In HoHbet D^rello neue: Fünfpf: dem Li . Reichsbi Bevölk«: facher, 1 bange Schritt - oder wi Vorfahr verschon Ilnehren Nit Münze gegen 7 löttOYO es etwa gerade i Von nickcndoi de.«Heio Zinkoloä Gang ih d. h. d Blocks c locht. 4 sorisch Weingeil Prägewc dem gal wcrden inte: treten. Der dieser H - r teck Uebcrstü maßen r herum l sicht aus ü:e nur geht ver lammeln geprägt neuem n Mit stücken h Man wü anfertige zuknugcn weiteren München Amer Es hc Englai Radioges Nacht zu Sendung, der Neue mutlich r samkeit stationen, stanischc ! ver nor Abends, sphärische Hörer mi ftrnl teiln zeit ihr: Trotzdem Radioz Versuche gestörte § beiden lisckien n> wollen d einrichten haltimg l zeit emps vier 46s Ehe <- es sich h: Hause h gerast. W'.rd, Na.>2, i mußte ei wolle! — Hut unL stüc-.unq streß: he haltender Sie irrem gerade u Der t hinter de in dem i zu sprech Das gi raste sein Mortimc: nach der einem j vous? 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