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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231127
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-27
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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ck« L7. Noch«»«» „Bolk»p«st," ei« Wahlergebnis herbeiführ« könnte, bas kein« klare Entscheidung brächte. Di« Ar» beiterpartei, der vor allem daran liegt, daß Lloyd George nicht zur Macht gelangt, wird sich keinesfalls bereit finden lassen, einer Koalition, wie sie Deaverbrook und Rothenner« anstreben, de» Weg sreizugeben. Schwere tlniuhen in Gelsenkirchen Gelsenkirchen. 26. November. (Eig. Tel.) Am Sonnabend kam es in Gelsenkirchen wieder -u blu migen Unruhen. Am Morgen de» Sonnabends ljatten die Erwerbslose» Unterstützungen von 1,4—3,1 Billionen Mark erhalten, eine Summ«, die nicht genügte, um da» ntwendig« Brot zu kaufen. Au» diesem Grunde bemächtigte sich der Arbeitslosen eine große Erregung, die bald in Plünderung gen ausartete. Alle Bemühungen der Polizei, die Plünderungen zu verhindern, scheiterten. Gegen Abend waren etwa 150 Geschäfte mehr oder weniger ausgeplündert. Die Polizei in Verbindung mit der, Franzosen mußte von der Waffe Gebrauch machen. Ein Geschäftsmann wurde durch die Plünderer getötet, zwei Plünderer von der Polizei erschossen, ebenso «in Knabe durch eine verirrte Kugel getötet; 23 mehr oder minder schwer Verletzte wurden den Krankenhäusern zu geführt. Gegen Abend trat, nachdem im letzten Augenblick noch eine Geldauszahlung möglich gemacht wurde, verhältnismäßige Ruhe enr. In Rotthausen ereigneten sich wiederum Un ruhen, die in Plünderungen ausliefen. DreiPlün derer wurden von der Polizei getötet und eine große Anzahl verwundet. Ein westdeutscher Itrckverband Elberfeld, 26. November. Auf einem außer ordentlichen Bertretertag der Deutschen Demokratischen Partei sprach der Reichstagsabge- ordnete Erkelenz über die bevorstehende Entschei- oung über di« besetzten Gebiete. Nachdem Tirord einem Herrn aus Köln die Frage vorgelegt habe, ob man nicht über die Bildung etne» Rhein- staate» im Rahmen de» Deutschen Reiches verhandeln könne, hätten Verhandlungen ftattgefunden, zunächst am vorigen Freitag, Liber die im einzelnen iwch nichts bekannt geworden sei. Er glaube aber in großen Zügen folgende» darlrgen zu können, wo» von Tirard angenommen worden sei: E» solle über die Frage beraten werden, die be- setzten Gebiete im Rahmen eines Verwaltungs körper» zusammenzufoffen, der auch über die Provinz» und Staatsgrenzen, über Westfalen und Hessen hinübergreist. An die Spitze diele« Zweck" verbände» tritt ein zwei- bis süns- köpfige» Direktorium. Dahinter st:ht zu- nächst ein Ausschuß, der gewissermaßen der Berate? diese« Direktoriums ist. D'-ses Direktorium hat dir Aufgabe, einerseits mit den Franzosen, -anderseits mit dem Deutschen Reiche alle die Verhandlungen zu führen, die notwendig find, um wieder Ordnung zu scharfen. Voraussetzung dafür ist erstens die Rege lung der Finanzen. 1. Ein solches Gebilde muß Finanzhoheit, also eigene Steuern haben. 2. Um dieses Gebilde und um die Verwaltung zu ordnen, muß die Verwaltung wieder mit den ersten Kräften besetzt werden, die in der Hauptsache au«aewiesen wurden. Die Aufgabe de» Direktorium» vurd de«halb sei», auf die Rückkehr der Ausgewiesencn hinzuarbeiten, oder, soweit es nicht möglich ist, auf dre Neubesetzung der betreffenden Aemter bedacht zu sein. Im übrigen hätte diese» Direktorium das Recht imd die Pflicht, alle Maßnahmen zu treffen, die ein souveräner Staat in seinem Gebiet treffen kann. E» würde gewissermaßen die Souveränität de» Reichs Staatsrechtsbücher für be« Staatsbürger Solange die Staatsgeschäfte von einer kaiserlichen oder länglichen Regierung nach den Weisungen ihre» allerhöcysten Herrn besorgt wurden und dre Parla mente nur dekorative Bedeutung hatten, war das Staatsrecht ein Gebiet, dem selbst unter den Juristen nur verhältnismäßig wenige ihre Aufmerksamkeit schenkten. Seitdem wir aber in einer demokratischen Republik leben, in der da» Volk durch se.ne er wählten Vertreter Ziel und Richtung der Regierung bestimmt, sieht sich der freie Staatsbürger vor die Aufgabe gestellt, sich so gründlich w « möglich mit dem Staat»r«cht vertraut zu mache», damit er sich nicht nur bei der Abgabe de» Stimmzettel» der Trag weite seiner Entscheidung voll bewußt sei, sondern auch in volitischen Versammlungen und bei der Lu»- spräche mit Abgeordneten seiner Meinung klaren Ausdruck geben und sie mit guten Gründe» stützen könne. Wenn er aber da« Dissen, da» er hierzu braucht, aus den dickleibigen gelehrten Handbüchnn schöpfen müßte, die in der alten Zeit de« Studium des Stoatsrechts dienten, so würde es wohl den meisten an Mut und Ausdauer dazu fehlen. Heute brauchen wir kurze, handliche Lehrbücher de« Staats- rechts, die jeder ohne besondere Vorkenntnisse ver stehen und ohne zu großen Zeitaufwand durch- arbeiten kann. Von solchen für den Gebrauch aller Staatsbürger geeigneten Büchern liegen jetzt zwei vor: „Allgemeine, Staatsrecht" von Dr. Oskar Georg Fischbach, Verlin und Leipzig. Walter de Grnyter L Lo. (zwei Bändchen der Sammlung Göschen), und »Einführung in di« Rechtswissenschaft" von Pros. Dr. Richard Schmidt, Verlag von ffelir Meiner in L« pzig, 2. Austage Da« „Allgemeine Staatsrecht" von Fischbach gibt in kurzer Fassung «in«, vollständ gen IleberbUck über da« Staatsrecht und ist vorzüglich geeignet, do« Verständnis der staatsrechtl chen Be griffe und Einrichtungen zu vertiefen, weil e» st« in ihrem Zusammenhang darstellt und Berglech«' zwsschon den, deuftchen Staatsrecht »nd de» der arkber« Ander zieht. (Bon besonderem Interesse st»d darin gegenwärtig bi« Abschnitte über Kam- »nd der Länder für di« Zeit, in der hier ei» Kwa»,,-usta»tz herrscht, auf dieses Direktorium übertrage» werden. Denn unter de» herrschenden Drück die Bande zwischen dem Reich und den Ländern gelockert werdcn «üssen, so dürfen wir mast Frank reich die Möglichkeit geben, di« einzelnen a^- Mischen, rheinische», hessisch« und bayrisch« Teile usw. gegeneinander auszusptelen. Trotz e.ne» gewissen Widerstande», der vielleicht in Westfalen am größten ist, muh man zusammen vergehen. Da» ent- scheidend« ist, daß wir vor der Schaffung eine» Selbst- verwaltungskörpers km besetzten Gebiet stehen. Bedenken gegen das Abkommen mit der Mtcum Hamm, 2ü. November. (Eia. Tel.) Am heu tigen Sonntag traten die Direktoren der Ruhrzechen in Unna zusammen, um zu dem am Freitag mit der Mleüm abgeschlossenen Vertrag Stel lung zu nehmen. Von allen Seite» wurden schwere Bedenken gegen die Bedingungen dieses Vertrages ausgcsprocheiu Bor allem richtet« sich die Bedenken dagegen, daß di« Klauseln in dem Vertrag, die sich aus die Ein-'und Ausfuhr beziehen, der Besatzung behörde das Recht zu Eingriffen in die Betriebe geben und dadurch die Handlungsfreiheit der Zechen stören. Ls wird betont, daß di« Unterzeichner de» Ver trages die wirtschaftlichen Bedenken nur deshalb zu rückgestellt haben, um der trostlosen Lage der Er werbslosigkeit abzuhelfen und nm wieder einiger maßen geordnete Arllditsverhältnifle zu bekommen. Italien verlangt Beteiligung an den Auhrverhandlurigen Fra»kfnrt a. M-, 2«. November. (E i g. T el.) Ueber die Stellungnahme Italien» zu den Ruhrsragen wird der „Frankfurter Zeitung" au« Rom gemeldet: Die italienische Regierung überreichte eine Note am Quai d'Orsay, worin sie ein« direkte Teil nahme an den schwebenden Ruhr ver- Handlungen und Rnhrabkommen fordert. Poin- crr6 sagte zu, daß Italien an den zukünftigen Ruhrverhandlunaen teil nehmen und außerdem 18 Prozent der oeutschen Kohlenlieferungen erhalten solle, statt 18 Prozent, wie es in Spa abgemacht war- den war. Mussolini verfolgt die Ruhrpolitik mit der größten Aufmerksamkeit und wartet zunächst den Be- richt der jüngst ins Ruhrgebiet abgegangenen ita lienischen Si idicnkommission ab. Die republikanische Bervegung in Griechenland Athen, 28 November. (E ig. Tel.) Am heutigen Sonntag fand hier eine riesige Kundgebung statt, in der 60 VW Manifestanten die Ausrufung der Republik verlangten. Plastira» erklärte kategorisch, daß bisher keinerlei Schritt einer fremden Ma cht erfolgt sei, der unter Hinweis auf äußere Gefahren vor der Ausrufung der Republik gewarnt hätte. Die Revolutions regierung stehe fest zu ihrem Ideal der D« m vk ra t i e. Athen, 26. November. (Eig. Tel.) Der Re- gierungsches Gonatas erklärte, daß die Wahlen unbedingt am 16. Dezember stattfinden müßte». Es sei der Regierung unmöglich, länger auf eine Einigung zwischen Republikanern und Denize- listen zu warten. Alle Anstrengungen, ein« Einheits front herbeizuführen, seien gescheitert. Zeder Versuch, die Republik durch ein« Staats- streich zu erzwingen, wird verboten. Die Armee wird in dem Wahlkampfe beiseite stehen. Auf das Pro-, portionalwahlrecht wird endgültig ver zichtet. Erst nach Aufstellung der Parteiliste wird Plastira» sich entscheiden, welcher der Liste die Re gierung ihre moralische Unterstützung leihen wird. „Hestia" zufolge werden di« kaufmännischen Ver bände Griechenland» überall große Versammlungen organisier«, in denen Venizelos aufgefordert «er den soll, nach Griechenland zurückzukehren. Es wird behauptet, daß trotz der Erklärungen, die Plasticas abgab, die Wahrscheinlichkeit eines mili tärischen Staat»ftrekche», durch de« die Republik eingestihrt «erden soll, zugenomme» hat. Der Attache als Ppioa Araatfurt a. M., 26. November. (Eig. Tel.) An der schweizer (schen Grenze ist vor einigen Tuge» der Militärattache der französischen BotschaftinBern unter dem Verdacht verhaftet worden, Spionage in Süddeutschland ge trieben zu haben. Gewisse Spuren ließen ver- muten, daß der Verhaftete Helfershelfer gehabt hat. Nunmehr gelang e», einen au« Lörrach geflüch teten, unter dem Verdacht der Mittäterschaft stehenden Han» Diecken in Frankfurt a. M. zu ver haften. Degen Drecken lag ein Haftbefehl der Staatsanwattschaft Stuttgart vor. Di« Landes kriminalpolizei in Stuttgart hatte einen Beamten hierher gesandt, der den Abtransport des Diecken noch Stuttgqrt vornahm. Die Spionageangelcgrnheit scheint noch weiteren Umfang anzunehmen. Sin ttnierstaatssekretariat für Slsaß'Lothringen Part», 26. November. (Eig. Tel.) Nach einer Straßburger Meldung des „Platin" soll der Entwurf zur Aufhebung desGeneralkommissa- riat» in Elsaß-Lothringen von neuem dem elsaß-lothringischen Landesrat unterbreitet werden. Danach soll sich alsdann die französische Kammer über den Entwurf ausspvechen. Es wird die Schaffung eine» Unterstaalssekretariat» für Elsaß- Lothringen in der Kanzlei de« französischen Minister präsidenten vorgesehen. Langer Parts. Lö. November. Nach dem „Intransigeani" ist die Grundlage für ein« Einigung in der Tanger-Frag« gefunden worden: Die Stadt Tanger mit dem Hafen soll durch ein« Kommission verwaltet werden, die aus achtzehn Eingeborenen uno je sechs Franzosen, Spaniern und Eng ländern zusammenzusetzten wäre; di« eingeborenen Vertreter soll« zur Hälfte unter den Musel manen und den Juden ausgesucht werden. Frankreich soll di« finanziell« Vorherr schaft erlangen unter der Bedingung, daß es für Tanger und seineir Hafen eine Anleihe von 50 Millionen Franken stcherstelle. Oie sozialistische presse in Bayer« wieder freigegebeu München, 26. November. (Gig. Tel.) Der Generaistaatskouunissar hat am 28. November mit sofortiger Wirksamkeit für das rechtsrheinische Bayer» folgende Verfügung getroffen: Di« Anordnung vom 11. November 1923 über^dit Verbreitung staatcgcfähr kicher Druck- schkiften wird aufgehoben, soweit sie das Er- scheinen von Zeitungen und Zeitschriften, die von der Dereinigteo Sozialdemokratischen Partei herausgegcben sind oder sozialistisch« Ziele verfolgen, allgemein verbietet. Die Kreisreg erungcn — Kammern de» Innern — (in München, Nürnberg und Fürth die Poltzetdirektion) wird «rmächt gt, zu bestimmen, welche dieser Zeitungen und Zeitschriften wieder erschein« dürfen. Di« Erlaubnis hierzu kann unter bestimmten Auflagen erteilt werden. Voraussichtlich werden die sozialistischen Zeitungen in München, also zunächst die „Mü a che« erVo ü", morgen wieder erscheinen können, wenn die Per- sprechungen über gewiss« von dies« Zeitungen ver- laugte Bedingungen erfüllt werden. Den unge- heuren wirtschaftlichen Schaden, den das Verbot den Verlegern zugciügt hat, wird freilich die Aufhebung des Verbote» nicht wettmachen können. B«i der „Münchener Vost" waren unterdessen sämtlich« An- >'stellte entlassen worden. SS---———s—-s»»sse»»«-» inissariat, Diktatur und Belagerungszustand.) Richard Schmidt» „Einführung in die Rechtswissenschaft" be schränkt sich -war nicht auf da» Staatsrecht, widmet ab«'' diesem sowie dem Derwaltunas- und dem Drbeitsrccht den größten Teil des Buche», so daß sie geradezu al» ein Lehrbuch der Staatsbürgerkunde be- zeichnet werden kann. Als diese» Werk vor zwei Lahr« zu« ersten Mal« erschien, haben wir schon seine mann gfachen Vorzüge hervorgehob«, zugleich aber bedauert, daß Richard Schmidts grundsätzlich berechlig» Kritik am Recht de» neu« Staates em« «armen Unterton freudiger H ngab« an di« Aufgaben der Gegenwart vermiss« läßt. Die jetzt vorliegende -weite Auflage, von der im allgemeinen da» gleich« zu sagen ist, unterscke det sich von der ersten Haupt- sächlich dadurch, daß dem grundlegenden Teil de» Werke» di« leitend« Ide« der Rechtsphilosophie in gedrängter Form einacfügt worden sind, um dadurch den kr.tisch« Betrachtung« ein« methodische Stütze zu geben Das Buch hak damit al» abgeschlossen -u gelten. A. Bett Theodor Barth. „Politische Porträts." Rach d« „Russischen Köpfen" von Oscar Blum ist tn der gleichen Reih, bei» Verlag Franz Schneider (Berlin, Leipzig, Wien und Bern) eine von Dr. Ernst Feder gewissenhaft besorgte Reuausgad« der „Poli tischen Porträte" von Theodor Barth heraus gekommen. Diese Publikation soll nicht nur «eg« ihrer ganz hervorragend« buchtechnischen Ausstat tung begrüßt sein, sondern ebenso «nd entschiedener noch weg« der aeiftige» Bereicherung, di« sie dem Leser zu vermitteln berufen ist. Diese achtzehn Aus- sähe Barth», von den« die »eisten in der „Ration" de» Verfasser« erschienen sind, btetrn, al» ein Ganze« betrachtet, ein politisches Glaubensbeienntni», da» gleichzeitig gültige Erkenntnis ist. Da» Eredo «ine» Dahinaegangcuen spricht mahnend und wegweisend zu unserer deutschen Gegenwart. Der im Kampfe für Demokratie und parlamentarisches System »in: Herzstarkung braucht, der findet sie hier. Dem inner« Adel und der politisch-pädagogischen Bedeu- > tung von Männe« wie Theodor Mommsen, Lud wig Opmberger, Franz » Stnoffenberg I »no -etneich Rickert kan« kau« schöner gehuldigt «erden, al» es Varth in de» literarisch:» Ehren- »al« für sein« Freunde getan hat. Aber a»ch Per sönlichkeit«, die außerhalb der enaeren Barthschen Ge«einsch»ft standen, wt« Kaiser Fried rich »nd Karl Schurz, sinh «ft Liek« porträtiert, Bismarck» Wesen wird ohne di« leiseste Voreingenommenheit darqesteltt, die vornehme Erscheinung Tapriyi» mit ehrlicher Anteilnahme für die Nachwelt festgehalten, Windt - horst findet ebenso wie Eugen Richter eine objek tive Würdigung, Eaoour wird al« der schöpferisch« liberal« Staatsmann gefeiert, dem deutschem»!- kanischen Zeugen für d»e Kraft aufrechter demokra tischer Gesinnung reihen sich die Angelsachsen Glad - ston«, Asquith und W. Ll. Garrison an, und mit einer Studie über da» Regime der Königin Viktoria empfängt das Prinzip de: konstitutionellen Monarchie den Zoll einer Anerkennung, die dem wilhelminischen Deutschland Bismarckschen Ursprung» versagt bleib« mußte. Diese „Politischen Porträts" find wahrlich keine toten Museumsstück«; aus der Situation ihres Ent stehen» heraus blicken st« lebendig in» stürmische Leben unserer Lage. S l. Die Lage der Arbeiterschaft i» Duttschlaud. Her- ausgogeb« und verlegt vom Interaatroaal« Ge» werkschastsbund, Amsterdam. (Derlagsgcsellschaft des Allgemein« deutsch« Gewerkschaftsbunde«, Berlin.) In der Statistik der Nachkriegszeit und besonder» in der internationalen, herrscht dank der alle» durch- «inanderrüttelnden Geldentwertung Anarchie. Zahl« sind im Augenblick der Veröffentlichung bereirs wieder wertlos, zudem streiten sich ein halbe» Dutzend Methoden um da» Reiht, al» richtig zu gelten. Die verschiedensten privaten Stellen veröffentlich« neben den amtlichen ihre eigenen Indizes. Hier unbeirrt von Interessentenwünschen die nackte Wahrheit zu er mitteln, ist für da» deutsch« Volk schon deshalb höchst wichtig, weil uns andernfalls von unser« Gegnern ständig vorgeworfe» wird, daß es uns «mb zu gut geh«. Dem International« Gewevtschaftsbund ge bührt daher Dank, daß er «ine Etudienkommissipa «it der Untersuchung der wirtschaftlich« Lag« der Arbeiterschaft in Deutschland beauftragt hat, dt« sich rücksichtslo» von den trügerisch« Inilationsrissem freigemacht hat und aller Welt über den Goldwert von Löhn«, Preisen und dergleichen rein« Wein einschenkt. E» ist natürlich «i» trübe» Bild, da» sich do vor na» entrollt. Aber wenn es auch überrascht, daß einig, längst abgetan« marxistische Doktrin« dem Bericht der gewerkschaftlichen Praktiker noch an* hast«, so sühnet er sich i« allgr«etn« dadnrch au4, daß er i» aller Nüchternheit die Ursachen der Der- »rmung untersucht: die Verschlechterung t» Zustande Di« „Abends ost" at« putfchistenövrgan Die „Höllische Zeitung" — «in deutschvölkisches Radaubiättch«, da» wegen staatsgefährlicher Um triebe vom Kommandierenden General verhüten worden war — hatte ein« Entschließung deutsch völkischer „Bünde" und Vereine geg« den „Mittel deutschen Kurier" veröffentlicht, der in unserem Ver lag« erscheint. Der „Mitteldeutsche Kurier" hat die protestierenden Uebergerman« mit dem Vermerk beiseitegeschvben, daß ihr Deutsch zu mangelhaft ser, al» daß eck beantwortet werden könne. Wendungen wie: „. . . tiefstchenderer wie (!)" und „Ehrabschnei der: nationaler und völkischer Männer" mögen als Beueise des mangelhaft« Schulbesuchs ihrer Autoren dienen. Nun erdreistet sich die „Leipziger Abe.rd- post" — wie man weiß ein Ableger der „Leipziger Neuesten Nachrichten" — das Gestammel ihrer Hal lenser Gesinnungsgenossen nachzudrucken, den Pul- schiften Ludendorff zu verhimmeln und ganz offen mit neuerlichen „völkischen" Putschen zu drohen: Ls ist interessant, daß sich die „Leipziger Abendposi" durch die Veröffentlichung offen al« Putsch stcn- Organ bekennt. Llm Sachsens Kunstschätze Dresden, 26 November. (Eig. Te,l.) Di^ Ab findung des sächsischen Königshauses ist bekanntlich auf Schwierigkeiten gestoßen, da der ousschuß des Landtages die Regierungsvorlage ai>- geiehnt hat. Die Schlußberatung steht berc. s auf der morgigen Tagesordnung des Landtas»», aber es wird fraglich sein, ob dann bereit» vre Ent- sche düng fallen kann. Wie wir erfahren, wird d « Regierung noch Verhandlungen mit den Partei« an knüpfen, um die Vorlage in ihrem Sinne zu retttn. Die Regierung ist bereit, den Verkauf von Gegen ständen der vormal gen königlichen Samm lungen (Gemälde, Porzellan, Brillant« Gobelins usw.) non der Zustimmung, des Landtages abhängig zu machen, aber sie verlangt, daß einfache Mehrheit erforderlich und genügend sein sollte, während die Bürgerlichen Zwei drittelmehrheit beantragen. Die Kommunisten und auch die Sozialdemokraten stehen auf dem Stand punkte, man könne Gegenstände aus den Sammlung n ohne writercs verkaufen, wenn die Not des Volkes das gebiete. Demgegenüber vertreten die bürger lichen Parteien das Kulturintcresse, daß die in der Vergangenheit gesammelten Schätze, bei denen zum größten Teil auch die Anziehungskraft Dresdens und Sachsens liegt, möglichst ungeschmälert der Zukunft «nd den kommenden Geschlechtern zum Studium überliefert werden müssen. Unter diesen Umstanden dürfte es -nicht leicht sein, eine Einigung in dieser Frage zu erzielen. Mehrbelastung -er Genu luden Dresden, 26. November (Eig. Tel.) Die Re'chs- regierung hat auf Grund de» Ermächtigungsgesetzes unter dem 36 Oktober eine Verordnung zur Ab änderung des Schl-chtungswcsens erlassen und alle Einzclstreitigkeiten mit Wirkung vom 1. Januar 192i den Arbeitsgericht« überwiesen. Bi» zur Errichtung allgemeiner Arbeitsgerichte gelt« al» solche die ge- meiydlichen Kaufmanns- und Gcwcrbegerichte. Wie der Sächsische Gemeindctag mitteilt, beäcutct diese Verordnung eine neue außerordentliche Mehr belastung der gemeindlichen Gerichte, die ohne Einstellung neuer Richter und Vermehrung des Kanzleipersonals nicht geleistet werden kann. Dabei bedeutet die Verweisung an die Aaufmanns- und Gewcrbegerichte auch eine Erschwerung des Ver» iahren» und damit auch eine weitere Verteuerung. Di« Verordnung sei erschienen in dem gleichen Ze t- punkte, in dem den Gemeinden ein weitgehender Ab- bau ihres Beamten- und Angestelltcnapparates auf erlegt wurde. Sie steht aber vor allem in striktem Gegensatz zu dem S 59 de« Finonzausgleichsgesetzes, wonach den Gemeinden keine neu« Ausgaben aus erlegt werden dürfen, ohne daß ihnen gleichzeitig die entsprechenden Mittel zur Durchführung zur Ver fügung gestellt werd«. Bei der schlechten Finanz- läge der Gemeinden stehen daher die Gemeinde» vor der Frage, ab sie die Uebernahme dieser Aufgaben nicht ablehnen müssen. Wie wir erfahren, sind Ver- Handlungen mit den Reichs- und Landesbehörden bereit» im Gange. de» sachliche» Produktivirsapparate», den Raubbau an menschlicher Arbeitskraft, die unproduktive Arbeit usw. Viele Diagramme und Habellen unterstützen die Darlegung« des Textes. Leider geht die Unter- suchung nur bis zum Oktober 1922, doch sind die internationalen Vergleiche, z. T. aus unveröffcnt- lichtem Material, wertvoll. Es ist zu wünsch«, daß solche Untersuchung« internationaler Instanz« öfter wiederholt werden, um sich möglichst rasch der rasen- den Entwicklung anzupasscn. ro. Apel, Kommentar zu Kaute Proleaomeua. Eine Einführung in die kritische Philosophie. Felix Meiner-Leipzig, 1923. Aus der Tatsache, daß Kant feiner „Kritik der reinen Vernunft", über deren Schwerverständlichkeit er sich durchaus im klare» war, in Gestalt der „Prolegomena" eine Art Ec- läuterungsschrift alsbald nachsandte, folgt durchaus nicht, daß nun besagte „Prolegomena" eine leichte philosophische Lektüre darstollen müßten. Im Gegen teil. Immerhin jedoch führt uns die Prolegomena- schrift in die Vorhalle der kantischen kritisch« Philo- sophie ein und eröffnet uns die wichtigst« Ausblicke auf das System selbst. So kommt Apels beim philo sophisch« Publikum schon langst gut eingeführter Prolegomenakommentar einem weit verbreiteten Be dürfnisse der Kantiateressenten entgegen. In sch lichen, lebendigen Ausführung«, die den Prole- gomenatext Absatz für Absatz begleit«, werden die Probleme der Schrift erörtert, werd« Parallel stellen aus Kant selbst und au« anderen Philosophen zum Vergleich herangezogen, wird auf di« Arbeiten der neueren Kantforschung hiagewies«. Sympa- tisch berührt da» weitgehend« Zusammenstimmen mit Simmel» Kantauffaffung. Neu hlnzugekommcn ist in dieser 2. Auflage «ine — allerdings fast zu kur gehaltene — Kommentierung de» letzten Kapitel« der Prolegomena. Sein Hinweis ans die „Kritik der reinen Vernunft" genügt wohl hier kau«, da die Prolegomena gerade di« hier behandelten metaphy sischen Probleme neu und elgenartia beleucht «, gulemwenfassend darf gesagt werd«, daß die klar und faßlich geschriebene, auch dem gebildet« La'en wobl verst"vhlsche Schrift allen denen durchaus »u empfehlen ist, di« eia« Einblick in da, streng theoretisch« System de» großen deutschen Denkers, da» doch auch auf die deutsch« Geistigkeit größt« Einfluß ansgeübt hat, geucknnen wollen. vp. Rfsrnsck OottlNUNlttk.
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