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Biedermeier vorm Tore Pavkkmrst, «ine Pl—deren Wurzeln nicht in deutscher Srd, stecke»! Wen» mir von Parkdmst Hörers, denken wir unwillkürlich zunächst an die Meisterschöpfungen L« Rütre», de« Gartenkünstlers au« der gelt de« Sonnenkönig», der da» Vorbild un gezählter späterer Parkanlagen, den Park von Ver sailles, geschaffen hat. Verlassen wir im Geiste fran zösischen Voden, so erscheint un«, «he wir an Deutsch land denken, die Parkkunst eher noch verkörpert durch di« Park», di« England» grüner Boden trägt. Dor unserem geistigen Auge erscheint der weite Rasen dm» Londoner Hydepark», der dem Auge Willkommen- Gelegenheit bietet, über grüne Flächen von schier un endlicher Weite zu schweifen. Gibt «o nun auch ein« deutsche Parkknnst? Sicherlich. Auch Deutschland besitzt viele und ausgedehnte Kunstpark». Deren Schöpfer sind aber fast ausnahmslos von den fran zösischen und englischen Gartenkünstlern inspiriert worden, ohne daß sie dabei den fremden Gedanken immer ganz glücklich nachempfunden hätten. Deutsche Park» in Anlehnung an die Versailler Anlagen wirken häufig durch die Fülle der verschiedenen Beete, Hecken, Baumgruppen und anderer Anlagen in ihrem Gesamteindruck auf da» Auge beunruhigend. Oder aber, wenn englische Gärten zum Vorbild dienten, glaubt« der deutsch« Schöpfer mit Unrecht häuf g die weite grüne Rasenfläche durch ein an sich vielleicht recht schönes Blumenbeet oder durch eine Gprinybrunnmmnlage unterbrechen zu müssen. So befriedigen die deutschen Park», die französischen und englischen Schöpfungen nachempfunden sind, ivr all gemeinen nicht völlig. Ausnahmen, wie der Park von Sanssouci, die Gärten um den Prachtbau de» Würzburger Schlöffe», die Anlagen von Nymphen burg, der Park von Herrenhausen und die aus gedehnten Parkschövfungcn, die die Schlösser mancher schlesischer Magnaten umgeben, können nur die ge nannte Regel b-stiit gen. Erst nachdem Jean Jacques Rousseau:- Ruf „Zurück zur Natur" erschallt war, ward in Deutsch land eine autochthone deutsche Parkkunst geboren. Mit der Biedermeierzeit kamen die deutschen Natur parke. Man verzichtet« scheinbar auf Kunst, in Wirk! chkeit aber auf Künstelei, gab der häufig arg vergewaltigten Natur zurück, was der Natur war, und schuf Anlagen, deren da« Herz des Naturfreunde» ebenso froh ward, wie da« Auge de» Kunstliebhaber». Solcher rund I0Ü Jahre alter ZtttUWarto, in die häufig bereit, «rhandey, «nlag»» «ufgenommen worben sind, gibt es in Deutschland eine ganze Menge. Wahr« Naturfreund« werden sie nn all gemeinen noch lieber aufsuchen, al« die prätentiös« n Kunstpark» nach englischem und französischem Muster, in denen man die Furcht nicht lo» wird, irgendwelchen Schaden an der geheiligten Symmetrie, anzurtchten. Röcht allzu viel» Leipziger wissen wohl, baß wir an der städtischen Peripher« ebenstills einig« dieser Naturpark» Haden, von denen der Park von Kleinzschocher, der ehemals der Familie von Tauch- nitz gehörte, wohl der anmutigste und betuchens- wsrteste ist. Würde Naturliebe, Gemeinsinn und Rücksicht auf fremdes Gut noch Gemeingut der Be völkerung fein, müßte man bedauern, daß der Park von Kleinzschocher der allgemeinen Benutzung ent zogen wird. Bei der bedauerlichen Mentalität eines großen Teiles der Leute von heure aber kann man es der Stadt nicht verdanken, wenn sie durch ein Verbot de» Berrettn« den Kleinzicbocherschrn Park vor Verwüstung schützt. Welc^ ' Schicksal ihm drohen würde, wenn er der allg..,win«n Benutzung zugängig wär«, lehrt ein Blick auf die an den Park angrenzenden, allgemein zugänglichen Elsterwiesrn. Nichtswürdige Bubenhäntu haben alle dort stehen den Büsche mit Stumpf und Stiel «NlSgerodek. Nur aufgewühltes Erdreich verrät noch den einstigen Standort grünender Büsche. Denn man sich von Leipzig der weithin ein sicht bares Wahrzeichen von Kleinzschocher bildenden zwei, türmigcn Taborkirche nähert, so bildet der entsetzlich nüchterne und prosaisch«, von der Stadt Leipzig unter Hinvansetzung jedes Kunstempfindens errichtete pedantisch-praktisch« Mietskasernenblock recht» der Straße in Schleußig keine erhebende Ouvertüre zu dem ersehnten Parkidyll von Kleinzschocher. In ¬ dessen verscheucht bereit» der Eintritt in den 1SL0 städüsch gewordenen Park jede Erinnerung an trost lose Nüchternheit moderner Hausarchitektonik. Gewiß soll der Mischstil des ehemaligen Tauchattzfche». Herrenhauses am Parketn-ang nicht übermstßtß ge priesen «erde», aber da» stattliche Hau» mit dem spitzen Turm wirkt doch, a»o dem Grün der Bäume auftauchend, al« anmutige« Pendant zu der, auch in der Nähe überaus erfreulichen, kaum 20 Jahre alten Taborkirche. Hat man bo» alte, von heraldischen Löwen flankierte Steinportal durchschritten, so Kat nicht nur da» Milieu, sondern auch da» Zeitalter gewechselt. Richt« stört mehr die Biedermeier- Illusion. Erst heute preist der Kieinzichocherichk Park so rech: das Derk seines Schöpfer», der der Natur nirgendwo Gewalt angetan, darüber hinaus ober durch spar ¬ sam« Verteilung der Baume auf wcilem Plan das natürliche Wachstum seiner Pfleglinge für alle Zeiten begünstigt hat. Nlangel von Licht und Luft nicht kennend, strecken di« Bäum« ihr« Aeste weithin kraft voll au». Da» bewundernde Auge nimmt so tatsäch lich ungeahnte Anblicke in sich auf. Ein wie kümmer lich*» Leben führen doch die verschnittenen Bäume an den Straßen, in den Gärten oder in Parks mit allzu gedrängtem Baumbestände, verglichen mit den Baumriescn von Kleinzschocher! — Gleich beim Ein» tritt fesselt «in» Gruppe prachtvoller mexikanischer Sumpf-Aypreffen. Magnolien von schier ungeahnter Größe und Breite schließen sich an. Der Anblick mächtiger Eschen, di« hier und da und dort verstreut sind, erbeut des Wanderer» Herz. Nicht verschnittene Taxusgruppen, die in ihrer unbeschränkten Entfal tung ein sonst nicht gekannte» Ausmaß erreichen, ge währen lieblich« Abwechslung. Weimutskiefern und Parkbuchen werfen flächigen Schatten. Doch den machtvollsten und schönsten Anblick bieten wohl riesig«, knorrig« Eichen, die weit älter sind al» der Park selbst, den sie zieren. Eine halbrund« Silhouette, starrt ihre prächtige Krone, die noch das letzt« Herbst laub schmückt, gegen den blaßblauen Himmel. Ihr Anblick, wert eines Ruysdaelschen Pinsel», wirkt wie eine Symbolisierung non Macht und Stärk«, hervor gegangen aus dem freftn Spiel der Kräfte. Da- zwischm, locken das Auge merkwürdige exotische p»rttt»VN in ttl»In r»aN»a»»»r «ul I»d»rkiraft« untt tt»rrvnft»U« Bäume, wie der Geweihbaum, di« Liqnidamba mit ihren tiefgezackten roten Blättern, -te einen Lock- geruch verbreiten, und Trompetenbäume, deren weit ausladend« Zweige, durch Träger gestützt, über dic Fußwege hinÜßergreifen. Sdelgeformtc Platanen runden die Auslese dendrologischer Seltenheiten auf» glücklichste ab. Für den empfindsamen Beschauer wird der Ein- druck des Ganzen noch durch die glückliche Grup pierung einzelner Bäume verstärkt, di« anmutige Durchblicke auf die Kirche, das Herrenhaus oder den Parkweiher mit der Orangrrie im Hintergrund« fr»i geben. Ander« Paumgruvpen wieder bilden dm gegebenen Hintergrund für ein Biedermeieridyll oder für eine Schäferszene im Watteauscheri Stile. Frier stunde für Aiqe und Herz ist dic Promenade im Park von Kleinzschocher. Mögen auch heut« die Zeiten noch zu ungünstig j sein, um Projekt« ohne unmittelbaren materiellen Nutzen für die Bevölkerung zur Ausführung zu bringen, so wollen wir hoffen, daß es der Stabt- Verwaltung in absehbarer Zeit doch vergönnt sei, mit der geplanten .Parkpolitik" zu beginnen. Lhieago, seit wenigen Wochen Leipzigs „Patcnstadt", soll, so plant mein, mit seinen aroß»üoigcn Parkanlage», un» Unt»r VNum»n Träum»» Vorbild werden. Ausgangspunkt einer im Chicago« schem Sinn« orientierten Politik, die di» an» Deich- bild Leipzig« heran ausgedehnte Parkanlagen für We Einwohnerschaft vorsieht, soll der Park von Klein zschocher mit scinem Niesenylfttel sein. Doch »oäi hat es gut« Weile damit, brauchen wir doch zur Durchführung dieser Politik Ruhe innen und außen, flüssig« Gelder, sowie größere Einsicht und einen ge- wissen Idcaliimus der B:völkernng. Vr tt»r»aft»t vier glückliche Menschen 45j Roman von Lllnor Olpn Auch Zara saß und starrte aus ihrem Fenster in den einfallenden Abend hinaus. Der Gedanke, daß ihr Depeschenwechsel m'.t Mimo und Mireo ,u irgendwelchem Ve7oachtgrunde gegen ihre Ehre führen könnte, war Zara noch niemals ge kommen. Ihr inneres Leven lag in Beziehung auf Liebeleien und deren krumme Wege da wie ein offenes Buch. Schleichpfad« und Intrigen oller Art, wie sie Laura Lighford geläufig waren, standen Meilen unter ihren Füßen. Wenn sie auch nur im leisesten geahnt hätte, was in Tristram vorging, sie würde alle Dünsche ihre« Onkel« in Dezieh'ma auf Diskretion über den Haufen geworfen Haven. So wußte Zara nicht, worunter sie mehr litt; ob unter der wachsenden Entfremdung zwischen ihr und Tankred, der kaum einen Blick mehr für sie hatte, oder unter der Sorge um Mireo, über -essen Gesundheitszustand kein Telegramm sile beruhigt«. So kam der Morgen des Berl obung s -Diner», das Tristram den Anfang de» Ende» nannte. Er hatte e» vorgezogen, mit der Bahn noch Lon don zu fahren, um dem Peinlichen zu Zweien im Auto zu entgehen. Lord und Lady Tankred wurden in Park Lane von Markrute in der Bibliothek erwartet. Ein Blick in da» Gesicht dieses reservierten Manne» war beiden ein« Offenbarung der Macht de» Glücke«. Franci»' Augen strahlten geradezu, au» ihnen sprach Jungsein und Menschenfreund lichkeit. Auch Tristram hatte sich einmal eingebildet, «inen so glücklichen Tag erleben zu dürfen. E« war der, an dem er Zara vom Bahnhof obgeholt, und er entsann sich de» Goldstücks, da» er einem Bettler in die -and gedrüttt. Dein und Freude öffnen di» -«z« d« ß»» L-TANs tyTNI M gbANpEr «VU? MQEHUN NG auch egoistisch. Bollsiänd.g Eingenommen von seinen An gelegenheiten, bemerkt» Merlrute nicht» von der wachsenden Unruhe in dem ganzen Wesen seiner Nichte. Diese stand unter der Frage, ob es noch möglich sein würde, vor dein Diner beim Herzog Mimo einen Besuch zu machen. Sie mußte wissen, wie es mit dem Kind« ging. Scheu sich umsehend, verließ sie die momentan leere Halle; ergriff die eiiste Fahrgelegenheit, und stand bald in der ärmlichen Wohnung. Mimos Zimmer war leer, und er hatte keine Mchricht hinterlassen, zu welcher Zeit er heute Heimkehren würde. , Zara wartet« bi» zur äußersten Blöglichleit, schrieb 'hre Adresse auf ein Stück Papier und trat tief niedergeschlagen den Rückweg an. Zwanzig Minuten vor acht Uhr traf die junge Frau wieder in Park Lane ein. Der erste, dar ihr an der Treppe begegnete, war Tristram, bereits in Diner-Toilett. Blaß bis in die Lippen, vertrat er sein« Frau den Weg. „Do bist du gewesen?" ,E» ist jetzt nicht der Zeitpunkt, dir das zu sagen — übrigen» hast du kein Recht, in solchem Tone zu mir zu sprechen. Bitte, laß mich vor- bei — Ich komm« sonst zu spät." »Was frage ich danach, ob du zu spät kommst! Und was mem Recht betrifft — bedenke, daß du meinen Namen trägst —" »Deinen Namen?" wiederholt^ sie, und zum ersten Male kam Zara da» Gefühl einer Beleidi gung, di« hinter feiner Heftigkeit verborgen sein konnte. Zara» Dangen glühten, in ihren Augen funkelte es: »Laß mich vorbei!" Tristram rührte sich nicht; er hört, aber jemand di« Treppe heraufkommen, und seine Hand löste sich von der ihren. Zara eilte nach oben; — fuhr hastig in die Kleid«, die die Jungfer ihr verständnisvoll zu- Ahtgelegt hatte, und pünktlich war man zur Tankred — « wär, als sch chn« altmachende -and über dessen fugend frcches Antlitz hin- aaaanaen. Die am meisten darunter litt, war Wg »nkved, feine Mutter, — jedoch »ar eo ihrem Stolz ' entsprechend chn verschwiegene» Heiden, und nur ihrem Bruder, dem -erzog gegenüber machte ihre Sorge sich Lust. Dieser zuckte die Achseln: „Wir stehen vor einem Rätsel. Ich gab Tristram in bezug auf seine Ehe in Montstcht einen guten Rat. Jeden- falls scheint -er dumme Kerl ihn nicht befolgt zu haben." Dann wieder Ethetrida, die einen Atonient erfaßte, in dem sie mit Zara allein sein konnte: „Sag doch, Darling, was ift's mit dir und Tankred? Wenn inan selbst so glücklich ist, möchte man auch den anderen «e Sorgen, aus dem Herzen nehmen." „Frage mich nicht, liebste Echelrida," sagte Zara hastig. „Allein muß ich es mit mir durch- kämpfen, was durchzukämpfen ist. Mein Leben würde ich fiir Tristram lassen — und doch — über meinem Schicksal steht das Wort: Lu spät!^ — Seine Liebe ist gestorben, und nichts wird ne wieder erwecken " Früher als sonst war Jara am ander«: Morgen unten. Sie mußte ihren Onkel auf suchen, fest entschlossen, nicht eher von ihm zu «h:n, bi» er sie von dem Versprechen des Schweigens frei gemacht. Tristram sollte endlich das Wahre üb« Mireo und Mimo erfahren. „Das ist energisch!" rief Franci» Markrute, als sie ihm zu ungewohnt früher Stund« ent- «gentrat: „Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?" Jara antwortete nicht direkt. Sie sah sich nach dem Diener nm, und kaum daß dieser des gimmet verfassen hatte, sprach sie ohne Gin leitung. „Tristram zürnt mir, weil ich spät nach Laus« kam. Mireo ist krank, und ich wollte mir Nachrichten über -Ihn holen, und vmttte doch nun meinem Manne lein« Erklärung geben. Ich bitte dich drtnamd, Onkel, mich von dmn dir gegebenen Versprechen frei zu machen. DmchalS bin ich gekommen." Der Finanzier zog die Brauen zuiammen. Der Augenblick für «ine Enthüllung b« Famt tttnnittesibar seither war höchst unglücklich gewählt. Lauter aber als diese Erwägung sprach das Gerechtigkeitsgefühl in Markrute. Er sagt« «ich sofort, daß ein in Tristram aufkommend« Verdacht eine zu ernste Sache sein würde. Darum nach kurzem lieber- legen: „Es ist gut, mein Kind, teile ihm mit, was du für das Richtig hältst. Ihr seht v«„wetf- lungsvoll unglücklich aus — einer wie der andere. Seinen Mann dauernd auf Armeslänge von sich zu holten, wie du es tust, ist ein -7üagnis. Zara! Bei dieser Art von Behandlung wild ein Mensch wie Tristram der Lache zwischen euch bald ein Ende machen." „Mir liegt gar nichts daran, ihn auf Armes länge ron mir zu halten. Er will es ja aber nicht anders!" fuhr sie heftig auf. Dann mit trüber Stimme: „Ach, ich sagte dir ja schon in Montficht, Onlel, daß alles, alles zu spät ist —" Leis« öffnete sich die Türe, und der Haushof meister .neidete, daß Lady Tankred ans Telephc - gewünscht würde Ganz gegen ihre gewöhnliche Würde stürzte di« Gerufene nach der Bibliothek. Natürlich ist es Mimo, der mich sprechen will, war ihr Ge danke, und dann zum Haushofmeister gewendet: „Bitte, lassen Sie mir schnell einen Taxameter holen." Tie nahm den Hör« auf — das war Mimos Stimme: und zwar eine Stimme voll hoffnungs loser Verzweiflung. — Aus seinem etwa» unzu- samnnnhängenden Bericht entnahm Zara, daß di» Nein« Tochter de» Arztes Mireo geneckt und schließlich die Violine zerbrochen hatte. In fieterljaster Aufregung darüber war -der Knabe nächtlicherweile ans seiner Pension zum Vater «flohen. Das Kind huste furchtbar und sei schwer krank. Ob Ehörtsette kommen könne? — Ohne es wah«un«hmen, daß Tristram mitt lerweil« in di« Bibliothek getreten «ar, ant wortete Zara in den Trichter' de» Telephons hinein: „Ja, ja, lieb« Mimo, sch komme sofort!", hi-m hastig den -S«r an und stürzt, nach der Hau- zu. (Fortsetzung folgt.) t Vie »srV»G,nbe Aaßgabe umfaßt 1» Setter