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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311138
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- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231113
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- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231113
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- Saxonica
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- Bemerkung
- Text schlecht lesbar
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-13
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Monat
1923-11
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Jahr
1923
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trrter der Völkerbundsvereinigung sagt« Lord Curzon, es sei unbedingt wahr, daß ein deut licher Zusammenhang zwischen den bekannten Er» eignijsen auf dem Kontinent und der Wirtschaftslage Englands vorhanden sei. Der Staatssekretär de» Aeußeren fuhr dann fort: „Wenn unser Dorgeben kritisiert wird, so bitte ich Sie, es mit dem der übrigen in Betracht kommenden Mächte zu ver gleichen und sich folgende Frage vorzulegen: Gibt es irgendeine Macht, die während der letzten sieben Llonate beständiger, aussichtsreicher und offen herziger — ich sage nicht: erfolgreicher — Anregun gen und Vorschläge gemacht Hal? Wir sind da» einzige Volk — abgesehen von Frankreich —, da» feine Meinung überhaupt offen ausgedrüctt hat!" >Er, Curzon, verliere die Hoffnung nicht, weil der Druck dec Ereignisse auf alle in betracht Kommen den seine Wirkurrg ausübe. Gewisse Teile des fran zösischen Boltes fühlten dies anscheinend mehr als disher. Die belgische Ansicht bewege sich, wie er glaube, in Richtung aus eine baldige Regelung. Da» italienische Volk stehe im großen und ganzen auf demselben Standpunkt. Eine wirtschaft liche Erholung Europa» tonne ohne die Hilfe und Mitwirkung der Bereinigten Staaten nie mals erreicht werden. Die gegenwärtigen An strengungen der Regierung seien von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde auf die Herbeiführung einer amerikanischen Mitwirkung gerichtet. Was die s e p a r a t i st i s ch e Bewegung in Deutsch land beneffe, so sei die Haltung der britischen Re gierung in unmißverständlicher Weise klargemacht worden. England sähe «ine Auflösung Deutsch lands als einen tödliche« Schlag für die Erholung Europas an. Die separatistisch« Beregung sei durch und durch eine schlechte Bewegung, nicht nur, weil sie in ihrem Ur sprung und in ihren augenblicklichen Kundgebungen künstlich und in hohem Maße für anderweitige und eigennützige Zwecke an gestiftet sei, sondern weil die Aussichten auf Reparationen, wenn der Friedensvertrag vernichtrt würde, gleichfalls zerstört würden. Dir Regierung Kade daher die Verbünde ten ersucht, dir separatistisch« Bewegung in keiner Weise zu ermutigen. Wenn alle Mächte bewogen werden könnten, ein« ebenso energische Haltung ein zunehmen wie Großbritannien, so würde die separatistische Bewegung zusammendreche«. Die britische Ansicht sei die, daß die verschiedenen Teile des Deutschen Reiches Teile eines einzigen Ganzen bleiben sollten, damit man sich mit einer Einheit befassen könne. Nach Curzon ergriff der Premierminister Bäld en i n das Wort und sagte: „Es gibt nicht ein einziges Wort, d^s ml diesem Tisch gesprochen worden ist, mit dem ich nicht die größte persönliche Sympathie hätte. Aber obgleich ich niemals die Berechtigung de» Wortes „unmöglich" zugebr, ist die Ausgabe, die wir vor uns haben, ungefähr saft so unmöglich, wie es je eine Aufgabe gewesen ist, vor die irgendeine Regierung je gestellt worden ist. Man darf nicht vergessen, daß die Schaffung einer neuen nationalen Feindschaft die Sache des Frie dens in Europa weder fördern noch beschleunigen wird. Ich stimme vollkommen mit dem überein, was Bran.by über die Stimmung der Arbeiterklasse in England gesagt hat. Ich bin dankbar für das, was er über die Anstrengungen gesagt hat, die gemacht worden sind, um diese Stimmung zurückzuhalten. Nicht« ist leichter, al» eine riesige moralische Em pörung hervorzurufen, und nichts schwieriger^ als sie zu unterdrücken. Ts gibt nichts, was größeren Schaden anrichten kann. Dies z«igr, wie in einer Zeil wie der augenblicklich«» un-endlicher Takt und mühselige Geduld notwendig sind. Unser Ziel ist während der ganzen Zeit gewesen, eine Regelung zu erreichen. Ich stimme mir allem überein, was Lord Curzon über die amerikanische Hilfe gesagt hat, denn ich gluube auch, daß nur mit amerikanischer Hilfe etwas erreicht werden kann.' Ein Appell Wilsons Paris, 1l. November. (Eig. Tel.) Havas meldet aus Washington: Lum ersten Make, seit dem Präsident Wilson das Weiße Haus ver lassen hat, hat er sich mit einer direkten Kund gebung an die Bevölkerung der D^einigten Staaten gewandt. Er erklärt, daß seiner Auffassung nach di« Haltung Nordamerikas nach dem Krieg „schänd lich, feige und entehrend" gewesen sei, und kritisiert auch die französische und die ita lienische Nachkriegspolitik heftig. Di« Bereinig ten Staaten müßten endlich aufhvren, sich ausschließ lich um ihre eigenen Interessen zu kümmern, utld eine auswärtige Polin! verfolgen, die den höchsten Idealen entspreche. Die Kundgebung schließt mit folgenden Worten: „Nachdem wir um den Preis ungeheuerer militärischer und menschlicher Opfer den Sieg errungen hatten, Haden wir uns in eine egoistisch« Isolierung zurückgezogen Wir Haden unser«« Verbündeten den Mücken gekehrt und uns geweigert, bei der Gestaltung des Friedensmil- -uwirken. Wir werden unvermeidltcherweis« durch die moralischen Verpflichtungen der Prinzipien der Freiheit und der Ehre gezwungen fein, diesen verhängnisvollen Fehler wieder gutzu machen. Die internationalen Beziehungen befin den sich in einem in gefährlichster Weise verworrenen Zustand. Die gegenwärtige Lage der Weltpolitik gibt den Vereinigten Staaten eine Gelegen heit, das Geschehene wettzumachen." Das Abkommen mit der französischen Eisenbahnregie Paris, 12. November. (Eig. T«l.) Der Düs seldorfer Korrespondent de» .Journal' meldet: Gestern nachmittag um 8 Uhr hat ein Vertreter des deutschen E tsen d a h n m i n ist« ri « m « 'n Düsseldorf das Abkommen über die Rhein- und Nuhreifendahnev, über das seit längerer Zeir ver> handelt umrdr, unterzeichnet. Nach diesem Abkomme» verpflichtet sich das Deutsch» Reich, de: ßranzöfisch-belgisch« Eiftmbahnregi« all« Waggons und Lokomotiven zur Verfügung zu stellen, di« not wendig find, um di« Industrie de» Ruhrbezirk» wieder in vollen Verrieb zu bringe,». E» handelt sich um mehr al» SO 000 Waggon». Dir französisch-belgisch« Regie geht kein« besonderen Ver pflichtungen hinsichtlich der deutschen Eisenbahner «in, jedoch hofft di« französisch« Behörde, daß End« der Loch« 90000 von den früher« 190 OOO Eisen- drchade-ieerflet« rstodee «togeftMt fest, würde«. Dt«u»t«G, üo» LA. Zt»va»0a» Nr. Schacht Währungskommiffar Berlin, 1L. November. «Lig. Tel.) Wie wir von »uftSnviger Stell» höre«, hat die Sietchsreaieruua die Absicht, einen Währnnnökommilsar ,« ernennen. Hiir diesen Poften ist der Direktor der Darmstädter und Nationalbank, Dr. Schacht, in Aussicht genommen, der bereit» bet der letzten Besetzung de» Reichsfinanzmimsterposten» al» Kandidat aenannt wurde, aber ablehnte, weil er der Ansicht war, dass statt der Nentenbank sofort eine (Soldnotenbank errichtet wer» den müsse. Wenn Dr. Schacht jetzt den Poften des Währung-kommiffar» über» nimmt, so wird er den Reichsfinanzminister Dr. Luther von allen jene« Aufgabe« zu entlasten haben, die mit der Währnngsfraae Zusammenhängen. Bankdirekto, Dr. Schacht ist intzwifchen »nm Währnng-komMiffar ernannt worden. Nach der Demission des ersten Kabinette» der Großen Kvalirion wurde Dr. Schachr al» designierter Finanzminister genannt; kurz darauf erfolgte die Ernennung Dr. Lutl-er». Der Grund, weshalb Dr. Schacht damals nicht Finanzmrnister wurde, dürfte wohl darin liegen, daß er Bedingungen stellte, die die Rcichsbank allzusehr einengten. Und wenn auch die wirtschaftspolitischen Maßnahme» der Reichs- bankleitung nicht immer die glücklichsten waren, das hat sie doch bisher verstanden, sich am Ruder zu erhalte». Man erinnert sich noch der stürmischen Rufe; Havenstein solle zurücktreten, die ganz erfolg los verhallt sind. Dieser Macht des Recchsbank» Üiretloriums hatte Dr. Schachr weichen müssen, -er als Geschäftsführer der Darmstädter und National bank wahrscheinlich seinen Namen nicht von den un glücklichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Reichsbant aufs Spiel setzen lassen wollt«. Inzwischen haben sich jedoch die Zeilen geändert. Wir sind immer weiter im Gährungssumps versunken, und da Dr. Luther doch nicht der geeignete Mann zu sein scheint, gegen die gewaltigen Kräfte, di« hier ihr« Sonderinteressen wahrend am Werke sind, aufzu kommen, har man wieder auf Dr. Schacht zurück gegriffen. Es ist auch anzunehmen, daß desievn Bedin gungen inzwischen nicht nachgiebiger geworden sind, und so ist es erfreulich, einen Mann am Ruder zu sehen, der eine große praktische Erfahrung und sicher den gute» Willen mitdringt, Ordguim zu schaffen. Die Loslösung der Währungsfrage ist ein glück licher Gedanke, weil damit der Aufgabenkomple'- so begrenzt wird, um einem Einzelnen ein erfolgreiches Arbeiten zu ermöglichen. So allein ii' auch die dringend notwendige Einheitlichkeit der Maßnahmen, die zur Sanierung der Währung iwtwendig sind, gewährleistet. Das Erfreulichst« aber bleibt, daß man für die nächste Zeit nicht wird fürchten müssen, die Reichsdcmk werde die Maßnahmen dadurch durch kreuze», daß sie überall- ihren eigenen Sens hinzu- geben will. Zum Abschluß der sächsischen Krisis Von 0r. sttttr. M. d. R. Vorsitzendem der Demokratischen Landespartei Sachsen. Mil der Ablehnung de» Mißtrauensantruges gegen die neue sächsische Regierung und des volksparteiuchen Antrages auf Auflösung des Landtages ist die sächsische Krisis zu einem gewissen äußeren Abschluß ge langt, der einen kritischen Rückblick und einen all gemeinen Ausblick in die nächste Zukunft ermöglicht. Da» Vorgehen de» Reiches gegen Sachsen stand unter keinem glücklichen Stern. An sich war es geboten, die Störungen der äußeren Ordnung in Sachsen und die Gefährdungen der Rrichsautorität durch die kommun-stifchen Mit glieder der sächsischen Regierung zu beseitigen. Die Einsetzung eines R e i ch e k o m m rs sars zu diesem Zwecke hätte sich als eine durchaus zweckmäßig« Maß nahme erweiset» können, aber der Reichrkommiffar arbeitete in ausreichender Fühlungnahme weder mit der Reichsregierung noch mit den verfassungstreuen politischen Kräften in Sachsen. Wenn »ich das Reich zu einer so ungeheuer weittragenden Maßnahme ent- schließt, wie sie die Reichsexckution gegen einen Glied- staat bedeutet, so ist es ein selbstverständliches Er fordernis, daß dieses Vorgehen in staatsrechtlicher und staatspolirischer Hinsicht auf das sorgfältigste vor bereitet ist. An dieser Vorbereitung hat es ge fehlt. Der Reichskommiffar wurde ohne ge nügende Direktiven nach Sachsen geschickt, und erst nachträglich erhielt er einige Richtlinien, deren Einhaltung ihm durch inzwischen getroffene gegenteilig, Anordnungen teilweise bereits unmöglich geworden war. Hätte der Reichskommissar vom ersten Augenblick seiner Tätigkeit an Fühlung mit den Parteien gesucht, auf die sich die Reichsregierung stützte, so hätten seine Entschließungen zweifellos eine andere Richtung erhalten; er hätte erkannt, daß die Ersetzung der bisheriges sächsischen Regierung durch eine den Interessen des Landes und des 'Reiches nicht mehr zuwiderlnufcnde neue Regierung als parla mentarische und nicht als gewaltsame Aktion erreich bar war; er hätte ringcsehen, daß das Verbot des Zusammentritte» des Landtages das größte Hemmnis für eine schnelle Wiederherstellung normaler Per- äältniflc sein mußte und daß die von ihm gewählte Art des Ersatzes für die abgesetzten Minister denkbar unglücklich war: Wollte der Reichskommissar diesem ministeriellen Ersatztollegium einen politischen An strich geben, so mußte sich in seiner Zusammensetzung die denkbar breitest« politische Basis, also die Große Koalition widerspiegeln, wvllte er eine unpolitische Konstruktion wählen, so mußte er in jedem Ressort den dienstältesten Ministerialdirektor mit der ernst- wetligrn Führung der Geschäfte betrauen. Die Demokratische Partei in Sachsen be trachtet« e» vom ersten Augenblick des akuten Stadiums der Krisis an als ihre Aufgabe, möglichst schnell eine Lösung zu finden, di« den Interessen des Lande» und de» Reiche» in gleicher Weis« gerecht wurde. Die Regierung Zeigner in ihrer kom munistischen Durchsetzung war eine Unmöglichkeit und eine starke Gefahrenquelle für Land und Reich ge worden, Die Sozialdemokratie mußte von ihr los gelöst werden. Im Interesse des Reiches wie im übrigen auch des Landes lag sofortige Regierungs neubildung. Gelang das sächsische Spannungs- Moment au» der politil n Atmosphäre zu entfernen, so war eine Erhalt» > der Großen Koalition im Reiche wenigstens t var. Daß sie später doch nicht gelungen ist, spt ichl nicht gegen die Richtigkeit und Notwendigkeit de» Versuche», da» der Koalition von Lachsen her drohende Unheil abzuwcnden. Das Wünschenswerte würde auch für «ochsen die Große Koalition gewesen sein. Rur ein politische» Kind konnte jedoch glauben, daß man im gleichen Augen blick, wo ein volkrparteilicher Reichskommissar die sozialdemokratischen Minister absetzte, das Verbot de« Landlagszusammentritte» genehmigte und eine ein seitig nach recht» orientierte Verweserschast für di« Ministerien etablierte, di« Sozialdemokratie für den Gedanken der Zusammenarbeit mit der Volkspartet in der Reaierung hatte gewinnen können. Irgend- welche parlamentarische Zwangsmittel, den Landtag in die Richtung der Großen Koalition bei der Neu bildung der Regierung zu bringen, gab es nicht. So war nach Lage der Sach« die jetzt gcvildere Regierung der einzige Ausweg. Die Vorteile gegen den früheren Zustand liegen auf der Hand: Die Kam- muntsten find au» der Regierung entfernt, da» Reaime Zeigner ist durch eine Regierung ersetzt, die nach der Erklärung dr» sozialdemokratischen Fraktion»sührer» erkannt hat, daß ein anderer Kur» Ungeschlagen werden muß. Vor alle» aber ist da» Kvbdästt Felltsch, wenn a» positiv« Arbeit leist« will- gezwungen, sich so einzurichteit, daß es die Unter stützung der Demokraten und der Poltspartei er- hält, denn ohne diese Unterstützung kann e» angesichts der Oppositionöstelluug der Kommunisten kein emz g-, Gesetz durchbringen; rm Gegenteil: das Ministerium sowohl als auch der Landtag kann bei der jetzt ge gebenen Konstellataon jederzeit wieder entfernt werden. Den Sturz der eben gebildeten Regierung er strebte rin kommunistischer Mißtraucnsantrag, auf die Auflösung des Landtages zielte ein An- trag der Volkspartei ab. Die Demokraten brachten nus wohlerwogenen Gründen beide Anträge zu Fall. Die Annahme des Mißtrauensvotums hätte ebenso wie die Annahme de» volksparteilichen An trages die Auflösung des Landtages im Gefolge ge habt. Wer aber jetzt die Auflösung de» Landtages betreiot, besorgt mit oder ohne Absicht, in jedem Falle aber gründlich, die Geschäfte der Kom munisten. Die Hoffnung, bei Neuwahlen die sozialistisch - kommunistische Mehrheit im Landtag zu überwinden, können nur Illusionisten hegen, die au» dem Ergebnis der letzten Landtagswahlen nichts lernen wollen. Da die Demokratische Partei eine Stärkung de« kommunistischen Einschlages im Land tag für ebenso unheilvoll halt wir Vie Hineintragung de» wetteren Ilnruhemoments neuer Wahlen in die ohnedies gespannte politische Lage, so wird sie di« gegenwärt ge Regierung als das unter allen politischen Uebckn noch kleinste so lauge tragen, als ihr das praktische Verhalten dieser Regierung es möglich macht. Di« Demokratische Partei ist sich bewußt, daß eine solche Politik bei der nicht sozialistischen Wählerschaft keine besondere Be- getsterung zu erwecken vermag, aber verantworrlicke Stellen dürfen an den politischen Realitäten nicht vorbeisehen, wie e» Veztkrsversammlungen und Stammtischen gestattet ist. Die Demokratische Partei ist sich weiter bewußt, daß ihr die jetzt eingeschlagen« Politik au» den Kreisen der Sozialdemokratie selber heraus zuweilen schwer gemacht werden wirk Ein führungsreden, wie z. B. die der Herren Liebmann und Fleißner an ihre Beamten, passen sehr schlecht zu der lvyalen Erklärung des besonnenen Vorsitzenden der sozialdemokratischen Landtagsfraktion, daß der Kurs in Sachsen geändert werten müsse. Aber eine Regierung ist nicht nach den Worten oder Ent gleisungen einzelner ihrer Mitglieder zu beurteilen, sondern nach der Gesamtrichtuna ihrer Politik und nach ihren Taten. Die Programm red« de» Ministerpräsidenten unterscheidet sich in vielen Punkten vorteilhaft von früheren politisch:» Ergüssen sächsischer Regierungen. Nun wird sich an dem gesetzgeberischen und verwaltungsmäßigen Vor gehen ter Regierung sehr bald erweisen, ob die Demokratische Partei an ihrer Seite zu bleiben ver mag. Da» Endziel der demokratischen Politik in Sachsen bleibt das gl eiche wiebi» her. Bei der sozialen und wirtschaft! chen Struktur de» Lande» werden die sozialistischen und die nichtsozialistischen Strömungen ziffernmäßig immer fast gleich stark vertreten sein. Politische Ua- fruchtbarkeit und soziale Zerklüftung find die un abwendbaren Folgen, wenn zwischen den beiden Stromgebieten nicht eine Verbindung hergestellt wird. Keine andere Partei aber kann diele Verbindung bewirken, al« eben die Demokratische. Ohne Zu sammenarbeit der sozialistischen und der nicht sozialistischen Kräfte im staatlichen Leben ist in Sachsen bei der Eigenart seiner Verhältnisse kein innerer Frieden denkbar. Ihn zu erzielen bleibt die Mission ter Deutschen Demokratischen Partei. Oie OOP und die au-endlickliche Situation Berlin, 12. November. Der Parteivorstand der Deutschen Demokratischen Partei tagte heute unter dem Vorsitz des Abgeordneten Erkelenz und in Gegenwart der demokratischen Minister des Reiches und der Länder im Reichstag, und nahm nach einem Referat de« Abgeordneten Dr. Fischer (Köln) und nach einer ausführlichen Au»sprach« folgend« Entschließung an: „Der Vorstand der DDP. verlangt von der Re gierung, daß fi« mit rücksichtsloser Energie di« nationale Einheit de» Reiche« gegen partikularistische und reaktionäre Gegner aufrecht- erhalt, den Zusammenhang von Ruhr und Rhet» mit dem Deutschen Reiche unbedingt verteidigt, di» lebensnöttg« «Lhrung»r»f,r» schleunigst unter Ueberwindung der offenen und geheimen »iderflänb« vermirklicht, und die «utorttät der tatianOly« . «Lö republikanisch,» Verfassung zu EhraiL bringt, und daß fie mit einem Programm aus dieser Grundlage vor den Reichstag tritt. Ein« E r - Weiterung der Regierung, die die geforderten Sicherheiten nicht bietet, muß die Deutsch« Demo- statische Partei au» innerpolttischen und außen politischen Gründen unbedingt ablehnen.' Hitlers,Gtaatstri-rmal* Hitler erließ am 8. November «in« Proklama tion, in der e» u. a. hieß: Zur Aburteilung derjenigen Verbrecher, di« d«n Bestand des Volkes und de» Staates zu gefährden geeignet sind, wird hiermit «in nationales Staatstribunal al» oberster Gerichtshof ge bildet. Di« Rechtsprechung diese« Tribunal, lautet aus schuldig oder nichtschuldig. Nichtschuldig dringt Freispruch, schuldig den Tod. Dir Urteile werden binnen drei Stunden nach ihrer Aussprechung vollzog«». Revision findet nicht statt. Die Zuständigkeit des nationalen Staatstribunals wird im besonderen geregelt. Die führenden Schufte des Verrat» vom 8. No vember 1818, soweit sie nicht schon hinter Schloß und Riegel ihrer Aburteilung harren, sind ab heu e vogelfrei erklärt. Jeder Deutsch«, der Eberl, Scheidemann, Osoar Lohn, Paul Levi, Theodor Wolff, G«org Bernhard tmd ihre Helfet und Helfershelfer ausfindig machen kann, hat die Pflicht, sie tot oder lebendig in die Hand d«r völkischen Rationalrrgierung zu liefern. Für den überführten Vigilanten mit deutschem Gut gibt es nur eine Strafe: den Galgen! München, 12. November. (E t g. Tel.) Zu den Vorgängen vom Donnerstag -um Freitag erfahren wir noch, daß Hitler, als er gefragt wurde, welche Unterlagen und Grundlagen er für seine Re- gierungsbildung habe, nur mit seinen gewohnten demagogischen Phrasen um sich geworfen habe, so daß alle beteiligten Leute den Eindruck ge wonnen haben, daß er durchaus nicht in der Lage sei, irgendwie eine Gewähr zu bieten. Al» dann Kahr an di« Abwehr des Putsche» ging, wollte Hitler gleich in der Freitagfrühe gegen Kahr und die Reichswehr losschlagen. München, 12. November. Privatmeldungen zu folge ist die Auslösung der verbotenen Putschorganisationen aus dem flachen Lande südlich von München im Gange. Die Gerüchte, daß die Ehrhardtleute in Rosenheim mit Hitler zu- fammenarbeiten, sind unrichtig. Di« Verwirrung und Enttäuschung in d«u Putsch organisationen ist groß. Zurzeit werden von ihnen Schritte eingeleitet, ihre Leute auf dem Lande vor neuen Aktionen zu warnen. Vor allem wird im Bunde Oberland auf der ganz«,: Linie zum Rück zug geblasen. München, 12. November. (Lig. TelI Der am Freitag angeblich erschossene Rat im Obersten Landgericht von der Pforten ist, wie di« Obduk tion der Leiche ergab, nicht einem Schuß, fonderu einem Schlaganfall erlegen. Oer Berliner Oruckerftreik Berlin, 12. Noveucker. (Gig. Tel.) Ob- wohl General von Seeckr unter Androhung schärfiter Strafen -ie Notendcnuker zur Wieder aufnahme der Arbeit aufgefordert hat, find die Arbeiter nicht in ihren Betrieben erschienen. Lediglich in der Reichsdruckerei waren heut« 2VOO. Vtunn an ihren Arbeitsplätzen, und von diesen verließ die Hälfte kurz darauf wieder den Betrieb. Der Notendruckerstreik hat nunmehr auf sämtliche Privatnotendruckereien in Berkin übergegriffen, so daß erhebliche Schwierig keiten in der Herstellung von Papiermark, aber auch in der der wertbeständigen Zahlungsmittel, entstanden sind. Wie verlautet, will dir Reichs druckerei mit Hilfe der Technischen Nothilfe einen Notbetrieb einrichten. Ferner verlautet, daß die R ei ch » r e g i e r u ng beabsichtige, eine Notzeitung herauszubringen, um mittels dieser allen wilden Gerüchten entgegenzutretrn. Von den Separatifienhorden Speyer, 12. November. (Eig. Tel.) Aus Speyer wird der „Frankfurter Zeitung' gemeldet: Da die Separatisten im Lauf« de» Sonnabend Verstärkungen herangezogen hatten, räumte die Gendarmerie das Hauptgebäude, nachdem sie vorher durch Verhand lungen freien Abzug erwirkt hatte. Später wurde die Gendarmerie von den Franzosen entwaffnet. Selbst eine Vermittlung des Bischof» bei General de Metz, gegen die Separatfiten emzuschreiten, blieb erfolglos. Frankfurt «. 12. November. (Eig. Tel.) Ueber ein Scharmützel mit den Separatisten wird der „Frankfurter Zeitung' au» der Pfalz gemel kt: Zwischen Hanhofen und Harthausen, zwei steinen Ortschaften unweit Sprjer, kam es am Sonnabend zu einem Kampf zwischen Separatist«« und bayerischen Bürgern und Arbeitern, wobei die Separati st« n in d i e F l u ch t ges chl a gen wurden. Vier Tote blieben auf dem Platz, »irr hatten dir flüchten den Separatisten mitgenommen. Aoalttionserneuenmg st» Oesterreich N. N. M. Sieu. 10. November. Die Koalition zwischen 'den Christlichsoztalrn und den Großdeutfchrn ist erneuert morden. Die Großdeutschen erhalten abermals zwei Mi- ntfterpoften und die Stelle de» vizeprä fi- deaten in» Nationalrat. Von -er Internationale der Wissenschaft Moaka», 11. November. Dir Hilf»aktion der russischen Wissenschaftler zugunsten ihrer deutschen Kollege, verläuft «rfalgreich. In ver- schtedenen Erholungsheimen sind insgesamt siebzig Plätze für deutsch« Gelehrt« zur Brr- fEgmrg gestellt morde». Ferner stad an eia« Anzahl deutfcher Professoren Einladungen zur Abhaltung von Vorlesung,, an den Moskauer Hoch-
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