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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231109
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-09
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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zteschaft te ide wird uns durch mehrere und de» Er- >, eingre.ftnd« zsgesetzen vor- ist durch den ruch seit dem ochen. Ihre lid mehr und ch die Kasten- t haben. D!e n Kasten ab beseitigt, die Heilmittel ent- a. Zahlreiche sicherten eine Der größte Ortskranken- ie Kassem- rng rechnen ankten durch rsetzt werden den letzten frcchterhcilten ntgeltlich einem Index > der Rcichs- e g bt, nicht e woche oder, Angestellten Teuerungs- e. Infolge- beschäftigten den letzten Zungen eine m. des Arbeits- die Frei- Die Aerztc die Behänd- önnen vor- iehandlungs- >en Gesichts- n trank hu sie in ein i die Aerzte o können , wobei die Kassenarzt- n. Die Zu- e der Kassen siem des e einrichten, Arztes vor- ssen von sich freie ärzt- besten den ushänd.gen. Kasten das n aus das gen Äerzte, rungsvollere l für not- Z u s e tz e n. werden in lassen tätig Iwollen der Versicherten och übrig- herung für indheir und i, Mr eine -teile mehr nn Selbst- zu solchen die Mittel- Hierfüllung gemeinsam :er (Viola) r im Rat- uuie. Tie s. von de, »erlegt wo; e Handels n S. gWolfs boshaften rr an den ns immer . Die ich Geschöpfe ;en. oder sie (»nterikhe bedeutend idiotisch- oder von ler. Don : sind ge- lmg oder und oder r Klug.n en Frau zu Dum- sie weder zu Ehr- cven zur erte Ge rn. Sie rrr Per ¬ gen eine um solch «iffns üsten? NrettaA, 6« A. Hovemdee Sette S Unter -en ZastWen Stimmungsbilder von -em nationalistischen Aufmarschgebiet in Oberfranken Bon unserem an die bayrisch-thüringische Grenze entsandten Redaktlonsmltglied N- I.. Koburg, 8. November. Jede Revolution ist im Grunde ein Aben teuer. Wer kann im voraus ihre Chancen berechnen? Der Augenblick, in dem man den Boden der Tatsachen verläßt und sich ins Un gewisse stürzt, ist Hasard. Die Revolution ist immer ein Sprung ins Blaue.* Cben darum braucht sie Abenteurer. W.is sich jetzt an der bayerischen Grenze auf- tut, ist ebenfalls eine Revolution. Da es sich jedoch um eiire nationalistische Bewegung Han delt, gibt man ihr andere Rainen, wie „Natio nale Erneuerung", „Völkische Wiedergeburt" usw. Revolutionen überläßt - man den „Marxisten". Wer sind nun die Macher und '-Anhänger des bayerischen Aufstandes? Von der Beantwortung dieser Frage hängt die „Zu- kunft" des ganzen Undernchmens ab. Sehen wir uns desl)alb einmal die „We ße Arinee" an. Zn der KaschisteN'Kaferne In dein Amtsgericht in Neustadt (Ober franken), einem kleinen Städtchen, drei Weg stunden von Koburg entfernt, hat sich eine Hitler-Organisation emquartiertt Ein Doppel posten steht vor dem Gebäude, aus dessen oberstem Stockwerke sich eine schwarzweißröte Fahne fast bis zur Erde streckt. Patrouillen kommen und gehen. Die Mannschaften halb in Uniform, halb in Zivilkleidern. Erschreckend junge Leute. Die Reustädter Kompanie ist mir 150 Köpfen nicht zu hoch eingeschätzt. Der Kompanieführer ist gleichfalls noch sehr jung. Mitte Zwanzig. Kriegsleuttrant, L. K. ll. Klasse, schwarzes Verwundeten - Abzeichen. Ich kam in der 'Nacht in sein Zimmer. Er freute sich über meinen Besuch. Wollte viel über Sachsen und die politische Lage im Reiclre wissen. Vor ihm lag der „Völkisckje Beobachter" und der sozialistische „Sonneberger Volksfreund". Während unserer Plauderei blieb er nie ruhig im Zimmer. Ein Eisenacher Bauernjunge meldete sich zum Eintritt. Volle, rote Backen, ein gutmütiges, blutjunges Kerlchen, dessen einziger Wunsch ist, Soldat zu werden. Zwei Taschen voll „Papiere" brachte er heran- gcschleppt: Geburtssck)ein, Iinpssäzein, Konfir mationsschein usw. usw. bis zur Mitgliedskarte des „Stahlhelms". Der Mann war zuverlässig. Im Privatleben kann man diesem Schlag Leute tausend Dollar anvertrauen; sie werden sicher abgeliefert. Nachlässig blätterte der junge Leut nant die Papiere durch; viel gründlicher wurden die Schuhe des Ankömmlings untersucht. Sie waren heil. Die Annahme konnte erfolgen. Freudestrahlend zog bas Eisencnyer Kind ab, bemüht, seinem Abgang militärische Formen zu geben. Dann wurden Liebesgaben von Koburgec Bürgern hcrbeigeschafft. Eine ganze Haut Rindsleder, Zigaretten, Strümpfe, Lebensmittel. Am nächsten Tage sollten sie verteilt werden. Trotz der freiwilligen Spenden hapert es bei der Bekleidung noch an allen Ecken. Erst in der letzten Nummer der „'Neustadter Zeitung" stand wieder folgender „Notschrei": Grenzschutz Nord. Die Kompanie Neustadt der polizeilichen Not hilfe Bayerns benötigt sofort Unterwäsche, Hem ¬ den, Unterhosen und Strümpfe. An die vater ländisch gesinnte Bürgerschaft richte ich die dringend« Ditte, die Kompanie durch Zuwendung zu unterstützen. Leutnant Sch. »Und die Liebesgaben werden einlaufen." So wurde mir hoffnungsfroh erklärt. Um Lebensmittel braucht sich die Truppe nicht zu sorgen. Die Landwirte schaffen heran.- Kur- toffeln werden oorgefahren, Hülsenfrüchte usw. In den letzten Tagen fangen jedoch die Bauern > an, der Truppe den Brotkorb höher zu hängen. Ihre anfänglich freiwillige Abgabe wird ihnen jetzt von den Banden zur Pflicht gemacht. Das ist selbst den „vaterländischen" Bauern zu viel. Freimütig erklärte mir ein Hofbesitzer, daß der „Grenzschutz" allmählich eine Landplage zu werden beginne. Oer Gefechtswert Das Durchschnittsalter der „Aufgerufenen" schwankt zwischen 17 und 20 Jahren. Die ganze Truppe läßt sich in drei Arten einteilen. Der geringste Prozentsatz rekrutiert sich aus den Teilnehmern des Weltkrieges. Das sind die einzigen Abenteurergestalten. Nikotingebräunte Fingerenden, hin und wieder ein Monokel. Größtenteils. ehemalige Offiziere, deren Tätig keit irk „FUhrerbesprechungen" besteht, die nicht selten auf Gütern stattfinden und zu Schnorre- reien auswachsen. In der Hauptfach wird aber im Lande auf Kraftwagen und Krafträdern Iserumgejagt. Rasendes Tempo, vierter Gang, alle Zähne Gas. Vom lOOpferdigen Auto an, der schwersten auslündisck)en Kraftrad-Type bis zum Hilfsmotor besteht der Fuhrpark. An Be triebsstoffen besteht kein Mangel. Werden ein paar Zigaretten benötigt, wird der Motor an gekurbelt. Die Mehrzahl der „Weißen Armee" setzt sich aus Elementen zusammen, die sich in ihrem Zivilbcruf nicht zurechtfinden, zu wenig ver dienen oder gar arbeitslos sind. Das sind die „Frontsoldaten". Durchschnittsalter 20 Jahre. Nur wenige mit militärischen Erfahrungen, zum Teil Angehörige ehemaliger Grenzschutzverbände. Die Neustädter Kompanie hat ein schweres und zwei leichte, wassergekühlte Maschinengewehre. Stillvergnügt träumen sie auf den Strohlagern inmitten von alten, zerrissenen Strümpfen, Lebensmitteln und Liebesgaben. An Bedie nungsmannschaften fehlt es. Zwei ehemalige M.-G. - Unteroffiziere geben Schnell - Lehrkurse. Am Tage und auch nachts wird exerziert, auf unbekannte Ziele geschossen. Bei meiner An kunft in Neustadt erzählte mir ein „Grenz- schutzler" freudestrahlend, daß er vor wenigen Minuten einen Rahmen abgefeuert hätte. „Auf welches Ziel?" — Keine Antwort. Das besagt alles. Die dritte Art rekrutiert sich aus dem Iung- deutsä>en Orden. Sturmregiment! nennt sie sich. Diese „harmlosen Kinder mit Ski-Mützen und Windjacken" laufen zu Dutzenden in den Haupt- verkeyrsstraßen herum. Schäkern mit kleinen Lyzeums - Schülerinnen und garnieren die von dec „Front" ankommeirden Kraftfahrer. Milch gesichter, der Schrecken aller Gymnasiallehrer, aus dem gleichen Holz geschnitten wie die Leutchen, die sich vor einem Jahre vor dem Kritik Leipziger Konzerte Aufführungen von Beethovens „Neunter S i n- foni e", wie man sie im ersten der Philharmonischen Konzerte erlebte, zwingen zur Notwehr. Jedes halb wegs wache künstlerische Gewissen muß sich gegen solche Angriffe auf den guten Geschmack auflehnen. Man braucht nur die Voraussetzungen anzusehen, auf denen sich dieses Konzert aufbaute, nicht einmal jene Zufälligkeiten, von denen jede, auch die beste Leistung, begleitet ist, Es ließe sich etwa schon an die Zeitlage anknüpfen: draußen ist politische Novemberstimmung, und zwar nicht nach dem Sinne des freiheit- und menschheitsuchenden Revolutionärs Beethoven. Aber genug — sein Kunstwerk läßt sich offenbar auch ab strakt genießen, wie die huldigende und begeisterte Haltung der Hörerscharen bewies. Suchen wir also die Voraussetzungen allein bei den Ausführenden. Da ist vor allem ein künstlerisch ungenügender Instru- mcntalapparat. Das Philharmonische Or chester ist solchen Beethovenaufqaben absolut un gewachsen. Es versagte schon bei den schwierigen Punkten der Ersten Sinfonie: beim Vortrag des An dante-Themas, in der Streicherstelle der Einleitung des letzten Satze» und in dem heiklen Durchführungs teil. Bläser verträumten mehrfach die Einsätze, am schlimmsten in der „Neunten" (etwa in dem Bläser adagio zwischen den kläglich gespielten Baß-Piolon- cello-Rezitativen). Voraussetzung zu einer künstle risch diskutablen Aufführung der „Neunten" ist aber zunächst ein Dirigent, der nicht bloß guter Chor- pädagoqe ist. Mar Ludwig, der offensichtlich rein physisch an einer glatten Willensübertragung auf da« Orchester gehemmt ist, versagte vor diesen Aufgaben vollkommen. Er versagte im Technischen und im primär Musikalischen. Er versündigte sich unverzeih- tich gegen Beethovensch« Vortragsbezeichnungen, die nichts Geringeres al» musikalisches Naturgesetz sind und keiner subjektiven Interpretation unterliegen. Ludwigs Eigenmächtigkeiten und Unzulänglichkeiten rächten sich in einem völligen Zerbröckeln der sinfo nischen Architektur. Lediglich di« „von selbst" funk tionierenden Chöre und da» durchweg autgelungene Eoloquartett: Hansen-Sch ultheß — Kra- mer-Bergan — Topitz — Laßner retteten die Aufführung. Lambrino hatte keinen guten Abend. Ein fades Chopin-Liszt-Programm wurde erledigt, wie es nur im Trott der Gewohnheit möglich ist: technisch ohne jene letzte Selbstkritik, musikalisch mit improvi satorischer Oberflächlichkeit. Daß einem Künstler von solchem Reichtum des Talents auch köstliche Nlomcnte unterliefen, wie etwa in den Lisztschen Wasserspielen, darf nicht vergessen werd«,. — Das Davisson- Bose-Klengel-Trio spielte außer Brahms und Schubert das D-Dur-Trio von Krehl — eine trübe Nachlese auf den uferlosen Gefilden musika lischer Romantik, ein Stück ohne Charakter, ver schwommen und banal in seinen paar aufbaucnden Gedanken. — Käthe Freygang konnte ich nur noch Straußsche Lieder singen hören. Der Eindruck war unzweideutig: hier hat sich eine stimmliche Begabung zu früh in den konzcrtsaal hinausgewagt. kl. L. Else Fengler-Winter brachte eine Anzahl Gesänge von Haas, Kilpinen und Windsperger — meist interessante und wertvolle musikalische Deutun». gen der Dichtungen — zur Erstaufführung. Freilich mußte man dabei mit einer etwas dünnen, nicht ge nügend flüssigen Koloratur und einer mühsamen Höhe vorlieb nehmen. 4lm so schöner aber wirkten Mittel lage und ein reizvolles Piano. — Schade, daß Hanna Buchwalds stimmliche Mittel nicht der lebhaften, von seinem Geschmack geleiteten Vortragskunst ent sprachen, die sich vor allem in Liedern heiter neckischen Inhalts auswirken konnten. — Zn Bachs A-Moll-Konzert und Beethovens D-Dur- Konzert für Violine bewährte sich Paul Hungar al» technisch weit vorgeschrittener, ernststrebender Musiker. Pon bemerkenswerter Begabung des Künstlers zeugten persönliche Art der Auffassung eine musikalisch geschmackvolle Auslegung und Wiedergabe der einzelnen Sätze beider Werke. Das Konzert, welches Walter Stöver mit dem verstärkten Philharmonischen Orchester veranstaltete, war eine Zumutung. Bach» V-Dur- Ouvertüre wirkte wie ein planloser Generalstreik: bald vergißt diese, bald jene Gruppe, daß sie einsctzen muß, und wenn sie schon einsetzt, so unsauber, ja falsch — kurz, ein Durcheinander, über dos man kein Wort verlieren sollte. Wenn Beethovens Fünft« ein wenig besser gelang, so doch nur deshalb, weil diese Sinfonie dem Orchester seit langem vertraut ist. Frau Hansen-Schultheß sang mit feiner Eleganz und merklicher Kühle die dreisätziq« Motette „Jubi late" von Mozart. V H. Staatsgerichtshof wegen des Rathenau-Mördes zu verantworten hatten. Oie Verteilung der Kräfte An der ganzen Grenze entlang stehen die Formationen der Ztationalisten. Hauptetappen- ort ist Koburg; das Einfallstor nach Thüringen ist Neustadt. Dort liegt die vorher erwähnte i Kompanie, wenige Kilometer entfernt, bei Fech- ! heim, ist eine Batterie leichter Feldgeschütze in Stellung gebracht. Lin. vorgeschobener Posten steht an der Straße nach Sonneberg, kurz vor ' Hönbach. Auf thüringischer Seite ist weit und breit keine Grenzwache zu erblicken. Vor ungefähr 14 Tagen wurde Neustadt be setzt. Die Bevölkerung, zum großen Teil Arbeiterschaft der Porzellan- und Puppen- industrie, ist stark kommunistisch. Linksmehrheit in der Stadtverordnetensitzung; der Bürger meister ein Sozialdemokrat, dem allseitig ein glänzendes Zeugnis über seine Amtsführung eingerüumt wird. Die Besetzung Neustadts erfolgte mit dec Angabe, die schwachen Polizeikräfte zu unter- stützen. Aufgabe und Befugnisse der Natio- nalisten sind in folgender Bekanntmachung fest gelegt: Die gegenwärtige Lage hat dazu genötigt, die Hilfe der ordnunaslicbenden Bevölkerung gemäß Reichsstrafgesctzbuch 8 360 Ziff. 10 zur Unter stützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung ver öffentlichen Sicherheit in Anspruch zu nehmen. Die Hilfskräfte der Polizei tragen als Kenn zeichen eine weiße, abgestempelte Armbinde mit dem Ausdruck „N o t p o l i z e i"; außerdem haben sie einen Ausweis. Sie sind zu Festnahmen und zum Waffen gebrauch berechtigt. Den Anweisungen der Notpolizei ist un weigerlich Folge zu leisten; etwaiger Widerstand gegen ihre Amtshandlungen wird mir Gewalt ge brochen und zieht Bestrafung nach 88 HO ff. des RStGB. nach sich. Koburg. den 2. November 1823. Bezirksamt lSteurpel) Bayer. Bezirksamt, Koburg. Auf Grund dieser Bekanntmachung üben die schwerbewaffneten Burschen ihren Dienst aus. Patrouillen durchziehen die Straßen, halten jeden Passanten an. „Unterstützung der Poli zei!" Es ist zum Lachen. Die in Neustadt sta- tionierte blaue Polizei sicht in gar keiner Füh lung mit der Kompanie im Amtsgericht. Es ist ihr nicht möglich, die von den Nationalisten be setzten Straßen zu betreten. Wenn Reibungen bisher vermieden wurden, so liegt es einzig und allein an dem ruhigen Verhalten der regulären Polizei. Die Arbeiterschaft von 'Neustadt verhält sich still, duckt sich und erträgt mit Zähneknirschen den faschistischen Terror. In der Unterhaltung mit einigen Arbeitern wurde ich gefragt, ob nicht von Sachsen aus Hilfe zu erwarten sei. „Der Druck von Norden muß kommen!" Damit be ginnt und endet jedes Gespräch mit Leuten, die nationalistisches Treiben ablehnen. Wann wird eingegriffen? Der Druck von Norden! Ja, wann endlich wird er einsetzen? Wann endlich wird dieser nationalistischen Harlekinade ein Ende bereitet? Durch Einsatz nur weniger Kompanien Reichs- wehr wäre die Situation im Augenblick geklärt. Doch das Reich besetzt Thüringen. Die roten Hundertschaften erscheinen ihm einzig und allein gefährlich und staatszerstörend. Nun, ich war in Sonneberg, habe mich in dec Stadt und Um gebung gründlich umgesehen, aber von roten Hundertschaften habe ich nicht das geringste wahrnehmen können. Gewiß, die Arbeiter sind organisiert, von einer Bewaffnung kann aber keine Rede sein. Dies erhellt allein der Um- stand, daß alle aus Bayern geflüchteten Kom munisten von der thüringischen Grenze abge-' schoben werden. Man hat keine Verwendung für sie. Die Ansicht eines ausländischen Pressever treters, man solle die Väter der nationalistischen Jüngelchen aufsordern ihre Sprößlinge mit dem Rohrstock nach Hause an die Arbeit 'zu treiben, teile ich nicht. Hier kann nur ein energisches Eingreifen der Reichswehr auf die Dauer Ordnung schaffen. Der Ausspruch des fremden Berichterstatters kennzeichnet jedoch schlaglichtartig die Meinung, die sich das Ausland über das bayrische Affen- theater gebildet hat. Bisher hieß es immer, in der Welt sei der Deutsche verhaßt. Nunmehr ist dcr^ deutsche Volk ans dem besten Wege, sich lächerlich zu machen. Wohl das schlimmste, was einem Lande angetan werden kann. Denn so gar das Mitleids das wirklich neutrale Länder für die deutsche Nation empfanden, ist so zum Absterben verurteilt. Zur Illustration sei ein Vorgang eingefügt, der sich in Neustadt ereignete. Ein Vertreter einer nordamerikanischen Gesellschaft filmt die Ereignisse auf dem „bayrisch-thüringischen Kriegsschauplätze". Die Neustädter Kompanie wird aufgebaüt. „Bewegung! Bewegung!" ruft der Mann aus der Neuen Welt den „Rettern des deutschen Vaterlandes" zu. Wird prompt befolgt. An den Hangranaten wirb ge zerrt, die Augen werden gerollt, soweit dies bei dem kindlichen Alter der Akteure überhaupt möglich, mit den Gewehren wird hermngefuchtett. Bum»! Lin Schuß. Die Flinte eines Mitwirtenden war losgegangen. Der Kurbeltasten wackelte. Der Filmoperateur lachte und bedauerte, nicht einen zweiten Apparat seitwärts aufgebaut zu haben, um diese Szene „von der Flanke" zu fassen. Er will sich für spätere Fälle auf diese Eventuali- täten einrichtsn. Vorläufig tröstet er sich mit der Hoffnung, die zu Tode erschrockenen Gesich ter der „Gardisten" auf dem Filmband festgehal len zu haben. Wir fragen nochmals: „Wann endlich macht das Reich diesem Affentheater ein Ende?" Vor der Telephonzelle Don nachmittags ;-,6 Uhr ab durste vom Koburgec Postanit „dringend Presse" gesprochen werden. Die Berichterstatter drängen sich. Es ist ein Stück Geschichte, das sich hier abspielt. Der Vertreter einer nationalistischen Zeitung schwärmt von den „braven Jungen", nennt die Leute harmlos und sieht die Thüringer Berge init roten Hundertsckmften bespickt. Abgesandte anderer politischer Richtung behaupteten das Gegenteil. Melden von ganzen Flugparks der Nationalisten, von unzähligen Batterien, Ar meen »ffw. Der Draht ist geduldig; er nimmt alles auf, wie die Blätter, die am nächsten Tag die Telephonate ihren Lesern offerieren. Am richtigsten handelte wohl ein Vertreter einer norddeutschen Zeitung, der sich in folgenden Worten seiner Aufgabe erledigt: Aufführung eines Kasperl-Theaters zu rezensieren, ist mir unmöglich. Ich bin 55 Jahre alt. Schickt mir Geld und zwei Kompanien Reichswehr. Dann ist alles wieder im Lote. Bamberg und Koburg sind landschaftlich gesehen wunderhirbsche Städte. Die Bevölkerung hungert hier genau so wie in unserer nördlichen Heimat. Fertig. Schlußwort Wie eben geschildert, so ist die Lage. Die nationalisttsä-en Truppen sind eine Gefahr für unser Vaterland, weniger wegen ihrer Kamps stärke, als vielmehr wegen der Duldung ihres Bestehens. Im Reiche glaubt man an das Vor handensein einer starken „Armee"; Anreiz, ähnliche Manöver auch in anderen Lande-Keilen zu bilden. Dieser Prozeß, der tatsächlich in den industriearmen Gegenden Deutschlands schon stark fortgeschritten ist, muß unterbunden wer- den. Hierauf kommt cs an. Deshalb muß das Reich eingreisen. Das Reichswehrministerium darf nicht die Hände in den Schoß legen und über die faschistische Soldatenspielerei nur lächeln. Die Krankheit ist ansteckend und wird, wenn nicht bald eingegrifsen wird, den ganzen Reichskörper verseuchen. Das Reich lzat die Macht. Möge es sie nun endlich anwenden. Die Mehrheit des Volkes wartet darauf. Kunstkalender Aus den Theaterbüros. I» der am Freitag, 8. No vcmbcr, im Alten Theater stattsindenden AufsllN rung „Die Ränder" swclen zum ersten Male Georg Czimcg den Karl Moor, Alfred Schlageier den allen Ntvor, und Friv Wendel den Spiegclvcrg. — Heute Donnerstag. 8. Rovembcr, im Operettentheater zmn 50. Male „Katja, die Tänzerin-, „Aua Richies Reden an die deutsche Ration" lautet das Thema eines Vortragsabends, den dt« Ficbregesell- schafk Leipzig >rm 8. November, abends 8 Uhr. im Kainmermusiksaal des Zentrallbcalcrs Veranstalter. Redner ist der Hosscdauspieler Fritz Bastl, München. Der Beethoven Abend des Dresdner Streichquartett» wird am 21. November <Bnhtagl im Rathaussaale stan Nnden. Aus 4. Nov. lautende Karten behalten Gültig kett. Arbeiter-Bildungs Institut. 2- Teil dcS Beeiboven zhklus. Am 1l. nachni. 8 Uhr. Neues TKerner. 2. um» 9. Sinfonie: am 30, 8 Uhr, Gewandhaus, Croica uno 8. Sinsonic. Am 16.. 25. unk 29. 8 Uhr im Kaufhaus live, Sonaten- und ein Kammermusikabend. Am 21. uachin. 2 llhr im Schauspielhaus Strawinskys „Geschichte vom Soldat« ", nebst expressionistischer Kannnernmsik. * Volkshochschule Leipzig. Tie Freitag-Kurse beginnen am 16. November, da am 9. November der Unterricht ausfällt Kirchliche Nachrichten Motette in der ThomaSkirchr. Freitag 6 Uhr. Orgel: H Kaminski: Toccata Borgetragen von G Ramin. Chor: B. Williams: Messe in G.-Moll: uyrie, Gloria, Credo. Kirchenmusik in der Thomas!>rnK. Sonntag '.-10 Uhr, Bach: Kantate 26: „Ach, wie flüchtig". Israelitische Rcliaionsgemeinde zu Leipzig. Ge- meindesynagoge. SabbatgolwSdienst Freitag abend 4><, Uhr mit Predigt sRnbbiner Cohn); S-nnabend vorn». 9 Uhr. Aus dem Vereinsleben Verein für Aoliswoyl. Heute. Freitag, abends 714 Uhr, wiederholt Missionar Michael Zamlien aus Grund seiner Reisen und Forschungen und unter Vor führung zahlreicher Lia-tvilder seinen kürzlich gehaltenen Vortrag über „(»tescbantcs und Erlebtes im dunkelsten Afrika". T-cr Zutritt ist srei. Tie nächste Sonntagabend^ frier wird im Zeichen Schillers sieben. F-ir den vollän bischen, rumänischen und schwedischen -vrachunternctn werden noch Teilnehmer in der Geschäftsstelle, Löbrsir. 7, angenommen. Mieterstduhvcrband Leipzig u. Umg. Sonntag, den 11. November, dorni. >4lt) Uhr, Oeffentlicke Mieterver sammlung in der Grünen Zwenke, Leipzig Anger. Tagesordnung: Die Feucrewbrabgabe: Referent Drewes. PreiSsmnrilschrribrii der Gabrisbergerschen Dlenp- graphenvrreinc. Ler Orisverbanv der GabclLbergerschen Dtenographenvcreine in Leipzig veranstaltete auch in diesem Fahre «in PreiSschnellschrciven das Cnde vorigen MonatS stattland. Tas Ergebnis wurde kürzlcw im Grsrllschasl Hans Bonorand verttindct Hierbei hielt Stndienrai Lr. Schrei ter einen Vorlrag Uber den Svstemkamps und seine Auswirkungen. Dem Vortrag sowie die Preisverkündung und die Verteilung der Ehrenpreise die znm Teil von diesigen Firmen gefristet worden waren. Von 55V abgegebenen Arbeiten waren in den Abteilungen 80 - 360 Silben 39 i Arbeit preiS- wtirdia Geschäftliches " Kahlbaumstub«, Katharinenstraße 18. Nach vollständiger Renovation findet deute die Wieder eröffnung der beliebten Likörstube statt. Täglich Künstler-Konzerte der Schrommelkapelle, Dir. Hose. 2« Aftsrsq Lichtspielhan», Windmühlenstratze 31, findet heut« 4 Uhr die Crstaussührung de» neuartigen Ftlmwertes „Ein Kind — ein Hund' statt Ts» Kind, der «säbrige Heinz Slawe, und sein dressierter Panner, der Pudel Bobbv, werden 4.20. SLV und S Uhr persöntchd auftreten. Zsm Beiprogramm werden ONglnal- avsnahmrn de« Erdbeben» in Japan ge^th».
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