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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231109
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-09
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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möchte,, diese Frage heute nicht mit Ja beant worten. Denn vorläufig will man ja eine neue Goldaniehe von 300 Millionen Mart aus geben, unstreitig, um die Papiermart zu stützen. E» heißt zwar, daß d'e Devisenabgabe erhoben wird, um (Getreide und Fett für die langsam, aber sicher verhungernde Bevölkerung Deutschlands einzuführeu, aber: sind die inländischen Scheunen jetzt, nach der Ernte, mit Brotgetreide nicht vollgepfropft? Würde es nicht genügen, d>ses Brotgetreide den Lungernden dadurch zu- zufiihreu, daß man den Landwirten die nach der Meinung der Regierung doch wertbeständige Rentenmark dafür gibt? Ist es notwendig, jetzt Ruslandsgctrcide ein,Zufuhren? Man muß sich auf diese Frage die Antwort schuldig bleiben, wenn man nicht annehmen will, daß d e deutsche Währungsreform dadurch, daß man Un mögliches möglich zu machen sucht, zu einem Poss enspieI geworden ist. Was anderes rst es, wenn man im Nentm- bankgesetz verordnet, daß die Papiermark das alleinige gesetzliche Zahlu"gsmitt-k ist, u^» man wenige Teoc später erklären muß. >aß die Be völkerung verpflichtet sei, dieses gesetzliche Zah lungsmittel anzunehmen, und was anderes ist es. wenn man die Papiermark, das alleinige gesetzlicl,« Zahlungsmittel, gegen (Soldanleihe des Reiches eintauschen will. Daneben soll die Ernlösungsmöglichkeit in Papiermark bestehen bleiben, wenn die erforderliche Menge Rentcn- markscheine herzestellt ist. (Rian vergleiche dazu wieder die Meldung des „Lerl. Tageblattes"!) Die bisherige Erfahrung hat zwar gezeigt, daß die Soldanleihe sofort nach ihrer Ausgabe spur los als Wcrtaufbcwahrungsmittel verschwindet, und Natt die Papiermar! aus dem Verkehre zu ziehen, bewirkt, daß nur noch mehr Papiermark gedruckt werden müssen; aber nehmen wir ein- mal an, daß die Papiermark tatsächlich in die Hassen der Reichsbank zurückströmen: dann ist Deutschland ein Land ohne gesetzliches Zahlungsmittel. Der ganze Wirrwarr ist, wie schon gestern ausgeführt, und wie heute wohl wieder zur (Ge nüge dargetan, nur darauf zurlickzuführen, daß die ReichsbanUeituug ihre beherrschende Stellung beidehalten soll. Das fegt aber voraus, daß die Reorganisation dec Rcichsbank durchgeführt ist, bevor die Rentenmark ausgegeben ist, also ermas ganz Unmögliches. Vielleicht bahnt sich nun alvr doch eine Lösung dieser Frage an und ist die Meldung der „Zeit", dem Organe Strrsemanns, daß wiä)er einmal eine Havenstein-Krise aus gebrochen ist, in diesem Sinne zu werten. Das „Berliner Tageblatt" schreibt: Gegenüber Anschuldigungen der Presse erklärt inan uns aus Verwültungskreisen der Renten bant, daß diese Borwürfe durct-aus unberechtigt seien. Die ^rwaltung der Rentendank habe den Druck der Rentenmarkscheine und ebenso die Ausprägung der Rentenmünzen mit der größten Energie in die Land genommen und namentlich auch bei den Prioatdruckereien und bei oec Münze sehr gute Erfolge erzielt, während der Fortgang der Arbeiten in der Reichsdruckvrei hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Die Dispositionen der Rentendank seien auch sonst verschiedentlich von der Regierung und der Reichsbank durchkreuzt worden. Nach den letzten Zusicherungen, die den Ver tretern der Rentenbank gegeben wurden, sollten am 12. November 300 Millionen kleine Rentrn- martschrine fertiggestellt sein. Zum Teil sei die Verzögerung der Ausgabe auch darauf zurück zuführen, daß die Reichsbank in allen ihren Zweigansialten erst einen genügend großen Be stand an verschieden gestückelten Rentenmarken- scheinen bereit haben wolle, ehe sie mit der Aus gabe beginne. Was das Reichsfinanzministerium an lange, so komme ihm vielleicht deswegen die Verzögerung der Rcntenmark nicht ungelegen, weil es in der Zwischenzeit noch sehr erhebliche Mengen Papiermarkschatzanweisungen ausgedvr könne, was nach dem Erscheinen der Renten- mark im Verkehr gesetzlich verboten sei. Oie währungspolitische Verselbständigung des besetzten Gebiets Geljenkirche», 8. November. (Gig. Tel.) Die bisher in geheimnisvolles Dunkel gehüllten und nur Eingeweihten bekannlgewordenrn Bestrebung«» zur Schonung einer einheitlichen Währung für das besetzte Erbiet haben in den letzten Togen festere Formen angenommen. Die Ver handlungen, die zwischen wirtscl-astiichen und poli- rischen Kreisen de» Landes einerseits urrd den fran zösischen Bcsatzungsbehörden anderseits geführt wurden, haben bereits zu einem greif baren Plane geführt, dessen Umrisse jetzt schärfer hervortreten. Die treibende Kraft in dieser Ange legenheit ist auf deutscher Seit« der bekannte Bankier Hagen, der Derhandlung»leiter der Gegenseite ist Tirard. Nachdem die Besprechungen mit Tirard zu einem gewissen Abschluß gekommen sind, hat sich, wir bestimmt verlautet, Herr Louis Hagen nach Berlin begeben, um den im Reifen begriffenen Gesamtplan von der Reichsregierung sank tionieren zu lassen. Ueber diesen Plan wird im einzelnen folgendes bekannt: In Köln soll ein« neu, Gold Noten bank errichtet werden. Für das besetzte Erbiet ist die Ausgabe «ine» wertbeständigen Zah- luugomittel» geplant, über dessen Namen nur jo viel feststeht, daß Herr Tirard sich mit der Ford«, rung der „Franken"-Bezeichnung nicht hat durchsetzen können, klebrigen» wird di« neue Not« kaum eine .Mark" s«in, sondern irgend einen Namen erhalten, wie etwa „Taler" oder „Gulden". L* steht bereit» ein« D«tung»grundlage in Höhe »on IVO Mil- ltonen Doldmark zur Verfügung, und z»var zur Hülst« tu Gold oder Devisen, zur anderen Hälfte in Warenwechseln. Beteiligt ist deutsche», fr«»- ztzfisch-bel gische» und englische» Kapitol, und -war deutsche» mit öd Prozent, französisch- belgisch«» «tt znsamwia SV ProgwU und «Mgltsche» »it IS Prozent. Ein ähnliche» Perhkltni» dürste auch die Zusammensetzung der Leitung der Bank aufweisen. Auf deutscher Seite nennt man bereit» Geheimrat Hage» al» ersten Präsidenten, während di« -weite Stelle einem Fran-osrn -»gedacht ist. Außerdem soll beabsichtigt sein, «ine Reihe weiter bekannter Bantlent« des bcschten Gebietes in den V, r w n I r u n g s r a t zu berufen. Die Presse Rheinland-Westfaleiis befaßt sich be reit» in eingehender Weise mit dem neuen Plan. Sie bezeichnet ihn als vermutliche Folge der wirtschaft lichen Abschnürung des besetzten Gebietes durch die Okkupation und begrüßen ihn insofern, als er vielleicht den einzigen Weg zur Herbeifllhrung gesünderer Verhältnisse darstelle. Anderseits wird die Geheimniskrämerei, mit der dec Plan bisher vor der Oeffentlichleit verschleiert worden ist, schwer gebrandmarkt, und ebenso unverhüilt werden die schweren Bedenken geäußert, die die poli tische Seite dieser aus der Not der Zeit ge borenen Lösung der Währungsfrage für das besetzte Gebiet mit sich dringt. Man erkennt hier deutlich dir von den Franzosen mit der besonderen Wäh rungsregelung verfolgten politischen Ziele, zumal da die Franzosen dem von deutscher Seite gemachten Vorschlag, für dir Uebcrgangszeit die wertbeständigen Zahlungsmittel des Reiches zuzulassen, keine Be- achtung geschenkt haben. Bedenken werden auch der französisch-belgischen Kapitalbeteiligung in Höhe von 20 Prozent entgegengesetzt, weil diese Quote geeignet sei, entscheidende Dreiviertelmehrheitsbeichliiss« zu unterbinden. Da« Los der deutschen Kinder Berlin, 8. November. Der Deutsche Zentral ausschuß für Auslanbshilfe gab in seiner gestrigen Vollversammlung ein erschütterndes Bild von der Not der deutschen Kinder. Nach den Be richten der Vertreter der einzelnen Landesteile und der Gemeinden stehen Tausende von Kindern vor dem Hungertod e. Es gebe Kinder, die weder Brot noch Milch, noch Kartoffeln, noch Fett, sondern nur irgendwelchen Aasfeersatz als Nahrung be- kämen. In Dresden sei ein Sechstel aller Schüler der Volksschulen an den Folgen des Hungers er krankt. In Berlin kämen unzählige Kinder ohne Nahrung in die Schule oder versäumten sie, weil sie den Hunger nicht so fühlten, wenn sie zu Bktr lägen. Für K i n d e r s p e i s u n g e n hat da» Reich fünf Millionen Goldmark in Aussicht gestellt, eine Summe, die jedoch nur zur täglichen Versorgung von 500 000 Kindern mit LOO Kalor «n Nahrung für etwa fünf Monate ausreichi. Dom österreichischen Liebe-wert Wie», 7. November. Der Niederöster reichische Landtag hat einstimmig be schlossen, zur Linderung der in Deutschland herrschen den Not LOO Millionen Kronen zu spenden. Klagenfurt, 7. November. Der Kärntner Landtag Hut einstimmig »inen sozialistischen Antrag angenommen, der deutschen Reichsregierung IVO Millionen Kronen zur Linderung der Rot bedürftiger Deutscher, vor allem der Spital- kranken, zu überweisen. Oie Tschechen und unsere Hot Prag, 8. November. (Gig. Tel.) Der deutsche Abgeordnete Putzet hatte au den Innenmini ster eine Anfrage gerichtet, die über das Verbot von Sammlungen und Spenden für die lwüeideude Br- völteruug des Ruhrgebietes durch die tschechi schen Behörden Beschwerde sühne. Darauf hat der Minister jetzt eine Antwort erteilt, di« von grundsätzlicher Bedeutung für die Deutschen in dec Tschechoslowakei ist, die sich durch Auslegung von Sammlungen in der Presse, in privaten Vereini gungen usw nach Kräften bemühen, ihren Brüdern iin Reiche zu helfen. In der ^lntwvrt heißt es: „Der Innenminister teilt mit, daß aus prinzi piellen Gründen die Veranstaltung von Sammlungen in der Tschechoslowakischen Republik, deren Ertrag im Ausland zugunsten fremder Staatsangehöriger oder Instittvionen verwendet werden soll, oder über bereu Erträge ausländische Institutionen verfügen sollen, nicht zugelassen wird. Dieser Grundsatz wird genau eiugehalten ohne Rücksicht darauf, welcher Nationalität die geplante Sammlung zw gedacht ist." Diese Antwort des Innenminister» widerspricht den von höchster Regierungsstelle Ihrem Korrespondenten gegenüber gemachten Aeußerungen, daß die tschechische Regierung derartigen Samm lungen kein Hindernis in den Weg legen werde, solange sie humanitäre Zwecke verfolgen. Sie widerspricht atich demgegenüber dem notleidenden Rußland von feiten der Tschechoslowakei seiner zeit geübten Vorgehen. Daß die tschechoslowakische O c f f« n t l i ch k e i t, tvcnigstens zu einem großen Teil, anders denkt al» der Innenminister, beweist eine heute im Saal« de» Prager Repräsentantenhaus«» zusammenyetreteue Konferenz des ehemalige» Auslandskomitee» für die Arbeitshilf« in Sowjerrußland, die nun für Deutschland eine ähnlich« Aktion in» W:rk setzen will. Neben Vertretern der deutschen und tschechischen Arbeiterschaft de» Landes nahmen an den Beratungen teil die Herren Kroqt für Holland und Tavella für Argentinien, ferner Oehring (Moskau) und Anna Dörfel (Berlin). Weiter hatten Vertreter geschickt di« tschechisch« Lchrerschask, die tschechisch?,, Freideccker und da» tschechoslowakisch« Rot, Kreuz; «utschuldig! hatte sich di« tschechoslowakifHe Studentenschaft. Die Konferenz beschloß «inen Auf. ruf an die Oeffentlichkeir, der sich an all« Schich- ten der Bevölkerung richtet und -u Sammlungen für die notleidenden Hank» und Kopfarbeiter Deutsch- land» auffordert. Eharakteristisch für di« Auffassung selbst in extrem- nationalistisch«,, Kreisen find Won«, di« Dr. Kra marsch giftern in einer Parlamentär«-« sprach: „Die Vernichtung de» d«»tsch«n Bürger in»», dm» für Ü— Wifi«, und den kulturAIen Fort- schritt der Seit f» »tel geieistet hat, Mre «tu« verzeihliche Sünde an derKulturl Ich, der Chauvinist, vergesse nicht, was ich gerade la Deutschland gelernt habe." Eia« steche Heuchelei Aus Anlaß der bekannten Vorgänge in der Pfalz hatte der deutsche Geschäftsträger in Pari» der französischen Regierung seinerzeit eine Note übergeben, in der darauf hingewiesen wurde, daß in der am 24. Oktober abgehaltenen Sitzung des Kreistages der Pfalz Major Louis im Auftrage des General de Metz mit- geteilt hatte, daß di« Pfalz als autonomer Staat mit einer provisorischen Regierung bi» zur weiteren Entwicklung der Ereignisse in der Pfalz ,md in Boyern zu betrachten sei. Nachdem der Kreistag einstimmig den Antrag auf Bil dung eines autonomen Staates abgelehnt hatte, hatte General de Metz am folgenden Tage den Vor" tretern de: bayrischen Negierung bei den Besatzung» behörden der Pfalz erklärt, daß sich die bayrische Staatsregierung durch ihr Vorgehen in dem gegen wärtigen Konflikt mit der Reichs reg ierung außer halb der Reichsverfassung gestellt und dadurch die Verfassung gebrochen habe. Französischerseirs müsse daraus die Folgerung gezogen werden, daß die bayrisch Staalsrcgierung eine vollziehende Gewalt in der Pfalz nicht mehr besitze und demgemäß di« bayrischen Beamten keine öcstlgnisse mehr hätten. General de Metz hatte daraufhin den bayrischen Beamten jede weitere amtliche Tätigkeit verboten. Der deutsche Geschäftsträger hatte namens der deutschen Regierung gegen das rechts- und vertragswidrige Verhalten des Generals de Metz Protest erhoben und der Erwartung Ausdruck gegeben daß die fran zösische Regierung General de Metz sofort anp>eisen werde, die durch den Versailler Vertrag sanktionier ten bayrischen und deutschen Hobeitsrechte in der Pfalz zu achten. Hierauf ist nunmehr folgende Antwort von Herrn Pvinearv eingegangeu: „Durch Schreiben vom 20. Oktober 1923 habe» Eie geglaubt, gegen die Haltung des Generals de Metz in bezug auf die politische Bewegung in der Pfalz Protest erheben zu müssen. Der Protest will das Verhalten der französisch,p Behörden feststeUen und ihnen eine Verantwortung zuschreiben, die sie in Wirklichkeit nicht trifft. Die Schwierig leiten, denen die Pfalz gegenwärtig ausgesetzt ist, sind keineswegs auf das Vorgehen der französischen Behörden zurückzuführen, sondern einzig und alle n > auf die schwere Beunruhigung, die in Deutschland die Folge des passiven Widerstande» ist. ! Es muß insbesondere beachtet werden, daß die inne- ; ren Ereignisse in Deutschland aus letzter Zeit die j Pfalz in eine unentwirrbare Lage bringen, wovurch die Beunruhigung der Pfälzer Bevölkerung völlig erklärt wird. Ebenso wie die französische Regierung sich den Vorbereitung«« völlig ferngehaltcn har, die zur Auslösuug der separatistischen Aktion geführt haben, und ebenso wie sie den Ereignissen in der Rhempfalz ferngeblieben ist, ebenso wenig kann sie eine Perantwortung übernehmen, für Ent- schließtMgen, die in »oller Freiheit von der Pfälzer Bevölkerung gefaßt rvorden sind, iübrigen« haben beide Bewegungen keinen geimii'ssv-acn vha- raktrr. Indessen ist der Wille der Bevölkerung un- zweifelhaft vorhanden und hat sich wiederholt in einer Weise geäußert, daß es den französische,i Be hörden unmöglich gewesen ist, ihre Tür Personen zu verschließen, die getvmiuen sind, um sie darüber zu unterrichten. Diese Tatsache beweist wohl, daß die französischen Behörden in der Pfalz fortwährend die Aufrechtrrhaltung dr» normalen Wirt schaftslebens und der Wohlfahrt der Be- völkerung gesichert sowie den ernsthaften Wunsch be kundet haben, daß die Bevölkerung ihrerseits das normale Wirtschaftsleben aufrechterhalte oder wieder herstelle, und daß sie durch die Korrektheit ihres Ver haltens und die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen das allgemeine Vertrauen der Bevölkerung er worben haben. E» ist mir unmöglich, die Her stellung von Beziehungen zu bedauern, dir »nichtigr Faktoren für Ruhe und Frieden gewesen sind und bleiben. Ich verurteil« di« vielfach von der Rheinlandtommission und von der Botschaft,rkonse^ renz gemeldete Haltung, die von gewissen deut schen Behörden eingenommen worden ist und dl» den Zweck hatte, Reibungen zwischen der Zivil- bevöllerung und unsere» Truppen zu schassen, eine gefährliche Feindschaft hervorzurufen und sich einer Befreundung entgegeuzustemmen, die wir unsere» seit» im allgemeinen Interesse immer erstrebt baden." Diese Rote läßt die Zweideutigkeit der französischen Haltung gegenüber den Separatisten putschen besonder» deutlich hervortreten. Die deutsche Beschwerde enthält eine tlgrc Formulierung des Vorwurfs gegen dr Metz und Loui», daß sie entgegen dem Bestreben de» Kreistages der Pfalz einen auto nomen Pfalzstaat für gebildet und vor den zustän digen Vertretern Bayerns die VoUzugsgewalt der bayrischen Regierung al» in der Pfalz nicht mehr bestehend erklärt hätten. Die Note geht hieraus mit keinen, Wort ein, das beweist, daß die französische Regierung das Verhalten von de Metz und Louis weder dementierrnkann noch auch will. Oie horizontblaue Laubplage Pari», 8. November. (E i g. Tel.) Anläßlich der Reise de» französische,, Kriegsminister» Magtnot in» Ruhrgebiet wird aus Düsseldorf gemeldet, daß vorläufig nicht mit einer Verringerung der Anzahl der französischen Pesatzungstruppcn im Ruhr- gebiet zu rechnen sei. Diese betrag, augenblicklich 5SOOO Mann. Der gleichen Havas-Meldung zu- folge werden di, neuen Truppen, die zur Be- satzunasarmr« entsandt werden, innerhalb acht Taaen in Düsseldorf cintreffen und dorr ihre militärisch: Ausbildungszeit verbringen. Wie der „Bayerische Kurier' feststrllt, be ruht die Meldung, daß Dr. Heim Aufficht»rat der Berliner Rentenbank sei, aus einer unrichtigen Voraussetzung. Heim sei zwar al» Vertreter der Landwirtschaft in den Auffichtsrat und in den Ber- waltungsrat der Rentenbank gewühlt worden, habe aber di, Wahl nicht angenommen. In Luzern ist eine Ortsgruppe d«» italienischen Faschi»mu» gegründet war- den. Solche Ortoaruppen bestanden bereit» in St. Gallen, Zürich, Lausanne »ad Montreug. - - Stresemann vor der Entscheidung Berlin, 8. November. (Lig. Tel.) Di« Mit teilung, die di« deutschnationale Presse» stelle gestern über die Unterredung des Reichs- kan-lers mir dem Abgeordneten Hergr und über, da» Programm einer neuen Regierung verbreitete, betont«: „Offiziell ist von keiner Seit« an die Deutschnationale Volkspariei herungekreten worden." Damit wurde der Eindruck erweckt, als ob das gegen wärtige Kabinett inoffiziell den Deulschnativ- nalen Vorschläge für einen Eintritt in die Regierung gemacht und von ihnen eine Absage erhalten hätte. Demgegenüber glaubt die „B. Z. am Mittag" zn wissen, daß auch inoffiziell ein solcher Vor schlag nicht erfolgt sei und auch Nicht erfolgen werd«. Der „Demokratisch, Z e i t u n g s d ie n st" wendkt sich mit der größten Schärfe gegen die Treibe reien der Rechtsparteien. Er schreibt: „Die Reaktion versucht Mit allen Mitteln eine» frechen Gaukelsp els dem deutschen Voile einzureden, daß ins nur eine Rechtsregierung oder Rechtsdittatur belftn könne. Herr Dr. Stresemann stehl als zweiter Bethmann Hollweg am Scheidewege. Das demokratische Parteiorgan erklärt dazu, die Deutsche Demokratische Partei könne Stresemann nur dünn unterstützen, wenn der Schwerpunkt der Regierungspolitik nicht nach rechts verschoben werde. Di« demo kratische Reichstagsfraktion lege nach dem Austritt der Sozialdemokratie aus der Reichsregir- rung aus außenpolitischen, innerpolitischen und wirt schaftspolitischen Gründen stärkstes Gewicht aus Wetterführung des einzig möglichen Regierungs kurses, der Politik der Mitte. Eine Rechlsschwcn- kung der Kabincttsführung, eine unentschlossene Hal" tnng gegenüber den anftiirmenden antirepublika nischen Mächten oder eine Preisgabe des Rhein landes könne unter leinen Umständen ertrugen werden. Die Ergänzung des Kabinetts dürfe unter keinen Umständen Männer in die R ichsregierung bringen, an deren verfassungstreuer Uederzeugunz Zweifel bestehen müßten. In Preußen müsse dir Große Koalition aufrechterhalten, in Sachsen die jetzige Regierung toleriert werden. Alle Kräfte müßten in dieser Stunde höch ster Gefahr für die Republik zusammengesühri und in gleicher Schärfe gegen alle Elemente v,»wankt werden, die di, Einheit des Reich,» ge fährdeten." _ Zum Gedächtnis Robert Bmms Heute vor 75 Jahren, am 9. Novcinvcr 1848, be- wogte sich in den frühen Morgenstunden ein aufsehen erregender Zug durch die Straßen Wiens: Ein Wagen, beatettet von einer starken Infanterie- und KuvaUerielolonne. Er schlug die Richtung nach der im Norden der Stadt gelegenen Brigittenau ein. Dort angekommen, entstieg dem Wagen ein Manu von gedrungener Gestalt, bas Gesicht umrahm» von einem dichten Vollbart. Rach einigen mit einem Offizier gewechselten Worten band er sich em. Tuch vor die Äugen, rin PrletNi Jäger trat vor. Schüsse: ktlönkeii; und leblos, von drei Kugcln in Kops mrL.. Brust getroffen/sank bei' Mann zu Boden. Es r.>nr_--< Robert V l u ni. der Abgeordnete der Stadt Le i p-» ' zig in der Drntsch.n Nl'ticnaioecsuinmiting. Robert Blum, nm 10. November 1807 in Köln geboren, wuchs in ärmlichen Verhältnissen aus. Lein Vater, ein Faßbinder, starb, als dec Knabe 8 Jahre alt wur. Daraus heiratete die Mutier einen Schiffe» knecht, unter dessen Roheit di, ganzr Familie litt. Rach einer sreudlvsen Kindheit kam Blum erst zu einem Goldschmied, dann zu einem Gürtler in di, Lehre. Aber schon als junger Mensch kühlte ec sich mehr zu geistiger Arbeit hingezogen. Nach manchen widrigen Schicksalen nahm er im Jahre 1830 die Stelle eines Theaterdieners an beim Thcairrdirrttoc Ringelhardt in Köln. Als dieser Leiter des Stadttheaters in Leipzig wurde, siedelte er mit ihm über. Bilum ist dann vis in die Stellung eines Haupttassierers ausgerückr, ging jedoch 1847 vo.n Theater weg und gründete mit seinem Freund, Robert Friese eine Buchhandlung unter der Firma Robert Blum K Eo. In der gaiizen Zeit hatte Blum an seiner geistigen Ausbildung unermüdlich gearbeitet und sich mehr fach literarisch betätigt. Daß er stets die Sache des Volkes vertrat, war bei seinem Lebensgange nur zu natürlich, und da er eine glänzende Rednergabe be- saß, so wurde er geradezu der populärste Mann in Leipzig. Im Nlai des sturmbewegten Jahres 1848 wurde er daher von den Wahlmännern mit sehr großer Mehrheit zum Abgeordneten der Stadt Leipzig in die Deutsche Nationalversammlung zu Frankfurt a. M. gewählt. Hier schloß sich Blum der Linken an, doch er füllte er nicht ganz die Erwartungen, die seine radi kaleren Anhänger gehegt hatten. War er auch Re publikaner, so wollte er doch immer den Weg der Gesetzmäßigkeit eingehalten wissen. Aber immer un verhüllter erhob bereits die Reaktion wieder ihr Haupt, und so kann es nicht verwundern, wenn di, Nachricht vom Ausbruch der Oktoberrevolu tion in Wien von der Linken mit großem Jubel ausgenommen wurde. Die Nationalversammlung, in der die Recht, und das Zentrum di? Mehrheit hatten, lehnte zlvar eine Sympathieerklärung ad, die Fraktion der Linken beschloß iedoch die Entsendung einer Deputation, die den Wiener eine Sympa- thieerklärunq übermitteln und sich zugleich über den Stand der Dinge unterrichten sollte. Al» Deputierte wurden Robert Blum und Julins Fröbel (ein Resse de» bekannten Pädagogen Friedrich Fröbel) gewählt. Diesen beiden schlossen sich die österreichi- schen Abgeordneten Moritz Hartmann (später ein gefeierter Dichter) und Trampusch an. Die Deputation reiste von Frankfurt über Leipzig (wo Blum in der Nacht vom 1k. zum 1L Oktober zum letztenmal bet den Seinen weilte) und über Breslau nach Wien, wo sie am 17. Oktober rintras und ein? »nthuflastisä», Ausnahme fand. Die Wogen der B« geisterung gingen sehr hoch, und auch Blum wurde von ihnen fvrtgerissen. In Wort und Schrift war «r in revolutionärem Sinne tätig, nnd al» e» zum Kampfe kam, focht er surchtlo» an verschiedenen Orten mit. - Aber dem zahlreichen und besser organisierten Militär gegenüber war jeder Widerstand vergeblich. Dien mußte kapitulieren. Am 4. November wurde Blum verhaftet und am 8. November vor da» Stand gericht gestellt. Umsonst berief er sich auf seine Un verletzlichkeit al» Mitglied der Nationalversammlung — die Reaktion wollte ihr Opfer haben. Zum Tod« verurteilt, endet« er schon am andern Morgen sei» Leben unter den Kugeln österreichischer Jäger.
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