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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231107
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231107
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-07
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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MidtMa^h, «t«L 7. " - — - — - - -- —-- — ——> Va-esderickt Ist die Gasanstalt berechtigt, beliebige Preis« zu berechnen? Au» Verbrauche rkrersen wir- un» geschrieben: Zu der hrute io erster Linie aktuellen Frage, ob die Gas- «öd Kraftwerk? r«,n ihrer uwnopolartigen ^Machtstellung au, berechtigt sind, ihren Kunden zu jeder Zeit ausgewertrte Preise zu borechaea, sind einige Entscheidungen aus der Rechtsprechung de, Reichsgerichts von größtem Interesse. Sie lehren, daß Gewerbeunternehmcr, die.ein für ven Verkehr unentbehrliches Gewerbe betreiben, von einer ge wissen Monopolstellung aus nicht berechtigt sind, mit ihren Kund-n umzuspringen wie sie wollen, daß es vielmehr gegen die guten Sitten »er st ö ß t, wenn sie von ihrer Machtstellung aus lebenswichtige Betri^e dazu benutzen, andern un erhörte Latten aufzubürden, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Hierzu wird ia -er R e i chs g e r l ch t s e n t - scheid uua I 123/21 wörtlich ausgeführt: Bereit« in der Entscheidung vom 1L. Mai 1S2V (I 25/20, RGZ. Band ISS S. 107) hat der anerkennende Senat es als der Rechtsordnung widerspre chend erachtet, wenn Gewerbeunternehmer, die ein für den Verkehr unentbehrliche» Gewerbe betreiben und gewissermaßen eine Monopolstellung »innehmen, die Zwangslage der Allgemeinheit Lazu benutzen, um für sich besondere, mit der R e ch t» a u f f a ff ung nicht verein bare Vorteile auszubedingen, um so dem Verkehr besondere Fesseln auszuzwingen. Den selben Standpunkt vertritt der 1. Senat wieder in der Entscheidung vom 21. März 1S2S. Wohlyemerkt handeft es sich hierbei immer um den Ausschluß der Haftung für eigenes Verschulden. Aeußerst markierend aber ist, daß der Inhaber eine« lebenswichtigen Betriebes, insbesondere dann, wenn er eine Monopolstellung einnimmr, wie da» bei den städtischen, Las- und Wasserwerken der Fall ist, diese Machtstellung nicht ausnutzen darf, um unmög liche Summen »u fordern und damit die Inhaber kleiner Haushaltungen zugrunde zu richten. Die allgemeine Empörung, die die plötzliche uüergangslose Berechnung der Goldpreise unter der Leipziger Bevölkerung hervorgerufen hat, ist ein untrüglicher Beweis dafür, daß die Art und Weise, wie die Leipziger Werke vorgegangen sind, dem Emp- finden jedes billig und gerecht denkenden Menschen znwiderläuft und sich mit den guten Sitten nicht in Einklang bringen läßt. Sache der Gerichte wird es nmupehr sein, die An sprüche der Werke an die einMnen Haushaltungen nachzuprüfen, wenn diese besondere Anträge stellen. Viel Material ist bei der Schutzgemeinschaft gegen den städtischen Wucher eingereicht worden, Vas sie bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt hat. Lanz entschieden ungesetzlich ist der Schritt der städtischen Werke insoweit, al» für Sevtrmber nachträglich die erst im Oktober eingeführten .Einheiten" in Anrechnung gebracht werden. Pflicht der W?'ke wäre es gewesen, im September zu kassier" wie sie es bei den Großabnehmern getan haben. Warnung a» Backer. Zn Leipzig ist bei einer Anzahl von Böckern ein Otti Thiele, angeblicher Vertreter der Hofmühle Potschappel-Drrsden, er schienen und hat ihnen Mehl zu einem ver- h ltnismäßig billigem Preis zum kaufe angeboten. Sein sicheres Auftreten, auch die Benutzung von gedruckten Rechnungsformularen und Kauf bestätigungen der Hofmühlr Dotschappel ließen einigen Bäckern das günstige Angebot al» reell erscheinen, weshalb sie keine Bedenken hatten, nam hafte Vorschüsse an den .Herrn Vertreter" zu zahlen. Hinterher, al» da» bestellte Mehl nicht an kam, entdeckten sie erst den Schwindel. Der Be trüger ist etwa 4S Jahre alt, 1,70 Meter groß, unter setzt, blaß, trug kurzgeschnittenen Schnurrbart und graumeliertes gescheitelte» Haar. Auffallend war seine lange breite Nase. Bei sich hatte er eine kleine braune Reisetasche. Das Milieu der Lugend Wie fetter» Maderzimmer rm- Schuler» eingerichtet sei«? Das Kind hat engste Berührung mit der Natur zu seinem körperlichen und seelischtn Gedeihen uötig. Man tanu ein Kind -wischen Steinmauern iu der unfruchtbaren gepflasterten Straße nicht erziehen. Wenn das Elternhaus der Großstadt dem Kinde den Garten, in dem es gesund heranwachsen könnte, nicht mehr bieten kann, so müssen Kinderstätten geschaffen werden, sei es innerhalb der Stadt, sei e» vor ihren Toren, in denen unverkümmerte Kinder erzogen wer den können. Die Wissenschaft hat uns gelehrt, daß jedes lebende Wesen in eine geeignete Umgebung gesetzt werden muß, wenn es gedeihen soll. In dieser Um gebung müssen die Stoffe, die zur Ernährung und Erhaltung dieses Wesens notwendig sind, vorhanden sein. Das Kind verlangt nach Nahrung für seine Sinne und für seinen Geist, nach Betätigungsmöqlich- leiten für feine Muskeln. Im Elternhaus« ist die Umgebung für die Bedürfnisse der Erwachsenen ein gerichtet, das kann nicht ander» sein, aber im Kinder zimmer könnte auf die Bedürfnisse des Kinde» Rück- sicht genommen werden, und wenn es meistens nicht geschieht, so ist rin Mangel an Nachdenken daran schuld. Es versteht sich doch von selbst, daß alle Möbel und Gegenstände ein Verhältnis zur Kraft und Größe de» Kindes haben müssen, daß alle», was da» Kind braucht, so untergebracht sein muß, daß es die Dinge leicht und aus eigener Kraft er reichen kann; der ganze Raum muß so eingerichtet sein, daß er dem Kinde die Möglichkeit bietet., sich praktisch und nllglich darin zu betätigen. Der Wasch tisch muß so niedrig sein, daß das Kind sich selbständig daran waschen kann, Waschschüssel und Wasserkrug müssen klein und, auch gefüllt, leicht genug sein, daß das Kind ohne fremde Hilfe das nötige Wasser ein- und ausgießen kann. Seine Kleider muß ,» selbst in den niedrigen Schrank hängen und seine Wäsche in dir Kommode legen können. Wie kommt es, daß nmn Möbel, die den Maßen der Kinder ent sprechen, nie vorrätig findet, sondern stets unfertigen muß, während alle Bedarfsgegenstände für die Puppe, alle Möbel für ihre Einrichtung in allen Großen und Ausfilbrungen reichlich auf dem Markte sm-? Auch in Len Farbe« denkt unser Markt so kärglich an die Bedürfnisse der Kinder. Rosengirlanden, Stoff« mit kleinen Vögeln, mit Schmetterlingen, di« die englische Industrie reichlich bringt, find sehr selten zn finden. Noch seltener Blumengestelle an den Fenstern mit Pflanzen, die die Kinder selbst ziehen könnem Denkende Mütter, denkende Schulleiter braucht unser« Jugend für eine glückliche Entwicklung. Hat die Familie bei der Einrichtung de« Kinder zimmers bi» jetzt nur an Tische und Süihle im rich tigen Gr äßen Verhältnis gedacht, so kommt es zum Teil auch daher, daß man das Zimmer heute nicht den Kindern allein zur Verfügung stellen kann, sondern es gleichzeitig für die Benutzung durch Er wachsene Herrichten muß. Wie aber Kat man Schulen und Kindergärten, Stätten, die für die Kinder und nur für die Kinder da sind, eingerichtet? Es ist höchste Zeit, daß wir an die Bedürfnisse der Kinder denken. Kosten leichte Tische und Stühle wirklich mehr als angeschraubte „orthoväd'-sche" Schulbänke und Tische? Die Kinder würden mit Stühlen und Tischen, die nicht festgeschraubt sind, hin und her rücken und Unruhe und Unfug st ften? Rein, im Gegenteil, sie würden geschickter werden und sich besser und leiser bewegen lernen. Die Schulstube könnte leichter gereinigt und täglich naß aufgewischt werden: d'e Kinder könnten die Reinigung sogar selbst übernehmen. Erft in einer naturgemäßen Umgebung, in der das Kind sich seinem Wesen entsprechend bewegen kann, können wir an eine naturgemäße Erziehung denken. Bei der Erziehung des Menschen handelt e» sich um die Erziehung der Sinn«, di« Erziehung der Muskeln, die Erziehung des Intellekte», die Er ziehung d«r sozialen Gefühle und des sittlichen Willens. Sächsischer Lebenshaltuagsm-ex Rach de» Preisfeststellungen vom 5. November ! flad vom Statistischen Landesamt folgend« Index ziffern d«r Lebrnshaltnagskostea berechnet worbe« Lesamtindex (für Ernährung, Beheizung, Beleuch tung, Wohnung «ad Bekleidung) gleich 94 500 Millionen, Lesauttindex ohne Bekleidung 88 900 Millionen, mithin stad ia der letzten Woche die Preis« d«r bei der Preisfestsetzung berücksichtigt«» Güter ma »44,2 bzw. 55LS Prozent gestiegen. Freigabe von Kohlenmarken vom Rot wird UN, geschrieben: Mit sofor- tiger Wirknng werden hiermit sämtlich« Kohleamarkea aller Kohlenkarte, zur Belieferung durch die Kohlenhändler, bei de»«» di« K»hl«»kartea aagemeldet stad, frrigegebr». Die gelieferten Mengen flad ia der K»ad«alist» ordnungs gemäß eiuzutragea. Di« Belieferung von B«r- dranchern, die bei» liefernde» Kohlenhändler nicht aagemeldet find, bleibt nach wie vor »rrbott»; etwaige Zuwiderhandlungen habe» strafrechtliche» Einschreiten zar Folge. " Für den Landbezng von Briketts haben der Kohlenausgleich Dresden und die Amtliche Ver- teilungsstelle für den mitteldeutschen Braunkohlen' dergbau Halle a. S. mit sofortiger Wirkung die bezugscheinfreie Abgabe rationierter Brennstoffe, Steinkohlen, und Braunkohlenbriketts im Landabsatz genehmigt. Die erlassenen örtlichen Bestimmungen über den Laadbezug von Brikett» werden deshalb hiermit aufgehoben. * Bevölkerungsvorgänge ia Leipzig. Rach dem 43. Wochennachweis des Statistischen Amtes der Stadt Leipzig fanden in der Woche vom 21. bi» 27. Oktober 1923 129 Eheschließungen statt. Die Zahl der Lebendgeborenen betrug in der Woche vom 14. bis 20. Oktober 167, davon 91 Knaben und 76 Mädchen. 81 Leben-geborene waren unehelicher Abkunft. Totgeborene würben 6 festgestellt. Ge storben find in der Woche vom 21. bis 27. Oktober 143 Personen, darunter 23 Kinder unter 1 Jahr. Unter den Gestorbenen Überstieg di« Zahl der Manner (74) die Zahl der Frauen (69). Von den Todesfällen entfielen auf Tuberkulose 20, Lungen entzündung 6, sonstige Krankheiten der Atmungs organe 3, organisch« Herzkrankheiten 16, Gehirn schlag 9, Magen- und Darmkatarrh 6, Krebs un ander« bösartige Neubildungen 16. Ferner erlagen 4 Personen tödliches Unfällen und 6 endeten durch Selbstmord. Die Schlüsselzahl -«» Aügeminen Deutsch«» Buch- haadlnagsgehUftn-Berbaad«» und der Krankenkasse Deutscher Buchhandlung sgehiifen, Ersatzrasse zu Leipzig, ist vom I. bi» mit 7. November 1V23 15 Milliarden. * Feuerwehrabgabe. Der Rat gibt bekannt: Für die Erhebung der Feuerwehrabgabe ist von Donners tag, den 8. November, bi» einschließlich Mittwoch, den 14. November 1923, der Goldumrechnungssatz maßgebend, der am Mittwoch, den 7. November 1923, für die Reichssteuern festgesetzt wird. Der Loldnmrechnungssatz für dir Reichssteuern am 7. November beträgt 100 Milliarden. üeua 2 Hausmaamslarif. Der Hausmann hat — nach einer Entscheidung des Schlichtungsansschusses — ab 1. November 19!..i das Zweimilliardenfach« der Friedensmonätsentschädigung zu beanspruchen. Hausse in -er Markihall. Trotzdem der Dollar seit einigen Tagen seinen Kurs nickt geändert hat, Gold- und Papiermark mne gewisse Stabilität bekommen haben, steigen die Preise auf dem Lebensmittelmarkt lustig we.ter. „De Preise Ham' den Friedensschtand noch lange nich' erreicht", das ist die stehende Antwort, die di? Hausfrau auf ihre mehr oder weniger schüchterne Anfrage erhält. Dabei sind die Preise in Len meisten Fällen bereits um das Doppelte und Dreifache über holt. Der Dienstag brachte in der städtischen Markthalle ein derart reiches und vielseitige» Angebot, daß einem da» Herz im Leibe hätte lachen können, wenn ... ja wenn die Preise nicht gewesen wären. Besonders reichhaltig hatten dre Fischhändler nusgelegr. Schellfische, Kabeljau und Seelachs waren mit 4» Milliarden, Scholle und Rotzunge mit je 40 Milliarden Mart ausgezeichnet. Goldbarsch sollte 35, grüne Heringe 25 Milliarden kosten. Karpfen stellte sich auf 100 Milliarden Mark. Salzheringe wurden mit 40 Milliarden das Pfund, Matjes mit 25 Milliarden Las Stück angeboten. Bücklinge er forderten 72 Milliarde» Mark. Großer Andrang herrschte an den Gefrier fleischständen. Suppenfleisch wurde mit 6L Rippe und Komm mit 64, Keule mit 66, Rindfleisch ohne Knochen mit 80, Rumpfstück mit 82, Roulade und Lende mit 84 Milliarden Mark notiert. Schweine fleisch sollte 80 Milliarden, Hammelfleisch 100 und 108 Milliarden kosten. Ein reiches Angebor lag an Frischfleisch vor. Rindfleisch schwankte zwischen 160 und 190 Milliar den, Kalbfleisch wurde zum selben Preis abgegeben. Schnitzel stellten sich auf 240, Hammel- und Schweine- fleisch auf je 1l>0 Milliarden Mark. Der gleiche Preis wurde für gehacktes Rindfleisch erzielt. Gehacktes Schweinefleisch und Geschabtes wurden für 180 Milliarden abgegeben. Gepökelte Schweinsköpf- schwankten zwischen 50 und 80 Milliarden Mart da» Pfund. Ninderherzen hielten sich auf derselben Höhe. Für Schweinsknochen wurden 180 Milliarden Mark gefordert. Die Stände der Fetthändler waren gut mit Waren besetzt. Amerikanisches Schweinefett wurde mir 100 und 140 Milliarden, Margarine mir 90 bis >00 Milliarden angeboten. Kokosfett stellte sich auf 140 Mill arden, Rindertalg im rohen Zustande auf 100, ausgelassene Ware auf 120 Milliarden Mark. Speckfett wnrde mit 160, gewürzte» Schweinefett mit 200 und Schmer mit 140 Milliarden angeboten. Speck kostete 220 Milliarden Mark, Molkereibutter schwankte zwischen 200 und 260 Milliarden. Auch Wurst waren waren beträchtlich im Preise gestiegen. Für Blut-, Leber- und Mortadella- wurst wurden 340 Milliarden, für Knack-, polnische und Mettwurst 360 Milliarden, für Zervelat- und Salamiwurst 400 Milliarden Mark notiert. Eier wurden mit 22 M lliarden das Stück angebotcn. Kartoffeln kosteten 4,2 Milliarden das Pfund, Tomaten wurden mit 25 Milliardcn, Weißkraut mit 3, Welschkraut mit 4/i, Rotkraut mit 8, Möhren rn.t 4>-, Zwiebeln mit 6, Sellerie mit 2H, Petersilie mit 5, Blumenkohl mit 10—35, Kohl mit 4, Rosenkohl mit 35 und Salat mit 4—6 Milliarden Mark pro Pfund notiert. Pilze sti.wankten je nach Art und Qualität zwischen 7 und Mill arden Mark. Für Dirnen wurden 25 MUftirden, für Tafeläpfel 22, für Mus- äpfel 7—12 Milliarden gefordert. Srmähigungssähe beim Steuerabzug Die für die zweite Septemberhälste in Geltung gewesenen Ermätzigungssätze beim Steuerabzug nach K 46 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes werden auf di« Zeit vom 4. bis 10. November 1923 verzwanzig- tausendfacht. Die Ermäßigungen der Steuerabzüge betragen hiernach wöchentlich für den Steuer- pflichtigen und seine Ehefrau 3 456 000 000 -kl, für jedes Kind 23 040 000 400 ^l, und für Werbung»- kosten 28 800 000 000 ^t. Die einbehaltenen Eteuerbeträge sind auf 10 000 000 -4t nach unten abzurundcn. Auf die amr» liche Bekanntmachung der Finanzämter in dieser Zeitung wird Bezug genommen. Das tosschick« Fräulein Bon LnrI E» hat «in Stelldichein verabred«!, oder es will zu seinem Bankier, um nachzufragen, ob man Ziegen- Hainer Kali heute abstoßen oder ob man besser noch einig« Tage warten soll. Es geht zu Fuß. Der n«uea Schuhe wegen, dir -e zum ersten Male trägt. Schuhe sind es, wi« sie nicht alle Stunden au» den Händen der Schuhkünstler hcrvorgehen. E» war ein glücklicher Moment, ia -em Lieser Wurf gelang. Der Versuch, dies« Schuhe mit Worten zu beschreiben, müßte kläglich scheitern. Er wird deshalb auch gar nicht unternommen. Da» totschick« Fraulein trippelt die Straß« ent lang; der umfangreiche Elfenbeingriff feine» Regen schirmes ruht in drm schlanken Arm wie ein schwer- fälliger Faun in den Armen seiner Nymphe. Zwei Dieastmäaner sagen, daß sie frei sind und Leu Schirm gegen Zeitgemäße Entlohnung gern tragen würden. Da» Fräulein lehat natürlich ab. Es trippelt weiter; di« rauhe» Sorte, die die beiden Koffer-Athleten ihr nachschicken, berühren nicht ihr Innere»; an der Seide ihre» rauschenden Kleide» rmnen si« herab wie die Wassertropfen an einem DefiAnzug. E» trft>p«lr weiter. Da plötzlich sieht e», daß, auf de: anderen Seit« der Straße Meier und Kompanie bereit» di« Modelle der kommenden Wintermod« in» Schaufenster gestellt haben. Den staunenden Zelt- genossen zur Bewunderung. Da» totjchicke Fräulein warrer «in« Lücke ia der Doge de» Straßenverkehr» ab, um rasch hindurch zn schlüpfen. O Meier und Kompanie! Euer Drang, fünf Minuten früher al» die Konkurrenz auf de» Plan« zu zu sein, har eia gräßliche» Unglück a»gerichtet: da» torschickr Fräulein ist mit seine» eleganten Schah- abfatz in ote Ritze de» Srraßeadcchngrletft» getreten und kommt nicht «ehr heraus! Da» bedauernswert« schicke Fräulein macht Ber- suche,, wie si« -er Marder macbeu mag, der mir dem Fuß im Tellereisen hängt. Es zieht sanft an, wie man etwa sanfte Wort« gebraucht, um «inen Men- ichcu vom Ort« de» Verderben» wegzubringev. Es uü«: nicht». Dann macht da» Fräulein rdblctte Der- iuch»; e» Zieht kräftig «n, ruckweise und in gewissen Zeitabständen. Dabei beginnt sich wohl das Delei» etwa» zu lockern, sonst nicht». E» ist eine peinlich« Situation. Natürlich sam- mein sich Menschen an. Bloße Neugierig«, aber auch solche, die Mitgefühl haben. E» »regnet Vorschläge für di« Befreiung. Lin Mann im blauen Monteur-Anzug zieht eine Flasche aus der Tasche, gießt etwas von dem Inhalt an dem festgeklemmten Absatz hinunter und lagt: »Jetzt zieh'n S' mal an!" Das totschicke Fräulein macht einen neuen Versnch. Es nützt nicht». Pier Trambahnwagen stehen schon hintereinander da. Die Fahrgäste steigen aus und flucken. Die beiden Koffer-Athleten sind immer noch frei und auch zur Stelle. Liner davon rät: »Einfach di« Schiene abschrauben; wir tragen die zwei schon heim, Lie Schiene und das Fräulein". Die Lage wird immer hoffnungsloser. Ein Neugieriger ' sagt: »Hier scheinen ia recht gescheit« Leute herum zu stehen! Warum zieht denn die Dame nicht einfach den Schuh aus!?" Das totschicke Fräulein erbleicht noch mebr und wehrt ab: „Nein, das geht nicht!" Das habe sie doch schon gleich zu Anfang gesagt, daß das nicht gehe. Endlich kommt ein Schutzmann. Raub u ohne jedes Mitgefühl fordert er kurzerhand da- Ausziehen. Das totscksicke Fräulein sieht ihn flehend an: „Nein, es geht nicht." Dem Schutzmann steigt ein Gefühl hoch; er sicht das Fräulein an, nichl als Obrigkeit, sondern vom Standpunkte des Menschen. Dann legre er seine Hände -an an die seid"»« Hülle de» festgeklemmren Beine« und zieht an. E» nützt nicht». Der Schutzmann rieht fester an. Das torschicke Fräulein sagt: Au.' und bekommt feuchte Augen. Da zieht sich der Schutzmann ganz auf das Podium der Obrigkeit zurück und sagt kühl: »Ausziehen!" Lia Straßenjunge schnürt den elcgarrren Meister schuh auf. O Meier und Kvmpaniri O, dieses traurige * untere Ende eines seid acn Strumpfe», das unter dem Schuh ein'zerfetztes Dafür, geführt hatte und nun erbarmungslos an» Licht kam! Lia Hohngelachte: prasselt auf da» kotschickr Fräulein herab, das rnjt dem Schuh, der plötzlich dir Tücke des Objekts abgelegt hat, schleunigst in di« F«rn» flieht. Ein Optimist meint: »A Gluck hat f alleweil noch g'habt, daß nur mit dem Fußerl hängen b ließen is . . . .!" Wettanscharrung und Lebensgestaltung Graf Keyserling sprach im Leipziger Rat- hausfaole, dessen Ueberfüllung den Ernst, mit dem gegenwärtig Weltanschauung», und Lebensgsstal- tungsfragen lebendig sind — hätte beweisen können, wenn . . . Aber vorerst das Tatsächliche. Wer Keyserling» geistiges Werden schon langer beobachtete, erfuhr auch hier wieder, wie sein all gemeiner geistiger Habitus sich immer mehr auekristallifiert, indem seine geistige Physiognomie im Einzelnen sich auszukristalllsieren — ängst- lich vermeidet. Seine Philosophie der grandseigneu' ralen Unverbindlichkeit rundet sich, indem die Tat sachen immer mehr zu bloßen Akzenten einer Weltdeutung herabsinken, deren Zentrum grundsätzlich unfixiert bleibt. Hierin liegen die Schwachen, aber auch die starken Seiten Keyserlings begründe!. Dor allem der intuitive Spürsinn für die Geisteslage der Zeit. Keyserling wäre gewiß da» beste Wetterglas dieser geistigen Atmosphäre. Aber man müßt« den Festpunkt der Gradeintriluug kennen. Erfühlte Erkennmiffe wurden in Sätze» ausfocmuliert, die suggestiv wirkten, gewaltsam klangen — und doch nie so «nrschiedea gemeint, waren. Zum Beispiel der »kosmische Sinn" der ja panischen Erdbebenkatastrophe, dn Bedeutung der Astrologie als Mittel zur Ergründung de» Einzel schicksal». Auch die Vergangenheit des Geiste» stand im Rahmen der Betrachtung: Angcfangen von Pla ton di» hi» zu Spengler, klang manche» große Geislesmotiv an, niemals rhemutftch, stet» al» Im pression. Der Hinweis darauf, daß vielleicht bi« große Stunde de» deutschea Geist« nahe fei, aber — au» Freiheit oder au» Notwendigkeit? — verpaßt werde« könne, war jedenfalls wertvoll. So hätte der Vortrag eia geistige» Ereignis be deuten können, wenn e» sich nick« vielleicht — uur mo eine gesellschaftliche Veranstaltung gehandelt hat. Ein« Rittsch-Eeuulernn« erzählt d«r Wiener Kom ponist Erich Wolfgang Kor ng old: Den größten srfolst «spielte Niti sch ft» Berlin meiner Sinfonietta im Jahre 1913 mit einer unerhört grnii- len Wiedergabe. Eine kleine damalige Begebenheit, die für seine suggestive Kraft auf da» Orchester be zeichnend ist, wird mir unvergeßlich bleiben. Wäh rend einer Probe zum letzten Satz schlich ich mich in den Saal. Plötzlich entdeckt mich Nikisch, bleibt auf dem vierten Viertel eines Takte» — weit und breit keine Fermate, kein Ritardando! — mit dem Stab in der Luft stehen (wie der Koch im Märchen vom Dorn röschen, der zum Schlag gegen den Küchenjunge» ausholt und mitten in der Bewegung einschläft) — und mit ihm wartet das ganze Orchester! Nikisch dreht sich um: «Hallo, Erich, schon in Berlin?" — Das Orchester hält noch immer geduldig das eine Mertel! — wendet sich wieder seinen Musikern zu. gibt den nächsten Niederstreich, der Satz geht weiter,' der Küchenjunge hat seine Maulschelle. Es war fabelhaft! Seit diesem Konzert trachtete ich, kein für mich irgendwie erreichbares Nikisch-Konzert zu verslumen. Ich danke Nikisch meine größten musikalischen Ein drücke und Erlebnisse. Roosevelt «l» Nationalheld Da» Hau« in New Pork, in dem Theodore Roosevelt ge boren wurde, ist an seinem 63. Geburtstag zum Nationaldenkmal erklär: und al« Museum elngeweihr worden. Bei der Einweihivrq wurde eine Botschaft des Präsidenten Loolidgc verlesen, in der Roosevelt als em Vorkämpfer der nationalen Einheit verherrlicht und neben Washington und Lincoln gestellt wurde. Die dedeureudften Juden der Weit. Die in New Pork erscheinende »Iewish Tribu..«" veranstaltete eine Enquete über die Frage, welck>e zwölf Juden als die bedeutendsten der Welt betracht« werden können. Die Abstimmung ergab u. a. die folgenden Namen: der Physiker Alberr Einstein, der Dichter Zang- will, der amerikanische Jurist und Politiker Lout» Marsboll, Oberster Richter in Amerika Louis L. Brandet», der Ptzekönig »on Indien Lord Reading, der weltberühmte Philanthrop Nathan Straus, der dänische Schriftsteller Georg Brandes, der Philosoph Henri Bergson, der Wiener Dichter Artur Schnitzler und die zionistischen Füyeer Prof. Eh. Deizmonn und Bialrk. Häufig wurden ferner genannt: Der Psychologe S. Freud, Theater direktor Ma; Reinhardt und -er Maler Max Lieder»«»»
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