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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231103
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-03
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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SoLL»d««I, llea 3. Eftgkm- und -le B<m-tte«herrfch«fi a« ^hein Loubo», 2. Novsmber. (Eig. Tel.) Fast alle Zeitungen beschäftigen sich heut« mit der Rhein landfrag« und der Aufnahme d«s englischen Schritts in Sachen der separatistischen De» wcgung in Paris. Blätter aller Richtungen stimmen darin überein, daß der englische Protest begrüßt werden müsse als Anzeichen dafür, daß die englische Regierung entschlossen sei, in dieser Frage eine feste Polin! zu verfolgen. Der «Daily Telegraph* betont nochmal», daß die Londoner Regierung sich auf den Stand punkt stellen müsse, daß jede Abtrennung eine» Teiles des Reiches eine Verletzung de» Ver sailler Vertrages bedeuten würde. Die «Times* betont, daß die belgische und d»e französische Erklärung, nach denen die Brüsseler und die Pariser Regierung zunächst Neutralität zu bewahren entschlossen seien, in die Tat umgesetzt werden müsse, indem die Separatisten auf Grund der für das gesamte Rheinland gültigen Verordnung gegen unbefugtes Waffentragen entwaffnet würde. Der «Daily Expreß* fordert die Regierung nochmals auf, die englischen Truppen aus dem Rheinlands zurückzu-iehen. Das Blatt er klärt, Blutvergießen wäre unvermeidlich, wenn die Föderalisten einen Versuch machten, in die britische Zone einzudrinyen. Als Beweis für diese Be fürchtung gibt der Berichterstatter des «Daily Ex preß* e»n« Aeußerung des Erzbischofs von Köln wieder, daß anscheinend eine katastrophal« Schreckensherrschaft bevorstehe. «Daily News* und «Westminster Ga zette* vertreten übereinstimmend die Auffassung, daß England niemals den französischen Stand punkt anerkennen könne, nach dem es Aufgabe der Bcsetzungemächte wäre, gegenüber einer Bewegung, die mit allen Mitteln des Terrors von bewaff neten Strolchen und Zuchthäuslern in Gang gehalten werde, Neutralität zu wahren. Aachen, 2. November. sE ig. T e l.) In der Nacht von gestern auf heute wurde beobachtet, daß die Se paratisten von auswärts her Verstärkung er hielten, hauptsächlich aus Krefeld. Heute morgen 5 Uhr wurde die Umgebung dey Rathauses durch scparatistischePostenin weitem Umkreise a b- gesperrt. Zunächst sanden Perhandlungen zwischen der deutschen Besatzung des Rathauses und den Sepa ratisten statt, die jedoch ergebnislos blieben. Gegen 7 Uhr begann der Sturm auf das Rathaus. Die Separatisten waren in den angrenzenden Straßen in einer Starke von 2000 Magn vorteilt. Sie benutzten Straßenbahnwagen und Lastauto» als Deckung, um an das Rathaus heranzukommen. E« gelang ihnen, die Türen mit Sprengladungen zu er brechen. Die gegenüberliegenden Gebäude waren von ihnen besetzt worden. Von dort aus setzten sse das Rathaus ständig unter Feuer. Gegen SLO Uhr gelang es einem separatistischen Sturmtrupp, in die gnteren Räume einzudringrn, wo sich ein heftiger Kampf entspann. Auch die übrigen Stockwerke wurden aufs heldenmütigste verteidigt. Gegen 10 Uhr wurde aus dem Turm des Rathauses die Separatisten sahne gehißt. Während der ganzen Aktion muhten mehrere Deutsche mit erhobenen Händen auf dem Rat- hansplatz als Geiseln dienen. Köln, 2. November. sE i g. Te l.) Di« Eifelstadt Mayen fiel am 26. Oktober in die Hände der Sonderbündler, die unter dem Schutz französischer Truppen die Stadt besetzten. Die Berregung steht unter der Leitung eines Rechtsanwalts Kau mann, eines ausgewiesenen Elsässer« Lennarts, sowie eines gewissen Nathan. Dor acht Tagen schon hißten die Separatisten zum ersten Male die grün-weiß-rote Fahne auf dem Landratsamt. Tags darauf rückten die Bürger unter Anführung der Polizei und der Geistlichkeit gegen die besetzten Gebäude vor. Nach einem längeren Kampfe, dem ein Toter und 10 Verwundete zum Opfer sielen, griff der französische Kreisdelcgierte ein und ließ die Sonderbündler mit den Waffen abrücken. Dann wurden zwei Bürger der Stadt al» Geiseln für di« Sicherheit der Sonder» bündler verhaftet. Am letzten Freitag wurde von den Franzosen dem Rechtsanwalt Kaumann einfach die Bürgermeistergewalt über tragen. Ferner erfolgten 100—200 Ausweisun gen. Die Bürger, die den Ausgewiesenen zum Bahnhof da» letzte Geleit gaben, wurden mit Schüssen au»«tnandergetrteben. Die Erpressung von Gonderablommen Pari», L. November. sEiq. Tel.) Wie dem „Petit Paristen" au» Düffel» darf gemeldet wird, staben die Verstand lungen -wische» den Vertretern der Inter alliierten Ingenieurkommisston und dem Haufe Srupp aestern zur Uuter-eich- uuug eine» endgültige» Abkom me»» geführt. Für die Firma Krupp uuter-erchneten die Direktoren Sorge und Förster sowie die Leiter der Hütten abteilung, Prof. Göhren und Bergafsefsor Jüngst. Ab heute werde die Arbeit in de» Kruppschen Hütten mit erhöhter Irr- tenfivitSt wiederaufgenomme» Auf alliierter Seite hofft man, dass diese» Ab kommen einen günstigen Eiuflust auf die Verhandlungen mit der Stinue »- Gruppe auSübeu werde, die heute wieder beginnen sollen. Günnes fordert Gtenererleichterung Berlin, 2. November. (Eig. Tel.) Hugo Stinnes ist nach seinen jüngsten Verhandlungen mit den Franzosen gestern nach Berlin gekommen, um mit Mitgliedern der Rcichsregierung Rück sprache zu nehmen. Er hat dabei seine alten Pläne wieder vorgebracht und sich bemüht, Zu sicherungen zu erlaßen, die auf vorläufige Erleichterung der Steuern von deutscher Seite hinausloufen, um die von den Franzosen ge- forderten Reparationsleistungen und Kohlensteuer- zahlungen für die Industriellen tragbar zu machen. Später, wenn die Reichsfinanzen wieder saniert sein würden, solle eine Rückvergütung erfolgen. Zirsicherungen nach dieser Richtung habe er, wie nach Lage der Finanzen begreiflich, bisher nicht erhalten. Jur rvähnmgspolitifcherr Loslösung des Rheinlandes Main», r. November. (Eig. Tel.) Eine frarrröksche veröfferrtlichurrg besagt. Vast vom 1. November ab die Eisen- bastnreaie Banknote« im Werte von 5 Centimes bi» -u einem Franken auSgeben werde. Die deut schen Banken könnten nach der Veröffent lichung diese Noten auch in den Verkehr bringen. Eine ausführlichere Verordnung würde noch erlassen. Ei« italienisch-spanischer Mittelmeer-Bund No», 2. November. (Eig. T e t.) Nach den faschistisch«, Festlichkeiten beginnen die italienischen Blatter nunmehr dem bevorstehend«, Besuch de» spanischen Königspaar«» wachsende» Interesse entgsgenzubringen. In politischen Kreisen wird kein Hehl daraus gemacht, daß in diesem Besuch der Beginn «ine» ganz neuen Verhältnisse« zwischen Italien und Spanien gesehen wird. König Alfons wird, ohn« fremden Boden zu berühren, mit einem spant» schon Geschwader nach Italien kommen. Lin italienisches Geschwader wird ihm auf halbem Wege entyegenfahron, wodurch, wie ein italienisches Blatt schreibt, der Eindruck einer spanrsch-ttalieni- schvn Flottendemonstration von diplo- matischem Eharakter erweckt werden soll. Auf spanischer Seide wird der Besuch mit dem Zeremoniell, das bei ganz großen Gelegenheiten üblich ist, ausgestattet werden. Ungefähr fünfzig spanische Berichterstatter sollen den König auf der Reise begleiten. Der hiesige spanisch« Botschaft«r «klärte der «Lpoca*, der Besuch werde dazu dienen, die zwischen Italien und Spanien bereits bestehenden Banden in di« Form einer vollkommenen offenen Freundschaft zu bringen. In der italienischen Oeffentlichkeit erb'ickt man die Bedeutung des an gekündigten Besuches hauptsächlich darin, daß eine solche brüderliche und offene Freundschaft zwischen Spanien und Italien eine vollkommen neue Konstellation im Mittelmeer schaffen würde. Auch das Programm de» Besuche, des König- Alfons im Vatikan wird von besondere« Inter- esse sein, da der spanische Monarch der «rnzige ist, der heute noch den Titel «Katholische Majestät* führt. Die Beziehungen zwischen Spanien und dem Vatikan, di« unter dem letzten Kabinett zwar keine Trübung aber doch eine Lockerung erfahren hatten, sind nach dem Amtsantritt Primo de Riveras, wie man versichert, wieder die allerherzlichsten ge worden, da das neue Regierungeoberhaupt wie Mussolini die ethische Bedeutung der Religion für das Volk anerkannt und unterstrichen habe. König Alfons wird vom Papst in besonders feierlicher Form in Anwesenheit aller kirchlichen Würdenträger empfangen werden und der Papst wird mit seinem königlichen Gast Reden tauschen, denen man mit begreiflicher Spannung entgegensieht. Estnisch-lettische Allianz Di» in Reval abgehaltene estnisch-lettische Kon ferenz ist mit der Vollziehung des endgültigen Grenzvertrages, eines Vorverträge» über die Zollunion und eine» Verteidigungs bündnisse» geschlossen worden. Die Kriegs- rechnungen sind von beiden Seiten «strichen worden. In Anerkennung der estnischen Kriegshilfe trägt Lettland 30 Millionen estnische Mark zu den Pensionen der estnischen Kriegsinvaliden bei. Das Schutzbündnis enthält zehn Punkte: 1. die Verpflichtung, eine Friedenspolitik zu betreiben und den wirtschaftlichen Verkehr zu pflegen, besonder» mit den baltischen Nachbarn; 2. gegenseitige politische und diplomatische Hilfe; 3. gegenseitige militärisch« Hilfeleistung im Fall« eines unprovoziertcn Angriffs; 4. über die Art der Hilfeleistung wird ein besonderes Ab kommenabgeschlossen; 5. Verbot gesonderter Friedens- Einreise« und Aufenthaltserlaubnis für -en Exkronprinzen Berlin, r. November. (Eia. Tel.) Entaeaeu einer Melvuna eine» NechtS- blatte», dass der ehemalige deutsche Kronprinz auf seiner schlesischen Besitzung in LelS eingetrofsen ist, wird von »uständiaer Stelle erklärt, dass die Abreise de» Kronprinzen von Wieringen noch nicht erfolgt fei. Tatsache ist aber, dass die Reichsregierung auf eine dahingehende Eingabe deb Kronprinzen die Ge nehmigung zur Einreise und zum Aufenthalt gegeben hat. Unterhandlungen; S. Zwistigkeiten werden durch «in Schiedsgericht geregelt; 7. alle Verträae «erden gegenseitig mitgeteilt. Bündnisse mit dritten Mächten dürfen nur mit gegenseitiger Etnwllliguna geschlossen werden; 8. der vorliegende Vertrag wirb für zehn Jahre geschlossen; v. der Vertrag wird beim Völkerbünde eingetragen; Ist nach der Ratifizierung werden di« Urkunden in Riga aus getauscht. Allenthalben Kampf gegen das Deutschtum Frankfurt a. M., 2. Rovember. (Gig. Tel.) Ueber den Kampf gegen da» Deutschtum in Süd tirol wird aus Rom gemelbtzt: Die deutsch« Sprache wird im Dlonat Februar au» dem Amt», gebrauch de» Bozener Bezirk« verschwinden, da noch Verordnung der Präfektur von Trient alle öffentlichen oder unter öffentlicher Aufsicht stehenden Aemter oder Anstalten nur noch die ita lienische Amtssprache anwenden dürfen. Ausweisungen aus Budapest Budapest, 2. November. (Eig. Tel.) Die der «Pesti Naplo* meldet, hat die Regierung gegen An gehörige verschiedener Organisationen, deren Haupt tätigkeit di« Inszenierung von Putschen und die nächtliche Belästigung friedlicher Passanten waren, verfügt, daß diese Leute, soweit sie nicht nach Budapest zuständig sind und keine ordentliche De- schäftigung nachweisen können, au» der Hauptstadt ausgewiesen werden. Der erhaltenen Weisung entsprechend soll die Polizei ein« Anzahl jugend- licher Leute in das Schubhau« gebracht und 12 von ihnen bereits ousgewiesen und nach ihren Heimat gemeinden geschafft haben. Unerträgliche Herausforderungen Weimar, 2. November. (Eig. Tel.) Die Schieß übungen der illegalen bayrischen Kampf formationen beginnen sich mehr und mehr auf den thüringischen Grenzschutz zu richten und an Umfang zuzunehmen. In der Nacht vom 1. zum 2. November wurde in der Nähe von Sonneberg an der bayrisch-thüringischen Grenze ein auf thüringischem Boden befindlicher Posten der thüringischen Landespolizei von starken Pa trouillen unter lebhafte« Gewehrfeuer genommen. Die thüringische Polizei hat das Feuer aber nicht erwidert. Haftbefehl gegen Brandler Dresden, 2. November. (Eig. Tel.) Dom Amtsgericht Dresden ist heute gegen den kommunistischen Ministerialdirektor Heinrich Brandler, der von dem verflossenen Minister präsidenten Dr. Zeigner an Stelle von Ministerial rat Schulze eingesetzt worden war, ein Haft, befehl erlassen worden. Rach unseren Erkun- digungen ist Heinrich Brandler seit dem Tage der Demission des Kabinett« Zeigner au» Dresden ver schwunden. Meine politische Nachrichten Die badische kommunistische Abgeordnete Frau Unger, die wegen ihrer Beteiligung an den ober badischen Unruhen verhaftet werden sollt«, hat sich nach Offenburg begeben und um den Schutz der Franzosen nachgcsuckt. In Lörrach wurden ver schiedene Kommunistenführer auf Anord nung des Oberreichsonwalt» verhaftet. -> Der König von Schweden ist gestern abend am Londoner Victoria-Bahnhof angekommen. Er wurde vom König Georg und dem Kronprinzen von Schweden und dessen Braut Louise Mount Batten empfangen. Die Trauung des schwedischen Kronprinzen mit Louise Mount Batten findet morgen nachmittag 2 Uhr in der St.-Iames-Kapelle statt. * Den Athener Blätter» zufolge ist General Metaxas, der Führer des letzten Aufstandes, auf einem norwegischen Schiffe mit seiner Familie nach Italien geflüchtet. Gewandhaus Igor Strawinsky: muwv cku pvioivwp«. Was in diesem Werk des Russen musikalisch ge schieht, laßt sich mit dürren Worten etwa so um- schreiben: Ein Bläserkonzert hebt in bukolischer Be sinnlichkeit an — einige fünfzig Takte, in denen di« wagerechten Linien unbekümmert friedlich neben einander und gegeneinander laufen; ein Stück von unverlierbarem Zauber des Klanges und der Atmo sphäre. Ein vergessene« Fagott singt den Epilog; ein anderes Blasinstrument trillert melancholisch Wäh rend diese Musik sich in einem Phantasiebild von un glaublicher landschaftlicher Weite und Einöde verliert, scheint ein Vorhang aufzugehen, und di« Landschaft wird zur Szene. Schwere, erdhaste Rhythmen springen hervor, klopfen im Einton und beugen sich unter harten Akzenten. Der Streichkörper klingt gleichsam unterhöhlt, entseelt. Die menschlich« Sprach« de» Instrumenta hat aufgehört und seine Individualität ist gebrochen. Primitive Tonschritt« in mechanischen Wiederholungen geben die unendliche Melodie dieser Musik. Manchmal bildet sich schemenhaft ein Gesang von einem Instrument oder einer Instrumenten gruppe. Aber er versinkt immer schon nach Takten unter dem faszinierenden Bilde sich überschneidender wag^rechter und senkrechter Klanglinien. Dos ganz: phantastische, kinematische Geschehen gehorcht einem einzigen Gesetz: dem de» Rhythmus. Jene» großen, pendelnden Rhythmus, der au« dem physi schen Grunde menschlichen Sein» kommt; der in der Natur und im Tanz lebt. Diese Musik Strawinskys besiyt nicht die Architektur der abendländischen Kunst, und nicht ihre Monumentalität, denn sie gehört einem anderen Erdteil an. (Wa« jene Leut« vergessen, die gestern da» Werk bezischten.) Strawinski schrieb die Muük der 8»cre <tu Printernp« auf ein« Tanz- dschtung, die die Absicht hat, ^Bilder vom russischen Land* zu geben. Aber diese Bilder spiegeln bunt durcheinander den Jahrmarkt de» Leben» und urweit» lichcn Mythos, Opfertanz und Tanz der Grd«, Zer«, moniell und religiösen Kult, Spiel de» Jungfrauen- raube» und Spiel der streitenden Städte. Die Musik dazu ist nicht westeuropäisch, nicht illustrativ- imvrrssionistisch; und nicht nach Taktstrichen ge- gliedert. Sie hat nur den vitalen Rhythmus de« Tanze« und ist «rdhaft primitiv. Sie scheint bisweilen ap» der Zivilisation, au» der Dekadenz« Wesieurdpa«, aus d«M Phythmu» der Großstadt harauf,usteigen, und bkeGi doch so <xmg an ot» Scholl« verhaftet, so ft- russischer Erde verlagert, so tolstoisch. Man hört sagen, daß die Russen ihren alten Glinka ebensowenig für Strawinsky hinqäben. wie sie Puschkin verleugnen würden. Wir aber, von europäischer Wart«, müssen sagen: Eher gehört Tschaikowsky dem europäischen Westen an al« dieser Protagonist der russischen Mo derne Strawinsky. Man muß Furtwängler und jedem einzelnen Orchesterkünstler für die beispiellos« Hingabe an dies Work dankbar sein. Man muß auch wünschen, daß ein Werk, da» sich nur schwer dem Hörer erschließt, bet nächster Gelegenheit wiederholt wird (schon wegen der immensen Arbeit, die die Einstudierung von jedem Mitwirkenden verlangt hat). Und schließlich: man wird di« Seele, die in diesem seltsamen Kunstorganis- mu» wohnt, erst dann ganz spüren, wenn neben der Musik der Augenschein, wenn hinter dem unsicht baren Orchester da« Podium der Tanzenden steht. Wenn die übrigen Teil« de« vierten Gewandhaus programm» hier kurz erwähnt werden, so soll darin keine Wertung ausqedrllckt sein. Brahms' Haydn- Variationen wurden ebenso wie das Beethovensch« Es-Dur-Konzert klar, großzügig, sachlich entwickelt. Edwin Fischer spielte Beethoven mit dem zünden den Anschlag und jenem ernsten Pathos, da« ihm eigen ist. N. 8. Das die Kinder singen. . . Di« Zeitschrift .Sächsische Heimat* teilt mit anderen Kinder- und Aus-Lhlreimen den folgenden mit, der in der Gegend von Sonneberg (Thüringen) gesungen wird. Kartoffeln in der Früh, zu Mittaa in der Brüh, de« Abend« mitsamt dem Kleid, Kartoffeln in Ewigkeit. Kartoffeln in Ewigkeit.... Keine Elendsstatistik und kein sozialpolitischer Artikel kann deutlicher reden, al» der Kindermund, dem selbst d « grau« Not noch -um Singsang wird. Um diese Reime, die höher -u werte« sind al» di, Vers« abseitiger AestLetrn de» George- und Rilke-Kreise», ganz zu verstehen, ist ein kleiner Kommentar nötig. »Kartoffeln in der Früh* — da» bedeutet Kartoffeln »um Zichorienkaffee. .Zn Mittag in der Brök* — Hcringsbrüh«; .de» Adend» mitsamt dem Kleid* — Kartoffeln in der Schale... Sie zwitschern, so- lang« ß, noch di« blank« Kartoffel Haden, ß» morde» selbst aus der Kohlrübe «in Kinderliedchen machen. Sie beschämen die Erwachsenen immer wieder, die Kinder . ., nsft. Gtinnefien von der Herrschaft der Schwerindustrie in Deutschland entwirft Heinrich Mann in einem Aufsatz „Deutschland und Frankreich* ein Bild voll Ironie und Sarkasmus, das bei aller bewußt phan» tastischen Uvbertreibung im Kern und in der Idee wahr ist. Wir entnehm«, diesem großartig.« Pamphlet, da» in einem demnächst im Schmiede- Verlag, Berlin, erscheinendem Essaybcmd .Dikta tur der Vernunft* enthalten ist, die folgenden Stellen: .Er kaufte schnell nacheinander allo» auf, wa» dank der Not des Lande» zu haben war, Industrien, Verkehrsmittel, Bauten. Er kaufte mtt geliehenem Gelbe, das er zurückzahlte, wenn e-s entwertet war. Die Einnahmen des einen Unternehmens mußten in einem anderen das Loch stopfen. Er hielt sich, wie er es gewohnt war, nur immer im Gleichgewicht. Don selbst, aus Bedrängnis und Ruhelosigkeit, ergab sich da» System, da» nachher großartig „vertikal* genannt wurde; denn von der Kohle aufwärt» zur Maschine, zum Fabrikat der Maschine, zum Schiff, da» e» beförderte, -um Hotel, wo da» Schiff anlegte, zum Zeitungsblatt in der Hand de» Gastes, alle» trug diesellbe Firma. Auch der Gast Auch er war aufaekauft. Denn natürlich gab e» fast niemand mehr t« Land, der nicht, mittelbar oder direkt, da» Brot de» großen Aufkäufer» aß. Man entging ihm nicht. Di« meisten lernten im Sinne seiner Bedürfnisse denken. Rur noch in seiner Bereicherung sahen sie ihr Heil. Kaum noch kämpfende Arbeit«. Kein« freie Presse mehr, er Katt« sie gekauft. Die Volksvertretung unterlag seiner Kontrolle, der Staat formt« sich, in Finanzgebarung, innerer und auswärttger Politik, nach seinen alleinigen Bedürfnissen. Der Staat in seine» Verfall hatte «richt di« Kraft, seiner Begehrlichkeit zu widerst«-«. Anstatt daß Besitz de» Reichsten de» Staat -»geführt »ard. ging noch Staatsbesitz in lein Eigentum üb«. Soyor an de« stblechten Gelb, da» gerade seine Geschäft« fortwährend verfchlechter-m, verdien-, er, dsnn er durfte es drucken. W« dem Aufkäufer nicht E-bar» Dienste Ktst>t^ mar W>m Untergang MrmrtKit, HmwVW- mH Aerzte meldeten sich zur Arbeit in Kohlengruben, ertrugen sie nicht und bsgingen Selbstmord. Literaten gab e» nicht mehr; Veröffentlichungen, die keinem Nutzen, nur der Pflege der Humanität ge dient hatten, verschwanden. Der Forschung fehlten Mittet. Sogar die Musik, der besondere Stolz de« Landes, verlor täglich Schüler. . . Einer erzwang Steuergesetze, die den Reichsten bedrohten. Einer machte Miene, die Wirtschaft vor dem Staatsinteresse auf di« Knie zu zwingen. Welcher ward der republikanische Diktator, der den Sturz de» Lande» noch aufhalten konnte? Keiner, denn beide fielen. Die Mörder waren bezahlt, dos Geld kam wer weiß woher. Aucb der Reichste wußte nicht», so wenig wie von der Todesursache der Schriftsteller und der Aerzte. Aber alle» geschah schon längst im Dienste dessen, der am Ursprung saß, selbst wenn er sein« Diener nicht kannte und sie ihn nicht.* Ein Shakespeare-Denkmal au» Glas. Bildhauer Mario Petrucci hat da» Modell eine» Shake speare-Denkmal« fertiggestellt, da» für den Hydepark in London bestimmt ist. E» stellt eine ideale Frauengestalt dar, di« einen auf eine« Sock«l liegenden Totenkopf betrachtet. Der Sockel selbst enthält die Inschrift: «r« »ucä »tukk a» ckrsaw» »re mack» ol* (wir find aus gleichem Stoff gemacht wie Träume), di« über alle vier Seiten de» Würfel» herumläuft. Da Petrucci di« Id« hat, diese» Denk mal ganz au» Gla» herzustellen, hatte «r sich vor kui^em in die Glasfabrik in Marano bei Venedig begeben, um Versuche in dieser Hinsicht anzustelle», die vollkommen gelungen find. Also wird man do» ShakespeareDenkmal, da» in vierfacher Lebensgröße hergestellt werd« soll, wohl bald ft» Hydepark glitzern und flimmern sehen. Erftmewmae» »»» Heturftb G-sftrhSft» Dem nächst erscheinen bei Grethletn K Eo^, Leipzig, von Heinrich Drünseld, dem bekannt« Eelltsten, Erinnerungen au» SO Jahre», in den«» er in seiner witzig-humoristischen Art von Person« und Gescheh nissen seiner Zett »zählt. Gerhart H««»t- mann widmet« de« Buch« «in Geleitwort «b M«tz Lieber»««» ein« Vtelgeichmmg de» Ver fasser». 8» Reue« tt«e*n wtev t» Wr Go« MGP«rft»Wr von Rüsnderg- Gamnn van Dwctv« vom Deut-Ven OV«nc-«G W
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