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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231102
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-02
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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Vie Reparationsfrage Wenn man den augenblicklichen, etwa« verworre nen Stand der Reparationsfrage kurz zusammrnfassen will, so ist festzustrllen, daß es sich zunächst einmal darum handelt, den Sachverständigen- ausschuß zur Prüfung der deutschen Leistung«, fähigfeit auf die Beine zu bringen. Eine Frage für sich ist es allerdings, ob diesem Ausschuß, der als ein Unterargün der bisher völlig von französischem Ein- fluß beherrschten Reparationskommission selber in die Erscheinrmg treten und nach französischem Wunsch weder neutrale noch gar deutsch« Mitglieder zählen soll, das Mindestmaß der zu einer redlichen Aus übung seiner Funktion notwendigen Objektivität zu getraut werden kann. Für die Haltung Frankreichs gegenüber den nach neuesten Meldungen nach Berlin einzuberuscnden Sachverständigen ist es sa schon bezeichnend, daß die französisch« Presse eine Erklärung Poincarös verbreitet, die den Gedanken einer Herabsetzung der deutschen Schuld schroff zurück weist. Da aber eine Erhöhung des deutschen Schuldbetrages über den in London fest gesetzten irrsinnigen Betrag von 132 Mil liarden Goldmark im vornhinein al« undenkbar erscheint, ko bliebe die Befugnis der Sachverständigen in Wah'beit darauf beschränkt, jenen Betrag al« den der de chcn Leistungsfähigkeit angemessenen zu er klären! Es kann wirk! ch nicht die Absicht sein, zu diesem Zweck Sachverständige zu bemühen, und es wird also alle« daraus ankommen, in welchem Maße sich den französischen Wünschen entgegengesetzte Strömungen bei der Bildung des Ausschusses und seinen Beratungen durchzusetzen vermögen. Für den Augenblick sprechen gewisse Anzeichen dafür, daß die englische Politik der französischen Anmaßung endlich müde zu werben beg nnt. Als Beleg dafür erscheint ja auch der bis jetzt freilich nur in mehr oder weniger unverbindlichen Mitteilungen bekannt gewordene eng lische Einspruch gegen die schändliche Begünstigung, die Frankreich dem unter der Flagge der Sonder- bündelei auftretenden Iuchthäuslertum im be- setzten Gebiet nunmehr offen angedeihen laßt. Indessen sind wir und mit uns ganz Europa nur zu gründlich darüber belehrt, rvi« unstet und schwächlich die englische Politik verlaufen kann, wenn sic sich mit der ihr bis heute offensichtlich überlegenen Taktik der Franzosen zu messen hat. Es ist daher wohl gegenüber den neuesten Entwicklungen ein gewisser Skeptizismus am Platze, der indessen nur dazu dienen sollte, uns vor Enttäuschungen zu beumhren, keines wegs aber die Energie unserer Außenpolitik zu lähmen, der es angesichts des Wettkampfes, der sich neuerdings zwischen England und Frankreich und der beiderseitigen Gefolgschaft zu entspinnen scheint, an Gelegenheit zur Betätigung gewiß nicht fehlt. * Pari«, 2. November. (Eig. Tel.) E« be- stätigt sich, daß England vorgeschlagen hat, daß der geplante Sachvcrständigenausschuß die deutsche Leistungsfähigkeit in Deutschland selbst prüfen und zu diesem Zwecke nach Berlin verlegt werden soll. Dieser englische Vorschlag findet sich aber nicht in der gestern über reichten Note der englischen Regierung. Er wurde im Laufe des noch nicht abgeschlossenen Meinungs austausches zwischen Paris und London über die Zusammensetzung der Befugnisse de» Sachverstän- digenausschufles gemacht. .Petit Parifien" versichert, daß Frankreich gegen den Zusammentritt des Sachverständigenaueschusse» in Berlin nicht» einzuwenden hätte. Da» erinnert daran, daß Poinears früher wiederholt die Forderung gestellt hat, der unter dem Namen Garantierkomitee bekannte Unterausschuß der Re- parationskommission könne nur in Berlin mit Aus sicht auf Erfolg tätig sein. London, 1. November. (Eig. Tel.) Gegenüber den Behauptungen der .Times", daß Lord d'Ahernon seinen Berliner Posten bald ver lassen wird, wird vom Auswärtigen Amt bemerkt, daß der Botschafter, als er 1920 seinen Posten antrat, sich nur für ein« ganze beschränkte Zeit gebunden habe. Heber die Frage des Nachfolgers ist noch nichts beschlossen. Republik Türkei Zahllose Märchen wissen von reichen und mächtigen Sultanen zu erzählen, die irgendwo im Orient voll Düte und Weisheit ein märchenglückliche» Volk regierten, die Guten vor den Bösen, die Armen vor den. Reichen beschirmten. Alle nur denkbaren Tugenden, die einem Stellvertreter Gottes ziemen, hat . eine üppige Phantasie diesen Nachfolgern Mohammeds angedichtet. Und eben diese Verquickung von Rcl gion und Staat ist es, die die weltliche Herrschaftsgewalt des letzten Exemplare» dieser Sultane einem Fernstehenden al» unerschütterlich er scheinen ließen, wenn dessen Mangel an Macht und Weisheit gegenüber seinen Märchenvorbildern auch zum Nachdenken vielleicht angeregt hatte. Einem frischen Lufthauch der märchenfeierlichen Wirklichkeit ist nun'dieses letzte Exemplar zum Opfer gefallen. Sang- und klanglos, so Meldet Reuter, hat die Nationalversammlung zu Angora die Türkei zur, Republik erklärt. Auch hinten, weit in der Türkei, hat man die republikanische Staatrform als die der Gegenwart am besten entsprechende anerkannt. Den kleinen Zindern aber wird man wohl weitek- erzählen von weisen und mächtigen Sultanen, und e» soll auch heute noch große Zinder geben, die noch immer glauben, daß der Herrscher von Gotte» Gnaden die alleinseligmachende Staatsform für die Mensch heit dnrstelle. Die Ausrufung der Republik in der Türkei wird ihnen vielleicht doch zu denken geben. Dor der Ausrufung -er griechischen Republik? Pari«, 1. November. (Eig. Tel.) Ein« Hava»- rnelduna au» Athen teilt mit, daß sich in Athen heute ein großer Rat maßgebender politischer Faktoren mit der Frage befassen wird, ob di« Monarchie in Grieche nkand beibehalten oder di« Re publik aus gerufen wer den soll. Da« Havasbüro läßt durchblicken, daß man sich für die zweit« Möglichkeit entscheiden wird. Belgrad, 1. November. (Eig. Tel.) Bei Dew- »eli»^ überschritten übermal» SO griechische Of fiziere auf der Flucht vor der Verfolgung durch stegicrüngstruvpcn die Grenze. E» befinden sich dar unter 15 Hauptleute, di« unter der Führung eine» Major» au» Kreta stehen und au, der Garnison Florina geflüchtet waren. Der Myjor erklärt« dem südslawischen Grenzkommandanten, er und seine Sol- baten wollen nicht mehr nach Griechenland zurück! ehren, weil sie dort di« Rach« ihr« Gegner fürchten. Er bestätigt, daß der Militär aufstand in Griechenland vollständig zu- sammengebroche« sei. Ein Ruf an das deutsche Volk Bon Berlin au» ergeht folgender Aufruf an di« deutsch« Oeffentlichkeit: »Deutsche trauen und Männer! — Da- deutsche Volk hungert! Dausende unserer Brüder und Schwestern sind nicht mehr in der Lage, sich selbst zu ernähren. Darum, Krauen und Man »er Deutschlands, rufen wir euch in letzter Stunde zur Mitarbeit auf! He lst in dieser Not! S- gilt jetzt, Hunger und Elend zu be seitigen, um da- deutsche Volk vor verzweislnng-schritten zu bewahren, durch die die Reichseinheit .»erstört und Deutschland in den Zustand der Kleinstaaterei zurückgedrängt würde. Der Kamps gegen Hunger und Not ist Menschrnpslicht, ist aber auch eine Pflicht gegenüber dem Baterlande zur Erhaltung de- Staates. Dieser Ausgabe will sich in vollem Umfange die Organisation „stfeich-Hilfe" widmen. Ihr Hauptsitz und ihre Geschäftsstelle befinden sich in M agdeburg, Zollstratze IS, und in Berlin, Kursttrstendamm 181. Die „Reichshilfe", gebildet von Männern und Krauen aller Stände ohne Siütkstchl auf oie politische Parteieinstellung, will durch fahrbare und fest stationierte Küchen helfen, oie Ernährung der notleiden den Kreise des deutschen Vaterlandes sicherzustettcn. Höchste Eile tut not! Ver bände wie Einzelpersonen, stellt eure Arbeitskraft sofort der „Reich-Hilfe" zur Verfügung! Kranen und Männer, gebt eure Lpeudenan Geld nnd Lebensmitteln an die Sammelstellen! — Geldspenden nimmt jede Bank unter dem Konto „Reichs- Hilfe" entgegen. Die Sammelstellen für Lebensmittel werden in den einzelnen Orten bekanntgcgcben. Krau Reichspräsident Ebert, Krau Reichskanzler Stresemann, Krau Kata rina v. Ohei'mb, M. d. R., Krau Christine Deusch, Md. R., Krau Cornelie Koetzsch, Graf v. Kanitz, Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. Alle deutschen Banken werden gebeten, Geldbeträge für die „Reichshilfe" anzu nehmen und sofort wertbeständig anzulegen, verfügungsberechtigt ist Reich-- tagSabgeordnete Kran Katarina v. Oheimb, Berlin W, Knrfürstendamm 161, wohin die Banken Mitteilungen über eingegangene Beträge richten wollen." Der beabsichtigte Beamten abbau Zur Sanierung des Reichshaushalts hat die Reichsregierung jetzt eine Reihe von Verord nungen erlassen. Nämlich: 1. Einstellung der Entschädigungen au« den Abrü st ungs-Entschädig ungs'Richt- linien vom 21. Mai 1920. 2. Bedeutende Einschränkung der Ansprüche aus den Liquidation»- und Ausgleichs- schäd en, wodurch namentlich auch die Ausländs deutschen und die Deutschen aus den abgetretenen Gebieten betroffen werden. Die Stammentschädigung wird auf 2 v. T. des Dorkriegskurses in Gold fest gesetzt: dazu tritt ein Entwurzelungvzuschuß in Höh« von 3 v. T. Di« Belastung des Reiches wird sich hierdurch auf etwa der bisher geschätzten Summe verringern. 3. Abgeltung sämtlicher Ansprüche gegen den ehe maligen Heeres- und Marinefiskus in beschleu nigtem Derwnltungsverfahren. Mit wenigen Ausnahmen (Kriegsschäden, Dersorgungsansprüche) fallen alle derartigen Ansprüche, soweit sie nicht be- reit» ,rechtskräftig festgestellt sind, unter die Ver ordnung. 4. In kurzer Frist durchzuführcnder Abbau der Beamtenschaft um 2S Prozent. Dabei ist zunächst die Entfernung aller über 65 Jahre alten Beamten vorgesehen. Damit der Abbauerfolg erzielt wird, wird den Beamten zunächst eine Reihe von Vergünsti gungen geboten, nm ihnen einen Anreiz zu frei willigem Ausscheiden zu geben. So können Beamte, di« das 58. Lebensjahr vollendet und eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von wenigstens 10 Jah ren zurückgelegt haben, ohne Nachweis der Dienst unfähigkeit ihre Versetzung in den Ruhestand be antragen, wobei die oberste Reichsbehörde diesem Anträge zustimmen muß. Außerdem kann lebens länglich angestellten Beamten, die mit Zustimmung ihrer Verwaltung innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Inkrafttreten der Verordnung aus dem Dienst freiwillig ausscheiden, sofern sie eine ruht» gehaltsfähige Dienstzeit von 10 Jahren zurückgelegt haben, für den Fall der späteren Dienstunfähigkeit oder der Vollendung des 65. Lebensjahres ein Ruhe gehalt und für den Fall des Ablebens Hinter- bliebentnversorgung zugesichert werden. Daneben können lebenslänglich angestellte Beamte auf ihren Antrag gegen Gewährung einer Abfindungs summe entlasten werden. Diese Abfindungssumme ist nach dem Dienftalter abgestuft und beträgt da» Ein- bis Achtfache des zuletzt bezogenen Monats- einkommen». Soweit da« vorhin erwähnte Ziel de» Abbau« durch freiwillige» Ausscheiden nicht erreicht wird, er folgt die Entfernung der überzähligen Personen von Amt» wegen. Die Auswahl der entbehrlichen Personen vollzieht sich derart, daß zunächst ohne Rücksicht auf Lebens- und Dienstalter die Leistungs fähigkeit entscheidet, bei gleichwertigen Leistungen aber die sozialen, d. h. die wirtschaftlichen und Familienverhältniste zu berücksichtigen sind. Bei gleichwertigen Leistungen und gleickliegeuden wirt schaftlichen Verhältnissen haben vor allen anderen die über 60 Jahre alten Beamten aus- zufcheiden. ' . Die danaw enid«Prl«<»rn Beamten werden, sofern fi« nievt Iedens<iinglich «mgestell« find, z. B, aus Drob«, auf KNndtqung, aus Widerruf Utti« oder antzrrplanmafttq sind oder sich im Vorberrttunqsdtensl dcs'ndcn, enilassrn. weiin Ne «ine kürzere al» tOtödrige Dien»,eit im RcicdSdiensl ^urükkgvlrgt haben. Unter beflimmirn vorauSsetznnqcn ^ann tbnen die odenerwSdnre Abfindungssumme im Halden Betrage qeqeden werden, um ihnen den Ueder- «ang in de» freie« Beruf zu erlet<vt«rn. Noa» nutzt ledenriänglick» angesteüte Beamt«, di« ein, slinger, al» Ivfahriqe rudeaedalt»s»btg, Dtrnstzett rurvaactegt baden, können. bereit» lebenslang««, anaesrellte Beamte lohen km Falle ibrer Sntbebrlicdkci, unter Bewilligung dsS gesezllteben Vartegelde» in de» einfrweNiaen «"bestand verleltt werden. Dar Wartegeld ist in der Abbau- Verordnung adgestnst na«d der Lang« der Dienstzeit und berritgt 40 «» SO ». H. de» der Berechnung der «rund» gehal« zugrunde liegenden Dienfteinkommrn» wobei «4 in felnem -»»stbetrage do» Diensreinkommen eine aktiven Beamten mittlerer Dienstalterrstus, der Be soldung» grupp« Xll oder die zum Zeitpunkt per Aus- scdetden» «rdl«nte Pension niedt übersteigen dars. Da» Wartegeld ist aucd in seinem geringsten Betrag so be messt». daß «» den »mplänger vor Not schützt. 8S, »«rhetr^le»« weibliche Beamt« und innen wirb die kkünd'gung»m»gNchseit ANnet und »war au« für den 9wll daß sie berett» l«»en«llinalich anaekell, sind Di, «ündlauna komm« nnr in tzlraa« wenn die wtrtschasMche versorgnna ge- sttlwrt «rfchewt. Die biiwer geilende Berfassuna«bkstim- «n«a de» tzttt. 1». wonach all« »u«na»m«v°r»chr'f»rn ^gen weidlich« B«mwe verboten sind, muß,« etngefchrSntt werden, da sich die Beschäftigung verheirateter pfraue» ais den dienstlichen Interessen durchaus abträglich herausgestellt Hat. ' Di« notwendig« Ergänzung der Abbaumaftnahm«» liegt in dem Verbot der Neurin st ellung von Be- amten und Beamteuanwärter». Zugleich ist borge- schrieben, das, eine Besetzung der durch den Abbau frei- iverdenden Beamtcnstcklcn im Hauödalt nicht mehr er folgen darf. Durch tiabinettSd-schluk, ist übrige», aukerhatb des Nahnrens der ylbbauvcrorduung eure all gemeine BeförderungSsperr« bis ,um 1. 4. 24 an geordnet. Bei einem Personalabbau kann natürlich nicht an der zahlreichen, im ReichSdieust tätigen Angestellten schaft vorttbergegangcn werde». Wenn bereits in ein zelne der wohlerworbenen Rechte der Beamtenschaft ein gegriffen werden muh. so muft sich auch der Angestellten, crpparat eine Adminderung gefallen lasten. Angestellte s sollen insoweit entlasten werden als zwingende dienst lich« Gründe dem nicht entgeaenste-en. Auch ihnen kännen die erwähnten Abfindungssummen wir für auszer- planmätzigr Beamte gewährt werden. Weibliche An« gestellte erhalten diese Summe jedoch nur dann, wenn ihre wirtschaftliche Versorgung nicht Micher» erscheint. Di« Neueinstellima von Angestellten ist nur in beson deren Aus nahm« fällen zulässig. Zur Durchführung txr Entlastung von Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienste» mutzten autzerdem be- stimmte, sich aiiS den Demobilmachung-Vor schriften. dem BetriebSrätegesrtz usw. ergebende -indernifle brseltigt werden. AlS allgemein« beamten rechtliche Bestimmung verdient au» der Abbau-Verordnung noch bervorgehoden zu wer den. daß eine Kürzung der zu zahlenden Ruhe-' gehälter und Wartegelder für den Fall vorge sehen ist. batz der Empfänger neben seinen Privat- Versorgungsgebührnissen noch weiteres steuerbares Privakeinkoiumcn besitzt, wobei auch dar Einkommen auS Prtvawcrmögcn zu berücksichtigen ist.. Eine erhebliche, mittelbar auch dem Personalabbau dienende Smschränkung der Ausgaben wird durch eine Reihe von Bestimmungen aus de n Gebiete de» Ver- sorgungSwesenS erreicht, die zunächst bestimmte Zulagen der BerforgungLbercchriaten nicht nur in stiertsall dringen, sondern auch eine erhebliche Bei- «infachung bei der Zahlung der Gcbiihrniste und damit eine wesentliche Verringerung der VerwckltungSarbeit herbei führen. Die Ausdehnung aller dieser Maßnahmen auf die Länder und Gemeinden ist sicherqestellt. Vie preußische Gewerbesteuer Berlin, 1. November. (Eig. Tesi) Der Preu- sische Landtag brachte gt-ern den Entwurf einer neuen Gewerbesteuerverordnung, der dem Landtage vor einigen Wochen zugegangen war, überraschenderweise vor den Struerausschuß. um ihn als Notveroronung zu verabschieden. Seitens der demokratischen Vertreter Dr. S ch r e i b e r - Halle und Dr. H ö t k e r - Aschoff wurde darauf hingewie sen, daß die jetzt auf dem Gebiete der Gewerbe- besteuerung vielfach in Form einer Ilebcrlastung be stehenden Unzutrcglichkeiten nicht durch eine nieue Steuerordnung als solche, sondern lediglich durch eine grundsätzliche und ver- nünjtigc Regelung des Finanzaus- gleich» zwischen Reich, Ländern und Gemeinden beseitigt werden konnten. Solange nicht dem vorgrbeugt sei, daß der größte Teil des Finanzbedarfs der Gemeinden immer wieder aus der Gewerbesteuer gedeckt würde, sei eine Besserung auch durch ein« neue Steuerordnung nicht zu er warten. Sie verlangten deshalb von der Regierung die alsbaldige Darlegung ihres diesbezüglichen Pro- grammes, von dem der Umfang der zulässigen Ge werbesteuer unabhängig sei. In ähnlicher Richtung äußerten sich die deutschnationalen Vertreter. Die Mehrheit des Ausschusses beschloß indessen sofort die Beratung der Vorlage. Entsprechend der Regierungsvorlage wurde mit einer Mehrheit, zu der auch die demokratischen Der- tretcr gehören, beschlossen, daß Land- nnd Forst wirtschaft sowie Gärtnereien, die durch die jüngst beschlossene Grundsteuer besondere Lasten zu tragen haben, von der Gewerbesteuer wie bisher befreit bleiben. Einstimmig beschloß man ferner, wie bis her die freien Berufe von der Gewerbesteuer frei zu lassen. Inwieweit dabei der Kreis der freien Berufe zu erweitern oder einzuschränken, ist, soll der Unter ausschuß prüfen. Gemt-iidlihe und staatliche Be- trieb« sollen in Zukunft in der gleichen Weise wie ti privaten Betriebe besteuert werden. Für die viel umstrittene Frage der Besteuerung der Genossen schaften, Konsumvereine usw., die im Interesse gleicher Konkurrenzverhältnisse zwischen ihnen und den anderen Betrieben geboten erscheinen, fand sich eine sehr große Mehrheit in bejahen dem Sinne. Dagegen stimmte nur «in Teil der Sozialdemokraten. Bei solchen Gewerbebetrieben, die ohne fremde Arbeitskräfte arbeiten, soll nach ein stimmigem Beschluß vom Ertrag ein Betrag pin gesetzt werden, der ak« Entschädigunq für die Arbeitsleistung de» Detriebsinhaber» gilt. Ueber di« tür die Gewerbetreibenden und Ge meinden besonder» wichtige Frag«, ob di« Gemein den an die staatliche Steuerordnung gsbunden seien oder das Recht zum Erlaß einer eigene« Steuer- ordnung behalten sollen» wurde eine Entscheidung noch nicht erzielt. Die Anregung, daß di, Gemeinden da» Recht haben sollen, im Rahmen der Staats- stsuerordnung di« Dewerbestruerordnung umzip- stellen, wurde mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Vie nordamerikanifchen Hilfsaktionen Frankfurt ». M-, 1. November. (Eig. Le l.) Au» New Pork wird der „Frankfurter Zeitung' ge meldet: Bekannte Bürger de» mittleren Westen gründeten «inen Ausschuß -weck» Beihilfe zu der bereits gemeldeten Speisung von zwei Millio nen deutscher Kinder in der Zett von Anfang November bi« April. Die Kosten betragen 8 490 000 Dollar, wozu Deutschland etwa« beisteuert. - Präsident Loo lidge wird, wie verlautet, dem Kongreß die Annahme eine» Kredite» zur Ausfuhr von 80 Millionen Bushsls Weizen nach Deutschland empfehlen, um der durch die mangelnd« Kaufkraft hervorgerufenen Not- läge der Farmer abzuhelfen. ' Deutschamerikanische Zeitungen sprechen die Be fürchtung au», daß die Iudenhetze in Daycr » der deutschen Hilfsaktion in Amerika sehr nach- teilig sei. Oer bayrische Hakenlreuzzug gegen -e« „Marpsmus" Au» Weimar erhalten wir folgende weiteren Berichte über den bayrischen Aufmarsch an der thüringischen Grenze: Die Rüstungen der rechtsradikalen Formattonen in Nordbayern nehmen ihren Fortgang. In der Gegend von Kronach ist eine ganz besonder» auf fällige Tätigkeit der mobilisierten irregulären Der- bände wahrzunehmen. Das Einziehen von Zivil personen in den bayrischen Orten nimmt einen immer größeren Umfang an. Pferdekäuse werden in großer Zahl getätigt. An verschiedenen Stellen der Grenze sind neuerding» Geschütze in Position ge bracht worden und ebenso an anderen Stellen neue Abteilungen von Hakenkreuzlern eingetroffen. Mehr fach haben an der bayrisch-thüringischen Grenze bereit» kleine Drenzüberschreitungen von Hitler- gardisten stattgefunden. In der Gegend von K o - bürg werden Scharfschießübungen ab gehalten. Infanterie-, Maschinengewehr- und Ar- tillericfeuer wurde mehrfach gehört. Wie an der Grenze erzählt wird, soll der Vormarsch bal digst angetreten werden. Reisende, die aus Ko- bürg kommen, berichten, daß die Stadt einem Kriegslage! gleiche. Aus Sonneberg in Thüringen wird gemeldet, daß am 27. Oktober abends gegen 8 Uhr am Holter berg auf bayrischem Boden dicht an der thüringi- schen Grenze mit Maschinengewehren geschossen wurde. Neuerdings sind auch wieder Geschütze an verschiedenen Stellen eingetroffen und teilweise bei Landwirten untcrgebracht worden. Am Morgen des 28. Oktober wurde Scharfschießen in Neuendorf, Schwarzdorf, Mitwitz und am Plestener Berg beobachtet. In Garnstadl fand am 30. Oktober ein'großer Appell de» Iungdeutschland- Ordens statt, an den sich gleichfalls Scharfschieß- übungcn anschlossen. Bei Heinersdorf wurde gestern morgen und im Laufe des Tages ständig Infanterie feuer aus der Richtung Kronach gehört. Don Lin- tritt der Dunkelheit bis nach Mitternacht wurden von mehreren Stellen aus grüne Leuchtkugeln be obachtet. Bei Harra in der Nähe von Lichtenberg wurde eine auf thüringischem Boden sich be wegende Streifpatrouille der thüringischen Lan- despolizei von einer vier Mann starken Pa trouille einer illegalen bayrischen Formation unter Feuer genommen. Die Landespolizei hat die abgegebenen vier Schuß nicht erwidert. Vie Unstimmigkeiten im Reiche Berlin, 1. November. (Eig. Tel.) Di« Ent- scheidung über di« inn«rpolitische Krise ist um einige Stunden vertagt worden. Die sozialdemokratische Reichstaysfraktion hatte den Reichskanzler gestern abend noch von ihrem Beschluß in Kenntnis gesetzt, und heute vormittag sollte di« Besprechung zwischen dem Reichskanzler und den Führern der Sozial- demokraten stattfindvn. Reichskanzler Dr. Strej c- mann, der schon gestern wogen eine» Unwohlseins das Bett hüten mußte, war aber auch heute vor- mittag noch nicht in der Lage, di« sozialdemokratischen Führer zu empfangen. Als um )41 Uhr die Abge ordneten M ü l l e r' Franken, Wels und Dc. Breitscheid in der Reichskanzlei erschienen, wurden sie vom Staatssekretär Dr. Kemples empfangen, der sie dahin verständigte. Vorläufig ist in Aussicht genommen, daß die Führer der Sozial- demokraten um 8 Uhr abend» vomReichskanz- ler empfangen werden. Di« Sitzung der sozial demokratischen Reichstagsfraktion, die für 1 Uhr nachmittag» angesetzt war, ist infolgedessen ver tagt worden. Am Nachmittag treten auch di; Fraktionen der Bürgerlichen Koalition,- Parteien zusammen, um zu der durch den sozial- . demokratischen Beschluß geschaffenen Lage Stellung zu nehmen. Berlin, 1. November. (Eig. Tel.) Soweit sich bisher festftellen läßt, geht die Auffassung bei den nichtsozialistischen Kabinettsmitgliedern etwa dahin, daß die Forderungen der Sozialdemokraten im Ein zelfalle recht stark der Interpretation be dürftig undfähigseien. E» wird für durch aus möolich gehalten, zu einer Verständi gung über die angeschnittenen Fragen zu g:' langen. Natürlich dürsten die Forderungen einer Partei in der Regierung nic-t allein bestimmend wirken. Di« Regierungsautoritat, dir 'n der schwierigen gegenwärtigen Lag« de» Reiche» nach außen und innen an der Spitze der Erwägung stehsn müßte, dürfe durch di« Rücksicht«« auf di« Bedürfnisse eine» «inzelnen Partner» nicht geschwächr werden. Die Entwicklung in der Politik de» Re Ur kabinetts habe unzweifelhaft Bindungen ergeben, d-e nicht gelöst werden können, ohne de« Kabinett de« Boden unter de» Füßsn z» «tzich».
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