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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231024
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231024
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-24
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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Der unmögliche Reiche Index Am Stichtage der Reichsindexziffer der Lebens haltungskosten, am Montag, den 15. Oktober, stand der Dollar auf 3,75 Milliarden. Auf Grund der Indexziffer, die nach diesem Dollarstande errechnet wurde, sind in saft allen Berufen die Löhne festgesetzt worden, die für die Woche vom letzten Freitag oder Sonnabend bis nächsten Freitag oder Sonnabend Geltung haben. Am letzten Montag war der offizielle Dollarturs rund 40 Milliarden. Trotz der vollen Zuteilung gingen die Kurse im Frciocrkehr bis zum Abend auf t>5 Milliarden für den Dollar in die Höhe. Selbst wenn wir anrrehmen, daß bis zur nächste» Lohnzahlung der Dollar "uf 40 Milliarden stehen bleibt — eine Annahme, an die niemand glauben kann —, bleibt nichtsdestoweniger die Tat- fache bestehen, daß die zuletzt errechneten Indexlöhne sich vom Stichtage bis zum wirklichen Verbrauch auf ein Elftel verringert haben. Dieselbe Beobachtung haben wir bereits vorige Woche machen müssen. Damals war der Dollar inner halb einer Woche um das Achtfache gestiegen, d. h. daß die Löhne in Wirklichkeit nur ein Achtel des strikten Existenzminimums betragen haben. Nunmehr sind diese Löhne auf ein Elftel des Existenz minimums gesunken. ' Wenn man auch annehmen kann, daß die Preis« im Kleinhandel für gewisse Lebensmittel 24 bis 48 Stunden brauchen, um sich dem Dollarkurs anzupasscn, so gibt es doch wieder eine Reihe von unbedingt notwendigen Lebens mitteln, wo die Preise jetzt ganz automatisch, je nach dem Stande des Dollars an der Börse, innerhalb eines Tages zwei-, auch dreimal sich ver- ä n d e r n, d. h. steigen. Wir sind gegenwärtig in ganz unmögliche Zu stände hineingcraten. Die Arbeitslosigkeit hat einen noch nie dagewescnen Umfang angenommen. Allein in Berlin warn am 13. Oktober 185 730 Arbeitslose auf den städtischen Arbeitsnachweisen eingetragen. Davon bezogen jedoch nur 123 932 Arbeitslosenunter, stützung. Außerdem wurden noch 99 224 Kurzarbeiter unterstützt. In der Woche vom 8. bis 13. Oktober wurden allein in Berlin an die Arbeitslosen und Kurzarbeiter rund 60 Billionen Papier mark auvgczahlt. Seitdem hat sich die Arbcitslage »och verschlechtert. Selbst die Pollarbeiter können sich für ihre elende Papiermark nicht genug kaufen, um sich auch nur sattesten zu können. Und dies alles, weil die Regierung immer noch zögert, sofort ein wertbeständiges Zah lungsmittel einzufuhren. Die Geldentwertung zerschlägt Verbrauch und Warenverteilung. Also gebe man Verbrauchern und Verteilern wert beständiges Geld! Oie Gaseinheit eine Milliarde Bon der Verwaltung der städtischen Technischen Werte wird uns mitgeteilt: Infolge der rapid fort geschrittenen Geldentwertung mußte der Preis für die „Einheit' 1 Kubikmeter Gas oder Kilo wattstunde Strom oder 2 Kubikmeter Master) vom 24. d. M. an auf 1 Milliarde Mark festgesetzt werden. Diese Erhöhung war erforderlich, um die Selbstkosten der Technischen Werke zu decken. Bor allem der Preis der Kohle hält bekanntlich Schritt mit dem Steigen des Dollar», ja er liegt sogar wesentlich über dam Goldmark-Friedcnspreis. Obwohl kürzlich die Kohlensteuer aufgehoben worden ist, kostet die Kohle gegenwärtig fin Goldmark umgerechnet) etwa das Doppelte de« Vorkricgspreises. * Der Vorsitzende des Reichsverbandes der Anzeigen- Vertreter E. D., Leipzig, Bayersche Straße 131, Wal ter Röhmann, bittet uns um Veröffentlichung nachstehender Zuschrift: „Der Aufforderung um Zustimmungs-Erklärungen für eine gemeinsame Stellungnahme gegenüber den Städtischen Technischen Werken ist unerwartet zahl reich Folge geleistet worden. Um nun den Zu sammenschluß möglichst einfach und billig zu organi- siercn, werden vom Donnerstag, 25. Oktober bis zum Mittwoch, den 31. Oktober an verschiedenen, durch Plakat kenntlich gemachten Stellen (Ladengeschäften) Listen -um Einzeichnen ausgelegt. Dem Vorgänge anderer Städte folgend wurde die hiesige verthold Delbrück Gin deutscher Sprachforscher. Die meisten Mensche» haben von einem Sprmh- fpxscher ganz seltsame, fast abenteuerliche Vor- stellungen. Die einen sehen in ihm einen Weltmann, der ein Dutzend oder mehr Sprachen geläufig par lieren kann; die ander» — und diese sind in der Mehrzahl — einen greulichen Pedanten, dessen Lebensqefühl sich in der Aneignung und Ausdeutung von unregelmäßigen Verben erschöpft. Namentlich Dichter oder solche, die sich dafür halten, finden keinen Ausdruck zu stark, um sprachwissenschaftliche Forschun- cpe.n in ihrer angeblichen Richtigkeit gebührend zu kennzeichnen: so spricht Hermann Sudermann in dem grellfarbigen „Bilderbuch meiner Jugend" schlechtweg von blödsinnigem Worttram, der auf deut schen Universitäten in philologischen Vorlesungen be trieben werde. Man kann nicht verlangen, daß sich rin jeder an angelsächsischer Grammatik erbaut oder ftir die ver wickelte Entstehungsgeschichte unserer neuhochdeutschen Schriftsprache besonderes Interesse hat. Wohl aber kann man Achtung fordern vor den Männern, die in entsagungsvoller Arbeit ihr Leben gesetzt haben an die Erforschung dessen, was uns doch eigentlich erst zu Menschen macht: der Sprache. Gewiß gibt es unter den Sprachforschern auch sonderbare Käuze und lederne Gesellen-, aber die führenden Geister aus diesem Gebiet sind fast durchweg ganze Männer ge wesen, denen ihre Sttldiersttrbe nicht die Welt be deutete, und die sich auch im tätigen Leben als Per sönlichkeiten bewährt haben. Ein solcher Niann war auch der Sprachforscher Berthold Delbrück, dem Eduard Hermann vor kuxzcm eine sachkundige und warmherzige Darstellung gewidmet hat (Jena, Frommannsch« Buchhandlung, Walter Biedermann). Voltaire wollte von Schrift- stellerbjographien nichts wissen, da da« Leben eines ruhigen Gelehrten in seinen Werken beschlossen sei. Daran ist soviel richtig, daß die Lebensbeschreibung eine« Gelehrten nicht bloß äußere Fakten auszählen darf, sondern »ns auch jn seine Werkstatt geleiten und mit seinen Leistungen bekanntmachen soll. Die Biographie eine« Sprachforscher« wird danach anders aussrhen müssen, al» die eines Botaniker» oder Geo graphen. Aber Lebensführung und Individualität Hue« Gelehrten sind nicht immer mit Sicherheit au« keinen Werken zu erschlichen, und s« mehr sich der Staatsanwaltschaft von unr um Einleitung eine« Strafverfahren« gegen die verantuvrtlichen Personen des Städtischen Technischen Werke« bereit« ersucht. Wer sich hinter uns stellen und uns unterstützen will, zeichne sich, gleichviel ob Mann oder Frau, alsbald in eine der Liste» ein, um damit seinen Anschluß an unsere gemeinnützigen Bestrebungen zu bekunden. Auch diejenigen, die bereits mit un» in Verbindung getreten sind, werden gebeten, sich noch umgehend in diese Listen einzuzeichnen, da wir die Originalschreiben und Namcnslisten bereits der Dringlichkeit halber an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet haben. Inzwischen ist die „Schutzgemeinschaft gegcndenstädtischenWucherinLeipzig" vorbereitet und ein ehrenamtlicher Ausschuß gebildet worden, dem Herren aus den verschiedensten Berufs kreisen angehören Die ausgelegten Listen geben hier- über Aufschluß. Alles weitere soll in einer demnächst eivzuberufenden Versammlung geregelt werden.' Beiträge zur Angestelltenversicherung Au« Grund der 7. Verordnung über GevaltSNassen 1» der Ängefteutenversscberung. die im „Reich-gesetzblatt" Nr. 101 Seite S77 und im „Deutschen ReichSaiuctger" Nr. 242 vom IS. Oktoder »»23 veröffentlicht worden ist, gelten mit Wirkung vom 22. Oktober 1923 folgende BeitragSllasscn: Klosse 44 bis 50 Milliarden MonatSeink. 1680 Millionen Beitrag, Klasse 45 von 50—70 Milliarden MonatSeink. 2240 Mil lionen Beitrag, Klasse 46 von 70-100 Milliarden MonaiScink. 3160 Mil- ltoncn Beitrag, Klasse 47 von 100—150 Milliarden MonatSeink. 4660 Mil- Nonen Beitrag, Klasse 4« von 150-200 Milliarden MonatSeink. 6520 Mil lionen Beittag, Klasse 49 von 200—S50 Milliarden MonatSeink. 8380 Mil lionen Beitrag. Klasse 50 von mehr als 250 Milliarden Monatseinkommen 10 240 Millionen Beitrag. Zur Entrichtung der Beitrüge werden die bisherigen Marken der Klasse 44—50 verkauft, die jedoch mit dem lOOfachcn des aufgevruckten Wertes verkauft werden. Bom 22. Oktober 1923 ab werden Beitragsmarken in den bisherigen Werten von den BcrkairfSstellcn (Post ämtern) nicht mehr abgegeben. Sind am 22. Oktober noch Beiträge vor dem 1. Ok tober 1923 zu entrichten, für die noch kein« Matten be schafft worden sind, so können die noch erforderlichen Marken aus Antrag von der Reich-Versicherungsanstalt, und Ovar für die Klassen 30-44 bezogen werden. Die Abgabe der Matten erfolgt in den ausgcdrulkten Werten. Die niedrigste Klasse ist die Klasse 36: sie ist auch Mr die Klassen 1—35 ',u verwenden, sofern solche noch zu kleben sind. Der Antrag aus Marken der Klassen 36—44 ist schrift lich zu stellen, und zwar bei der Reich-Versicherungsanstalt in Berlin-Wilmersdorf. Der Antrag mu spätestens brS zum 31. Oktober 1923 bei der ReichSversicherungSanstatt eingegangen sein. In dem Antrag ist die Zabl der er forderlichen Marken, die GebaltS- oder LohnNass«. in der die Beiträge noch zu entrichten sind, und die Beitrags zeit, Mr vt« sie gelten sollen, anzugeben. Von der Bei bringung einer Bescheinigung der Post über rechtzeitige Bemühungen nach Beitragsmarken, wie sic biShev ver langt worden ist. wird Abstand genommen. Derartige Bescheinigungen sind von den Postämtern vielfach nicht er teilt worden, da sich der Nachweis, dass die Bemühung nach Beitragsmarken rechtzeitig erfolgt sei, nicht immer ohne weiteres erbringen lässt. Mit dem Anträge ist zugleich der Grldwert der Matten gebührenfrei zu übersenden. Die Reichsversicherungs anstalt liefert dem Antragsteller auf dessen Kosten die er forderlichen Matten mit dem Entwertung-Vermerke. An- träge, die diesen Erfordernissen nicht entspcchcn. sind Wirkungslos. Nene Schlüsselzahlen. Der Deutsche Buchdrucker- verein teilt mit: Durch die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruchs für das deutsche Buchdruckgewerbe vom 18. Oktober und die eingetretene weitere Der- teuerung Amtlicher Materialien ist die Schlüssel zahl für das deutsche Buchdruck« ewerbe rückwirkend ab 20. Oktober auf 300 Millionen fest gesetzt worden. Der Verein deutscher Zeitungsverleger hat die Schlüsselzahl für die Anzeigen mit Wirkung vom 23. Oktober ab ans 12 Millionen fest gesetzt. Der Bnchhändlerschlüssel be trägt am 24. Oktober 13 Milliarde«. Forscher an seine Fachgenossen wendet, desto weniger zeigen seine Schriften, was ftir ein Mensch er war und welche Bedeutung seinem Schaffen auch für die Allgemeinheit innewohnt. Delbrück hat jahrzehntelang erfolgreich an der Universität Jena gewirkt und gehörte mitHaeckel und Eucken zu den beliebtesten Dozenten. Er war ein Reffe des Staatsministers Rudolf Delbrück, der sich um die Rcichsgründunq wüt größere Verdienste erwtzrben hat. als ans Bismarcks Gedanken und Er- innerungen zu ersehen ist. Auch Berthold Delbrück besaß starke politische Neigung, war tätiges Mitglied der Nationalliberalen Partei und hat sogar einmal — vergeblich — ftir den Reichstag kandidier^ obwohl seine Niederlage vorwiegend durch die Stimmen der Sozialdemokratie herbeigefiihrt wurde, hat er diese Partei späterhin nicht mit dem üblichen akademischen Ingrimm betrachtet, sondern bei bedeutungsvollem Anlaß von dem „großartigen' kommnnistischen Mani fest gesprochen und den inneren Zusammenhang der sozialistischen Lehren mit der Hcgelschen Philosophie treffend hervorgehoben. Delbrück war überhaupt ein Mann von offenem Blick, umfassender Bildung und vielseitigen Interessen. Dem Wort eines französischen Mathematikers, das Wachstum einer Wissenschaft vollziehe sich in ihren Grenzgebieten, hätte er vielleicht beiaestimmt. Nicht nur Philosophie und Psnchologie beherrschte er in einem Maße, wie wenige seiner Fachgcnofsen. so daß er selbst einen Waffen gang mit Dundt wagen konnte, sondern auch in der Staats- und Rechtswissenschaft war er heimisch nnd hat sich nicht selten als Meister in juristischen Dingen erwiesen. Häufige Reisen in die Nähe und in die Ferne — nach den Vereinigten Staaten, nach Griechenland — erweiterten seinen Gesichtskreis. In den Mauer» unserer Stadt hat er oft geweilt. Innige Freundschaft verband ihn mit einige» Leipziger Gelehrten, so besonders mit Ernst Windisch, August Leskien und Eduard Sie vers. Alle drei waren ihm schon in seiner Friihzeit nähcrgetreten. nnd zumal Sievers ging al« blut junger Professor in seinem Hanse aus und ein: für Delbrücks Kinder wurden diese Besuch« allmählich fast ebenso wichtig wie für ihn selbst: denn Sievers ver- fügte über eine geschickte Hand und wußte zer brochenes Spielzeug nicht minder qnt zu heilen, als mangelhaft überlieferte Texte. Aus Sievers'Einfluß mag es auch zuruckzuführen sein, wenn Delbrück sich mehr nnd mehr der Erforschung de« Germani schen zuwandte, während früher da« Alt- indische im Vordergrund« seiner Arbeiten ge- vermischter Reue Fuutfiatto» Monte Grande. Bei der Ein- weihung der neuen Funkstation in Monte Grand« bei Buenos Aires hat der Präsident der Argen tinischen Republik an die Oberhäupter aller Länder mit Empfangsstationen ein herzliche« Dearüßungs- telegramm gesandt. Der Reichspräsident hat diese Botschaft mit einem Funkspruch beantwortet, in dem er der Hoffnung Ausdruck gab, daß die gemein- same Arbeit an Werken friedlichen Fortschritte« dazu beitragen werde, der Welt die Ruhe wiederzugeben, deren sie für ihre Entwicklung dringend bedarf. Die neue Station, die im wesentlichen von der Telefunken gesellschaft für drahtlose Telegraphie erbaut und ein- gerichtet worden ist, gehört der Transradio Inter national, einer argenttnisechn Gesellschaft für Radio telegraphie, an der neben deutschem, argentinischem und spanischem Kapital auch nordamerikanisches, eng- liscke» und französisches beteiligt ist. Die unmittel bare Funkverbindung zwischen Deutschland und Argentinien wird auf deutscher Seite von einer Tochtergesellschaft der Telefunken, der Transradio- A.-G. ftir drahtlose Ueberseetelegraphie, betrieben werden. Kamps gegen da« Kokain. Die Londoner Polizei beabsichtigt, im kommenden Winter den Kampf gegen den Handel mit Kokain und anderen giftigen Medi kamenten mit allen zur Verfügung stehenden Kräf ten aufzunehmen. Für diesen Spezialzweck aus- gebildete Beamte werden an allen englischen Hafen plätzen ein besonders wachsames Ange auf alle verdächtigen Schiffe haben, und auch der Handeltreibende im Londoner Westend wird das Damoklesschwert der Polizei über seinem Kopf zu spüren bekommen, weil jedem exemplarische Be strafung droht, der bei diesem strafbaren Handel er tappt wird. Es wird allerdings zugegeben, daß die Leute, die bei dem verdamnuingswürdigen Geschäft längst reich geworden sind, schwer gefaßt werden können, und es wird, wie es früher war, in den meisten Fällen auch jetzt wieder passieren, daß man nur den ausübenden Mittelsmann dem Zuchthaus zukührt, während die geheimen Inspiratoren des lastervollen Gewerbes leer ausgehen. Das Haupt augenmerk wird von der Polizei auf die Hafen- platze gelegt werden, weil von dort aus nachweis lich enorme Quantitäten der schädlichen Chemikalien heimlich in das Land wandern und jene versteckten Lasterhöhlen speisen, in denen heute viele Engländer ihre Nächte verbringen. Der Frauenakt mit der Maske. In den Er- innerungen an den bekannten französischen Maler Henri Gervex, die in der „Revue de Paris' ver- öffentlicht werden, wird auch das Rätsel einer Skandal geschieht« gelöst, die vor Jahren gairz Varis beschäftigte. Gervex hatte damals im Salon das Bild einer nackten Frau ausgestellt, die mit nichts anderem bekleidet war als mit einer schwarzen Gesichtsmaske. Verschiedene eifersüchtige Ehe männer glaubten in dem Frauenakt ihre Gattin» en wiederzuerkennen. Natürlich konnte nur einer mit seiner Vermutung recht haben, aber alle Mißtrauischen waren wütend. Ls kam zu ärger lichen Auseinandersetzungen; einer der Ehemänner beleidigte Gervex tätlich und wurde von ihm ge- fordert. Bei dem Duell wurde der Gatte am Unter leib verwundet, und der Künstler verlor fast ein Auge. Wer die Dame eigentlich war, bekam man aber nickt heraus. Nun teilt Bertaut mit, daß die dargestcllte Fran ein Derufsmodell namens Marie Renard war. Gervet hatte den Körper in sehr Hellen Farben gegeben, suchte nun nach einem Gegensatz und fand ihn in der schwarzen Maske. Die Maske war also nur ein künstlerisches Mittel. Als aber dann die Ehemänner eifersüchtig wurden und die Sache großes Aufsehen erregte, machte der Vorfall dem Maler so viel Spaß, daß er schwieg. Flucht au» dem Gerichtrsaal. Mit ungewöhnlicher Kühnheit verschaffte sich in dem ostpreußischen Städt chen Braunsberg ein Untersuchungsgefangener die Freiheit. Der Arbeiter Simon, der wegen mehrerer Einbruchsdiebstöhle in Hast saß, sollte sich zusammen mit einem Komplicen vor dem Braunsberger Land gericht verantworten. Als die Verhandlung eben begonnen hatte, wandt« er sich mit einem Ruck dem offenstehenden Fen st er zu und schwang 0 ' ehe es jemand zu verhindern vermochte, standen hatte: die Sprache des Rigveda war ihm so vertraut, daß er sich gelegentlich mit dem berühmten Indologen Böthlingk auf Sanskrit unterhalten konnte. Während die Sprachforschung seiner Zeit sich hauptsächlich mit den Lauten und Formen der Wörter beschäftigte, stellte Delbrück von Anfang an den Satz und die Redeteile in den Mittelpunkt seiner Untersuchungen. Auf diese Weise gelang es ihm, dem Reiche der indogermanischen Sprachwissenschaft eine neue Provinz zu erobern: die Syntax. Delbrück war der Syntaktiker der junggrammatischen Schule. Was er Bahnbrechendes auf diesem noch immer verhältnismäßig wenig angebauten Gebiet ge- leistet hat, das zu würdigen oder auch nur anzu- deuten, ist hier nicht der Ort. Wohl aber darf auf sein letztes Werk, die „Grundlagen der neu hochdeutschen Satzlehre', hingewiesen wer den, das, ans Forbildungskursen für Lehrer er- wachsen, jedem Deutschen zugänglich ist, der seine Muttersprache liebt und tiefer in ihr Wesen ein dringen will. Der nicht ganz einfache Versuch, dem Laien die wichtigsten Erscheinungen der deutschen Syntax psychologisch und geschichtlich verständlich zu machen, ist meisterhaft gelungen. Devbrück» Biograph aeht nickt zu weit, wenn er die» schlichte Buch zum Wertvollsten zählt, was wir dem unermüdlichen Ge lehrten verdanken: denn es stellt di« Summe seines reichen Lebens dar Oss. UftssMRNN HHIeVvl Lustige Histörchen Cujaciu« Der berühmte Lujaciu«, der gewöhnlich auf einem Esel ritt, verreiste eine» Tages und schrieb an feine Tür: iloäis Oujseiu« von legii (Heute liest Lujacius nicht.) Liner seiner Schüler seifte darunter: Lrxv »«nu» von veuit < Infolgedessen kommt der Ssel nicht ) * Friedrich Taub»«»» war ein Franke und lebte gegen Ende de« 16. Jahr hundert« am knrsachsischen Hofe. Als er «inst einen Hofmann bei der Hand faßte, sagte dieser zu ihm: „Sie haben gar grobe Hände, die sich gut zum Dresche» schicken würden.' — .Allerdings,' erwiderte Taub mann, .ich Hobe den Flegel ja schon in der Hand/ UnglücksfSlle und verbrechen Schwerer Autouufall. In Markersdorf bei Burg- städt fuhr der Inhaber der Chemnitzer Metallschrau ben- und Werkzeugmaschinenfabrik Swoboda L Co^ Arno Swoboda, mit seinem Auto gegen die Ufer- mauer der Chemnitz. Der Wageu überschlug sich und begrub Swoboda unter sich, der auf der Stelle getötet wurde. Der Chauffeur kann« sich durch Abspringen retten. Milliardeuraub. Al» der Wächter der deutsch- amerikanischen Petroleumgesellschaft in Plötzensee da» Tor schließen wollte, wurde er von 6 bis 8 schwer bewaffneten maskierten Männern um ringt. Im Verlaufe des sich entspinnenden Kampfes entriß der Wächter einem der Burschen den Revolver, einem anderen biß er ein Stück Fleisch au» der Hand. Schließlich wurde er über wältigt. Di« Maskierten stürzten in da« Ver waltungsgebäude, wo sie 560 Milliarden, die gerade ein Kutscher der Gesellschaft ablieferte, an sich rissen. Al» durch den Tumult die in dem daneben liegenden Hauptkassenraum anwesenden De- amten aufmerksam wurden, ergriffen die Burschen die Flucht. Auf die Wiederbeschaffung des Geldes und die Ergreifung der Täter hat die Firma eine hohe wertbeständige Belohnung ausgesetzt. De» Bater erschlage», Eine folgenschwere Familientragödie spielte sich in der Marienstraße zu Potsdam ab. Dort erschlug der 26 Jahre alte Sohn des Privatpächters Kutzba ch seinen Vater mit einer Axt, um seine Mutter von tätlichen Angriffen zu retten. Der Täter flüchtete nach der Tat, wurde aber bald durch die Kriminalpolizei ver haftet. Httt 80 Personen i» de» Abgrund. Auf der Straße von Casablanca nach Rabat stürzte ein Autobus, in dem sich etwa 80 Eingeborene befanden, in einen Abgrund. E l f Passagiere wurden ge - töt et, 30 verwundet. Schrffszusammeustoß aus der Unterelbe. Der Dampfer „Port Aukland', der am Sonntag morgen Hamburg verließ, stieß infolge unsichtigen W: ers unweit der Lühe mit dem englischen Dampfer „Fcrnhill' zusammen. Der im Sinken begriffene Dampfer „Fernhill' konnte durch Schlepper zum Strand gezogen werden. Das Hinterschiff liegt im Wasser, während das Vorderschiff auf den Strand auflicgt. Die Bergungsarbeiten haben begonnen. Der Dampfer „Port Aukland' setzte seine Fahrt fort. Sich selbst gerichtet. Der Spengler Fran- Fischer, der am 17. Oktober seine beiden Kinder aus Rache mit einem Hackbeil er schlagen hatte, hat sich an der Darmstädter Strecke unweit Frankfurt von einem Zuge überfahren lassen. " "' Drei Autler tödlich verunglückt. Bei Ludwigs- Hafen am Bodensee ist das Lastautomobil des Mineralwasserfabriranten Friedrich Ley aus Tuttlingen vom Wege abgckommcn und eine hohe Straßcnböschung hinabgcstürzt. Die drei In sa s s e n, der Besitzer des Wagens, der Chauffeur und ein Mitfahrer, der Weinhändler Dreher aus Tuttlingen, wurden bei dem Unglück getötet. Es scheint, als ob sie nicht ganz nüchtern gewesen sind, denn die beiden Tnttlinger Herren hatten am Bodensee Wein cingekauft. au» de» halbhoch gelegenen Saal auf di« Straße Lina»». Hier bemächtigte er sich eine» Fahrrades, da» unbeaufsichtigt an den» Gerichtsgebäude stand, und macht« sich davon. Bi« die im Gerichtsgebäude anwesende» Wärter und Polizeibeamte zur Besin nung kamen und di« Verfolgung aufnahmen, war der Flüchtling spurlos verschwunden. Tatsächlich ist seine Diederverhaftung bislang noch nicht möglich geworden. * Der Ankauf von Reichssilbermüvzen durch di« Reichsbank erfolgt bis auf weiteres zum eimnilli- ardenfachen Betrage des Nennwertes. Beamten-Ruheständler und -Witwen: Donners» .tag 3 Uhr, Zoo. Kardinal Llesel nahm an der Tafel des Kurfürsten von Sachsen den Professor Taubmann sehr mit. Dieser, um sich für die unverdiente Kränkung zu rächen, fragte den Kar dinal, wie man 150 Esel mit einem Wort schreiben könne. Nach der Erklärung des Kardinals, daß er es nicht wisse, schrieb Taubmann zum allgemeinen Gelächter auf den Tisch: Olesel. Friedrich der Groß« Bei seinem letzten Besuch in Breslau 1785 unter hielt sich der König, dessen Menschenverachtung mit den Jahren gewachsen war, mit dem Professor Garvc über lebensphilosophische Fragen, wobei er die Menge „Kanaille' nannte. Garve sagte: „Als Eure Majestät gestern in die Stadt kamen, und alles Volk zusammen- lief, um seinen großenKönig zu sehen, das war nicht Kanaille!' Der König erwiderte gelassen: „Setze Gr einen alten Affen aufs Pferd und lasse Er ihn durch die Straßen reiten, so wird das Volk ebenso zu- sammenlaufen!' * Haydn dirigierte in London eine seiner Sinfonien. Da« neugierige Londoner Publikum drängte sich nach vorn an das Orchester, um den Meister in der Nähe besser zu sehen. Dadurch wurden die Sitze in der Mitte de« Par terre» leer. Kaum war es geschehen, so stürzte der große Kronleuchter herab und zerbarst mit donnern dem Krach in tausend Splitter. Nach dem ersten Schreck erkannten die Leute an der Brüstung, welcher Gefahr sie entronnen waren, und von Lippe zu Lippe ging da» Wort: Mirakel! Haydn war innig gerührt, warf einen Blick zum Himmel, der ihn zu seinem Werkzeug gemacht, und sagte zu den Herren im Orchester: „Meine Musik ist doch etwas wert — jetzt hat sie mindesten« dreißig Menschen das Leben gerettet!' An- dem „Anekdoterick" (Verlag der ' 5. ' Rreude, Wottendklttel) der «ine Sammtuag trefflicdrr Histörchen und Aussprüche aller Jetten '' und Länder enthält. «» Zeitdokument. A»S Rn bland »ft Ntrzlbh «4» junger Äbriftsteller. RE MNöp Miller zwrückattrlÄ. der ein reichdaltiqe» pdotograpglsche, Mat«, rtal gesMnmttt und zum Teil selbst geschaffen hat. M»S diesen P-otogravdien lern, man da» Lede« im Rubland von deul« besser kennen, al» e» durch die ein dringlichste Schilderung möglich wäre. Tie .Berliner Allustriert« Zeitung- da» diese» Bildermaterial ermorden nnd gidt er sc-cven in einem Sonderheft her«z«.
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