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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231021
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231021
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-21
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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Kriege und Revolutionen Das Zusammentreffen mit den Sonnenfleckerr» 3!ach den Berichten englischer Astronomen sind in der letzten Zeit aus der Oberfläche der Sonne von neuem besonders große Flecken zu beobachten. In Verbindung damit wird darauf hinqewiesen, daß es sich hier um eine periodische Erscheinung bandelt und daß von elf zu elf Jahren ein Maximum an Sonnenslcckcn erreicht wird. Wir befinden uns gegenwärtig in der aussteigenden Entwicklung der Sonnenflecken, und es ist damit zu rechnen, daß im Zusammenbang damit auch wieder atmosphärische Erscheinungen besonderer Art auftrcten. Es wird nnter diesen Umständen von Interesse sein, eine Auseinandersetzung zu lesen, die der »Tür» mer" über die Wirkung der Sonnenslecken in seinem letzten Heft bringt. Es bandelt sich dabei um die Gegenüberstellung verschiedener Ansichten. So schreibt Julius Wilms: In früherer Zeit wurde das Erscheinen von Ko meten als Zeichen von Krieg, Pest, Hungersnot und anderem Ungemach allgemein gefürchtet. Jetzt ist diese Furcht vor Kometen freilich verschwunden; man ist eher geneigt, kosmetischen Vorgängen jeden Einfluß auf irdische Ereignisse abzusprechcn. Und doch ist es fraglich, ab diese Ansicht richtig ist; denn die als Svnnenfleckcn bekannten Vorgänge auf unserem Zentralkörper scheinen tatsächlich nicht ohne Einfluß auf irdische Verhältnisse zu sein. Es steht zunächst fest, daß die Zu- und Abnahme der Eonnenflecken mit den größeren und geringeren Schwankungen der Magnetnadel und mit der Zn- und Abnahme der Polarlichter parallel läuft. Auch die Gestaltung des Wetters hängt wahr scheinlich in der Hauptsache von den Vorgängen auf der Sonne ab: man bat festqestellt, daß die Erd temperatur in den fleckenreichen Iabren etwas nied riger ist als in den fleckrnarmen Jahren; auch ist ost beobachtet worden, daß beim Auftreten größerer Sonncnslccken ein Sinken der Temperatur cintrat. Aber die Wirkung der Sonnenflekken erstreckt sich noch weiter: auch historische Vorkommnisse scheinen nnter dem Einfluß jener merkwürdigen Vorgänge zu stehen. Die Zu- und Abnahme der Sonnenflecken erfolgt in Zeiträumen von durchschnittlich elf Iah- ren. Diese durchschnittliche Dauer wird aber nicht allzu ost erreicht, sondern viel häufiger ist die Ab weichung davon. Von den 27 Sonnenflcckcnperioden, die seit der Entdeckung der Sonnenflccken im Jahre 1610 abgelaufen sind, haben nur v eine Dauer von rund 11 Jahren gehabt, v Perioden sind dagegen länger und 9 kürzer al» 11 Jahre gewesen. Die meisten Perioden wichen nur etwa um 1 Jahr von dem Durchschnitt ab, dauerten also rund 10 oder 12 Jahre, einzelne Perioden haben jedoch 13 und 14 Jahre, andere nur 8 und 9 Jahre gedauert. Der Unterschied zwischen den kürzesten und längsten Pe rioden waren die von 1619—34, 1666—79. 1698 bis 1712, 1784—98, 1810—23, 1843—66; die kürzesten die von 1610—19, 1689—98, 1766—78, 1775—84, 1834—43. Auf sehr kurze Perioden folgen also in der Regel sehr lange Perioden. Es ist nun merkwürdig, daß während der langen Perioden besonders lange verheerende Kriege und R e v o l u t i o n e n stattgefundcn haben, während es in den kurzen Perioden verhältnismäßig ruhig zugegangen ist. So fällt in die sehr lange Periode von 1619—34 die erste Hälfte de» Dreißigjährigen Krieges, In die Periode von 1698—1742 der Spa nische Erbfolgekrieq, der von 1701—14, und der Nor dische Krieg, der von 1700—21 dauerte. Während der vierzehnjährigen Periode von 1784—1798 brach die erste französische Revolution aus und begannen die Kriege zwischen den monarchistischen Mächten und der französischen Republik nebst Napoleon, die mit kurzen Unterbrechungen von 1792—1815 dauer- ten. In die Periode von 1843—56 fällt die revolu tionäre Bewegung von 1848/49 und der Krimkrieg. Auch die gegenwärtige Flcckenperiode, die im Jahre 1913 angefangerk und in welcher der Weltkrieg und die darauf folgenden Revolutionen stattgefunden haben, wird wahrscheinlich von längererDauer sein. Bei längeren Perioden pflegt auch die Zeit mit besonders vielen ' Sonnenflccken, das sogenannte Fleckenmaximum, etwas länger zn dauern; und das letzte Fleckenmaximum hat von 1915 bis einschließlich 1919, also 5 Jahre gedauert, während es sich bei Perioden von durchschnittlicher Dauer nur über etwa 4 Jahre zu erstrecken pflegt. Ferner muß es auf fallen, daß das letzte Fleckenmaximum mit dem Welt krieg und den Revolutionen ziemlich zusammenfällt'; die Befi eiungskriege von der Herrschaft Napoleons fielen mit dem Fleckenmaximum der Periode 1810/23 zusammen, das Revolntionsjahr 1848 war das fleckenreichste der damaligen Periode, auch das Kriegsjahr 1870/71 war ein an Flecken besonders reiches Jahr. Artisten in Not Die Internationale Artist en löge — Ortsverband Leipzig — bittet uns, nachstehende Zeilen aufzunchmcn: Einwohner Leipzigs! Rettet uns Ar tisten vor Arbeitslosigkeit! Unsere Direktionen (Ar- bcitqcbcr) stehen am Ende ihrer Leistungsfähigkeit, weil wir vor leeren Stühlen arbeiten müssen! Leere Kasten sind dir Folge! Die Direktionen können unsere Gage nur brockenweise — täglich — aus zahlen. Auf große Beträge für Aufbesserung unserer kostbaren Gerätschaften, Requisiten, Kostüme und dergleichen müssen wir vcr- ' zichten. Letztere sind deshalb dem Verfall aus- "'"'gesetzt. Wir kennen den Grund, weshalb Ihr unsere Darbietungen meidet. Die hohen Steuern sind e», die aus den Betrieben ruhen, durch welche wir erst in die Lage versetzt werden, unsere Kunst zu zeigen. Wenn man diese Betriebe scharf besteuert, trifft man uns! Kommt deshalb nicht mehr einzeln, kommt geschlossen mit Eurem Verein! Kauft die Eintrittskarten durch Preisnachlaß! Helft uns, unseren und unserer Familie Hunger zu stillen! Helft, daß durch Euren billigen Massenbesuch bessere Kassen eingänge erzielt werden! Vertreibt Eure Stammes brüder nicht ins Ausland! Wir gehören mit unserer Kunst zu Euch! Das Schließen der Betriebe unserer Direktionen hat nicht nur unsere Arbeitslosigkeit zur Folge, sie kehrt dann sofort bei allen unsertwegen vorhandenen Berufsgruppen, den Musikern, Kellnern, dem Haus- und Bühnenpersonal ukw., ein. H. Geftentliche Huittune 1cm Arbeitsamt? n haben zur Verteilung an die <?r- wcrvslosen zur Vertilgung gestellt: Hessische Bnticrband- lung Meyer, Aucnstr. 29.31, 3» Ptunv Margarine; > > -!! S vier glückliche Menschen 18s Roman von kllnor SI^n Mir wollen uns nicht Uber deinen Bruder und dessen gute Eigenschaften unterhalten/ weinte der Finanzier kühl, „sondern auf unseren Vertrag zurückkomwen. Ich für meine Person bin entschlossen, denselben in allen Punkten ein- zuhalien; und demgemäß weiter für das Mate- rieiie zu sorgen. — Nun aber zu dir und deinen persönlichen Bedürfnissen. Wegen der einsetzen- den Kälte habe ich dir einige Pelze heraufsenden lassen. Triff bitte deine Wahl; stelle dich auch in alleni anderen auf den Standpunkt der großen Dame, die sich ihren Troufseau in Paris besorgt.* Jara verneigte sich, als ob sie einen Befehl erhalten habe; — von Dank nicht eine Silbe. „Du warst," fuhr Markrute fort, „zu Leb- zeiten deines Mannes eine der elegantesten Frauen; wirst also die betreffenden Magazins kennen." Bis jetzt war der Ton des Sprechenden ein gelassener gewesen; darauf ein leises Räuspern, und d e Stimme bekam einen anderen, fast schneidenden Klang: „Der Schluß unserer Ver handlung ist ein Appell an deine Ehre, Zaral Die Mittel, die dir zuflicßen werden, sind ledig lich für deine Person bestimmt. Der Mann, der wohl Snkypri heißt, darH mit dem von mir kommenden Gelbe nichts zu schaffen haben." Zara schwieg. Sie hatte diese Wendung er- wartet und machte keinen Einspruch. Mirco blieb ja der Brennpunkt. Der andere konnte sich bei verständiger Sparsamkeit schon einrichten. Der Onkel sah sie fest an: „Willst du mir dein Ehrenwort darauf geben?" Gräfin Sck-elskv erhob sich: „Ich dachte, du kenntest mich! Dir zur Beruhigung sollst du mein Wort haben." „Gut — die Sack)e ist damit wohl erledigt; —- hoffentlich zum Glück aller Beteiligten." Tempel, I., KoloniaUv.-Giokhandluna. DlUcherKr. 11, 1 üisie Seite, 2 Sack Nudeln, 10 Pakete Streichhölzer; Boqel, B. G., Kolonialw.-Großyondlung. Linden waler Str. 31, 50 Pfund Nudeln; Schirmer, Walter. Kolonialw.-Grotzhandlunq, Doroiücenplatz 1, 1 Milliarde Mark; Pövlch. Rich., Grotz-Kaflee-Rösterci, KöniyS- plav, 140 Mund Hüllenirüchte nsw.: Saloniki. Ziaareitensabrik, Johannisgasse 19/21. 500 Tttick Ziga retten: Modehaus Jordan, PeterSstr. 28. 10 Dützen weiche Sportkragen, 2 Dtzd. Herrenhüte, 1 Dtzv. Herren welten, 2!- Dtzd. Ltrickbindcr, 16 Stück Vorhcmdche», 10 Paar Handschuhe; Q u i e t a - Werke, Wittenberger Stratzc 5, 50 Psund „Quieta Grün"; Ungenannt 3 Paar Scbnhc; Gebr. Hahnemann, Kolonialwaren, Lin- denau, Mbcrtincrstr. 62. 5 Zentner Mehl; Dorn, W l- hclin, Jmport-Grokbandlung. Markthalle. 1 Fatz Talg: Sächsisch« Konservenfabrik Panl Augustin, 75 Kilo- grainm Pflaumenmus: Hans Günther t Co., Cbcm. 5 br„ Körnerstr. 12/14. 1000 Dosen Lederfett: Max Richter, Kassee-Grotzhandlung, PetcrSstratze, I.Zent- ncr Kassee-Srsatz: Hermann Röbert, Wo«- und Wirk. Waren. Kurprinzstr. 12, 2 Röckchen, 9 Kinderlesbchcn, 6 Paar lange Strümps«, 2 Schlüpfer. 11 Kinderhcmdchen, 17 Paar Socken, 15 Paar Kindcrstrttmpse. ' Geschenk an da, Stadtmuseum. Kaufmann Ernst Hugo Schulze hat dem Stadtgeschichtlichen Museum eine Gruppe künstlerischer Innenaufnahmen aus den Museumsräumen zum Geschenk gemacht. Von der ganzen Folge, die zur Besichtigung aus gestellt ist, können Abzüge subskribiert werden. Der Reinerlös kommt dem Museum zugute. Das 59-Milliar-en-Paket. Ein Mißgeschick hatte am 15. Oktober eine Dame, die nachmittags gegen .'/43 Uhr eine Telephonzelle vor dem Postamt Haupt bahnhof, Westseite, benutzt hatte. Sie verließ die Zelle, ohne an ein Paket mit 59 Milliarden Geld zu denken, das sie neben dem Telephonapparat nieder gelegt hatte. Als sie nach wenigen Minuten zurück kehrte, war das Gcldpaket bereits verschwunden. „Glück?" fragte Zara bitter im Hinausgehen. „Wer ist wohl glücklich?" Und darauf er, ihr entschlossen den Weg ver tretend: „Verstehe mich recht, mein Kind! In zwei bis drei Jahren wirst du mir zugeben, daß du vier wahrhaft glückliche Menschen kennst." Mit dem Klang dieser rätselhaften Worte im Ohr, stieg Zara die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. 'Wer mochten die vier Menschen sein? Tankred — Um ihren Mund erschien ein finsterer Zug: Sollte der wohl glücklich werden an ihrer Seite? — Er war ein Mann wie die anderen ihrer Be kanntschaft, einer, der in die Heirat gewilligt, ehe er die für ihn bestimmte Frau überhaupt ge sehen; nur um des Geldes von Markrute halber — und der sie trotzdem hatte küssen wollen. Sie selbst — glücklich was würde das nene Leben für sie bedeuten? Es erschien ihr wie eine große Leere — ein Raum voll Dunkel heit, aus der sich nur ein lichter Punkt hervor- hob: Sie hatte das der Mutter gegebene Ver- sprechen erfüllt; sie hatte für Mircos Zukunft gesorgt. Kapitel XI. Die nächsten drei Wochen verbrachte Lord Tankred in der gehobenen Stimmung, wie sie die Schaffensfreude gibt. Es galt Wraith, das Schloß seiner Väter wieder bewohnbar zu machen ür ihn und für „Sie". Zara selbst sollte hr» Zimmer wählen und diese nach ihrem Ge- chmack einrichten. Unberührt nur blieben die großen Empfangsräume mit ihren Seidentapeten und Llhnenbildern. Nicht nur Tankred selbst hatte eine unsagbare sreude, die Tore seines alten Schlosses dem rischen Lustzuge wieder zu öffnen; mit Rührung ah er, wie das ganze Dorf daran teilnahm. Alte Parkwächter, pensionierte Diener lockt« da» flott« Treiben au» ihren niedrigen Häuschen in» Sonnenlicht. Jedes Stück Wald, jede Wiese hatte ein neue« Interesse für Tristram, als sei e» eben erst er- Unglücksfälle und verbrechen Dücherdiebfiahl aus Sammelleidenschaft Die Strafkammer de» Landgericht» I in Berlin verhandelte einen Prozeß, dem erhebliche» psychologt- scher Interesse zukam. Studienrat Dr. Fr. Dobe, der al» Lehrer an einem Gymnasium tätig gewesen war, hatte sich des Diebstahls schuldig gemacht. In kunabeln, Erstdrucke aus vergangenen Jahrhunderten, Bibeln von hohem Alter und andere Werke der Buch- druckerkunst früherer Epochen, soll der Angeklagte aus Sammlerleidenschaft gestohlen haben. Dr. Dobe arbeitete an einem Werke über „Wiegen drucke" und hatte sich von der Leitung der Staats- bibliothek sowie von dem Bibliothekar des Gym nasium» zum Grauen Kloster die Erlaubnis erwirkt, die Bücherbestände dieser beiden Anstalten zu Stu dienzwecken zu benutzen. Lines Tages berichtete Dr. Dobe dem Bibliothekar des Gymnasiums, daß er ein von ihm entliehenes Werk in der Straßenbahn liegen gelassen hätte. Bald darauf verschwand ein anderes wertvolle» Werk, und als man, dadurch stutzig ge worden, eine Nachprüfung der Bestände vor nahm, wurde festgestellt, daß in der Bibliothek des Gymnasiums zum Grauen Kloster 23 Bände und in der Staatsbibliothek 25 Bände fehlten. Der Verdacht fiel auf Dr. Dobe. Ls wurde eine Haussuchung bei ihm vorgenommen, bei der man eine große Anzahl der fehlenden Werke vor fand. Zwar waren einige mit anderen Einbänden versehen, in denen die Bibliotheksstempel fehlten, aber ihre Identität war nicht zweifelhaft. Nach längerer Beratung kam die Strafkammer zu einer Verurteilung des Angeklagten. Das Gericht erkannte auf neun Monate Gefängnis, wo- bei es alle mildernden Umstände in Berücksichtigung zog. Dr. Dobe wurde des Diebstahls in einem Falle in der Bibliothek des Grauen Klosters und der Dieb- stähle in der preußischen Staatsbibliothek für schuldig befunden. Silberdicbstahl im vberbergamt Halle. In der Nacht vom Donnerstag zu mFreitag haben Diebe aus der Wohnung des im Oberbergamt wohnenden Oberbergrats für viele hundert Milliarden Silber gegenstände, hauptsächlich Eßbestecke, Fischmesser, Krebsmesser und gravierte Zinnteller gestohlen. Lin glücklich verlaufener Absturz. In Berlin unternahm am Dienstag nachmittag der Portugiese Pinto auf seinem Rumpler-Flugzeug einen Flug über die östlichen Vororte Berlins. Hierbei stürzte er durch Versagen des Motors infolge Benzin- mangels mit dem Flngzeug in den Müggelsee; es ge- lang ihm, sich schwimmend zu retten. Havarie eines deutschen Kreuzer». Der auf der Unterelbe stationierte Vollkreuzer „Forelle" traf mit eingedrücktem Bug und Schaden an der Ver schanzung ein. Der Kreuzer war zwischen Schulau und Lühe mit einem Motorschoner in Kollision gekommen. Der Schoner hat seine Reise fortgesetzt. Nur linke Schuhe. In das Geschäft von Simon Müller, Friedrichstraße 57, in Berlin, drangen Einbrecher ein. Ihnen fielen Schuhe und eine Menge von Leder aller Art in die Hände. Nach vorläufiger Schätzung beträgt der Wert der Beute über vier Billionen Mark. Die Einbrecher werden allerdings an den Schuhen keine reine Freude haben: sic haben nämlich nur linke Schuhe erwischt. Zur Lxplosionskatastrophe bei Warschau Aus Warschau kommende Augenzeugen der Ex- plosionskatastrophe der Zitadelle schildern die durch den Unglucksfall zu beklagenden Meuschcn- verlufte und den großen Materialschaden in bewegten Worten. Die Zitadelle wurde auf russischen Befehl nach den polnischen Ausständen vor der Stadt gebaut und dient heute al» Militärlager. Der durch die Explosion entstandene Trichter gewährt einem mehr- stückigen Lause Raum. An der Ostseite vor der Stadt Praga wurden sämtliche Fensterscheiben zer- schlagen, und auch in den Hauptstraßen habe der Luftdruck erheblichen Schaden angcrichtet. Alle Blätter heben lobend die schnelle Arbeit des Rettungsdienstes hervor. Der Militärprokurator habe festgestellt, daß ein Sabotageakt aus geschlossen sei, so daß eine Selbstentzün dung des Pulvers vorzuliegcn scheint. Die feier- liche Bestattung der 150 Opfer des Explo- sionsunglücks fand in Anwesenheit mehrerer Minister, worben. Und dann weiter denkend: Ob er wohl dereinst einen Sohn haben werde, der dieses alles erbte? Und es gab so viel zu erben! — Da war der runde Normannenturm mit dem Burg verlies darin, noch ganz wohlerhalten. Im An schluß an ihn die Mauern des großen Gebäudes, dessen einzelne Teile aus verschiedenen Perioden stammten. Den Abschluß bildete ein unschöner gotischer Flügel aus der Zeit des Regierungs- antrittes der Königin Viktoria. „Der wird her- unter müssen!" sagte sich Tankred sinnend, „Zara wird ihn nicht mögen." Immer wieder „Sie" — der Ausgangspunkt seines Denkens und Fühlens. Nach Tagen der Arbeit mit Technikern und Architekten empfand es der Besitzer von Wraith als eine Wonne, allein in der Bibliothek träume risch in die Flammen des Kamins zu sehen. Von der elektrischen Anlage noch unberührt, beleuchteten nur ein paar düstere Lampen die dunkle Eichentäfelung des Zimmers. — In einer der Nischen stand die Rüstung, die ein anderer Tristram Guiseard bei Agincourt getragen. — Hochherzige, tapfere Leute waren seine Vor fahren gewesen und — auch er würde ihnen Ehre machen — wenn auch für jetzt nicht auf dem Kriegsvfade, sondern auf anderen Wegen Haiiv in Hand mit seinem Onkel, dem Herzog. Hatte doch Markrute erst kürzlich von dessen be deutenden Reden im Herrenhause gesprochen. Dann wieder Zara: Ob sie wohl Sinn für gute Lektüre und Poesie hatte? — Wie würde er seine Freude daran haben, wenn sie seinen Geschmack in Büchern teilte, oder sich ein wenig Gefühl mit der romantischen Ader in seinem Geblüt auch in ihr rührte! Laura High- ford war in dieser Beziehung verständnislos ge wesen. Mitten aus diesen Träumereien, in denen sich Lord Tankred gewissermaßen in ein Phantom verliebte, aing es zurück in die Wirklichkeit; in wenigen Wochen stand die Hochzeitsreise bevor — wohin würde er diese machen? — Sein Onkeh der Vorsitzenden des Sejm und des Senats, von Ver tretern der Behörden und Verbände und einer un- geheuren Menschenmenge statt. Die Trauermeffe wurde von Bischof Gall in Anwesenheit des Kardi- nals Kakowski zelebriert. Späte Sühne. Seine späte Sühne fand der vor mehr als zwei Jahren begangene Mord an der Hausbesitzerin Behlitz am Kottbuser Damm vor dem Schwurgericht l in Berlin. Fräulein Behlitz wurde bekanntlich eines Tages erstickt in ihrem Bett gefunden. Es lag Raubmord vor. Al» Täter wurden der Arbeiter Fritz Brak und der Kauf mann Limbacher ermittelt. Der Fall beschäftigte dann das Schwurgericht viermal. Da» Verfahren gegen Limbacher wurde schließlich wegen Leistes- krankheit eingestellt. Limbacher sitzt zurzeit in ver Irrenanstalt Buch, so daß sich Brak allein »u ver antworten hatte. Er suchte alle Schuld auf Lim bacher zu schieben. Die Geschworene» sprachen ihn jedoch schuldig des Raubes mit Todeserfolg, und das Gericht verurteilte ihn mit Rücksicht auf seine Minderwertigkeit zu zehn Jahren Zuchthaus unter Anrechnung der Untersuchungshaft vermischtes Schneefall im Ricsengebirge. Im Riesengebirge ist Schneefall eingetretcn. Der Kamm des Ge birges ist vollständig mit Schnee bedeckt. Gefälschte Geldscheine. In Gustav bürg bei Mainz wurde eine Falschgeldwerk statte aufgedeckt, die von einem früheren Lithographen betrieben wurde, der seine Erzeugnisse durch andere Personen in Umlauf bringen neß. Von den her gestellten falschen Geldscheinen konnte eine Anzahl im Werte von 60 Milliarden Mark beschlagnahmt werden. Alle beteiligten Personen sind verhaftet worden. Staatsanwalt und Gasgesellschaft. Die Frank- furter Staatsanwaltschaft hat gegen den Vorstand der Frankfurter Gasgesellschaft ein Ermittelungs verfahren eingeleitet, um festzustellen, ob nicht das Geschäftsgebaren der Gesellschaft Strafbestimmun- gen sowohl der Preistreibereivcrordnung als auch des Strafgesetzbuches verletze. Papier! Auf der Mehlverteilungsstclle in Gundelheim, einem Stadtteil von Ludwigshafen, warf der Bäcker- meister Günzel eine Milliarde Mark, deren un- gebündelte Annahme ihm verweigert worden war, kurzerhand zum Fenster hinaus. Die herum flatternden Scheine fanden auf der Straße schnelle Abnehmer. — Nachdem das Erfurter Schöffen gericht einen Kutscher wegen Bcamtenbcleidigung zu 10 Goldmark Geldstrafe, zahlbar innerhalb 6 Mo naten, verurteilt hatte, stellte er sich in Positur, griff in die Westentasche und rief: Die paar Mark kann ich sofort bezahlen!" Man hielt ihn beim Worte und wies ihn an die Gerichtskasse. Eine Sammlung der Berliner Bärse für die Not leidenden. Zur Unterstützung der minderbemittelten Bevölkerung .mit Lebensmitteln hat ein Sonder ausschuß der Berliner Börse die Summe von 18 0 Billionen Mark gesammelt, die zum Teil in Devisen, Dollnrschatzanwcisungen und Geldanleihe gezeichnet worden sind. Wiener Freihafenprojekt. Unter Vorsitz de» Wiener Bürgermeisters Reumann hat eine Enquete begonnen, die die Frage der Errichtung eines Freihafens in Wien klären soll. Die wirtschaftlichen Körperschaften zeigen großes Interesse für einen Freihafen, dessen Schaffung für di« wirtschaft liche Entwicklung der Stadt von großer Be deutung wäre. Der verbotene Tiroler Knödel. Die italienischen Machthaber in Südtirol machen die krampfhaftesten Anstrengungen, um den Namen Tirol aus den ihrer Herrschaft unterworfenen Gebieten auszumcrzen. Die neueste Errungenschaft in dieser Hinsicht ist das Verbot der „Tiroler Knödel". Auf der Speise- karte dürfen si« nur noch als „Ucberetscher Knödel" verzeichnet werden. De» toten Fliegers letzte Luftfahrt. Die Leiche des französischen Fliegers Manerol, der bei einem Absturz auf dem Flugplatz bei Lympne (Eng- land) ums Leben kam, wurde in einem Flugzeug nach Frankreich übergeführt. Bevor man den Sarg auf das Flugzeug brachte, fand eine Trauer feier in der römisch-katholischen Kirche zu Lympne statt. der Herzog, hotte ihn dazu auf eine seiner Be- sitzungen eingeladen. Tristram widerstrebte es aber, dort der Mittelpunkt des Interesses zu sein — angestarrt von der Bevölkerung. Lieber nach Paris wollte er, wo niemand ihn und sie kannte. Jedenfalls — ob hier oder dort — glattes Fahrwasser war nirgends zu erwarten. Tristrams klare, blaue Augen blitzten in dem Ge danken an die bevorstehenden Kümpfe auf. Er, Lord Tankred, der vierundzwanzigste, bot das Bild eines prächtigen, an Leib und Seele ge- sunden Mannes, der momentan von seinem Schicksal und seiner Dame träumte. Wie würde es sein, wenn er seine Frau der Gesellschaft in Montfichet vorstellte! — Ach, und Laura! Eigentlich hatte sie sich merkwürdig leicht in die Verhältnisse gefunden; — ihm sogar ge schrieben — war doch am Ende ein gutes Ding! Dann der Einzug in Wraith. Das Werben um Znras Liebe — und das leise, leise Erwachen ihrer Gegenliebe. Der Gedanke daran machte Tristram wild. Er warf die Zigarre fort, dehnte die Arme und riek i ach seiner würdigen Bull dogge, um ihr liebkosend über den faltmreichen Kopf zu streich m. * * In verhältnismäßiger Gemütsruhe gingen unterdessen für Jara die Tage in Paris h'n. Das Bewußtsein, Mirco gut aufgehoben zu wis sen, tat das seine dazu. Der Tag, den sie mit sammen in Bournemouth verlebt, war ein sonni ger gewesen; so blau die See und die Lust so weich. — Sanft und lieblich hatte die Frau des Arztes Mirco nach seinem Violinspiel gefragt, während der Doktor selbst die besten Hoffnungen für Heilung der Lunge gab. Der andere Tag hatte unter der Schwere des Abschieds aestanden; und immer noch sah Zara die kleine Gestalt, ihr vom Fenster aus nachwinkend. lFortsetzunq folgt.) I 0 M ' DK voifte-ende Antgab« mnfaftk 12 Setten
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