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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231018
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231018
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-18
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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vooavtrg, 6« 1». Ottod« »«ttD - Su spät! War», ba» Reich»wirtsch«st»ums«»» Leipzig »e^ laste» mutz Do» Leipziger Derkehrsverei» wird un» ge schrieben: Der Vorstand de» Perkehreverein« beschloß in seiner Sitzung am 21. September, die al« unabwend- bar bezeichnete Notwendigkeit der Verlegung de» Neichewirtschaftsmuseums nach Dresden nachzu- prüfen und zu versuchen, ob sich nicht in letzter Stunde noch eine Möglichkeit finden ließe, da« Museum Leipzig »u erkalten Vorweg se» gesagt, daß die sofort vom Verkehr»- verein einaeleiteten Nachforschungen und Versuche an der Tatsache der Verlegung nichts mehr haben ändern sännen. Da» heißt frei! ich nicht, daß keine Möglichkeit zu finden gewesen wäre. Da», was in Dresden mit dem Museum geschieht, hätte sich in Leipzig mindesten» ebenso machen lassen. Dort wird das Material des Museums an die einzelnen Abteilungen der Technischen Hochschule iiir ihre Lehrzwecke verteilt. Das heißt mit anderen Worten: Da» Museum wird auseinander gerissen und seinen bisherigen Zwecken entzogen. Wir hatten in Leipzig für das Museum «ehr tun können. Noch jetzt in letzter Stunde ist es dem Perkehrsverein ge- lunger», Männer unserer Stadt zu finden, die opferfreudig die Mittel zur Verfügung stellen wollten, daß das Museum in der bisherigen oder höchstens in einer aus Sparsamkeitsrücksichten ühr wenig veränderten Form hier weiter be- stehen konnte. Daß es nicht gelungen ist, die« durchzusetzen, lag nur daran, das, der Dresdner Gönner de» Museum« auf seinem Recht bestand. Für uns bleibt nichts anderes übrig, als die bittere Lehre daraus zu ziehen, daß solche wichtigen Angelegenheiten nicht hinter ver- schlossen«« Türen verhandelt und entschieden werden dürfen, daß in solchen Dingen vielmehr d i e Allgemeinheit das letzte Wort zu jagen hat. Leipziger Teurungszahl l Stichtag 17- 10.: 51 308 200 VON Mark, l riichtag 15. 1«.: 3« 25« 300 000 Mark.) Li« innere Geldentwertung betrug am 17. 10., gemessen an der Teuerungszahl des Statistischen Amtes Leipzig (51308 200 000.-), seit: 15. 10. 34 Pro;., 12. 10. 78 Proz., 10. 10. 363 Proz., 8. 10. 57V Proz., 5. 10. 818 Proz., 3. 10. 1165 Proz., 1. 10. 1692 Proz., 28. 9. 1984 Proz., 2«. 9. 2110 Proz. Mr dieRerechnungderTitnger» absuhrgebiihr betrügt der Wert deS Pfennigs vom 18. 10. an 7400000 Mk. Line neue Messestätte in Leipzig Wie wir hören, wird auch der Leipziger Kvnstverein im Museum der bildenden Künste am Augustusplatz Räume für Messeausstel- lungen, die in die Räume des Museums hinein passen, zur Verfügung stellen. Line endgültige Der- fügung über die Art der Ausstellungsobjekte ist vis- her noch nicht getroffen worden. Neue Löhne für Hausangestellte. Auf Grund der zwischen den Leipziger Frauenverbänden und Haus- angestellten-Organrsationen am 3. Oktober 1923 ge troffenen Vereinbarungen gestalten sich die Löhne für Hausangestellte für die Ze-t vom 14. bis 20. Oktober lS23 in der Form, daß auf die Löhne der Vorwoche 107 Prozent ausgerechnet werden. Tarifverträge "nd bei den Frauenverbänden und bei den Organi sationen zu haben. ! — ! >._! ^ ... Der Besuch Don Ulomon» Vl»vmdses Die Dam» erschrak «in bißchen, aber es war ihr doch in der wilden Gegend und bei der Unsicherhe.t ihres Erfolges nicht unangenehm, als sich ihr der kleine spitzbübisch schiefäug.g guckende Faun al» Führer anbot. Sie wollte den Kentaur besuchen, der hier wo Hausen sollte. Ob er wohl zu Hause und zu sprechen sei, fragte sie ängstlich. Zu Hause sei er sicher, sagte da Faunchcn, und für eine schöne junge Frau sei er gewiß zu sprechen. Und er sprang voran durch da» gründlmkle Dickicht und die Dame folgte, manchmal ein bißchen stehen bleibend, um Atem zu schöpfen und die derangierte Toilette in Ordnung zu bringen. Da blieb auch immer der kleine Faun stehen, steckte einen Finger ins Nasenloch und schaute mit so einem gewissen Blick auf die Hand, di« den Strumpf hoch zog. So kam man ganz tief in den sizllischen Wald hinein und vor die Grotte. Der Faun schlüpfte voraus. Die Dame brauchte aber nicht lange zu warten, denn der Kentaur ersch en alsbald selber am Höhleneingang und lud mit einer etwas linkischen Geste zum Eintritt ein. Der klein« Faun lungerte am Eingang neugierig, was es sein würde, und fragte, al» man ihn in dem Geschlinge merkte, da» wie ein Vorhang den Eingang zu der Grotte halb bedeckte, ob er warten solle, um die Dame wieder zurückzugeleiten. Da sagte der Kentaur, er würde schon selber die Dame wieder an die Grenzen der Zeit zurückbringen. Worauf der Kleine sich im Walds verlor. Der Kentaur war für einen Augenblick ver- schwunden. Nun kam er wieder, trug eine Schüssel, darauf lag frischer Salat. Lächelnd bemerkte er. Bessere« als Kresse wüchse nicht in der etwa» feuchten Grotte. Di« Dame dankte. Und ob sie nicht störe? Hatte trotz der Kühle heiße Wangen be- kommen. Der Kentaur sah ihr in die Augen. Sie schaute zu Boden. Man war etwas verlegen auf be den Seiten. Dann sagte der Kentaur, er habe in einem seiner Hinteren Räume ein paar Büchlein, alte mit hübschen Stichen, ob sie sich da» nicht ansehen wolle. Gern, sagte die Dame, und erhob sich. Der Kentaur schritt voran und die Dame folgt«. Leipziger Gper .Die Entführung eus dem Serail/ Eine Regie, welche die Mozarttche Gestaltemoelt f— auch die de» Singspiel» —) nicht über ein gleich» Beschäftigung von Kriegshinterbliebenen. Durch da» Arbeit»mimsterium wird ernerrt angeordnet, daß bei Entlastung von Arbeitskräften auf Krieashinter- bliebene Rücksicht genommen werden soll. Im Hin- blick auf bi« wachsende Schwierigkeit, die durch Kinder in ihrer Erwerbsfähigkeit beschränkten Kriegerwttwen im Erwerbsleben unterzubrtngen, hat das Arbeit-Ministerium jetzt weiter angeordnet, daß bei der Einstellung von Arbeitskräften Kriegerwitwen bevorzugt zu berück sichtigen find, wenn mehrere Bewerberinnen gleicher Eignung sich melden. Markthailen-Wanderung Am Mittwoch morgen wickelt« sich der Verkehr in der Markthalle in normaler Weise ab. Di« Preise waren gegenüber dem Vortage — wieder gestiegen. Gefrierfleisch wurde nicht gehandelt. Frische» Rindfleisch kostete mit Knochen 480, ohne Knochen 640, Schweinefleisch 800, Kalb fleisch 620, Hammelfleisch 420, Gehacktes 040, Leber- oder Blutwurst 1000 und Knack- oder Mettwurst 1200 Millionen Mark. Auf dem Gemüse markt wurde Rotkohl zu SO, Weißkohl zu 30, Blumenkohl zu 60, Zwiebeln zu 3S, Tomaten zu 60, weiße Bohnen zu 3S, grüne Bohnen zu 50, Möhren zu 26, Tafeläpfel zu SO, Musäpfel zu 60, Taselbirnrn zu 70, Musbiruen zu 46, Pflaumen zu 30 und Salat zu 5 Millionen angeboten. Kartoffeln wurden nicht gehandelt. Der Fischmarkt verkaufte Goldbarsch für 160, Seelachs für 180, Rotzunge für 200, Karpfen für 360, Schellfisch für 140, Bücklinge für 440 und grüne He ringe für 110 Millionen Mark. An den Kolonialwaren ständen wurde Pollreis für 260, Bruchreis für 210, Nudeln für 220, Graupen für ISO, Haferflocken für 170 und eine Büchse kondensierte Milch für 700 Millionen Mark verkauft. Auf der Fettqalerie kostete Molkereibutter 1600, Margarine 700, amerikanischer Schmalz 850, Tilsiter Käse 1200, Limburger Käse 800, ein Stück deutscher Quarkkäse 45 und Stück Backsteinkäse 60 und ein Ei 70 Millionen Mark. * Am Mittwoch vormittag war die Ruhe in der Stadt vollkommen wiedcrhcrge stellt. Die Markthalleneingänge waren von Beamten der Schutz. Polizei besetzt, und in der Halle selbst überwachten Polizeibcamte den Verkehr, der sein gewohntes Ge- präge wieder angenommen hatte. Verkäufer und Käufer waren zahlreich erschienen, und der Handel wickelte sich-ungestört ab. Vor der Markthalle selbst fehlten die Menschengruppen, die in den Tagen der Unruhen dem Straßenbild den außergewöhnlichen Charakter gegeben hatten. Vereinzelte kleine An- sammlungen fanden in der Nähe der Seeburgstraße statt, wo über die weiter gestiegenen Lebensmittel- preise heftig diskutiert wurde. Doch nahm die Po- lizei von diesen kleinen Aufläufen keine Notiz. Vie neuen Vierpreise Von Mittwoch, 17. Oktober, an kostet ein Hekto liter hiesiges Vollbier im Einkauf 25 Milliarden Mark, der Preis für em Glas Bier hat danach auf 188 Millionen Mark festgesetzt werden müssen. Starkbier kostet ein Hektoliter im Einkauf 32 Mil- liarden, ein Glas 241 Millionen Mark. Bei Kulm, bacher beträgt der Einkaufspreis für 1 Hektoliter 21 Milliarden, ein Glos Bier wird mit 162 Millionen Mark abgegeben. ' Die Uhrmacher Zwangsinnnnq Leipzig hielt am 15. Oktober eine VierteljahrSverfcrmmlung ab. ES wurde bekanntgegeben, daß die Gehilfcnlöhne mit der Indexziffer steigen. Ueber die Obcrmeistcrtagung und den Sächsischen Handwerkertag in Dresden wurde Be richt erstatte« In einer Entschließung wurde dort di« Beseitigung der SontrollauSschüffe ufw. und der Wucher- vcrorbnung und die Einführung einer stabilen Währung gefordert. — Falls andere SleinhandelSorganifattonen bcn S-U-r-Ladeirswlub annehmen, werden sich auch die Uhrengeschäfte anscmlefien. Nach Erledigung interner Angelegenheiten, wrc BeitragSsestsetzung ufw. entspann sich eine kur;« Aussprache über Gteuersrag«». Kultur-Reservoir Dettlauf -wischen Dollar und Schlüsselzahl — Der ltniversal-i-liochek Bedeutung für das deutsche Geistesleben — Sin interessanter Run-gang Die Buchhändlerfchlüsselzahl Hot den Dollar noch übertrumpft. Sie springt um Hunderte, bisweilen um viele Hunderte von Millionen von Tag »u Tag. Fast kein gutes Buch mehr, da» nicht Milliarden kostet! Selbst der Preis de» Reelambuches mutet gegenüber dein Vorkriegspreise gigantisch an. Ob die in den letzten Tagen stark gesteigerte Schlüsselzahl in ihrer äugen- blicklichen Höhe noch gerechtfertigt ist, kann schwer entschieden werden. Daß sie aber an dem Tage, als sie 100 Millionen betrug, hinter den tatsächlichen Gestehungskosten eines Buches stark zurückblieb, steht fest. Uns liegen als Beweis dafür die Gestehungs kosten des Hauses Neelam aus der Zeit vor dem Kriege und vom Tage de» 100-Millionen-Indexes zum Vergleiche vor. Ihre Veröffentlichung dürfte zur Beurteilung der Schlüsselzahl fraglos interes sieren. Vor dem Kriege kostete eine Sendung Universalbibliothekpapier von 10000 Kilogramm eine Menge, die in normalen Zeiten den Tagesbedarf darstellte, 4000 Mark. Dieselbe Menge Papier wurde an dem Tage, als die Buchhändlerfchlüsselzahl sich auf 100 Millionen belief, mit einer Billion und 20 Milliarden bezahlt. Das ist das 250 Millionen fache des Vorkriegspreiscs. Die Druckfarben und Schriften, der Heftzwirn, der Leim, die Pappe und die Lcinewand, sowie alles Sonstige, was für die Herstellung des Reelambuches notwendig ist, waren an dem gleichen Tage um das 200—300-Millioncn- fache gestiegen. Gleichzeitig waren die Unkosten des Neclamhauses für die in der Kraft-, Licht- und Seizungszentrale benötigten Kohlen, für die im Jahre 1913 im ganzen annähernd 15000 Mark ausgegeben wurden, für den Tag der 100- Millionen-Indexziffer auf 13,6 Milliaruden an- gewachsen. Aus diesen Daten ist zu ersehen, daß die Buchhändlerfchlüsselzahl. so ungeheuerlich sie auch auf den ersten Blick erscheinen mag, doch noch Mühe hat, der rasenden Markentwertung nachzugalop pieren. Sehr nachteilig macht sich auch, was nicht über- sehen werden darf, fiir den Bllcherhersteller die im Verhältnis zu andern Fertigwaren sehr viel ge ringere Rentabilität des Bücherverkaufes bemerkbar. Der Perlagsbuchhändlrr erhält seine „Ware" nicht wie andere Fabrikate sofort nach Herstellung oder gar durch eine Anzahlung während der Fertig stellung bezahlt, sondern er muß auf eine weite Sicht große, meistens erst nach Jahresfrist absetzbare Auf- lagen Herstellen. Beispielsweise hätte Reclam, wenn er heute eine neue vierhändig« Goethe-Ausgabe in einer Auflage von 5000 Exemplaren drucken lassen wollte, am Tage der 100-Millionen-SchlMclrahl ohne die Satzkosten in Höhe von etwa einer Billion 360 Milliarden und ohne die Vertriebsspssen, ein Anlagekapital von mindestens zwei Billion«», 320 Milliarden festlegen müssen. Und dabei wäre doch diese Goethe-Ausgabe im Verhältnis zu dem Gssamtunternehmcu des Hauses Reclam ein recht geringfügiges Verlags objekt. Auf die berechtigt anmutende Frage, warum denn zu der an sich schon van der Käuferschaft kaum trag- baren hohen Schlüsselzahl noch der Grundpreis der Reclambändchen von 20 Pfennig auf 30 Pfen nig jetzt erhöht worden ist, sei erwidert, daß einer seits der Goldpreis für fast alle Gegenstände in allen Ländern in den Jahren seit 1914 erheblich, bis zu 100 Prozent, gewachsen ist. Ferner sei darauf hingcwiesen, daß auch die Spesen an sich, auf das einzelne Reclamheft verteilt, größer geworden sind, da sich beispielsweise das Lohnberechnungspersonal, der wesentlich größeren Arbeit Rechnung tragend, verachtfacht hat. Anderseits übertrifft die heutige Ausstattung des Reclambändchens diejenige der Vorkriegszeit ganz erheblich. Da» Format ist ge ändert worden, bei allen Neuerscheinungen wird eine größere Schrift, bei Neuausgaben ein stärkerer Um- schlag nach Entwurf von Professor Ehmke in An- Wendung gebracht und, was ganz besonder» ver teuernd ins Gewicht fällt: im Gegensatz zu der Drahtheftung der Vorkricgs- und Kriegsjahre werden heute alle Reclambändchen mit der solidesten Fadenheftung versehen, in den Handel gebracht. Es hieße, Eulen nach Athen tragen, wollte man ! über die Vielseitigkeit und den ungeheuren kulturellen Wert der Reclam-Bändc für Deutschland und deutsch sprechende' Länder viele Worte machen, mag es sich nun um die bekannten Reclam-Bändchcn, um die Klassikerausgaben oder um die neuen billigen Reihen- bändchcn (Grundpreis 10 Pfennige) für Kinder handeln. Jeder halbwegs Gebildete weiß, daß allein in den über 6000 Bänden der Reclam-Bibliothek nicht nur die erzählende und die Dichtkunst Deutsch lands und des Auslandes glänzend vertreten ist, sondern daß alle Gebiete des Wissen« in dieser Universalbibliothek, die ihren Namen wahrlich mit Recht trägt, behandelt werden. Einen Rundgang durch das in der Inselstraße in Leipzig gelegene Reclam-Lerlagsgebäude machen, heißt daher gleich- zeitig eine Forschungsreise durch eines der bedeutend- stcn geistigen Zentren antreten, das, wie der bekannte Schriftsteller Norbert Falk einmal richtig gesagt hat» als große unentbehrliche öffentliche Einrichtung wie das Telephon, die Eisenbahn, die Post und die Elektrische aus dem öffentlichen Leben nicht heraus denkbar ist. Der seit mehr als 30 Jahren dem Hause Reclam angehörende Perlagsleiter, Herr Binder, hatte es in dankenswerter Weise unter- nommen, bei der mehr als einstündigen Wanderung durch alle Anlagen des ausgedehnten Betriebes den liebenswürdigen Cicerone zu sptelen. Die umfang reichen Druckereisäle umfassen über 70 komplizierte Maschinen. Alle Drucke werden von Flachdruck maschinen, nicht von Rotationsmaschinen, bewältigt. Besonders interessant erschien uns eine Flachdruck- Pcndelmaschine, die nahezu das Doppelte einer ge wöhnlichen Flachdruckmaschine leistet. Ueberaue subtil und präzise gearbeitete Reclam-Spezial- maschinen gestatten cs, daß Drei- und Vierfarben drucke ohne weiteres von der Stereotypie gedruckt werden. Im Falzungssaale konnten wir die Bekanntschaft mit einigen weiteren Maschinen machen, die gleich- falls allein im Hause Reclam arbeiten. Sie er- möglichen an Stelle der sonst üblichen Kreuzbruch falzung die Parallelfalzung, die die häßlichen Quetschfalten, die häufig in Büchern mit Kreuzbruch falzung zu bemerken sind, ausschlicßt. Diese Ma schinen können zudem täglich bis 100 000 Bogen falzen, während die bisher und andexmo gebräuch lichen Falzmaschinen in 20 000 Dogen ihre Höchst grenze finden. Von den gewöhnlichen Fadcnhest- maschinen stehen, was als besondere» und einzig dastehendes Kuriosum erwähnt sei, zweiundzwanzig in langer Reihe nebeneinander. Abgesehen von den modernen Beschncidemaschinen in großer Anzahl ver dient eine interessante Apparatur Beachtung, die den gebundenen und ungebundenen umfangreicheren Büchern ihren gerundeten Rücken verleiht. Dir besichtigten auch noch die umfangreichen Licht« und Brunnenanlagen des Hauses Reclam, die aus gedehnten Kontorräumc ufw. Am sehenswertesten aber erschichren uns die endlos sich dehnenden Räume, die gar keine Maschinen und keine Menschen, aber die unendliche Menge der fertig gestellten Reclam-Bändchen enthalten. In peinlichster Ordnung in Stapeln und Sonderstapcln bis zur Decke gehäuft, so daß nur schmale Gänge von etwas mehr als Manncshöhe ausgcspart bleiben, sind dort Millionen und Abermillioncn von Büchern aufgestapelt. Man kann dieses Labyrinth von Stufe allgemeinmenschlicher Typik und Symbolik stellt, erklärt dadurch, daß sie Mozart mißversteht. E» ist belanglos, ob in einer »Entführung au» d»m Seratl* die beiden Liebenden aber der Osmin oder das girrende Pärchen Blondchsn-Pedrillo mehr oder minder individuell herausgearbeitet wer den. Die Fehlerhaftigkeit beginnt dort empfindlich zu werden, wo eine handgreiflich« Lcbenswirklichkeit zum Ausgangspunkt für die Gestaltung des Theater« genommen wird. Denn ein solches Perfahren ver- wechselt da» Wesen der Ding« mit ihrem Schein: Mozart verträgt kein Klischee, welche» irgendwo aus der Alltäglichkeit ausgeschnitten ist. — Die Aufgabe, welche die »Entführung* dem Regisseur stellt, ist keineswegs einfach. E» ist eine Stilaufgobc in eminenten Sinne. Man wird etwa das Streben nach großer, schlichter Architektur im ,Don Gio vanni^ leichter mit den Tendenzen unserer modernen, zeitstarken Rcgiekunst in Uebcreinstimmung bringen können, als daß man ohne vieles Nachdenken für da» Singspiel de» Rokoko einen adäquaten Zeit ausdruck zu finden vermöchte. Man wird uns nicht zumuten, das, was gestern als Neuinszenierung des Singspiel» geboten wurde, im Sinne einer Stilschöpfung au» Mozarti- schem Geist werten zu müssen. Da» ist schon deshalb unmöglich, weil bei Mozart streng genommen die Kompetenzen de» szenischen unb des musikalischen Oberleiter» nicht zu trennen sind: beide müssen wie aus einer einzigen dirigierenden Hand heraus ar- beiten. Bei der Wertung dieser Ausführung jedoch ist man zu dieser Scheidung genötigt, denn jeder ernsthafte Rrgiewille hätte sich von vornherein an den Hindernissen brechen müssen, die vom Musika- lischen her sich boten. Daß dem Kapellmeister Szen drei ein rnusikalischer Mozartstil fremd ist, bewie» zuerst die Art, wie der schwebende langsame Satz der Ouvertüre abgehaspelt wurde, bewiesen im Laute de» Abend» noch unzählige dynamische und Tempoverstöße. Altch die Arbeit mit den Sängern hat durchweg kein befriedigcnbc» Resultat gehabt. Selbst Liß mann, dem man Geschmack zutraut, erlaubte sich hier und da völlig unstiltstisch« Rubati. Daß^ da» Bühnenbild die übliche plaka- tige Farbigkeit und fflächigkeit hatte, braucht kaum erneut festgestellt zu werden. Satte sich auf der Bühn« ein« Serailatmosphar« entwickelt, — vor der verdrießlichen Salem-gigarettenatrapp, de» letzten Bilde» hätte sie sich unweigerlich ver- flüchtigen müssen. ks H. Auch die -»chschul-ebüh«, »erd« erhöhe Rach- dem da» Schulgeld cm den Häher« Schul« de» ge ¬ sunkenen Markwert angepaßt worden ist, sind nun- mehr auch die Gebühren an den wissenschaftlichen Hochschulen entsprechend erhöht worden. Wie wir hören, wird das Kolle^geld vorbehaltlich end- gültiger Festsetzung zunächst etwa 50000000 für die Wochenstunde betragen, wobei eine Er höhung bei stark ansteigendem Zndsx vorbehalten bleibt. Die übrigen Hochschulgebühren werden eine entsprechend« Erhöhung erfahren. Um den wirt schaftlich schwächsten Teil der Studentenschaft zu ent lasten, besteht die Möglichkeit der vollen oder teil weisen Befreiung von der Gebührenzahlung. Lache« und Charakter. Ein bekannter Psychologe, der da» Lachen genau studiert hat, glaubt den Charak- ter der Menschen aus dem Vokal erkennen zu können, den sie bei ihrem Gelächter bevorzugen. Nach seiner Einteilung sind die, die auf lachen, gute und offene Menschen, treue Freund«, vergnügt und beweglich, aber launisch und wechselnd in ihrem Temperament. Dor Leuten, die auf L lachen, soll man sich in acht nehmen; sie sind Phlegmatiker und Melancholiker, die auch etwas Verstecktes an sich haben. Die meisten Kinder lachen auf I, und Leute, die in derselben Tonart lachen, wenn sie erwachsen sind, haben sich ihre kindlichen Eigenschaften be wahrt; sie sind schüchterne, liebevolle Charaktere, un- entschlossen, aber ausständig, selbstlos und hilfsbereit. Die i-Lacher sind nicht sehr energisch und tatkräfti. Leute, die auf O lachen, sind Menschen, die sich durchzusetzen verstehen, sich nicht nm die Meinung anderer kümmern, unentwegt ihren Weg gehen und es meist zu Reichtum und Ansehen bringen. iSe sind selbstbewußt, edelmütig, und man kann sich auf sic verlassen, wenn sie auch zunächst ihren eigenen Vor- teil suchen. Die O-Lach er genießen die geringste Sympathie; «» sind Menschen, die überhaupt wenig lachen, keinen Sinn für Humor haben, einsame und eigenbrötlerische Naturen, aus denen man nicht recht klug wird. (Was mich betrifft, ich lache auf 0-0 — und da soll einer klug draus werden . . .) Gewerbsmäßige Blutspender. Vor ungefähr 250 Jahren wurde zum ersten Male der Versuch gemacht, durch Einführung von fremdem Blute in di« Blutbahn den Gefahren schwerer Blutungen zu begegnen. Die Methode wurde bald wieder verlassen, sie war sogar vom Papste in Bann getan worden. Dor ungefiihr 6V Jahren wurde die Methode wieder ausgenommen, u. a. von dem genialen Berliner Lhirurgen Diesfenbach, es gelangen auch hier und da Einführungen oonn Lammblut in die menschlichen Blutgefäße, aber erst in den letzten Jahren ist e» gelungen, unter be stimmten BoraussetzmMN und bei Innehalutn, sorg ¬ sam ausgeprüfter Methoden wirkliche Erfolge mit scg. Bluttransfusionen zu erzielen. Man benutzt zu ihnen das durch Aderlaß gewonnene Blut, ca. 200 bis 500 Kubikzentimeter, von vollkommen gesunden Men schen. In Amerika wird das Verfahren schon so vielfach ausgettbt, daß das Blutspenden zu einem Beruf geworden ist, und jetzt schon so lange, daß Beobachtungen an denn berufsmäßigen Blutspendern gemacht werden konnten. Prof. Brandenburg berichtet über sic in der „Mediz. Klinik*. Allein in der großen Klinik der Brüder Mayr, in Rochester» MiMnnesota umfaßt die Liste der Blutspender an 1000 Personen. Von diesen werden 84 auf da« genaeste untersucht, manche von ihnen hoben schon k>is zu 35mal den Aderlaß überstanden, und zwar in Zwischenräumen von etwa sechs Wochen, bei einigen betrug die Pause sogar nur drei Wochen. Die meisten waren 30—40 Jahre alt. Bemerkenswert ist, dast bei Männern sich keinerlei Schaden zeigte, bei einigen jungen Mädchen traicn Erscheinungen von Bleich sucht auf. Der Blutdruck wurde nicht geringer, son dern eher etwas größer, es wurden Gewichtszunahmen von durchschnittlich 9 Kilogramm beobachtet. Pro fessor Brandenburg meint allerdings, daß di« günsti gen Wirkungen vielleicht weniger dem häufigen Ader laß zuzuschrciben seien, als der besseren Er nährung auf Grund erhöhten Einkom mens. Denn es seien doch meist nur arme Teufel, di» gewerbsmäßig ihr Blut verkaufen. Gastierende Kritiker. Das Dollarland, das alles, was an Sängern und Instrumentalisten gut und teuer ist, hinüberholt, ladet nun auch europäische Musikkritiker zu Gaste. Die .New York Times* werden, wie wir hören, für den ersten Teil der Saison von C. H. Colles, dem gelehrten Musikkritiker der Londoner „Times*, in der zweiten Hälfte von Edwin Evans, dem bekannten Fortschrittsmann und Musikrcferenten der „Pall Mall Gazette*, versorgt. Ls heißt, daß die Kollegen in New York eine Gänse haut kriegen. Aber man muß wünschen, daß diese Neuerung allgemein wird. Der Austauschkritiker kann eine Kulturmission erfüllen. «u» den rveater»«»«. (SchansptekbanV.) „Lausa Katser- wird auf den stürmische« Heiter- leltSersolg hin in dieser Woche alladendttch geseden. — Di« nächste Erstaufführung .Lurandol, Prtrr- resstn von China", tragikomische» Märchen von schiller, «st in den Hauptrollen besetzt mit Luis« Glau (Titelrolle), Margarethe Tdelemonn (Adelma), Sundrv Stewcrt (Zelina) Josef Kräh« (Salas), August Weder cAltomn), Reinhold Bala» (TrufsaldtN), Bern bar» Wkldenhatn (PantaloM, Adolf Braunstein (" irtaglw). Regie: Han« Peter Hchmtedel. Reue DekoraNonrn und RofNtme noch Entwürfen von stranZ Riesch».
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