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vktodv ^L^erderickt wie bereitet man Tee? Da der Bohnenkaffee heute für den größten Teil der Hausfrauen de» hohen Preises wegen unerschwing lich geworden ist, der Kaffeeersatz aber oft keine Be friedigung bieget, sind viele zum Tee überaegangen. Wenn dieser auch im Preis« keineswegs billiger ist als Kaffee, so bietet er doch die Gewißheit, daß er be deutend ausgiebiger ist. Man bewahrt den Tee am besten in einer Porzellan- oder Blechdose auf, doch soll man diese erst aromatisieren. Das geschieht am besten dadurch, daß man einen starken Teeaufguß in die Dose schüttet und ihn darin erkalten läßt. Hernach schüttet man den Tee heraus und läßt den Behälter trocknen. Sodann kann man ihn mit Teeblättern füllen. gum Aubereiten von Tee braucht man stets frisches, sprudelnde», kochendes Wasser, das ohne langes Kochen auf die Teeblätter (für eine Tass« Tee einen knappen halben Teelöffel) gegossen werden muß. Durch zu langes Kochen verliert der Tee an Wohl geschmack. Die Blätter müssen in stets erwärmte Kannen kommen und dann so schnell wie möglich mit kochendem Wasser, das die Blätter aufweichen soll, bedeckt werden. Dieses Wasser darf nur einige Sekunden auf den Teeblättern bleiben. Man gießt e» ab und schüttet sofort soviel kochendes Wasser nach al» man benötigt. Das zweite Wasser bleibt etwa 2 bi» 3 Minuten auf dem Tee, um dann von den Blättern in den schon heißgestellten Teetopf ab- gegossen zu werden. Kenner trinken den Tee stets aus feinem dünnen Porzellan. I». X. Vie gesetzliche Untermiete Don der Schiedsstelle für Haushaltung ist zur Anpassung an die Geldentwertung für den Teil der gesetziicken Untermiete, der für die Bedienung gezahlt wird, für die zweite Hälfte des Monats Oktober 1923 als Multiplikator im Sinne von II, 2 der Bekanntmachung vom 26. Sevtember 1923 t 09 000 000 festgesetzt worden. Auf die Bedienung entfällt ein Zehntel, für den halben Monat also ein Zwanzigstel der Friedensmiete. Es ist daher ein Zwanzigstel der Friedensmiete, vervielfältigt mit 9.r 000 OVO, das ist der Unterschied zwischen dem bis herigen Multiplikator von 14 000 000 und dem neuen Multiplikator von 109 000000, für die zweite Oktoberhälfte vom Untermieter mehr zu bezahlen, als er nach der Bekanntmachung vom 2. September 1923 zu zahlen hatte. Beispiel: Friedensmiete 20 ein Zwanzigstel — 1 X 95 000000 -- 95 000 000 Wo Bedienung nicht vereinbart ist, ist eine Mehr zahlung für den Monat Oktober 1923 nicht zu leisten. Reform der Behördenord-ung. Im Anschluß an die kürzlich durqgeführte Reform der Gemeinde verwaltung wird beim Ministerium des Innern eine Reform der Behördenordnung bearbeitet. Ge meinden über 12 000 Einwohner werden als „Amts gemeinde" bezeichnet und unterstehen in Zukunft nicht mehr der Amtshauptmannschaft. Bezirks- frei sino ohne weiteres Orte von über 20000 Ein wohnern. Mit Genehmigung des Ministeriums des Innern können aber auch Gemeinden von 12 000 bis 20 000 Einwohnern bezirkssrei werden, wenn sie die nötjge wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gewährleisten und die wirtschaftliche Leistungsfähigket des Bezirkes nicht durch ihr Ausscheiden gefährden. Buchführung im Viehhande!. Nach der Verord- nung über den Verkehr mit Vieh und Fleisch vom 13. Juli 1923, die am 15. 8. 1923 in Kraft getreten ist (RGBl. 63), müssen alle Personen, die mit Vieh, Frischfleisch oder Gefrierfleisch Handel treiben, Bücher führen. Aus dem Buch muß von jedem Stück Vieh bzw. Fleisch, das die Händler kaufen, verkaufen bzw. zum Verkauf anbieten, folgendes er sichtlich sein: 1. Name und Wohnort des Verkäufers (Landwirt usw.). 2. Tag des Geschäftsabschlusses (Einkauf). 3. Art des Viehes, Gewicht (Stallgewicht), Preis (Etallpreis) pro Zentner und Gesamtpreis. Oer Fresser Don klordgrt ^»equs» Es geht nun schon mit einigen Dingen so: man hält sich an den Buchstaben, um auf dem Sinn Riagertänze aufzuführen, und so geschah es, daß in meiner Heimat in den Ardennen die Fastenzeit, die der dicke Bischof in der Hauptstadt jedes Jahr durch einen Hirtenbrief den Gläubigen anempfahl, eine Fressenszeit wurde. Der Widerspruch liegt so sehr in diesen Ardenner Köpfen, daß solche Vor schriften aufstacheln und es den Leuten eine Freude ist, das Gebot hinten herum zu umgehen. Aber für einen Ardenner Magen braucht es schließlich den Anreiz einer verbotenen Sacht nicht. Er ist von Haus aus gesund. Also gab es viele be rühmte Fresser im Lande. Der bedeutendste war vielleicht der Isidor Nock(>, „der Iß", wie seine Familie ihn nannte, oder NockS» Bauch, wie er bei seinen Freunden hieß. Er trug nämlich dieses Ge säß seiner Leidenschaft wie einen Luftballon vor sich her. Diese Leidenschaft zu essen kostete ihm das Leben. Es ist tragisch zu erzählen, aber es kostete dem Armen wirklich das Leben. Kurz nach der Fastenzeit geschah es. In der gesteigerten Stimmung dieser Zeit fuhr Nockös Bauch einmal mit seinem Freunde, dem Schake Fritz, der als junger Notar eine Versteigerung in einem Dorfe hatte, über, Land. Nach der Sitte de» Lande» wurde der junge Notar in jedem Dorfe, in dem er di« erste Versteigerung abhielt, mit Böller schüssen, Bukett und Rede seitens de» Bürgermeister» und unter Assistenz der ganzen Gemeinde empfangen. Die Arbeit ruhte an diesem Tage, denn der Notar gab zum Besten. Der Notar hatte »u Nockö gesagt: „Bauch, du verstehst dich darauf, du schaffst an!" „Verlaß dich darauf!" hatte Nockü« Iß geantwortet. Al» ihr Wagen in Sicht kam, böllerten die Schüsse los, und al» Empfang und Versteigerung vorbei waren, begann da» Gelage. Der Wirt hatte Voll macht, ISO Liter Bier, 30 Liter Schnap», 8 Kisten Zigarren, 80 Schinkenbrot« und SO Käsestullen gratis abrugeben. Der Notar mit seinem Freunde, der Bürgermeister, der Lehrer, der Pastor, der Ausrufer und der Schreiber zogen sich ins Nebenstiibchen zu einem Frühstück zurück, und dabei aß Nocks» Bauch — di« Leistungen brr anderen kamen dabei sicht in Betracht — drei Klumpen Boeuf st la Mod«, vier handgroße und dicke Scheiben Bauernschinken, d»f gewichtig« Brotscheiben »it dickem Schmierkä» »nd trank dapr sech» Hrnnp«n Bier. G, war ihm am 4. Name und Wohnort des Käufers (beim Weiter verkauf durch den Händler). 5. Tag des Verkaufs. 6. G-'wicht, Preis pro Zentner und Gesamtpreis. Händler, die handeln, ohne die vorgeschriebenen Bücher zu führen, werden zur Anzeige gebracht. Die- jeniaen Viehhalter (Gutsbesitzer, Landwirte usw.) machen sich strafbar, die Vieh oder Frischfleisch an Händler verkaufen, die eine Erlaubni» -um Handel nicht besitzen. Der Verkauf darf erst dann erfolgen, wenn der Händler nachgewiesrn hat, daß er eine Erlaubnis zum Handel besitzt. Leipziger Teuerungszahl 1 Stichtag 15. 10.: 38 250 500 00V Mark. (Stichtag 12. 1V: 28 750 000 000 Mark.) Dis innere Geldentwertung betrug am 1ö. 10., gemessen an der Teuerungszahl de» Statistischen Amts Leipzig (38 256 300 000), seit: 12. 10. 33 Proz., 10. 10. 245 Proz., 8. 10. 407 Pro,., 5. 10. 584 Proz., 3. 10. 843 Pro,., 1. 10. 1287 Proz., 28. 9. 1454 Proz., 20. S. 1548 Proz., 24. S. ISS« Pro-. Für die Berechnung der Dünger- abfuhrgebühr beträgt l-cr Wert de» Pfennig« vom 1« 10. an 5 600 000 Mark. Zür Uleinrentner Die Unterstützung für Sozial- und Kapitalklein- rentner auf die 2. Oktoberhälfte werden Mittwoch, den 17. Oktober 1923, nachmittags, wied-r in den bekannten Schulen der verschiedenen Stadtteile aus gezahlt werden, und zwar für die Rentenempfänger mit den Anfangsbuchstaben A—H von X2—XL Uhr 3—2 von 1^8—)44 Uhr R—Z von X4—X5 Uhr. Für Leutzsch werden die Zuschüsse diesmal nicht in der Lindenaucr Schule, sonder» im Rathaus zu Leutzsch ausgezahlt werden, sonst treten Acnderungen nicht ein. Verzeichnisse der Zahlstellen können an den Rat»- und Polizeiwachen und an den beteiligten Schulen eingesehen werden. Die übl'chrn Ausweise sind wieder mit vorzulegen. Da sich für die Auszahlung eine größere Anzahl von Beamten zur Verfügung gestellt hat, können bis auf weiteres Mittwochs im Fürsorgeamte, Stadt- Haus, nur besonders dringende Sachen erledigt werden. Dir nächste Auszahlung findet voraussichtlich Donnerstag, den 1. November 1923, statt. Fatsche» Gerücht. In den letzten Tagen machte in Leipzig ein Gerücht die Runde, das Gebäude des Kaufhauses Pölich wäre kürzlich an ein Bankkonsortium verkauft worden. Wie uns nun von zuständigster Seite versichert wird, ist >?n dieser Darstellung kein wahres Wort. Die Firma Pölich denkt gar nicht daran, ihr Detail geschäft aufzu lassen und das Geschäfts gebäude an ein Bankunternehmen zu verkaufen. Da» Gerücht hat seinen Ursprung möglicherweise in dem Umstaude, daß vom Hause Pölich auf Ersuchen der gegenüberliegenden, räumlich beengten Reichs- bankzweiBüroräume abgegeben worden sind. Die Bier-Nachsteuer. Die letzten Biersteuersätze ünd durch die Bekanntmachung des Reichsfinanz ministers erhöht worden. Sie betragen jetzt laut Bekanntmachung des Hauptzollamtes für das Hekto liter: Linfachbier 200 Millionen Mark, Schankbier 300 Millionen Mark, Pollbier 400 Millionen Mark und Starkbier 600 Millionen Mark. Städtische Beherbergungssteuer. Dom 16. Oktober dieses Jahres an richtet sich die Steuer nach dem Goldmarkwerte des Entgelts. Beträgt da« Gesamt entgelt nicht mehr als den Wert von 3 Goldmark, so sind 20 Prozent, andernfalls 30 Prozent des Ge samtentgelts zu entrichten. ^Maßgebend für die Um rechnung des in Papiermark gezahlten Entgelts in Goldmark ist der Satz, der vom Statistischen Amt für die Düngerabfuhrqebühr jeweilig berechnet und veröffentlicht wird. Morgen nämlich zu spät zum Kaffeetrinken geworden. Nach diesem Esse» überlegte er ein wenig und sagte dann: „Bauernkost schmeckt manchmal recht aut. Aber man darf nicht zuviel von diesen Sachen essen! Weißt du, Fritz, unsere städtischen Magen sind nickt mehr darauf eingerichtet." Als die beiden Freunde wieder im Wagen saßen und auf der einsamen Land straße dahinfuhren, nahm Iß auf einmal die Zügel und schrie: „Laß den Didi laufen, daß wir zum Mittagessen zu Muttern kommen!" Nocke war Jung geselle und aß bei seiner Mutter. Das Mittagsmahl dort war von alltäglichem Um fang. Es gab eine fette Käsesuppe, e'nen prächtigen N erenbraten mit Kärtoffeln und Beilagen, und me Mutter stellte extra eine Platte mit Schinken und eine Schüssel voll Zichoriensalat auf den Tisch, denn der Iß war über Land gewesen und hatte gewiß cinen Hunger mitgebrackt. Dom Sonntag war noch eine halbe Apfsltorte geblieben; auch der machte Iß den Garaus. Er leerte zwei Gläschen Kirsch und stürzte eine Tasse schwarzen Kaffee hinunter, denn er hatte es eilig und mußte auf den Limpertsberg hinauf, um ein Geschäft zu besprechen. Er ging dort mit seinem Geschäftsfreunde ins Wirtshaus und sie tranken etwas Bier, al» er eine Regung von Hunger in seinem Innern entdeckte und sich nacheinander drei mächtige Brote mit Butter und Schmierkäse anrichten ließ. Darauf rauchte er zwei gewürzte Tichant- zigarren und sagte: „Ich bin pressiert, Herr Dinandq. Dir haben um halb fünf ein Ssemuschelessen bei Schölze-Franz." Er ging, rauchte unterwegs bis zur Stadt noch eme dritte der dunklen Tichants und kam rechtzeitig in der kleinen Wirtestube in der Pastorcngaffe an. Seine Freunde saßen schon am Stammtisch und warteten auf ihn und mehr noch auf die Muscheln. Sie kamen bald. Sie dampften au» einer großen Suppenschüssel und warfen einen fremden, beizenden und zwiebclg-würzten Geruch vor sich her, der die Nasenhäute pfeffrig süß bestrich. Rockes Bauch schlürfte ihn mit den Nüstern ein, und sein Appetit reizte sich mäcktig an ihm. Er sagte zu seinem Nach- bar: „Doktor, sage mal, ist da» auch so bei dir? Wenn «in Essen auf den Tisch kommt, dann bin ich ganz gerührt!" Der Doktor aber war ein Rationalist, wie alle Doktoren im Ardrnnenlanb e» sind. Er ant wortete: „Du Witzbold! Du verwechselst Rührung mit Hunger." Man trank Grächen zu dem Essen. Der Grächen war ein saurer steiniger Landwein, der in Porzellantöpfchen verzapft wurde. Al» Bauch 60 Muscheln gegessen und acht Pöttchen Grächen darauf getrunken hatte, fühlte «r «ine besonder« Hitze kn fernem Kopfe aufsteigen. Gr schenkt» dv: «« Reue Unruhen i« Leipzig Polizei gegen Plünderer — Tumulte in -er Zunenstndl Die am Sonnabend i» Leipzig begonnene» De monstrationen setzten sich am Mo »tag fort. Bereit» i« de» frühe» Morgeoftuude« »achte» sich in den Straße« der Innenstadt Ansammlungen bemerkbar, die vor alle» i» der Näh« der Markthalle größeren Umfang «»»ahmen. Abteilung«» Arbeitsloser, von einem Schwarm junger Barsche» al» Zuläafer orr- stärkt, suchten in dlmMarkthalleagebLad« eiazudrt»ge». Da die Eingänge durch Beamte der Sicherheitspolizei besetzt wäre«, Nmßten die Demonstranten von ihrem Vorhaben Abstand nehmt». Nachdem die Markthalle auf polizeiliche An ordnung hin wieder geschlossen wird, sammelt sich auf dem Roßvlatz und den angrenzenden Straßen eine nach Tausenden zählende Menschenmenge an. Ein dichter Kordon Schutzleute wird vor der Markt halle postiert. Berittene Schutzleute sperren den Zu gang zur Halle ab. Bon Zeit zu Zeit gehen die Be- rittenen gegen die Meng« vor und drängen sie nach dem Augustusplatz, nach dem Neumarkt und nach der Petersstraße zurück. Sofort schieben dann die Massen von den nichtgesäuberten Straßenteilen wieder gegen die Markthalle vor, und da« Bild wiederholt sich. Al» die Polizisten von ihren Gummiknüppeln und der Reitpeitsche Gebrauch machen, schreckt man zurück. Zwischen 10 und XII Uhr plünderte ein Trupp junger Leute, darunter auch Schuljungen mit roten Mützen, sowie Frauen und Mädchen einen Bäckerladen an der Ecke Pfaffendorfer Straße und Uferstraße. Selbst in die Backstube drangen die Plünderer «in und nahmen die Back- wäre au» dem Backofen. Als vom Nordplatz her berittene Polizei herankam, flohen di« Plünde- rer in der Richtung nach der Löhrstraße durch die Uferstraße. Die Plünderung beschränkte sich nicht auf Brot und Mehl, es wurden anch Keks, Kuchen, Bon bons, Obst usw. fortgeführt. Kurz nach X12 Uhr mittags bestürmten Erwerbs lose ein Lebensmittelgeschäft in der Plauenschen Straße. Von der Reichsstraße her rückte sofort eine Abteilung Sipo zu Fuß heran. Auch der östliche Stadtteil war nicht frei von Kundgebungen. In den frühen Morgenstunden ver- sdmmelten sich Arbeitslose in einer Stärke von etwa 30 Mann vor den Lagerhäusern der Branden- bürg er und Ladestraße. Sie verlangten Lebensmittel, di« ihnen teilweise auch ver abfolgt wurden. Die Lager- und Kühlhaus gesellschaft Hansa verteilte an jeden der Arbeits- losen, die ihre Stempelkarte vorzeigen konnten, ein Päckchen Fett. In der Tauchaer Straße statteten »e den Lebensmittelgeschäften einen Be- such ab, in denen ebenfalls ein „Sprecher" um Lebens- mittel bat. Verschiedene Bäcker erklärten sich bereit. Ware abzugeben, wenn «in jeder der Arbeitslosen seine Karte vorzeigen würde. Darauf bildeten die Demonstranten eine Reihe, marschierten im Gänsemarsch durch den Bäckerladen, faßten dabei ihre zwei Stück Semmeln und zerstreuten sich dann. Wie einwandfrei« Beobachtungen ergeben haben, befinden sich unter den Demonstranten zahlreiche Leute, die nicht al» Arbeitslose gemeldet sind und denen es offenbar nur darauf ankommt, im Trüben zu fischen. Don ihnen gehen auch di« Schimpf, und Schmähworte aus, die den Beamten entgegenfliegen, obwohl gerade die Polizei eine wahre Lammes geduld an den Tag legt und erst vorgeht, wenn alle» gütliche Zureden nichts fruchtet. Einige jüngere Burschen, die sich besonders in Droh worten und aufreizenden Reden hervortaten, wurden sestgenommen und nach der Wächterstraße ab transportiert. Sofort umringt« ein johlender Schwarm Burschen die Beamten unter den Rufen: „Laßt sie nicht fortschaffen!', „Befreit siel" Grüne Polizei, die aus dem Polizeipräsidium zur Verstärkung anrückte, vertrieb die Meng« »ach dem König-platz und Roßplatz. Daß di« Polizei in starker Zahl an der Markt- hall« sestgeholten ist, erleichtert den wilden Re quisit tonen ihr Vorhaben. Zn einem Seifen' gesckaft in der Dresdner Straße erschienen etwa acht Burschen, ausgerüstet mit einem Säck chen, in dem sich bereits Gegenstände befanden. Roch eh« sie ihre Forderungen nach Seife durchsetzten, er- schien dis schnell benachrichtigt Polizei. Sie nahm die Verblüfften fest und unter dem Kommando. „Zu zweien antreten!" bewegt sich der Zug zur Poli- zeiwache. E» ist jedenfalls bezeichnend, daß die Re- quisitionen sich nicht nur auf Lebensmittel, sondern auch auf andere Artikel erstrecken. Da» entschiedene Auftreten der Polizei verdient nur Anerkennung. * Markthallen-lvanderung Infolge der Unruhen am Sonnabend waren am Montag nur wenige Verkäufer in der Markthalle er schienen. Der Gefriersleischmarkt zeichnete Suppen- fleisch zu 300, Rippe zu 340, Keule zu 380 und Ge hackte» zu 400 Millionen au«. Auf dem Frischfleischmarkt wurde Rind fleisch für 360, Hammelfleisch für 260, Kalbfleisch für 240, und je «in Pfund Leber- oder Blutwurst für 640 und Knack- oder Mettwurst für 800 Millionen verkauft. Die Stände de» Gemüsemarkte» waren zum größten Teile von den Verkäufern nicht besucht wor- den. Rotkohl kostete 45, Weißkohl 30, Tomaten SO, Aepsel 40, Birnen 45, Pflaumen 20, Bohnen 40, Möhren 30, Blumenkohl 50 und Salat 3 Millionen Mark. Kartoffeln waren auf dem Markt nicht er schienen. Die Preistafeln de» Fischmarktes zeichneten grüne Heringe zu 150, Seelachs zu 130, Goldbarsch zu 110, Karpfen zu 200 und Schellfisch zu 120 Mil lionen Mark aus. Der Verkehr auf der Fettgalerie war auch nur sehr schwach. Molkereibutter kostete 1700, Mar garine 650, amerikanische« Schmalz 700, ein Ei 70. Limburger Käse 600, Tilsiter Käse 1000 und ein Stück Mrcksteinkäse 20 Millionen Mark. Die wir von der Reich»bank erfahren, kommen demnächst 5 O-Milliarden-Mark-Noten zur Ausgabe. Der Verkauf der ^Einheiten". Wü> die Direktion der städtischen Werke mitteilt, ist das Ergebnis de« Verkauf» der Einheiten für Gas, Wasser und Strom am Sonnabend und Sonntag ein relativ günstiges gewesen. Di« Höhe der vereinahmten Summen konnte von amtlicher Seite nickt mitgeteilt werden. An der B«rkauf»stelle in der 2. Volksschule in der Scharnhorststraße wurden für etwa 6 Billionen „Einhetten" verkauft. - Düngerabsuhradgab«. Ls sei nochmal» darauf hingewiesen, daß auf die Gebühr für die Dünger abfuhr, die 20 Goldpfennig« beträgt und am 15. No vember fällig ist, ein Rabatt von zehn Pro- -ent gewährt wird, wenn sie bi» heute Diens tag bezahlt wird. Wer bi« zum 31. Oktober wartet, genießt nur 5 Prozent Ermäßigung. Für gahlunaen nach diesem Termin fallen die Rabattsätze fort. Di« Eesc»Sst»r»m«e der vderttneaztafte Leipzig lind weaen Umzug» am 16-, 17. und 18. d. M. iü, ben ver ke-r mit dcm Publikum geschloffen. Vom IS. d. M. al> befindet sich die Obersinan,kaffe Leipzig in dem früheren Teuloniahau». Düdstraf,« 73. kNez Lonrad (Klaviers, Herbert Unrat» (Violine, u Albe« Müller: Hem« >48 Uhr dn Mestsaaie p,- Neuen Ratbause«. Kammermuslkalbend. — Joachim Vellachini, der verltuer P-ysilker, wird am 17., 18. u. IS. Oktober tm yestsa<tl« de« Reuen Rathauses wissenschaftliche Temon- strat!onS-Abend« abbaltrn. scheinung kein« Beachtung. Er aß weiter. Er kühlte die innere Hitze nur mit einem Pöttchen Wein, den er auf einen Zug trank. Bei der 80. Muschel ftihlte er langsam eine kleine Schwäche sein Herz erobern, und er dämpfte das Tempo beim Essen. Er dachte, er müsse sich stärken und holte das, was er beim Essen nachließ, beim Trinken wieder ein. Er kam rasch zu Pöttchen Nr. 12. Nach der hundertsten Muschel schob er den Teller weg. Aber Doktor Daelesse sagte: „Bauch, du wirst alt!" Da antwortete der Iß: „Ich hab' heut' meinen guten Tag!" Und er aß noch zehn Muscheln. Er rückte den Teller wieder von sich ab. Aber zugleich, da seine Herzbeklommenheit wuchs, kam eine frlsche Schüssel dampfend und riechend herein, und Jakobi» Pik schaute Bauch verächtlich an. Da konnte er nicht widerstehen und nahm noch einen Teller voll. Aber er sagte: „Heut abend' haben wir ein Kuttelsleckessen im Kegelverein.' Er sagte das so, al« ob er sich dafür entschuldigen wollte, weshalb er nicht begeisterter zugriff. Auf einmal blieb dem Iß die dicke Hand, mit der er gerade eine Muschel zum Munde führen wollte, mitten in der Luft wi-An einem Schlamm stecken, fiel einen Augen blick später plump in seinen Teller nieder, Brühe und Schalen spritzten rundum weg, der Doktor faßte wütend: „Du Schwein!" Doch Bauch legte seine Körpermasse ruhig seitwärts auf den Tisch. Dort fand sie keinen Halt, sie sank langsam weiter und fiel vom Stuhl. Nocke hatte einen leichten Schlaganfall erlitten. Der Dr. Daclcssc bemühte sich um ihn, wusch sein Gesicht mit Wasser und Wein, und der Kranke kam bald wieder zu sich. Da, erste, was er sagte, war etwas ganz Trauriges. Er ließ sich mit dünner Stimme vernehmen: „Jetzt kann ich beut' abend da» Kuttelfleckessen nicht mitmachen." Aber der Doktor lachte: „Mach' keine Geschichten!" Nock< erholte sich rasch. Er lag in der Stube de» Wirte» zwei Stunden la»g auf dem Sofa und konnte um halb neun im Kasino beim Kuttelfleckeflen der Kegelbahn sein. Es war ihm etwa» schwammig zumute, und er Hopst« öfter auf seinen Ranzen. „Es ist nichts drin!" sagt« er. Rach dem Unfall war ihm nämlich etwa« Menschliche» passiert. Die Kutteln kamen. Große Schüsseln lagen voll bedeckt mit ihnen, di« Saue« schwamm braun und kett darüber, «» roch nach Würz« und Fleisch, und den Iß überfiel die Rührung, daß e» einen Gott und eine Köchin gab, die der Menschheit, resp. ihm solche Dinge be- reiteten. Er aß. Ader «» schmeckte ihm nicht. Er wurde traurig und beklommen. Er sagte sich zwölf mal: „Kuttelflcck ist ein« gut« Gottesgabe!" Uber heimlich wünschte «sich, er läge zu Haus« in seinem Ltt. W« di- Gefchl M inH« wurde, sprach er seinem Nachbar davon. Der nannte ihn einen Verräter und ging ihm mit gutem Beispiel voran. Da aß Bauch weiter, ganz geknickt und melancholisch. Er war wirklich ein Verräter. Um sich sah er seine Freunde mit lautem Frohsinn in die Schüsseln hauen. Er trank zwei Glas Kirsch. Aber seine innerliche Schwäche stieg. „Hund!" herrschte er da da« kranke Gefühl in seinem Innern an, gegen da, er ohnmächtig war. Er wurde jähzornig, und jähzornig aß er weiter, und e« geschah, daß er glaubte, er ertränke. Die Kutteln hoben sich vom Teller hock, wogten um ihn wie «in« braune Flut. Sie spielte zu seinem Mund hin und schlug ihm an die Lippen. Er war am Ersticken. Aber seinen Ruf hörte niemand. Man bemühte sich non ollen Seiten um ihn. Er lag mit dem Kopfe tief hinten über die Lehne seine, Stuhles. Sein Gesicht war dunkelblau. Man riß seine Kleider auf und legte ihn aufs Bett de» Kosinoverwalters. Die Kutteln wurden kalt. Niemand kehrte zu ihnen zurück. Zwei Aerzte behandelten den Iß. Er er wachte. Da fing er an zu weinen. Dr. B-iclesse beugte sich über ihn nieder. Er stammelte: „Bring' mir Kutteln... Ich bin... kein Verräter... Ich will brav... essen... denn... hab'..." Dann machte er noch einmal röchelnd „ich..." Bauch war tot. Die Flucht an» der Mark anch in der Kunst. John Aman», der ausgezeichnete Soloflötist der Dresdner Staatekapell«, einer der besten Meister seine« Instruments, hat einem Rufe nach Amerika Folge geleistet. An seiner Stelle ist der Stuttgarter Kammermusiker Hücker in die Staats kapelle «inqetreten., Der die Flötensoli de« Meister- Amans, etwa die berühmte Stelle im 2. Akt der „Zauberflöte", je gehört hat, wird die Dresdner um diesen künstlerischen Verlust bedauern. Die abgewiesenen Dentschnationalen. Der akade mische Senat der Prager Universität hat die Be schwerden der deutschnationalen Studen tenschaft, soweit sie sich gegen die Leitung de« Senat, richten, entschieden zurückgewiesen. Ein mischungen der Studentenschaft in die Berufung ein,, Lehrer» (es handelt sich um die Berufung de» reich», deutschen Rechtslehrer» Kisch au« Halle) könne er nicht zur Kenntnt« nehmen. Kleine Theaternottz. -Der Tag de« Zorn", ein neue« Schauspiel von Alfred Brust, kam am Stadttheater in Aachen zu erfolgreicher Uraufführung. — Do» Stadttheater in Halle a. E. bereitet für den 13. November hi« Uraufführung da» Leipziger Schriftsteller« -eölmuch An,«,« Schmchpt^ ,Karn»»l" vor.