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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231016
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231016
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-16
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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Shakespeare- Lonan voqle Alle« Theater Natürlich war cs ein Engländer, der die be rühmteste Drtcktivgcschichte der dramatischen Welt literatur geschrieben hat. Ein älterer Landsmann de» Sir Conan Doyle. Ungleiche Brüder und Lrbschwindel, vergiftete Dafftn und Getränkr, vertauschte Bries« und ge- fälschte Siegel, ein alter Spießbürger, ei« Pensio nats-Geschöpf und ein sportlich tüchtiger Student, dse von nicht» eine Ahnung haben und bei Verbrechen Mitwirken, die sie nicht kennen. Der ganze Conan Doyle, nur eben statt ziemlich elender Prosa in den erlauchtesten Versen geschrieben und mit einem ge- Missen Reichtum dichtertscher Hintergedanken. Diese dichterischen Hintergedanken haben bekannt lich ein Regiment scharfsinniger Kommentatoren auf dse Deine gebracht, die Shakespeare» universalen Menschen Hamlet von allen Seiten her zu irgend einem ihnen jeweil» besonder» zugänglichen Spezial- thpu» Mensch abzuplatten suchten. Statt ihm selber und Shakespeare zu glauben, daß er sehr stolz, rach süchtig und ehrgeizig war, ein geborener Herr unter den Menschen, der den unwürdigen Kronenträger schon an und für sich für todeswürdig hielt, der selbst nach der Kron« verlangte» und endlich, da ein ermor deter König zu rächen war, diese Rache über di« Zeit lichkeit hinaus fortsetzen, den Beter schonen und den Frevler treffen wollte. Er trifft den Lumpenkönig wirklich mitten in seinem letzten Frevel; aber im Raffinement der Rache opfert der raffinierte Zau- dmer sich selbst. Hamlet, das ist: die beliebte Gestalt de» tragischen Detektiv», der im Künstlerehrgeiz seine» Rachrromte» « sorgfältig arbeitet: den Unschuldigen — sich selber trifft, um den Schuldigen schrecklicher zu treffen. Diesen Meifterdetektiv, dem » schies ansgeht, Sher- lok Holme», der ein bißchen zu spät kommt, hat Ewald Schindler sehr geistreich und sehr durchsichtig kommentiert. Stolz, rachsüchtig, ehrgeizig; de» Hof- mann» Auge, de» Gelehrten Zunge. Ein bißchen mephistophelisch in seiner stolzen Ueberlegenhett. Bon außen säst ein römischer Abbt, gepflegtes Blondhaar, gepflegte Stimme und gepflegte Gesten. Sehr stolz, etwa» zu eitel, etwa» zu selbstgenießerisch in seine« Kummer, aber immer sehr glänzend in dar mimischen AnaiHse «rd Synthes« der szenischen Situation. Vie (ttnweßsung der neuen Minister Dresden, lö. Oktober. (Lia. Tel.) Bei der Ein weisung der beiden neuen Minister hielt der bis herige Wirtschaftsminister Fellischbei seiner Ver abschiedung folgende Ansprache: »Von der ersten bi» zur letzten Stunde haben mich alle Veamtrn und Beamtinnen mit allem guten Dillen und mit aller ihrer Arbeit»krast auf da» nach drücklichste unterstützt. Nie war unser Volk w»e gegenwärtig durch Eigennutz und politische Böswillig- keit einer Minderheit so nahe an dem Rand de» Verderben» gebracht worden. Aus diesem Grunde haben Sie al» Beamte dir ganz verdammt« Pflicht und Schuldigkeit, das Wohl de» Ganzen über die eigene Person zu stellen. Da» Schicksal eine» Volke» ist zum nicht unerheblichen Teil abhängig von dem Willen und der Energie, von den Absichten und von der Schaffenskraft, von der ethischen und politischen Einstellung seiner Beamten und Angestell ten. Ich übergebe mein Amt meinem Amtsnachfolger mit der Bitte an Sie, dieselbe Gewissenhaftigkeit, di« Sie während meiner Amtszeit geübt haben, auch meinem Amtsnachfolger, Herrn Minister Heckert gegenüber üben zu wollen.* Ministerpräsidsient Dr. geign er sprach dem scheibenden Minister den Dank und die Anerkennung de» Grsamtminksterinms aus für sein Streben, dem Ganzen zu d'enen. Wirtschastsminister Heckert »Ich habe aus den Ausführungen meine» Amts vorgänger» vernommen, daß Sie Ihre schwere Arbeit in Gemeinschaft mit dem Minister geleistet haben. Ich hoffe, daß e» auch in Zukunft so sein wird. Dir scyialdemokratische Partei und di« kom munistisch« Partei haben sich zusammen getan, um mit Aufbietung aller Kräfte alle Schichten des Volke» vor der drohenden Katastrophe zu ret ten. Der der Erfüllung der Ausgaben des Wirt- schaftsm'.nisters wird ein sehr wesentlicher Teil der Arbeit bei Ihnen liegen. Ich hoffe auf Ihre treue Mitarbeit, damit nunmehr der Periode des Ab stieges eine Periode des Aufstieges folgen kann.* Ministerialdirektor Dr. b. Hübel gab die Ver sicherung. daß di« Beamten und Angestellten dem neuen Minister ebenso gewissenhaft dienen und alle Kräfte in den Dienst de» Voiles stellen würden, wie sic e» bisher getan, so weit ihren nur die Möglichkeit dazu geboten würde. Dann erfolgte die Vorstellung der Beamtenschaft. Die Einweisung de» neuen Finanzminister» Böttcher fand im Finanzministerium statt. Ministerpräsident Dr. Aeigner führte hierbei u. a. aus: „Ich möchte an dieser Stelle dem scheidenden Kollegen Held den herzlichsten Dank für die Arbeit aussprechen, die er nicht nur uns, sondern dem Staat und dem Volk geleistet hat. Im Namen der sächsischen Regierung bitte ich Sie dringend, jede Arbeitskraft, alle ihre Fähigkeiten für oa» Wohl des Staates einzusetzen, damit es uns gelingt, was in der letzten Regierungserklärung ausgeführt ist: daeVolk in eine bessere Zu kunft hinüberzuführen. Die Mitarbeit aller ist dringend notwendig. Und ich erbitte sie von Ihnen auch gegenüber unserem neuen Kollegen. Be denken aus anderer politischer Einstellung könne nicht «merkannt werden. Sie können politisch nickt anerkannt werden, weil in dieser schweren Zeit politisch« Mein ungeverschiedett hei- ten unbedingt zurückzu stellen sind, sie können auch menschlich nicht anerkannt werden, dazu sind die uns bedrohenden Gefahren zu groß. Noch mal» bitte ich Sir, alle ihre Kräfte Staat und Volk zu widmen * , Fmauzmintster Böttcher. ,Dle Aufgaben, die dem Finanzministerin»! ge stellt sind, sind groß. Mit den alten Methoden kom men wir sicher nicht aus dem gegenwärt'gen Chaos heraus, e» müssen neue Wege gegangen werden. Kein« Initiative, komme sie von unten oder von vteaning, «in» IS. «stad« oben, darf gehemmt, sondern sede Initiativ« muß und wird begrüßt werden. Wer sich mit allen seinen Kräften in den Dienst de» Volke» stellt, wird ein willkommener Mitarbeiter sein. Jeder aber, der Hemmungen veranlaßt, wird nicht al» Mitarbeiter betrachtet. Auch passive Zuschauer können und wer- den wir nicht dulden. Diese Regierung wird nicht etwa nur eine Episode sein, denn sie stützt sich auf die positiven Kräfte der Arbeit jener vorwärt», strebenden Kräfte, die di« Zukunft der deut schen Ration erwirken. Notwendig ist, daß sich auch die Beamten in di« Front der proletarischen und republikanischen Verteidigung stellen. In diesem Sinne bitte ich um Zusammenarbeit.* Nachdem Ministerialdirektor Just d«n neuen Mi nister begrüßt hatte, erfolgte die Vorstellung. * Die Deutsche Demokratische Partei Leipzig hielt am Sonntag eine interne Sitzung ab, in der die politische Lage besprochen wurde. Abg. Dr. Reinhold übte in seinem Referat Kritik an dem Verhalten der sozialdemokratischen Landtagsfraktion, die vor der Regierungsumbildung ein Angebot der Demokraten, sie au» Patriot'scheu Gründen jederzeit zu unterstützen, überhaupt nicht beantwortet habe. Die Zeignersche Beamtenpolitik verfolge ohne Rücksicht auf das Stgatswohl rein parteimäßige Zwecke und treibe sogar gut republi kanisch gesinnte Beamte au» ihr»n Sollen. Abg. Claus sprach seine Bedenken gegen die freie Wirtschaft in der Srnährungspolilik aus, die zu schweren Mißständen habe führen müssen. Zu verwerfen seien aber die planlosen Ueberf'ille auf da» platte Land, wodurch schwere Beschädigungen landwirtschaftlicher Kulturen entständen und dem Landwirt einfach da« geraubt werde, was er gesät habe. In der Diikussion wurde d e Zcigne sche Beamtenvolitik teils qetad-lt. teils wurde darauf hinqewiesen, ob sie v'cht v-elleickt trotz ihrer Mängel als ein republikanischer Unterbau de« Staates zu würdigen sei. Da» Verbot drr proletarischen Hundert schaften durch General Müll-r fand im ganzen Zu stimmung. wenn auch der Wunsch laut wurde, daß die gegenteiligen B^strebunaen reaktionärer Kampf- verbände — vor allem in Bayern — ebenfalls auf gelöst werden möchten. Ein Aufruf der Hundertschaften An verschiedenen Stellen Leivz'g«. u. a. auch an einer Plakattafel in der Lessingstraße, waren Fing- blätter angeklebt, die an denGeneralMüller gerichtet, vom ersten Kongreß der proletarischen Abrcchrorganisationrn unterzeichnet sind und u. a. folgendes besagen: Trotz de» Verbotes de« Generals habe der Kon greß der proletarischen Abmehrorganisationen statt gefunden und seine Beschlüsse gefaßt Die Arbeiter seien bereit, ihr Leben im Kampf« gegen die Reaktion einzusetzen. Während der General die vroletariscken Hundertschaften aufläse, bewaffne er die Faschisten. Man werde sein Verbot , auf jeden Fall mißachten. Der Aufruf wendet sich zum Schluß an die werktätige Bevölkerung mit der Aufforderung, den Kampf gegen die Reaktion aufzunehmen. Lin rühmlicher Entschluss der NelchsvrSsidenten Berlin, 1V. Oktober. Der Reichspräsident hat in einer Zuschrift an den Reichskanzler mitgetrilt, daß er im Hinblick auf di« Finanz lage dr» Reiche» und den Ernst der Zeit- Verhältnisse künftig bi« auf weitere» auf die Hälfte der ihm nqch dem Reichshaushaltplan zu- stehcnden Aufwandsgelder verzichte. Line bedauerliche Verspätung Dvesbea, 1k. Oktober. (E i g. Te l.) Zur Haft entlassung Roßbachs teilt di« sächsische Regierung mit, daß sie am Sonnabend, den 1». Oktober, kurz ovr 3 Uhr, erfahren habe, daß der Bandenführer Roßbach vom Staatsgerichtshof au» der Haft entlassen wurde, weil Derdunk«Iung»gefahr Aicht mehr vorliege. Darauf habe bi« sächsische Re gierung der Polizei in Leipzig funkentele- graphisch Befehl erteilt, Roßbach vorläufig fest zunehmen. Gleichzeitig habe die sächsische Regierung beim Wehrkreiskommando IV den Antrag gestellt, Roßbach auf Grund des 8 1 des Gesetze» vom 4. De- zember ISIS vorläufig in Schutzhaft zu nehmen. Der Antrag sei damit begründet worden, daß „ein weiteres Festhalten Roßbachs zur Abwen- düng einer Gefahr für die Sicherheit des Reiches r* forderlich* sei. Da» ergab der bekannte Sachverhalt ohne weitere». Gleichzeitig ist dem Wehrkreiskommando mit geteilt worden, daß die sächsiscke Regierung der Poli zei in Leipzig den Befehl erteilt habe, Roßbach vor läufig festzunehmen. Als aber die Leipziger Polizei den Befehl habe ausführen wollen, sei Roßbach bereits aus d«^ Haft entlassen gewesen. Sein A u f e n t h a l t sei nicht bekannt. Die Polizei habe sich bemübt, seines habhaft zu werden, habe ihn aber bisher nicht ermitteln können. Dem Wehrkreis kommando sei durch Schreiben vom -4. Oktober mit geteilt worden, daß im Einvernehmen mit dem Reichs wehrministerium die Schutzhaft über Roßbach ver hängt worden sei. Es fragt sich indessen, ob es noch möglich ist, die Schutzhaft gegen Roßbach zu voll strecken. Nechtrradikale Wahrheitsliebe Dera, 18. Oktober. (E i g. Tel.) Die gesamte Presse der Rechten bemüht sich, die Vorgänge in Hirschberg a. S. vom vergangenen Donnerstag al» harmlos hinzustellen und mit dem Bemetken ab- zu tun, als sei nur eine sechs Mann starke Wasserbau- kommission an der Saalebrlle gewesen, die man dann von thüringischer Seite für Kitlerleute gehalten habe. Auch das bayrische Ministerium bemüht sich natürlich, diese Lesart zu verbreiten. Wie wir bei der hiesigen Landespolizei erfahren, ist diese Dar stellung nur ein Ablenkungsmanöver. Aller dings ist eine Wasscrbaukommission an der Saale brücke bei Hirschberg gewesen, sie hat jedoch Hirschberg bereits um 5 Uhr nachmittags wieder verlassen. Wie das von Gera nach Hirschberg entsandte Kommando der Landcepolizei und deren Führer, ein Polizei leutnant, eidlich auesagten, sind späte» von ihnen 80 bewaffnete Hitlerleute festgestellt worden, die sich erst in der Nacht in der Richtung auf Lamitz zurückzogen, al» bayrische Landespolizei anrückte. Auch «in Stadtratsmitglicd au» Hof in Bayern hat die Hitlerleute festgestellt. Die Darstellung der Vorgänge durch da» bayrische Ministerium, die zurzeit die Runde durch die gesamte Rechtspresse macht, ist ledig lich al« «in Beschönigungaversuch zu werten. Da» thüringische Ministerium wird in den nächsten Tagen noch zu diesen Vorgängen Stellung nehmen. Gesterrelchische Vorkehrungen gegen Hitlereien Wie», 1k. Oktober. ^E i g. Tc l.) Das enge In- «inandergreifen der nanonalsozialistischen Orginisa- tionen inBayern und in den österre.chischeu Nach barländern, besonder» inSalzburg, wo die Grenz verhältnisse einen leichteren Üebertritt ermöglichen al» in Tirol, hat die österreichischen amtlich«, Stellen in Salzburg und Innsbruck gezwungen, gewisse Grenz- Vorkehrungen zu treffen. In Salzburg besteht em starker gweckverband der „Oberland*»Or^anisationen, der nach der Ernennung Kahrs zum General» kommissar seine Mitglieder mobilisiert hatte, da da mal» mit einem Widerstand Hitler» zu rechnen war. Die Abteilung steht auch weiterhin in Bereitschaft und noch heute sieht man in Salzburg zahlreiche jung« Leute mit dem Abzeichen de Oberlandbunde». Am Sonnabend, also an dem Tag der entscheidenden Abstimmung im Deutschen Reichstag, ,war wieder Alarmbereitschaft in Salzburg, da maa dort mit dm Möglichkeit «iner Aktion Hitler» rechnete, welch« dl» Oberlandleutr »u unterstützen gedachten. Die Landes regierung hat ihrerseits all« Vorkehrungen für eine Grenzsperre getroffen, die ebenso gegen die hei- mischen Nationalsozialisten wie gegen den Üebertritt bayerischer Element« nach Oesterreich wirksam wer- den soll. Der Grenzdienst wird durch Soldaten und Gendarmen versehen. Aehnliche Vorkehrungen sind in Tirol getroffen. England und Stresemannr parlamentarischer Erfolg Loudon, 18 Oktober. (E i g. Te l.) Da» politische Ereigni» de» Wochenendes war di« Nachricht aus Berlin, daß der Reichstag da» Ermächtigungsgesetz mit großer Mehrheit angenommen hat. In großer vierspaltiger Aufmachung brachten die Blätter bereit» am Sonnabend abend die Meldung, daß der Kanzler gegenüber der Opposition von rechts und link» durch straffe» Zufassen aller Koalitions anhänger einen großen politischen und persön- lich en Sieg davongetragen habe. Diese Auf- fassung wird auch von den Blättern betont, die wäh- ernd der Kris« hervorgehoben hatten, Stresemaun stehe vor der Alternative, entweder vor Stinnes zu kapitulieren oder seine Regierung zuscnnmenbrcchcn zu lassen. Di« Kommentare der liberalen Blatter „Daily News* und „Westminster Gazette* sind offen bar unter dem Einfluß dem Kanzler frintn.ch ge- sinnter deutscher Kreise negativ. „Daily News* schveibt, wenn der Kanzler noch eine Spur von Selbst- ack'tung besitze, so würde er sich mit Stinnes nicht mehr au«einandersetzen, sondern diesen Stinnc, verachten. Stinnes sei der einzige Mann, d-.- Deutschland wirtschaftlich retten könne, ober er habe seine Interessen für mehr al» 30 Silberlinge an seine Berufsgenossen in Frankreich verkauft. — „West- minster Gazette* erklärt, daß Frankreich« unnach giebig« Haltung jeden Versuch. Deutschland zu sa nieren, unmöglich mache. Oesterreich sei zu retten gewesen, weil man ihm nur zugemutet habe, einen steilen Hügel zu erglimmen, Deutschland dagegen sei auf absehbare Zeit in eine Tretmühle eingezwvngt. Vie Tanierungrkontrolle über Desterrelch R. B. Wien, 1k. Oktober. Generalkommissar Dr. Zimmermann ist mit der Kontrollkom- Mission, die zur Ueberwachung des Lsterre'ch sebea Sanierungswerke« vom Völkerbund eingesetzt wurde, wegen Verlängerung der Sanierungsperiode in Fühlunq getreten. Die Völkerbundskontrolle wird nach Umständen bi» Ende IS 2K ausgedehnt werden. Meine politische Nachrichten Die Nationalversammlung von Angora stimmt« mit großer Mehrheit für Angora al» neue tür kische Hauptstadt. 20 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. . Dr. Nichad Nesched Bey verhandelt gegen wärtig in Lr 'lon über Mossul und die Schuld coupon». * Die Konvention über den Freihafen von Saloniki ist am 7. diese« Monat» von Vertretern Südslawiens und Griechenland» unterzeichnet worden. Frankfurt a. M., IS. Oktober. (Eig. Tel.) Vor dem französischen Kriegsgericht in Landau wurde gegen verschieden« Personen wegen Zugehörigkeit zur Natiqnalsozialtstischen Partei verhandelt. Der An- geklagte Eckard, der für die Nationalsozialisten Pro paganda getrieben hatte, wurde zu fünf Jahren Gefängnis, die übrigen Angeklagten zu drei und einem Jahr Gefängnis verurteilt. Di« szenisch« Situation im Bühnenbild« ins ein leuchtend Dekorative zu steigern, ist dem Regisseur Kronacher mit seinem neuen Bühnenmaler Pro fessor Thiersch in einem höchst erfreulichen, ost überraschenden Maße gelungen. Licht, Farbe, Vor- Hang, Treppe. Die Bühne ein Spielfeld mit Niveau unterschieden. Nicht» Ablenkendes, kein entbehrliche« Requisit. Da» Derbrecherpaar auf dem Throne als dekora tiver und dramatischer Mittelpunkt in blutigem Rot zusammengewachsen zu einer fleischfressenden Giftblume im großen Audienzsaal über allem Volk. Da» Bett der Königin in einer roten, riesigen Denusmuschel, au« deren geheimnisvoller Tiefe her aus de» Vaters Geist über die arme Sünderin hin weg sich mit dem Sohne unterredet. Ophelia» Wahnsinnstanz in einem düsteren Fackel kreis aufreizend naturalistisch, aber nicht um der klinischen Studie willen, sondern um die dramatische Woge vom Schauspiel zum Zweikampf mit voller Ducht durch do» dramatische Wellental des vierten Aktes zu führen. — Eine schöne Bewährung der jungen Thea Kasten, die hier weit über das un- zureichende Gretchen des vergangenen Jahres hinaus die liebenswerteste Halbheit der dumpfen Haustochter in einen — rhythmisch beherrschten — Sexual- paroximnu» der Geistesgestörten hincinhetzte. Hübner und die Wenk, die gekrönten Per- brecher, waren einander ebenbürtig. Hübner, Hanswurst von König, majestätischer Fleischergeselle voll unsauberster Instinkte. Die Wenk eine anrüchige Matrone, zwischen leichtfertiger Vanliersgattin und der Inhaberin eine» zwar vornehmen, aber zwei deutigen Etablissements die Mitte haltend und ge staltend. Den arroganten Spießbürger Poloniu» zeichnete Huth in einem ergiebigen Trottelhumor, während die Firma Rosenkranz und Güldenstem lAberer — Hetzel) mit Recht mehr auf auswechselbare Belang losigkeit al» auf di« beliebte Heiterkeit angelegt war, die ihrer banalen Niedertracht gar nicht zusteht. Fernau» Horatio gab sich al» schlichter, anständiger Mensch, während Wendel« Laerte» bei schöner Leiden schaft bas Zappeligwerden noch zu unterdrücken hat. Dies« Aufführung, bei weitem dl« schönsten Theaterstunden, die man in diesem anbrechenden Mtlliardenwinter, fern vom Margarinekurszettel, bisher erleben durste, zeigte nicht nur den ersehnten Geist einer aktiven, formgebenden Regie, sondern auch nebstbei den obligaten Deist von Hamlet» Vater ans da» hefte. Schlageter hielt seine ganz blutlose Stimmlage vom ersten hi» zum letzten Dori, ohne Schwellung durch, war ein vollkommen „würdig- Bild*, und da er zuerst inmitten der auseinander fliehenden Wache plötzlich im Licht stand, erschraken nicht nur die Mimen, sondern auch dar Parkett. Darauf aber kommt es an. Denn mancher wird schon bemerkt haben, daß Geister, die un« gar nicht erschrecken, meistens ein bißchen lächerlich find. Run» s»ors Klesttsr Dostojewskij als Lustfpieldichter Da» in der Ueberschrift bezeichnet« Phänomen führt uns das Kleine Theater vor, und der Veranstalter diese» Scherzes ist Bruno Framk. Er zog di« Dialoge au» Dostojewskij» psychologischer Humoreske „Die fremde Frau und der Mann untrem Bett* zu einem Lustspiel zusammen, bog die Fabel ein wenig ins Banale um, ließ etwas von ihrer Tiefe weg, würzte sie mit ein paar kräftigen Theater tricks, nannte da» Ganz« „Bibikoff* und reichte es zu letzter Vollendung Max Pallenberg. Daß ein eifersüchtiger Mitte auf der Suche nach seiner eigenen versehentlich zu einer fremden Frau gerär, sich vor dem rechtmäßigen Gatten unterm Bett ver bergen müß, dort bereits den Belami dieser Dame antrifft, den er kurz zuvor in der Oper al» Lieb haber seiner eigenen Frau verdächtigte — da» alle« ist gewiß sehr lustig; und wenn den eifersüchtigen Staatsrat Bibikoff Herr Pallenberg in bewährter Zawadil-Manier hinstellt, gewiß noch mehr. Indessen... Karl Keßler, so liebevoll er sich der Darstellung seines Trottel» annakm, ist kein Pallenberg. (Immerhin: «in« gute Lustspielfigur.) Und di« übrige Darstellung grgab bestenfalls de» Eindruck einer zweiten Probe, statt einer zweiten Vorstellung. Und es ergab sich da» Paradoxon, daß der Trottel der Exakteste war und seine exakte Um» weit al» arg vertrottelt erschien. So brachte di« Darstellung da» Stück um jede Wirkung Da» einzig Erquicklich« waren die überaus schönen Pelze und Frau Ilse Thüringer al» Madame Bibikowa. Der Vorstellung folgten Tänze einer untersetzten Dam«, namen» Polanthe Lenz. Sie wirbelten viel Staub auf. Und -war au» dem Bühnenfuß boden. Ein „Walzer in Schwarz*, dessen symbo- lischer Inhalt sicherlich „die lustige Witwe* sein sollte, war davon noch da» Geschmackvollste. Im übrigen ich so etwa» ganz hübsch .. . im Kabarett. Causa Kaiser Schansptelhan» Denn ich eine zahlungsfähige Dame wäre und «ine Scheinehe eingehen wollte, dann würde ich mit meinem Partner zuverlässig« Vereinbarungen darüber treffen, daß er nach angemessener Zeit «inen brauchbaren Scheidungsgrund zu liefern habe gegen ein« Abfindung von . . ., zahlbar . . . usw. Wenn ich ein sterbender Onkel wär«, und mich entschlossen hätte, den Lebenswandel meiner Nichte und Universalerbin im bürgerlichen Sinn« zu beein flussen, dann würde ich ihr die gesetzliche Eh« mit einem bestimmten Manne in solcher Weise al, Erb- brdingung auferlegen, daß über die Person diese» bestimmten Manne» keinerlei Zweifel obwalten könnten. Wenn ich «in schwachbegabter Autor wäre (oder wie die Herren Stärk und Eisler deren zwei), dann würde ich die fraglichen Personen von beiden, do» Gegenteil tun lassen und dadurch diejenigen Ver wicklungen Hervorrufen, über die sich dritthald Stunden lang soviel Witze au» den „Fliegenden Blättern* und soviel Zoten au« de» „Kleinen Witz blatt* machen lassen, wie ich dazu brauchte, die Blöße meiner Einfallrarmut zu verdecke«. Da» Schauspielhaus, da» sich nach einem un nötigen Eulenberg, einem verzofften Eichendorsf und einem nicht gekonnten Ortner immer wieder ge nötigt sah, seine Blöße mit einem „Flügelkleid«* -u bedecken, das auch schon mehr al» abgetragen war, hat meinen Segen für diese» blöde Kasscnstück, wci , e« sich dadurch eine Bahn für da» frrtmacht, was auch für un» sich lohnen könnte. Au diesem Zweck, damit endlich di« Such« nach dem Kassenstück aufhört und der Kunstbetrieb wieder anfangeu kann, stelle ich fest: 1. Da» Sonntagrpublikum wieherte. L Wildenhain spielte einen borstigen Sachsen. 3. Die schlanken Bein« der Frau Carsten» waren bi» üb« die Knie zu sehen. Da «ich aber di« Schauspielkunst i» allgemeinen und die der Frau Carsten» i» besonderen lebhafter interessiert al» di« Oberschenkel der Dam«, welch« . st« ausübt, so plädier« ich zu» drittenmal« dafür, d«r Lina Carsten» (und nicht nur ihren Beinen) eine Roll« zu geben. Diese Richt« »st de» Lebenswandel in der „Causa Kaiser* »acht sie wirklich bloß «uw de» —
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