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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231012
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231012
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-12
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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Gtaatsprinzip oder Parteidogma Oie Richtungen innerhalb -er -eui-che« Gtu-entenfchafi srn einigen Jahren vieler die deutsche Eludeuleu- schäft -er Ration nun schon ein Schauspiel, das al» gcbilde»er Menschen unwürdig bezeichnet werden muß. Um wa» gehr es? Di» Eludeiilen Deutschland» s^llea, im Zusammenhang mit der Schassung eines sieuen sreiheirlichen Siudentenrechts, al» eine „Deutsche Studentenschaft', eine Art öffentlich-recht. lichrr Körperschaft ocgcuiisiert werden. Eie haben erfreulicherweise hierbei di« Absicht gehabt, den großdeutschen (bedanken wenigsten» im akademischen Leben zu verwirklichen und die deutsch-österreichischen Studenten in diese Organisation miteinzubezirhen. schön un-gut. Nun sind jedoch unser« österreichi schen Kommilitonen so rnssenrein« Menschen, daß es unter ihrer Würde ist, sich etwa mit Juden und „solchen Lenken" in eine und dieselbe Organisation zu begeben. Selbst wenn diese Organisation öffentlich- rechtlichen, quasi staatlichen Charakter har! Und diesen Charakter soll die „D. St.' (Deutsche Stud-n- tenschafrs lntben, denn sie ist eine Zroangsorgani- salion, sie erhedr Zwangsbeiträye, vertritt dem Aus land gegenüber die gesainke deutsche Studentenschaft, organisiert die Fürsorgeeinrichtungen «sw. In Oesterreich har man also die „Nichiarier" kurzerl)and ausgeschlossen. Wenn die österreichischen Behörden hierbei ruhig zusehen, so ist das ihre Sache. Unter den reichsdeurschen Studenten lxstehen auch starke Tendenzen, das österreichische Beispiel nachzuahmen, jedoch har man es in der (1022 beschlossenen) soge nannten ..Würzburger Satzung" (oder Versüssung) nicht gewagt, bestimmte Kreise allgemein von vorn herein ausznschließen. Cs ist vielmehr den einzelnen örtlichen Studentenschaften überlassen worden, Richt linien sür den Kreis der Aufzunehmenden uufzustel- len. Demgegenüber vertritt die „Honnesser Richtung" das sogenannte deutsch kulturelle Prin- zip, nach dem jeder Student deutscher Staatsange hörigkeit auch selbstverständlich Mitglied der „Deut schen Studentenschaft" sei. Cs bleibt stets beschä mend für die (reaktionäre) Mehrheit der deutschen Srudenren, daß sie sich nicht zu diesem kulturellen Nationalgesühl aufschwingen konnten, während sämt lich- rheinischen Studentenschaften, die gewiß in den letzten Jahren erfahren haben, was national sein heißt, auf dem Boden der Honnesfer Richtung stehen! Im Januar, beim Einbruch der Franzosen ins Ruhrgebiet, roar dann ein vorläufiges Begräbnis der Streitaxt vereinbart worden, um das groteske Schauspiel: Kampf um das arische Prinzip während der tiefsten Erniedrigung des Vaterlandes — wenig- sttns während dieser Zeit dem Volke zu ersparen. Cs wäre vollständig falsch, zu sagen, es gehe hier bei um nichts Wichtiges, wie das die große Masse der indifferenten Studenten glaubt. Ikein, esgeht um das Prinzip, ob er öffentlich-recht liche Organisationen geben darf, die mit ihren Grundsätzen denen des Staa tes in» Gesicht schlagen. .Denn dieser Fall liegt hier vor. Staatsbürger kann man auch ohne den Nachweis eines Stammbaums bi» zu Hermann dem Cherusker oder dem großen Teut hinaus sein. Die Würzburger Richtung der Studentenschaft macht sich freilich aus diesem offenbaren Widerspruch mir dem Staalsprinzip kein Gewissem Herr Conti, ehe maliges Vorstandsmitglied der „D. St.', schritt sich nicht einmal, folgendes offen auszusprechen: die Deutsche Studentenschaft „würde sogar äußersten falle, wenn sie einmal vor diese Alternative gestellt werden sollte, nicht davor zurückschrecken, die staatliche Anerkennung zu opfern!' So zu lesen in der „Deutschen Hochschulzeitung', dem völkischen Kampfblatt der Akademiker Großdeutschlands, amtlichen Organ der Kreise Bayern, Deutsch österreich und Berlin.' (10. September.) Und die Schrift! ertung bemerkt dazu: daß dies di« feste Ab sicht der Mehrheit der deutschen Studenten sei, hab« d:r Würzburger Studententag 1V23 bewiesen. Auch vor 100 Jahren sei die Studentenschaft, ähnlich wie heute, von den Staatsbehörden verfolgt worden. Die deutschen Kultusminister mögen sich hüten, zweite Metterniche zu werden! Wenn diese Ge- fchichtsklitterung den Kenntnissen der Echriftleitung auch kein rühmliche» Zeugnis ausstellt, so sind die Bemerkungen doch deshalb wertvoll, weil sie wieder' einmal ganz offen di« „staatserhaltenden' Tendenzen jener Kreise zugeben. Doch damit nicht genug, bringt dasselbe „völkische Kampfbiart' (eine amtlich studentische Zeitung!) es in ihrer Nummer vom I. Oktober sogar fertig, diese gröbliche Verletzung de- demokratischen Staatsprinzips — mit dem ver haßten demokratischen Prinzip selbst zu rechtfertigen! „Ist einmal die „D. St." demokratisch «ufgebaut, so muß auch die Mehrheit den Ausschlag geben." — < „Hier aber liegt das Bedauerlichste der vergangenen Jahre, u u ß en ste h e n de K r e i s e sich in die Ange- legenheiren der Studentenschaft hineinmischen und durch Cinschalten von parteipolitischen (!) Momenten ein« rein akademische (!) Lösung dieser Frage ge radezu unmöglich machen. Dieser Borwurf trifft selbst Stautsbehörden und Ministerien. . . und mag ihnen zur Warnung dienen für die Zukunft!" Daß man es mit einem öffentlich- rechtlichen Verband zu tun hat, der der staatlichen Anerkennung bedarf, und daß das demokratische Prinzip des Staates schließlich oorgeht — Unsinn, es handelt sich ja nur um „diesen Staat", und man muß eben auch „in Demokratie machen", wenn es sich empfhielt. Schopenhauer: der Verstand ist der Lakei des Willens . . . Am 1. Oktober sollte di« Entscheidung fallen. Die deutschen Unterrichtsoerwaltungen hatten der Studentenschaft zu verstehen gegeben, daß ihr bis zu diesem Termin Zeit gelassen werden sollt«, sich zu be sinnen und das Band mit den rein völkischen Oester reichern zu lösen. Am 1ä. September hat nun in Regensburg eine Konferenz der Kultus- Ministerien startgefunden, ohne daß jedoch über ihre Beschlüsse etwas bekannt geworden wäre. Auch uni 1. Oktober hat sich nichts ereignet. Cs bestehen also die besten Aussichten, daß das Schauspiel weiter geht. Offenbar will man „niemand verletzen". Au erklären ist jene Verblendung nur aus dem bedauerlichen Mangel an politischem Sinn unter den meisten Studenten. Alle diejenigen, aber, die die außerordentlichen Ereignisse der letzten Jahre nicht um ihren politischen Verstand gebracht haben und di« „außenstehenden Kreise", nämlich die verantwort lichen Behörden, die Professoren usw., sollten ihr möglichstes tun, dir Frage der „rein akademischen" Behandlung zu entziehen und dem Zustand der Nicht achtung des Staates so bald wie möglich eia Ende zu machen. »» Neckisches Frag- und Autwortspiel. Der Prinz von Dale» mußte, wie französische Zeitungen zu berichten wissen» bei seiner Landung in Canada genau dieselbe Prüfung ablegen wie jeder andere Einwandernde. Der Safenbeamre fragte z. D.: „Gegenwärtige Beschäftigung?' — Antwort: „Keine.' — „Künftige Beschäftigung?" — Antwort: „Keine." — „Zweck der Reise nach Canada?" — „Zum Vergnügen." — „Welche Geldmittel besitzen <Äe?" — „Genug, um meine augenblicklichen Be dürfnisse zu bestreiten." — „Können Sie lesen?" — „Ja." — „In welcher Sprache?" — „In nur fünf Sprachen.' — Von den Antworten befriedigt, klebte der Beamte auf den Paß des als „Lor- Renfrew" reffenden Prinzen die Siegelmarke, die die Einreisegenehmigung bekundete. vermischter Var Urteil gexen die Radeburger Unruhestifter In dem Dresdner Prozeß „Steiger und Ge nc ssen", über dessen ersten Verhandlungstag wir gestern berichteten, wurde nunmehr folgendes Urteil verkündet: Wegen Vergehens gegen das Gesetz -um Schutze der Republik, verborenen Waffenbesitzes, Körperverletzung, groben Unfugs erhielten je nach dcm Umfange ihrer Beteiligung: Werner fünf Monate, Herold vier Monate, Mäser, Pietzsch, Beulich, Burkhardt, Schreiber, Liste, Möhler, Otto und Bruno Gaitzsch, Philipp, Müller, Schneider, Görne, Schroeder, Kühne, Schuster, Gerlach und Louris Keip je drei Monate vier Tage, b»w. drei Monate, Richter und Kleinau je eine Woa-e G e - iängnte, daneben ein jeder Haftstrafen von zehn Tagen abwärts bis herab zu drei Tagen zuerkannt, -teiger, Klotzsche, Schulz und Hans Keip erhielten öaftstraf e n von drei Wochen bis herab zu einer Woche auferlegt, Mitscherling und Wilke wurden sreigesprochen, Werner . im übrigen nach Hinterlegung von zwei Milliarden Mark Sicherheit sofort aus der Haft entlassen. Aus der Urteilsbegründung ging hervor, daß das Gericht die Teilnahme an einer nach sächsischen Ge setzen verbotenen Bereinigung für erwiesen angesehen hat- Wegen der geringen Beteiligung an der navio- ualfozialistischen Versammlung glaubte das Gericht, in der Haupffache mit der gesetzlich zulässigen niedrigsten Strafe von drei Mo.raten Gefängnis aus zukommen. Lin merkwürdiger Freispruch Der Student Bartusek aus Preßburg lernte im Mai in einem'Breslauer Kaffeehaus den Kaufmann Bloch kennen und die beiden wurden miteinander fehr verrraut. Eines Abends, als sie sich im Hotel zimmer Blochs unterhielten, legte Bartusek seinem Freund plötzlich einen Zettel vor mit den Worten: „Geehrter Herr! Geben Sie sofort die Geldtasche und Wertsachen heraus, sonst schieße ich Sie nieder!" Gleichzeitig hielt er ihm einen Revolver vor dir Stirn. Block, händigte daraufhin dem Stu denten seine Brieftasche aus. Dem Räuber erschien der Inhalt zu klein und er forderte mehr. Der Kaufmann erklärte, er habe bei einem Hotelwirt eine größere Summe deponiert. Bartusek und der völlig überraschte Kaufmann gingen nun gemeinsam zu dem Hotelwirt, der jedoch nicht anwesend war. Jetzt erst ließ der Räuber von seinem Opfer ab, verlangte aber, daß er am nächsten Morgen am Kaiser-Wilhelm- Denkmal sei und Geld mitbrinze. An dem verein barten Platz wurde der Student am nächsten Tag verhaftet. Vor dem Schwurgericht in Breslau be hauptete Bartusek, er habe im somnambulen Zustand gehandelt. Die Sachverständigen sagten aus, Bartu sek sei ein start nervöser Mensch und entartet. Un zurechnungsfähig sei er jedoch nicht. Trotzdem ver neinten die Geschworenen sämtliche Schuldfragen, und der Räuber wurde f r e i g e s p ro ch e n. Der setlene Freispruch erregt in Breslau großes Aussehen. Da» Urteil im Mordprozetz Söll. In dem Pro- zeß gegen den Packer Mols Söll wegen Ermor dung seiner Frau ließ der Staatsanwalt die An klage wegen Mordes fallen, indem er eine Heber- legung bei der Tat nicht annahm, und trat für Be- jahung der Schuldfrage auf Totschlag ein. Der Ver teidiger war der Meinung, daß der Angeklagte die Tat im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit verübt habe. Die Geschworenen lehnten Totschlag ab und sprachen den Angeklagten schuldig der Körperver letzung mit Todesausgang sowie des erschwerten unbefugten Waffenbesitzes. Bride Male wurden dem Angeklagten mildernde Umstände zugevilligt. Das Gericht verurteilte Söll zu fünf Jahren Ge fängnis unter Anrechnung von sieben Vkonaten Untersuchungshaft. Die Geschworenen haben sich der Verteidigung gegenüber bereitcrklärt. ein Gnaden gesuch zur Milderung der Strafe einzureichen. Der »Bombenfund' in der Berliner Börje. Zu Sem Gerücht von einem geplanten Bomben- NreitLg, ü«Q ir. Otto dar anschlaq auf da» Berliner Bvrsengebüude wird mit geteilt, daß am 2. Oktober eine Reinemachefrau am Eingänge zur Börse ein Paket gefunden hat, das eine offen» Konservenbüchse, ein paar Nägel und ein Tütchen mit Schwarzpulver enthielt. Das Schwarz pulver hätte niemals eine Explosion der Büchse ver ursachen können. Wahrscheinlich ist da» Ganze nur ein grober Unfug. Ei» Opfer der Zeit. In seiner Wohnung, Ber lin, Kreuzbergstraße 15, hat sich der 22jährige Musik student Walter Bloth erschossen. Aus Briefen und Papieren, die in der Wohnung gefunden wurden, geht hervor, daß er seit Tagen nichts mehr zu essen hatte. Verzweiflung über sein« Armut, die ihn -um Einstellen feines Studium» zwang, hat ihn dann zum Selbstmord getrieben. Die Abwanderung der Taschendiebe. Eine Hoch konjunktur brachte der letzte Streik bei der Berliner Hoch- und Untergrundbahn den Taschendieben. Die Stillegung führte zu einem großen Andrang auf den Straßenbahnlinien, und die Taschendiebe wanderten sofort mit den Fahrgästen ebenfalls zur Straßenbahn ab. Drei dieser Spezialisten, die bisher auf der Hochbahn „gearbeitet" hatte«, wurden am Dienstag von Beamten der Sonderstreife der Kriminalpolizei auf der Linie 176 auf frischer Tat ertappt und un schädlich gemacht. 8l» Marstall-Mnseuw i» München. München hat in den klassischen Räumen der von Leo von Klenze geschaffenen Hosreitfchule ein neues Museum erhalten: die Prunkwagen, Prachrschlitten und aller ähnlicher Besitz der Wittelsbacher wurde zu einer Sammlung vereinigt, die in Europa kaum ihresgleichen hat. Das Hauptstück ist der Wagen, auf dem der Kurfürst Karl Albrecht 1742 zur Kaiserkrönung fuhr, eine Arbeit der Pariser Wagen baukunst, aufs reichste vergoldet, kostbar geschnitzt, mir zarten Malereien des früheren Rokoko. Daß sich «in solches Stück in München erhalten hat, ist um so mehr von Wert, als in Paris in der Revolution fast aller Marstallbesitz der Bourbonen zugrunde ging. Der Münchner Maler Prof. Angelo Jank har nach alten Stichen ein Gespann von acht Jsabeü- Schimmeln entworfen, das in Papiermache vor den Krönungswagen gespannt wurde. Don der späteren Blüte der Münchener Wagenbautunst können der Krönungswagen Max Josephs I. im Empire und die Prnnkkarossen und Schlitten König Ludwigs II. Zeug nis ablegen Uebrigens Hai König Ludwig II. den Prunkwagen, der zu seinem Vermählungswagen be stimmt war, nie benutzt. Die Reihe reicht bis zu dem schlichten Iagdwagi-n des Prinzregenten. Das Abenteuer einer Lady. Lady Hamilton, i Gattin des Barons Ewald Archibald Hamilton, stand vor dem Strafrichter von Marlborough Street und wurde zu einer Geldstrafe von zehn Schilling und Erstattung der Eerichtskosren in Höhe von vier Gui neas verdonnert. Soweit aus den englischen Zei tungen ersichtlich ist, hat die Dame an einem schönen Iuliabend in einer vornehmen Londoner Srraße mit ihrem Automobil einen Zusammenstoß gehabt. Zu diesem Autopech kam noch der besondere Umstand, daß neben ihr im Wagen ein Mann saß, der nicht ihr Ehemann war und daß die Lady selbst, wie der Poii- zeilonstabler versichert, stark bezecht war. Bevor man aber von ihrem Rausch etwas merkte, wurde sie vom Polizisten aufgefordert, den Wagen zu verlassen. Aber sie weigerte sich und sagte: „Es tut mir leid, ich bin nicht fähig dazu!" Sie behauptet«, keinen Namen zu haben und hundert Jahre alt zu sein. Und erst als diese Aussage siel, die im nücktternrn Zustand keine Dame zu machen pflegt, merkte man, wie es um die Lady bestellt war. Aber sie wollte nicht betrunken sein und verlangte nach «irrem Arzt, der ihre Nückuernheir bestätigen sollte. Der Polizei arzt, den man tatsächlich rief, stellte auf den erste« Blick das Gegenteil von Nüchternheit fest. Als es nun zum gerichtlichen Nachspiel kam, stellte der Ver teidiger die Lady Hamilton als eine hysterische Per son hin, die erst drei Monate lang in einem Sana torium gelegen hatte. Die ihr vom Richter aufer legte Geldbuße will sie aus Eigensinn nicht bezahlen. Sie hat Berufung eingelegt. Ein schwerer vär Im Bertas Eugen Dieder uüs in Jena erichicn ein Buch: Dt«»nt»rcku»g des Hand werk» der Zimmerleute von Dr. Otto Set-, das dem eigenartigen, deute noch stark ziinstlerischen. vor allem aber originellen E-aratter dieses HandwettS aut den vielsLlttgcn Wearn seiner Stgemrn Uedeooll nachgcht. Neben der Darstellung de» Historische» kommen die Bräuche des Beruf«- zur Sprache und in einem Kapitel Der Lügenbeurel wird «ine An^a-l Zim- mermannSgeschichten mitgeieilt, die eine i deionder« Not« dieser Zünftler, das „Lügen, da- sich die Balken biegen", venntttctt. Diesem Ndsckmttt ist die nacbstebenve Geschichte cnr- nomrnen. „Ich bin einmal in Böhmen gewesen, da ltztt's kein«» so großen Fluß wie den Rhein, dafür aber große Lumpen. Da sind wir einmal selbzweit von Prag aus in so ein böhmische» Kaff auf die Kirch weih gegangen. Da haben wir das echte Pilsrucr Bier getrunken wie Wasser. Die Böhmen haven/vei jedem neuen Maß geschrien: „Trink, Bruder Praiß! trink, Bruder Praiß!" Das ist mir endlich zu dumm worden und ich hab g'sagr: „Wir sind Würt temberger und keine Preußen!' — Da haben die roten Spitzbuben mich auch noch gefoppt. „Dös gibt'» jo gor nit, Wüstenbergrr!' haben sie gelacht, hoch die Praißen!' — Jetzt bin ich aber wi8ü wor- den, kotzdonnder, und ich hab zu ihnen gesagt: „Bei uns daheim heißt »ran Kerle wie ihr Rattenfallen händler, Bärentreiber und Zigeuner!' — Da hättet ihr aber sehen sollen, wie die Baude auf un» los ist! Dem ersten, der hrekommr, schlag ich meinen steinernen Maßkrug auf den Schädel, daß er beim Blitz dogelrgen ist wie ein Och» in der Metzig. Der Zweite kriegt ein» mit der linken, der Dritte mit der -echte« Faust uniee» Kinn, daß er Zähn' spukt, al» hiitr «r» in der Schul g'üernt. Derweil ist mein Kamerad «uf de» Tisch g'lpruagcn und hat einen um den andern mit d«m Stuhl zufammrvglstmen. Mehr wie fttfzig Mann sind un» zwei gegenüberg standen! — Wer jetzt tst's windig worden, denn di« Lumpen sind auf einmal -»rück und Haden ansangen, von weite« mit den Krügen nach un» zu sehweißen. Wie wich da einer an den Schädel trifft, daß ich fast den schwarzen Mann krieg, hab ich aber erst voll meine richte Wut kriegt! Sobald das Ding ein bjßle verftrrrt g'wesen ist, nehm ich den schweren eichen«» Lisch hoch euch halt ihn vor mich hin wie einen Schild, daß mich nichts mehr treffen kann und geh auf sie los. Mitten nein in den größten Haufen schmettere ich beim Blitz die schwere Platte! Da sind nachher an di« sechs Mann drunter gelegen, wie vermähle Krotten in der Wies'. Wie das die andern sehen, springen sie -u allen Löchern naus, und wir sind nachher aus einmal allein im Saal g'standen. Aber da haben wir dann auch die Platte geputzt, dmn die Zech' habe« wir nicht zahlen wollen, kotz- donner! Aber die, welche ich troffen hab, binden mit keinem deutschen Zimmermann mehr an, das weiß ich g'wiß. Nachher ist's durch den BöhmerwalO nach Deutsch land zurückgegangen. Don dem Pleiknops im Sten- Halt ich nicht viel; wenn da» Holz springt, Hot das alles keinen Wert! Ich hab mir an meinen Stock vom Schmied eine Zwing machen lassen, wie ein Spieß; mit Widerhaken, damit ich den Bauern leichter die Schinken aus dem Kamin angeln kann. In dem Böhmerwald hat's aber noch etwas anderes al» so große Hund', die sich Wölf heißen, wie in den Vogesen; da gibt'» in harten Wintern noch Bären! Ich bin in dem hohen Schnee so dahing'stapfl und hab dacht, wenn ich mir jetzt daheim satz, und einen Schlag Sauerkraut mit Rauchfleisch und Spätzle vor mir hält'. Da hör ich auf einmal ein Summen wie von einem Brummhummeler, bloß viel lauter, und wie ich mich verwundert umdreh', woher um die Icchreszeit so ein Ziefer kommt, da seh ich, wie hinter mir ein Taiybär hertrabt. Aber beim Blitz, kein zahmer! Ausreißer» hätte keinen Derk mehr g'habt. Ich nehme also Sprrizstellung, und als mir der Petz eine gemütlich« Umarmung anbietet, und dazu den Rachen aufreibt mi« ein feuriges Ofenlock), stccf ich ihm mit Borsicktt und Bedacht meinen Stenz nein, bis in den Magen imnter! Ich hab' schwer reißen müssen, kotzdonner, bi» ich ihn wieder nm» g'habt hab. denn -ie Wider!»aken haben sich ein^hängt! Mit einem Rucker ist'» dann schließlich gang«n, und da ist beim Blitz da» Barenherz samt Leber und Nieren dranghängt. W«»v ich dann am Abend im Wirtshaus auch kein Sauerkraut mit Spätzle kriegt hob, so hat'» dafür Herz mit Knödeln geben, was auch nicht schlecht ist! Und am andern Tag hab ich mir gedämpfte Bärenleber machen lassen, »ad am dritte« saur« Riernle. Der'» nicht glaubt, kann in Oberafpach im Böhmerwold Nachfragen, beim Dirk Riedell Der Hot nachher da» Bärenfell g'hoft und i« seiner Wirtschaft oufg"hängt. Da kann man'» hent noch fthen, e» ist ein Koprtaktier q'wesrn, wie in 100 Jahr kein'» zur Strecke bracht worden ist.' Ei» Rieseaspruug d«r Buchhändler-Schlüsselzahl. Der Buchschlüssel wurde mir Wirkung von heute, Freitag, von 200 Millionen auf 800 Millionen erhöht. Damit geht die Buchhändlerschlüsselzahl zum ersten mal über die Goldmarkparität hinaus. (1 Goldmark --- 700 Millionen, allerdings bei einem Dollarstand von 2L6 Milliarden.) Ob bei dieser Schlüsselzahl ein Absatz noch denkbar ist, muß die Erfahrung lehren. Nach den bisherigen Beobachtungen hat man die Wirkungen der steigenden Schlüsselzahl stets zu pessimistisch beurteilt. Die Rechnung mit dem Ent wertungsmultiplikator, und dies ist die Buchhändler- Schlüsselzahl, ist eine Notwendigkeit. Die Frage ist nur, ob ein ebenso gerechter und gerechtfertigter Multiplikator sich in den Löhnen und Gehältern der Derufsschichten durchsetzt und sich stets so recht zeitig und prompt auswirkt, wie im Buch handel. Pjychiater-Kougreß in Jena. In Jena fand unter 2em Vorsitz von Geh. Rat Donhöffer- Berlin die Versammlung des Deutschen Verein» für Psychiatr ie statt, die über 100 auswärtige Teilnehmer aus allen Bezirken des Reiches, aus Deutschösterreich und der Tschechoslowakei zusammen- stihrte. Die Besonderheit der psychiatrischen Wissen schaft, die gleicherweise aus anatomisch-physiologischer und psychologischer Bettachtungsweise schöpfen muß, kam in vier Berichten uno 2S Einzelvortragen zum Ausdruck. „Retn" uud „Stoga". Seit IS Jahren wird über eine deutsche Einhei tsstenograpbie ver- handelt, aber aus den Verhandlungen ist statt einer Einigung eine — Vermehrung der vorhandenen Systeme hervorgegangen. So Kat schließlich da» Reichsministerium de» Innern selost die „Regierung»- kurzschrift" (vormals Gabelsberger), abgekürzt Reku, l.usgcarbeitet, die aber von den neuen Schulen anderen Systeme in Grund und Boden kritisiert worden ist. Die» gibt A. Otto in Frankfurt a. M. Anlaß, an seine früheren Bemühuungen um Ein- führuna seine» Einheitssystem» Stoga (Stolze- Gabelsverger) zu erinnern, dessen Vorzüge nach Otto» Angabe aus seiner mathematischen Grundlage beruhen. (Zwischen „Reku' und „Stoga' dürft« ein erbitterter Kamps entbrennen.) Dealsche Dirigent,» »ach Maaka». Wie cm» Moskau geschrieben wird, werd«, Verhandlungen mit bekannten deutschen Dirigent««, und zwar, mit Richard Strauß, Bruno Walter, Furt wängler, Mrngelberg «. a. über ihre Lell- nahme an den Sinfoniekonzerten des Moskauer Großen Theaters geführt. Liede...? Die Geschichte einer Ehe, deren Seltsamkeit so leicht kein Dichter erfinüen könnte, weiß die „Chicago Tribüne" zu erzählen: In dem kleinen Städtchen La Crosse im Staate Wis consin U. S. A. starb nm 3. Oktober ein Arbeiter, dessen Papiere auf den Namen William Taylor lau teten. Sein Tod brachte eine höchst interessante Ge schichte zutage. William Taylor war eigentlich eine Frau gewesen und trotzdem er mehr als 40 Jahre verheiratet war, hatte seine Gattin Mrs. Earrie Taylor, niemals einen derartigen Verdacht geschöpft. Als man ihr mitteiöte, daß ihr verstorbe ner Gatte weiblichem Geschlechts gewesen sei, war sie sehr erstaunt. Nach der Geschichte ihrer Ehe be- fragt, erzählte Mrs. Taylor: „Ich lernte Willy Tay lor vor 43 Jahren kennen. Damals war ich 16 Jahre alt. Mr heirateten ein Jahr später und lebten auf einer Farm. Während dieser ganzen Zeit hätte ich es mir nie träumen Lassen, daß er eine Frau sein könne. Wir lebten nie wie andere ver heirateten Leute und wollten auch keine Kinder haben. Ich glaube, wir haben auch niemals dar über gesprochen. Ich erinnere mich bloß, daß wir täglich beisammen und nett zu einander waren. Ich habe Willy sehr gern« gehabt. Liebe? Ich weiß nicht genau, was das ist, aber w i r haben uns sehr gut vertragen. Nur dann war er nicht so nett wie sonst, wenn er mir einschärstc, nicht mit unseren Nachbarn über unser Familienleben zu sprechen. Einmal drohte er sogar, mich umzubringen, falls ich es täte. Manchmal war Willy sehr krank, jedoch erlaubte er mir niemals, ihm beim Aus kleiden behilflich zu sein. Wir hatten immer ge trennte Schlafzimmer." Der gestohlr« Raffke. Bus Berlin wird ge meldet: Vor dem Marmorhaus am Kurfürstendamm steht «in Schupomann. Hinter ihm ein Raffte. In Lcb«wgrößr. Modelliert. Al» Empfangs gruppe für die Besucher de» Raffke-Film». Et« kostbare» Stück. (Schon an Materialwert! Und der schöne, richtige Anzug!) Ein Mcmn^ kommt, drängt da» Publikum, das au» dem Kino strömt, bei seite, nimmt die Figur, schleppt sie — d«r Schupo mann macht ihm Piotz —vor aller Augen auf einen Handwagen, fahrt fort. Erst später erfahrt"» die Direktion, ist entsetzt. Do ist Raffke? Gestohlen! Verspricht eine hohe, wertbeständige Belohnung für den, der ihr Raffke wiederbrinat. — Bor dem Mar- marhau» am Kurfürstrndamm steht «in Schupomas»,
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