Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231004
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231004
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-04
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Mleterkrrndgebirng Zu Dresden fpnd eine Tagung des Gesamt. Vorstandes de» Bunde» deutscher Mieter- vereine «Sitz Dresden) statt, die trotz der schwe ren Wirtschaftslage gut besucht war. Als Nieder schlag der zweitägigen Beratung wurde eine Ent- Schließung angenommen, die sich zunächst da- gegen wendet, daß Reichsrat und Reichsregierung s» für richtig gehalten haben, vom 1. Oktober ab den Mietern in Neubauten den Mieterschutz zu nehmen. Tausende von Mietern stünden jetzt bei der Nichtbrwilligung der Forderugnen vor Kündi gung und zwangsweiser Heraussetzung. ohne daß die Behörden auch nur im entferntesten imstande seien, für Ersatzwohnungrn zu sorgen. Weiter heißt es ln dar Kundgebung: Unter auffälliger Zurückhaltung he, Rfgterung«» und Behörden organisieren die Vermieter und ihre Verbände gan, offen den Widerstand gegen das RMG. und den Streck der Verwaltung und Unrer- valtung der Häuser. Sinh Reichstag und ReichSreaie« rung gewillt, diesem Treiben einer kleinen Dauckn weiter teilnahmslos unuscbcn? Zudem der Bund teslstellt. dah der lortlchreitende Verfall der Wohnhäuser nicht eiwa die Z-»1ae des RMch^S. sondern lediglich eine Zolge des schlechten Willens der Vcrmieier ist. di- selbst die ausdrücklich für die Unterhaltung gezahlten Mittet nicht dem Hause zuwcnden, fordert er eine Verordnung über die Einführung der g-seNlichen Btlicht de» Per» Mieters zur geordneten Verwaltung und Unterhaltung seines Eigentums. (Art. 153 der RetchSvrrfassung.) Tic derzeitig- Regelung der Wohnung»- und Boden gesetzgebung in verschiedenen nebeneinander bestehenden Reichs- und Landesgesetzen (RMG.. MSch.v., WMEI.: Bodeniperrgesetzc der Länder us.v.s ist schon fetzt völlig unerträglich wegen der Vielheit der gesetzlichen Bestim mungen und Ausführungsverordnungen und der Viel- Veit der mit d-r Durchführung betrauten Behörden. SebiedSstelleu usw. Ter Bund fordert de-Sdach ein ein heitlicher WobnwtrtschaftSgesetz. das gleichzeitig auch dix- strage gesetzlicher Vor- und An- kaufSrechte, der Enteignung und der VeürstungSsperre reg-lt. Di- Erfahrung bat dre Richtigkeit der seit Zähren anfgestclltcn Forderungen deS Bundes bewiesen, das, der Wobnung»neubau grundsätzlich nur Dache der Allgcniern- beik s-in kann. Tic Allaem-urbeit muh iuloloedessen au« die Mittel für den Neubau aufbrinaen: die Woh- n n n g S b a u a b g a b c bat sich alS unzulänglich erwiesen: Ne must ersetzt werden durch die Erfassung der in den vorhandenen Eteväuden enivaltenen Dachwcrrc dte durch Belegung mit einer R?tck»Sgrundrcnte lautend :vertl»cständtge Mittel für den Neubau geben werden. WobnungSrcckt und WobnungSvolitik haben bester durch die Regierung der Reiches und der Länder, sowi« 'n den ülemciuden eine in höchstem Ma>c unzi.längliche Behandlung crsabren: die erlassenen WovnungSgciebe werden nicht ihrem Geiste na« auSgesührt: die Woh nungsnot wird täglich gröber, die Hoswung auf Linde rung in absehbarer Zeit immer geringer. Tie Mietor- stlxttt hat das Vertrauen verloren. 2»> verlangt feyt die Bestellung eine? von ihrem V-rtruncn getragenen Reichs- wobnungökommissarS, der- nitt lolclicg Be'ugnist-u aus- rustatten ist. das-, er in der Lage ist. die ^u-L'ldri ng der bestehenden RcichSgesetzc zu erzwingen. * Die Pest befaßt sich ntcht mehr mit weniger als 1000 Mark. Eine Verordnung zur Acndsrung der Postordnung bestimmt, daß Wertsendungen, Post, austrägc, Nachnahmen und Postanweisungen nur noch auf volle Tanseudmnrkbeträgc lauten dürfen. Für Postkreditbriesc wird gleichzeitig an Stelle des 20 000fachcn Betrages der Gebühr für einen einfachen Fsrnbricf der Meistbctrag eines Postschecks gesetzt. Auch im Postscheckvcrkehr kann der Kunde nur noch über volle 1000 Mark verfügen. Verfügt der In haber bis 15. Oktober nicht selbst die Abrundung seines Gesamtguthabens auf volle Tausend, so werden nach einem besonderen Gesetz überschießende Beträge zugunsten der Postkosse vereinnahmt. Die Höchst beträge im Postscheckverkekr waren ebenfalls erst zum 1. Oktober erhobt worden. Schon am 10. werden sie wiederum verdoppelt. Zahltarten können bis zu 20 Milliarden, Schecks bis zu 50 Milliarden aus- gestellt werden. Die Grenze für telegraphische Ueberweisungen. Iahlungsanweisungen und deren Nachsendung geht bis 20 Milliarden. Der Prclsmultiplilator für Bäder und Sommer srischen ist mit Wirkung vom 27. September auf 20000 000 herabgesetzt worden. „Gejchwister-Monatvkarten" für Schüler. Die Erhöhung der Eisenbahnfahrpreise belastet beson ders stark kinderreiche Familien, die ihre Söhne und Töchter mit der Eisenbahn zur Schul« schicke» müssen; um diese Härte zu mildern, werden, wie die .Reichs- zentrale für deutsche Psrtehrswerbuiig" mitteilt, auf Anordnung des Reichsverkehrsministers Oeser vom 1. Oktober dieses Jahres ab an das zweite und jede» weitere schulpflichtige Kinde derselben Familie zu den Schülermonatskarten Nebenkarten zum halben Fa hrp rei« ausqeqeben; zur Er- langung dieser Nebenkarten ist bei den Fahrkarten ausgaben eine Bescheinigung der Ortspolizeibehörd« varzuleqen, die über die Familienvcrhältnisse Auf. schluß gibt. — Diese Schülermonats-Nebenkarten, di« vor der Derreichlichung der Bahnen in einigen Län- dern bestanden, belasten die Fahrkartenausgaben zwar mit der oft schwierigen Nachprüfung der Der- wandtschaftsvrrhältniffe, der Reicheverkehrsminister hielt jedoch ihre Einführung aus sozialen und kul turellen Gründen für notwendig. vermischtes Bevorsteheoder Streik in der Fischindustrie. Dor dem Schlichtungsattsschuß sanden Verhandlungen über die Lohnforderungen der Arbeiter der Fisch industrie statt. Gefordert hatten die Arbeitnehmer 80 Prozent Aufschlag, der Schlichtungsausschuß ent schied auf Grund des gestiegenen Index für Industrie und Fischhandel auf einen Aufschlag von 45 Prozent, und für den Auktionshallcnbetrieb auf einen solchen von 55 Prozent. Die Arbeitgeber erftärten sich für diesen Spruch einverstanden, die Arbeitnehmer lehnten aber ab. Wenn es nicht gelingt, den Zwist beizulegen, so ist mti dem Ausbruch eines Streiks in der Fischindustrie zu rechnen, der um so empfind licher sein wird, als zahlreiche Fischdampfer auf Löschung wirrten. Wie noch bekannt sein dürfte, haben im vergangenen Sommer die in der Fisch- industri« beschäftigten Arbeitnehmer beinahe ein Vierteljahr laNg gestreikt. Zusammenbruch der Neuköllner Stadtbaugcsell- schl.sft.Dcr Bezirk Neukölln hatte seinerzeit eine Stadt- lrauqesellschaft mit städtischer Tischlerei, Klempnerei, Malerei, Installationsanlagen und einem halben Dutzend anderer Fachobteilungen gegründet, di« zu- sammen rund 1000 Angestellte und Arbeiter beschäf- tigte und ein kommunaler Musterbetrieb werden sollte In Wirklichkeit ist das ganze Unternehmen vor einiger Zeit kläglich zusammengebrochen. Für 500 Millionen Mark hat man die Stadtbougesell- schaft mit all ihren Einrichtungen an Privatleute verkaufen müssen. In der Stadtverordnetenver sammlung hatte der Stadtkämmerer Dr. Karding die wenig angenehme Aufgabe, die frühere SGtdbau- gesellschafl Neukölln zu verteidigen. Die Gesellschaft hätte anfgegeben werden müssen, weil ihr Kredite in dem gewünschten Umfange nicht mehr zur Ver fügung gestellt werden konnten. Der urue Aerzteindex. Die Honorarkommisfion der Aerztekammer und der Groß-Derliner Aerzte- Bund haben dev Aerzteindex vom 1. Oktober an auf 30 Millionen festgesetzt. Der Streit im mährisch-ostrauer Kohlenrevier. Nachdem die Arbeiterschaft des Mährisch-Ostrauer Reviers den Kompromißoorschlag der Regierung als unannehmbar abgelehnt und dir Konferrnz der Be triebsrat Obmänner des Brüxer Braunkohlenrevier« denselben Beschluß gefaßt hat, ist dis Hoffnung auf eine baldige Beilegung des General streikes der tschechoslowakischen Bergarbeiter ent- schwunden. Die Situation hat sich dadurch ver schärft, daß die Bergarbeiter des Ostrauer Reviers den Beschluß faßte, weder für dir Kokereien noch für die Kesselhäuer Kohlen zu fördern. Dort, wo Aufseher oder Beamte Kohlen fördern, werden alle zur Erhaltung der Gruben belassenen Arbeiter ab- gcrufen. Die Aiiegleichsvcrhandlungen mit der Regierung sind vorläufig unterbrach e n. Arbeitsminister Srba befindet sich gegenwärtig beim Ministerpräsidenten Svehla in Karlsbad, um mit diese» über einen neuen Plan zur friedlichen Bei- icgunq des Streiks zu verhandeln. Am Donnerstag tritt der Zentralsteikausschuß mit den Vorsitzenden der Nevierstrcikansschüffe zusammen, um weitere De- schlnssc über die Führung des Streiks zu fassen. ft« 4. vsttoi»« New Hocker Zeitungen Bon Vs. pstik. Irn»t Ho»» New York, Anfang Oktober. Der durchschnittliche New Yorker ist ein Zeitungs leser, wie er im Buche steht, und wenn er es irgend wie ermöglichen kann, liest er nicht nur eine, sondern mindestens vier Zeitungen täglich. Man stehl in den Tiesbahnzüqen kaum einen Mann, der etwas anderes in den Händen hält als dos neueste Zeitungsblati, vorausgesetzt, daß er es nicht Vorsicht, lieber ganz unbeschäftigt dazusitzen und die Kleidung seiner Mit fahrenden sehr unbefangen zu mustern. Wenn mal ein Fahrgast des „Subways" ein Buch liest, dann ist es sicher eine Dame, und dann liest sie in neun von zehn Fällen einen aus der Mode gekommenen Roman; tue Frau hat hier eben, sowie sie etwas besser gestellt ist, viel mehr Zeit, sich mit Kultur dingen zu beschäftigen, und mag nun die von ihr angestrebte Kultur sein, wie sie will, sie stellt auf jeden Fall einen Anfang dar. Bezeichnend ist auch, wie der New Yorker seine Zeitung liest und was er in ihr liest. Er sucht mit ihr möglichst schnell fertig zu «erden und hält sich ungern bei langen Artikeln auf. Fesselt ihn einmal ein Artikel seiner aufregenden Ueberschrift halber besonders, so nimmt er sich kaum mehr Zeit, als um die ersten Absätze desselben dis zur nächsten Halte stelle zu überflregen. Dort wird dann die dicke Zeitung achtlos weggeworfen, um von einem glück lichen Plahnachfolger aufgelesen zu werden oder um zur Vermehrung des Schmutzes beizutragen; wie selten wird solch ein Blatt in den Papierkasten be fördert! Dir politischen Nachrichten werden von den meisten Männern überschlagen. Dagegen vertiefen sie sich sehr eifrig in die Sportfesten und in die Finanz seiten. Haben sie die beendigt, dann wenden sie sich allenfalls noch der humoristischen Abteilung zu oder beschäftigen sie sich mit den neuesten Sensationspro- -essen. Die Frauen lesen vor allem die Nachrich ten aus der Gesellschaft und die Mode-Artikel. Jeder, der sich etwas tiefer mit Pressefraaen be schäftigt hat, weiß, daß die Haltung einer Zeitung nicht nur von der Persönlichkeit ihres Herausgebers abhängt, sondern vielleicht noch mehr von dem Publi- kum, das sie zu erreichen sucht. Und so sind die durchschnittlichen Züge einer New Yorker Zeitung aus dem Wesen des durchschnittlichen New Yorker Aei- tungslesers leicht abzulelten. Die Neugierde des New Mrkers, sein Bestreben, so schnell wie möglich über die letzten Taaesneuigkeiten unterrichtet zu wer- den, hat dazu geführt, daß zahllose Zeitungen sich hier den Boden streitig machen, mehr vielleicht als in jeder anderen Weltstadt. Diejenige, die der ande ren um eine halbe Stunde voraus ist, Hot gewonne nes Spiel. Aber auch die einzelnen Zeitungen haken eine ungeheure Menge Ausgaben. Man kennt von Berliner Zeitungen etwa eine Provinz-, eine Vororts- und eine Stadtausgabe. Hier aber haben die nach Absatz haschenden Zeitungen minde stens das Doppelte an Ausgaben. Die Ausgaben werden meist durch Sterne bezeichnet, und so sieht man häufig sechs-, sieben- und achtstrrnige Ausgaben; außerdem erscheinen oft noch verschiedene als „Final-" „Extra Final Edition" usw. bezeichnete Ausgaben. Die Sensationsblätter geben die neuesten Nachrichten noch auf grünen, roten und teilweise auch gelben Blättern hinzu. Angeblich soll daher die Bezeichnung „Gelbs Presse" kommen; sie kommt aber «ahrschein- lich von einer vor mehreren Jahrzehnten in einem dieser Blätter auftauchenden Witzblattfigur, einem mit „Y-llow Aid" — gelbes Krabbe (Krnd) — be zeichneten Secräuberkapitän. Durch diese zahllosen Ausgaben entsteht auf dem New Yorker Zeitungsmarkt eine wahnsinnige Kon- kurrenz. Die natürliche Folge war, daß die Zei tungen gegenseitig die Preise zu drücken suchten. Das war aber meist nur dadurch möglich, daß sie sich in eine in Europa ungeahnte Abhängigkeit von ihren Anzeigenkunden begaben. Erst die jetzige Notlage hat ja die anständigen deutschen Zeitungen bewegen können, Anzeigen auf der ersten und der zweiten Seite aufzunehmen. Hier werden sie auf so gut wie allen Seiten ausgenommen. Um die Leser auf die Anzeigen hinzulenken, druckt man sie sehr selten allein. Es ist meist unmöglich, hier einen Zeitungs aufsatz zu lesen, ohne daoei seine Augen auf eme neben ihm gesetzte Anzeigcnseite abschwesscn zu lassen. Sehr selten trifft man hier reine Anzeigenseiten, auf denen keine Nachrichten oder Aussätze stehen. In den meisten Wochenschriften druckt man nur den An- fang eines Artikels für sich, der etwa auf Seite drei steht. Die Fortsetzungen findet man dann auf Seite 35 und 54 mitten zwischen schreienden Anzeigen. Daß die Qualität der Zeitungen und Zeitschriften auch darunter leidet, kann man sich vorstellen. Aber was macht es, der Preis wird dadurch etwa bis an die Grenze de» Papierpreise» hsrabgcdrückt. Die übliche New Yorker Zeitung kostet 2 oder 3 Lents. Da der New Yorker aber nicht nur schnell, son- dern auch mit so wenig Anstrengung wie möglich sich über das Neueste unterrichten möchte, so haben die Zeitungen hier ein besonderes System der Auf machung ausbilden müssen, das man in Deutschland selbst bei den schlimmsten Sensationsblättern nicht kennt. Man kann das amerikanische Aufmachungs system mit dem Satz bezeichnen: Alles wichtige in die Ueberschrift! Da aber nun eine Ueber- schrift nur aus wenigen Worten bestehen kann, so gibt man allen wichtigeren Artikeln drei bis vier, ja oft noch mehr Ueberschriften; bei den Artikeln der „Times", die auf der ersten Seite stehen, nimmt die Ueberschrift A bis des ganzen Artikels ein. Un wichtige oder nicht in der Richtung de« Blattes liegende Nachrichten erhalten natürlich dement sprechend weniger Ueberschriften, sofern sie nicht ein- fach zur Füllung verwendet oder ganz unterschlagen werden. So wird es möglich, den Gesamtinhalt einer Zeitung in wenigen Minuten zu überfliegen. Aber nun darf man doch nicht denken, daß der New Yorker bloß die Ueberschriften liest und sich nicht zu längeren Aufsätzen Zeit nimmt. Wo ihn xine Neuigkeit interessiert, da will er ganz genau und bis ins Einzel sie unterrichtet sein. Daher kommt es, daß bei den Dinge«, die gerade im Vor dergrund des Interesses stehen, die Berichterstatter alles bis in die kleinsten Kleinigkeiten berichten. Bei einer größeren Gerichtssache werden z. B. regelmäßig sämtliche Vornamen und Adressen, natürlich auch das genaue Alter und die verschiedenen Berufe der Be teiligten angegeben. Sogar die Polizisten, die einen Mörder verhaftet haben, werden nicht einfach »Poli zist Mc Kelly" oder „Polizist Berger" (sie sind meist Iren oder Deutsche) genannt, sondern „Polizist John F. Mc Kelly von der West 57. Str.-Wache", oder „Polizist Charles R. Berger von der Ost 142. Etr.» Dacbe". Pei Gesellschaftsfeierlichkeiten wird etwa das Kleid der Braut bis in die kleinsten Einzelheiten beschrieben; es wird gesagt, aus was für Blumen das Drautbukett besteht, wer alles eingeladen ist, und was sie anhatccn usw. Worauf die keffentlichkeit hier erpkcht ist, das entrinnt den Berichterstattern nicht, und «ehe dem Bühnenstern oder dem Angeklagten (Berichterstatter haben zu den Gefängnissen Zutritt), die sie nicht einlassen! Sie kommen doch in die Zei tung, nur daß ihre Geschichten dann zusammenphanta- siert sind. Berühmte, die von jenseits des Meere« kommen, empfängt schon an der Landungsbrücke ein Heer von Zeitungsleuten, und sie müssen sich un- zähligemal photographieren lassen. Als ich z. B. ein mal den Grafen Lerchenfeld interviewte, konnte ich kaum fünf Minuten lang mit ihm reden, ohne daß verschiedene andere Reporter sich anmcldeten und Photographen in der ungeniertesten Meise und mit dem größten Aufwand an Apparaten ihn von vorn, von der Seite, im Brustbild, im Vollbild aufnahmen. Um meine Beobachtungen in einem Schlagwort zusammenzufaflen, möchte ich die amerikanische Zei tung die unterhaltsamste der Welt nennen. Ls ist für ihren Leser schwerer als für die Leser eines deutschen Blattes, sich ein Bild von der wirk lichen Weltlage zu machen. Aber dafür wird den New Yorker seine Zeitung nie langweilen und iym nie zu viel Denken zumuten. 3wei Diners „Wünschen Sic ein Diner oder a la carte zu essen?" fragte der höfliche Kellner den vornehmen Gast, der soeben den Speifesaal betreten hatte. „Geben Sic mir ein Diner und eine Flasckie Bordeaux." „Jawohl, mein Hör." „Kann ick) gleich essen?" „Sofort, mein Herr." Der vornehme Gast setzte sich und betrachtete > die reiche Einrichtung des Restanrantz, in dos fort während neue Gäste kamen. Sehr bald brachte der Kellner die Suppe und darauf rin Gericht nach dem anderen. Der Gast aß alles mit größtem Appetit. Nach dem Dessert verlangte er Zigarren. Eine steckte er an, die anderen in'seine Tasche. Währenddessen fuhr eine Kutsche vor, aus der ein Herr ausstieg und eintrat. Er fragte nach dem Ches und ging mit ihm in das Vestibül. rcnck« „Ich bin Beamter der Geheimpolizei; ich suche einen Kaufmann, der beschuldigt ist, betrügerischen Bankerott gemacht zu hoben. Die Spur führt hier her, und ich weiß bestimmt, daß er hier speist." „Ist er wirklich hier? Haden Sir ihn gesehen?" fragte drr Chef. „Ohne Zweifel, es ist der Herr dort mit dem schwarzen Knebelbart. Ich muß ihn arretieren." „G-Ht es nicht ohne Aussehen zu erregen?" „Oh, gewiß; schicken Eie den Kellner zu dem Hexrn und lassen Sie ihm sagen, daß hier Baron W. auf ihn warte." Der Fremde hatte sich gerade eine Flasche Champagner geben lassen, ar« der Kellner die Bat» schost brachte, die chn sehr -a erfreuen schien. Er traft? sein Glas au« und ging hinaus. Der Beamte ging ihm entgegen und flüsterte ihm etwa» in» Ohr, was ihn sehr erschreckte, er sträubt» sich «in wenig, stieg jedoch in die Autsch, ein. „Es ist gift abgelaufrn," ri«f -eik Beamte dem Restaurateur zK, „Kat er schon bezohst? Rein? Dann schicken sie einfach die Rechnung auf da« Kplizeibureau ' hinein und aß und trank vortrefflich. Ein Stündchen sväter fand dieselbe Komödie stakt. Den Geheun- polizistcn stellte nun der andere dar. Eine halbe Stunde später fuhren sie im Schnell zug davon. Am folgende» Morgen wurde» beim Polizei büro zwei Dincrrechnungc» präsentiert, «ovon iwtjirlich niemand etwas wußte, und die nie bezahlt wurden. Rnt dem Hotlantnstben von H. K. Lin aufsehenerregender ttraftfummlerungrapparat Der Schweizer Erfinder F. W. G o c b e l, der schon «913 als erstcr die Idee des Kriegs-Tanke aus- aesproch.'n hat, hat jetzt eine neue mechanisch« Er findung gemach!, die von der Schweizer Presse als so einfach und so grundlegend wie seinerzeit die Erfindung oder Entdeckung der Hebel Wirkung l'-zeichnet wird. Goebels Erfindung, die er „mech a« nrsche Krafts ummierung ohne G e - s ch w i u d i g k e i t <» v e r l u st" nennt, ist eine rein mechanisch* Apparatur (ohne alle Feinmechanik), die in jedes Fahrzeug eingebaut werden kann und dann die Adhäsiouslost de« Wagen» so sehr vermindert, dab für die Fortbewegung bisSOProzentKraft gespart werden. Di« Art der Apparatur ist natürlich noch Geheimnis des Erfinders, sie soll aber von äußerster Einfachheit sein. Die Erfindung wurde experimentell wie folgt vorgeführt: Aift eiarm Schienenstrang wurden zrvei Güter magen normaler Geöß« ausgestellt, der eine mit, der andere ohne die Goebelschr Apparatur. Ein Eisen bahner wurde beauftragt, zunächst den zweiten Wagen in Gang zu setzen. Er stemmt« sich mit seinem oanzea Körpergewicht dagegen und brachte ihn so langsam in der gewohnten Weis, in Bewegung. Hieralls wurde er angewiesen, an den anderen, von Goebel montierten Wagen heranzutretea, einen Finger der rechte» Hand um ein« vorn angebrachte Querleiste za legen und dann im Stand den Wagen bloß mit dem Unterarm an sich heranzuziehen. Ohne jrhe besonder, Kraftanstrenaung de» Eisenbahner« rollt« der Wagen sogleich aus ihn zu, so daß er ganz bestürzt schnell beiseite springen mußte. Nun wurde er angewiesen, neben den Wagen zu treten, die rechte Hand auf den Wagenrand z« legen und — ohne an de» Wagen zu denk«« — loszmnorschieren. Er t»t die», und der Waaen folgt« dem Druck seiner itnftgzlvgftn -an- st» gleschxn Tempo. Endlich wurde der 2500 Kilogramm schwere Wagen noch mit einem Aukbau und vier Mann beladen — zu 3500 Kilo gramm — und sodann eine Dame aufgcfordcrt, den Wagen fortzubewegen, was ihr spielend leicht gr- lang.' — Es waren für die Bewegung der Last nur 7 Kilogramm Zugkraft nötig. Es ist ohne weiteres einleuchtend, welche ökono mische Bedeutung diese Erfindung für das ganze Transportwesen, Eisenbahn, Automobil usw. haben kann. Die »Deutsche« Werkstätten" iu Hellerau bei Dresden blicken zu Beginn dieses Monats auf eine Aftährige Tätigkeit zurück. Das Unternehmen, das am Ende de« vorigen Jahrhunderts zur Pflege der damals neuen kunstgewerblichen Reform- gedanken begründet wurde, hat seitdem eine er folgreiche Wirksamkeit entfaltet und auf die Ent wicklung des deutschen Geschmack» in der Innen architektur wie den angewandte» Künsten mitqewirkt. Verdienstvolle Führer de« sächsischen Kunst gewerbe«. Aus Dresden wird uns gedrahtet: Die sächsische Landesstclle für Kunstgewerbe verlieh ihrem erste» Vorsitzenden, Direktor der Akademie für Kunst gewerbe Professor Karl Groß, und dem Leiter der Deutsche» Werkstätten Karl Schmidt in Hellerau, dir beide aus eine 25 jährige Tätigkeit zurückblicken, die Anerkennungsurkunde für wertvolle Mitarbeit im Dienste des sächsischen Kunstgewerbe«. Ei« neue« Drama von Rolf Lauckner. »Die Reise gegen Gott." (Uraufführung am Landestheater Korlsruh«.) Das Stück besteht aus einer These und dem Versuch, sie zu beweisen; weniger durch di« zwingend, Kraft der Handlung al« durch Erzähl»»- gen. Erörterungen, Diskussionen. Das Leden de» Menschen, wie der Dichter, wurzelt in der Heimat und sinkt dahin, wenn er sich vom Gott der Heimat lossagt. Von einem eigentlichen dramatischen Ge schehen ist kaum zu sprechen. Zn verschiedenen Bildern werden Stimmungrn gespiegelt und lang« Dis kussionen gehalten, denen Fortschritt, der inneren und äußeren Handlung nicht entsprechen. Die Per sonen erscheinen blaß »nd skizziert, nur da, aus gewanderte Ehepaar erweckt einige« dramatische Interesse und die ihnen gewidmete Szene zeigt eine gewisse theatralische Bewegung. Sie aber ist mehr episodenhafter Art, nur lose und mit verletzender Deutlichkeit der Absicht in da« Garze «ingeschoben. Die Stnnmung de« Wohlwollen de» Publik»»» fiel von Akt zu Akt. v». Ist» — Eine Uraufführung i» Villa Dahnfried. In der Musikhalle der Villa Wahnfried in Bayreuth fand eine musikalische Uraufführung statt. Es wurde zum erstenmal ein Tongemälde „Siegfried" in drei Bildern für Violine allein von Gustav Mäurer aufgeführt. Da» Werk enthält Bühnenszenen aus Richard Wagners „Siegfried" und füllt einen Konzertabend aus. Es ist Frau Cosima Wagner gewidmet. Mäurer trug die schwierige Komposition in Anwesenheit der Familie Wagner und einiger hervorragender Musiker selbst vor. Soweit die uns zugehend, Meldung. Es ist nicht ganz klar, tu welcher Weise hier Wagners Werk wieder zu einer abendfüllenden Komposition, die noch ausdrücklich als ein Stück für Violine bezeichnet wird, ausgc- schlachtet worden ist- Vielleicht eine Art Film musik? . . . E» darf nicht sein . . . „Nuovo Paese" gibt, in- dem er für die Authentizität «insteht, die folgenden Worts des Papstes wieder, die ex zum Kardinal- staatssekretär dieser Tage geäußert habe: „Die Nach richten über die deutsche Tragödie zerreißen mir das Herz. Morgens und abends bete ich für den Frieden der Völker. Was kann ich mehr tun al« beten? Gott möge meine Gebete erhören, für die Kinder wenigstens, für diese armen Kinder, damit ihr Los erleichtert werde. Es darf doch nicht möglich sein, daß ein ganzes Volk zugrunde geh t." Tutauchamon« Weizen blüht... Die englischen Forscher sandten eine Handvoll des im Grabe Tu- tanchamons entdeckten Weizens als Versuchssawen auch nach Ungarn. Die viertausend Jahre alten Körner wurden im Komitat Feher, bei Barac«, ge- sät. Der Weizen gedieh, schoß in den Halm und vcurdc geerntet. Dr? gedroschene Weizen weist beste Qualität auf: die in den Körnern schlummernde Lebenskraft ist im Wechsel der Jahrtausende nicht erstorben. Lebemrsru aus der „Benn*". D« berühmte schwedische Gelehrte und Nobelpreisträger Svante Arrheniu» hat eine Reihe von Tatsachen -u- sammenaebracht, die es in den Bereich der Möglich- kett rücken, daß es Menschen auf der Venu« gebe. Auf dem Mar« ist es zu kalt, auf dem Jupiter, Saturn, Uranu« und Neptun zu heiß, aber aus der Den», scheint e« gemütlicher zu sein, denn nach den neuesten Untersuchungen hat sie eine mittlere Trm- peratur von -s-, 47 Grad Celsius. Da« ist -war «ine ganz anständige -itze, aber fie schließt Ledewese» nicht ««,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)