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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.09.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192309257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230925
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230925
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-09
- Tag 1923-09-25
-
Monat
1923-09
-
Jahr
1923
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Drei Reden pomcarä» „Le»tschl«»tz, eine »er reichste« Nitis»«« »er »eit" Pari», LS. September. (Lig. Tel.) Po in- ea rt hat heut« nachmittag im Departement Meurth« et Moftll« drei Reden gehalten. Bei der Einweihung de» Kriegerdenkmal» in Champenoux ging der Ministerpräsident wie gewöhnlich auf dir Kämpf, ein, die sich besonder» am Anfang de» Kriege» in der Umgebung der Ortschaft abspielten. Lr sagte dabei, die Alliierten hätten 1918 leicht gegen den Rhein, an die Ruhr und weiter hinauf Vordringen und Deutschland den Eindruck geben können, daß e» militärisch vollkommen zusammengebrochen war. Di« deutschen Nationalisten stellten sich aber heute so, als ob sie alles vergessen hätten, und sic erzählten in allem Ernst, daß ihr Land nicht besiegt, sondern daß es durch die Revolution gelähmt wurde. Poinearö fuhr fort: Als ob die Meutereien und die Wirren damal» nicht eine Folge der Niederlage gewesen wären! E» gibt noch heute jenseits de» Rhein» Leut«, di« Augen haben, um nicht» zu sehen, und Ohren, um nichts zu hören. In ihrem Eigensinn Realitäten gu» den Augen lasten, führen sie ihr Vaterland zu neuen Katastrophen. Sie gleichen den Unglücklichen, die von der Eelbstniorkrunkheit befallen sind. Wa» soll man tun, um sie aufzuhalten, sich ihr eigene« Grab zu graben? Wenn man vernünftig zu ihnen spricht, wenn man ohne Voreingenommenheit ihnen ihre Verpflichtungen in Erinnerung ruft, so tun sie verwundert und beklagen sich. Lasten wir st« reden, lasten wir sie handeln und warten wir darauf, daß sie sich vor den tatsächlichen Ereignissen beugen. Wenn sie dann am Rande de, Abgrunde» sind, wer- de» sie, Gott sei Dank, immer noch Herr und Meister darüber sein, nicht biurinzusollen ' Rach dieser Rede begab sich Poincarö nach To ul, wo er ebenfalls den Vorsitz bei der Ein weihung de» Kriegerdenkmal» führte. Auch dort hielt PoincarL eine Rede, in der er an die kriege» rischen Ereignisse erinnerte, deren Schauplatz die Stadt ebenfalls im Anfang des Krieges war, und fukr dann fort: „Nach dem Kriege, den Deutschland erklärt», war es gezwungen, die Länder zurück zugeben, die e» an sich gerissen hatte. Man ver langte von ihm aber keinen Ouadratzentimeter ohne den Willen der Bewohner (I). E» kann sich über keinerlei Gewaltakte beklagen (I). Weitentfernt, es ist mit einer Mäßigung behandelt worden, die in der Geschichte keinerlei Beispiel hat. Aber wenn der Friede von morgen besser und sicherer sein soll als der von gestern, dann muß da» Deutschland von morgen »in andere» sein al» da» von gestern. Durch seine geographisch« Lage, durch die Fruchtbarkeit seine» Bodens, durch die Entwicklung seiner Fluß weg«, durch dir Bedeutung und die Qualität seiner Kohlengruben, durch seinen Reichtum an Holz, Kohlen und Kali, durch di« Kraft seiner metallurgi schen Industri« ist Deutschland eine der reichsten Nationen der Welt. Vor dem Kriege bereit» halte es Frankreich weit überflügelt nicht nur durch den Wohlstand seiner Industrie, seine» Handels und seiner Bodenwert«, sondern auch durch seinen landwirtschaftlichen Reich tum. Die Krise, die Deutschland durchmacht, suspendiert seine Zahlungsfähigkeit, okne sie aber für di« Zukunft zu vermindern. Deutschland behält alle seine reichen Felder, seine Bodenschätze, seine weiße Kohle, seine Fabriken, seine Arbeitskräfte, es fehlt ihm nur der Wunsch, seinen Ver pflichtungen nachzukommen. Wir find nicht leichten Herzen» an die Ruhr gezogen. Dir find ebenfalls nicht leichten Herzen» dazu ge schritten, unserer Pfandergreifung den Charakter einer militärischen Okkupation zu geben. Wenn wir mit einem loyalen Schuldner zu tun gehabt hätten, hätten wir nie daran gedacht, ihm den Gericht»- Vollzieher zu schicken. Man spreche also nicht mehr von einem militaristischen Frankreich, da» sich io kriegerischen Aktionen wohl fühle. Alsdann begab sich Poincarä nach dem Priestrrwald, wo er noch eine dritte Denk- malsred« hielt. Hierbei sagte er: „Der von Berlin lAohlene und bezahlt« passive Widerstand Hrt nach und nach trotz brr Berliner Regierung auf. Das Deutsche Reich weiß da». E» bleibt ihm nur ein einziger vernünftiger Ausweg, nämlich fest zustellen. daß der Widerstand nicht den Wünschen der Bevölkerung entspricht, und dir Erlast« zurück- zuziehen, di« ihn befohlen haben. Aber nein: Maa zieht »» in Berlin vor, un» etnen Entschluß zu v«r- kausrn. welch«» ihm di« Ereignisse aufzwangrn. Man will un» al» Gegenwert Zugrständnist« ent reißen, man will vor allen Dingen sich morgen rüh men können, nicht nachgegeben und un» »um Nach geben gezwungen »u haben. Um die Manöver voll zu gestalten, läßt man un» von allen Seiten mit teilen, daß «in« Katastrophe «iatreten werd«, wenn wir nicht zu einem schnellen Abkommen gelangten. Deutschland würde ein Herd der Anarchie werden, und dieser Herd in» Her»«« Eurova» würde rin« schwere Gefahr für di« Nachoarschaft vedeuten. Man kennt aber Frankreich schlecht, wenn man glaubt, daß es von diesen Fieberauofichten in irgendeiner Weise eingeschüchtert werden könnte." Baldwin erstattet Bericht London, 24. September. Wie der «Daily Tele graph' erfährt, wird Baldwin am Mittwoch leinen Ministerkollegen zusammen mit dem Bericht über seine Unterredung mit Poincarö Schlüsse unterbreiten, zu denen er infolge dieser Unterredung gelangte. In Anbetracht der sehr heiklen Frag? der kommenden Probleme in ihrer augenblicklichen Phase könnten von der Regierung Mitteilungen nicht vor Beendigung der Kabinett»sitzung erwartet werden. E» sei sogar sehr zweifelhaft, ob irgendwelche Be schlüsse gefaßt werden, bevor di« Fragen mit den Premierministern der Dominion» auf der Reichs bonserenz erörtert worden find. Zuchthaus für Ruhrverrater Dar erst« Beamte »ar dem Reich»-ericht Gestern mittag hatte der Senat für erstinstanz liche Strafsachen zum ersten Male gegen einen Staatsangestellten zu Gericht zu fitzen, der während der Ruhrkampfes s ü r die Franzosen gearbeitet hatte. E» handelte sich um den Kohlenlader Johann Wirth, der bei der Eisen» dahndirektion Elberfeld, und -war auf dem Bahnhof Hattingen, bedienstet war. Der Angeklagte hatte, al» der Bahnhof Hattingen am 1ö. Januar d. I. be setzt wurde, den Franzosen dadurch Dienste geleistet, daß er einen Kohlenkran und ein« Drehscheibe, die außer Betrieb gesetzt worden waren, wieder herttellte und den Besatzungstruppen den Gebrauch dieser Maschinen zeigt». Der Senat de» Reichsger.cht» er kannte gegen Wirth auf eine Zuchthausstrafe von ? Jahren S Monaten unter Anrechnung von 8 Monaten Untersuchung»hast und auf S Jahre Ehr verlust wegen Landesverrat». „Kuf nach Serkin!" Da« Treib«» d« bayrische» Rati»»alisten Ueder di« Augsburger Tagung der Vaterländischen Verbände, über die wir bereits berichtet haben, liegen jetzt ausführlicher« Mitteilungen vor. Demnach war di« Versammlung einberufen, um di« neu« Parole zu verkünden, di« nicht mehr „Lo» von Berlin', sondern .Auf nach Berlin' lautet. Di« Hauptred« hielt der frühere Hauptmann Heiß, d«r Leiter der Organisation Reichsflagge. Er nannte Stresemann den „Angestell ten de» Marxismus' und kündigte an, daß seine Leut« mit ihren Gewehren und Maschinengewehren und mit den paar Kanonen, die sie besaßen, nach Berlin durch Thüringen zu marschieren gedenken. Di« Bayern wollten ihre Brüder in Rord- deutschland nicht verkommen und verloddern lasten. Die deutsche Frage werde nur durch bas Schwert und nur in Berlin von bayrischen Fäusten entschieden werden. Heiß schloß mit der Bemerkung, daß di« nationale Revolution unter dem Banner Schwarz-weiß-rot mit dem Hakenkreuz kam- men werd«. Hieraus sprach General Ludendorfs, der sich etwa» dunkel über seine Ziele ausd-rücktr. Sein ganze» Auftreten machte den Eindruck «in«r Weih« für di« vorangegangen« Kriegserklärung, zu mal er kein Dort der Abwehr gegen den a>ngepriese nen Bürgerkrieg fand. Der Bund Oberland, eia« ähnliche Organi- sation wie di« Reich,flagge, veranstaltete gestern wieder einen bewaffneten Ausflug in die Umgebung München». Bei seiner Rückkehr stießen die Teil nehmer mit Angehörigen der Linksparteien zu sammen. Am Mariahtlfplatz entstand «tue leb hafte Schießerei, wobei ein unbeteiligter Schlosser schwer verletzt wurde. Die Polizei schritt sofort ein und nahm Verhaftungen vor. Vie Leipziger Gymnasien und die „Organisation G" Bon den vereinigten Preßausschüssen des Sächsischen Philologen - Vereins, Bezirk Leipzig, und der Vereinigung der Lehrer an den höheren Schulen Leipzigs erhalten wir folgendes Schreiben: „Zu Ihren Artikeln „Organisation 6' und „Schule und Politik' bemerken wir folgende»: Der Ton, den Sie in den genannten Artikeln gegenüber den Gymnasien anschlagen, hat in un seren Kreisen erhebliche» Befremden erregt. Da da» groß« Publikum unter Gymnasien noch immer oft und gern alle Arten von höheren Schulen ver- steht, fühlen sich auch die nicht an Gymnasien tätigen höheren Lehrer durch die in den genannten Artikeln erhobenen Vorwürfe getroffen. Wir alle weisen sie al» unberechtigt zurück. Sir haben zwar in Ihrem Prozeß gegen da» Schulkollegium der Provinz Brandenburg einen Freispruch erzielt. Trotzdem ist e» mehr als zweifelhaft, ob r» richtig war, so ausführlich in Ihrem Leipziger Blatte auf diese Sache einzugehen. Dar zu leicht wird bet vielen Lesern der Gedanke entstanden sein, in den höheren Schulen von Leipzig, besonder» den Gymnasien, herrschten ähnliche, reaktionäre Zu- stände, lind davon kann ga? keine Rede sein!!!' Unsere Leser werden mit Befriedigung davon Kenntnis nehmen, daß in den höheren Schulen Leipzigs nicht solche reaktionäre Zustände herrschen, wie sie das Gericht in dem Friedenauer Gymnasium festgestellt hat. Da sich dies so ver hält, haben aber auch die Lehrer an den Leipziger höheren Schulen gar keinen Anlaß, sich durch unsere Kritik getroffen zu fühlen, denn diese bezog sich offensichtlich nur auf diejenigen Gym nasien. in denen derselbe Geist herrscht, wie in dem Friedenauer, und ihr „Befremden" über unser« Artikel beruht danach auf einem Mißver- ständnis. Es wäre vielmehr folgerichtig, wenn sie unseren Ausführungen zustimmten, da sie ja, gleich uns, die in dem Prozeß aufgedeckten, den Staat gefährdenden und die Jugend verwirren den Borkominnisse in Friedenau verurteilen. Zusammentritt -er Lan-tagr voraussichtlich am 9. Oktober Dr«»d«», 24. September. (Eig. Tel.) Heber die Einberufung des sächsischen Land tag r», die die Regierung für die erst« Oktobcrwoche beantragt hatte, wird der Aeltestenausschuß de» Landtage» voraussichtlich am Donnerstag dieser Woche beschließen. Am letzten Montag hatte bereits ein« telephonische Verständigung zwischen dem Ministerpräsidenten, dem Vorsitzenden der sozial demokratischen Landtagsfraktton, Landtagsabaeord- netrn Wirth, und dem Landtagsprästoenten Winkler stattgefunden. Trotzdem war noch ein besonderer Antrag der Regierung für die Ein berufung des Landtage« notwendig. Wir wir nun erfahren, dürfte der Landtag voraussichtlich zum 9 Oktober einberufen werden. Seigner in Berlin Berlin, 24. September. Am gestrigen Sonntag fand ein außerordentlicher Bezirksparteitag der Berliner Sozialdemokraten statt. Bor zwei Wochen war auf dem ordentlichen Berliner Bezirksparteitag beschlossen worden, den sächsischen Ministerpäsidenten Dr. Zeigner nach Berlin zu laden, um ihm Gelegenheit zu geben, vor den Ber liner Funktionären über die sozialdemokra tische Politik in Sachsen zu sprechen. Die Berliner Funktionäre haben sich nun auf dem gest rigen Parteitag in ihrer großen Mehrheit hinter Zeigner gestellt. Im Verlauf der Debatte im Anschluß an dir Ausführungen Zeigner» fand eine Reihe von Anträgen Annahme, deren Tendenz sich gegen die große Koalition im Reiche rich tete. Vie SusammenstStze in Podelwitz Ll»a amtlich« Darstellung Da» Leipziger Polizeipräsidium verbreitet über di« gestrigen blutigen Zusammenstöße in Podelwitz und Wiederitzsch »wischen Mitgliedern de» Stasil- Helm-Bunde» und kommunistischen Hundertschaften «inen amtlichen Bericht, dem wir folgende» entnehmen: „Am Sonntag sollte in Wiederitzsch eine Fahnenweihe de» „Stahlhelm" stattfinden. Sie wurde durch di« Amt»hauptmannschaft au» sicher- heit»poliz«iltch«n Gründen verboten. Da» Per- bot wurde bereit» am Donnerstag zugestellt. Trotz de» Verbote» waren Anzeichen vorhanden, daß die Frier bestimmt abgehalten werde sollte. Regie- rung»kommissarr und eine kleine» Polizei kommando begaben sich deshalb nach Wiederitzsch, um eventuell eingreiftn und vermitteln zu können. Bet der Ankunft stellten sie eine Anzahl Abwehr- Hundertschaften in Stärke von etwa 400 bi» S00 Mann fest. Diesen wurde sofort erklärt, daß sie sich jede» polizeilichen Eingriffe» zu enthalten hätten, da die Polizei dir Durch führung dr» Verbote» garantiere. Im allgemeinen wurde dem auch Folge geleistet, wenigsten» sind gröblich« Verstöße in Wiederitzsch nicht vorgekommen. Rach II Uhr trafen mit dem Zuge au» Halle 77 Stahlhelm- uud Werwolf-Leut« «in. Aufzug und Kleidung wäre« rein mili tärisch. Den Leuten wurde von der Polizei bedeutet, daß die Veranstaltung in Wiederitzsch verboten sei, und daß st, mit dem nächsten Zug« zurückzufahren hätten. St« kamen diesem Wunsche ohne weitere» nach und erklärten, wenn ihnen nicht noch gestern abend ein Telegramm zugestellt worden wär«, daß die Feier bestimmt stattfindcn sollte, wären sie überhaupt nicht hergekommen. Eine Durchsuchung nach Waffen förderte meh rer« Schlag- und eine Schußwaffe zu tage. Ei, waren bereit» vorsichtshalber an zwei Damen abgegeben, die die Waffen in Leder mappen trugen. Etwa gegen A12 Uhr erschien aus Preußen ein Lastkraftwagen «ft etwa SS Mann Stahlhelm- Leutra besetzt. Sir wurden von der Polizei angehalten und «benfall» darüber aufgeklärt, daß die Feier verböte» sei und sie zurückfahren möchten. Obwohl an- fang» Widerstand und Drohungen be merkbar wurden, fügt» man sich dann und fuhr zurück. Die Ort»gruppe de» .Stahlhelm' in Leipzig hatte trotz des Verbotes Vorbereitungen zur Teilnahme an der Fahnenweihe in Wi-derM-, getroffen. In einem Rundschreiben heißt es wörtlich: «Zur Fahnenweihe der Ortsgruppe Wiederitzsch, So»»tag, den tt. September 1923, stellt der Stahl- Hel«, Ortsgruppe Leipzig, mittag» 11M Uhr, Kaser« 107, Abmarsch 11,48 Uhr.' Die» war der Polizei bekannt, weshalb ein Rc- gierung»kommissar und drei Beamt« nach dorr giuaen, um nochmal» auf da» Verbot aufmerksam zu machen und vor Unbesonnenheiten zu warnen. Da bei Stahlhelm-Deranstaltungen oi»her laufend Waffen festgestellt wurden, war gleichzeitig eine Nachprüfung au, Waffen angeordnet. Degen 11 Uhr sammelten sich — anfangs in losen Trupps — di« Stahlhelm- und Werwolf-Angehörigen von Leipzig. Nach Eintreffen de» bekannten uniformier- ten Tambourzuge» de» Möckernschen Militärvrrrins wurd« «in geschlossener Zug formiert. An der Spitz« eia uniformierter Stoßtrupp, nach dem Lambourzug gleichfall« ein Stoßtrupp, am Schluß die Zivilisten. Jetzt griff die Polirei ein. Sie wie» auf da» Verbot hin und erklärte, daß sie beauftragt sei, eine Wafsendurchsucsiung vorzu nehmen. Sie warnte dabei dringend, nach Wiederitzsch zu marschieren. Der Zuy löste sich nach der ergebniolo» gebliebenen Waffendurchsuchung auf, die Leute gingen aber einzeln in der Richtung der preußischen Grenze zu. Auffällig war, daß beim Stellen etwa elf ... , . mit rechten Dingen zugeh«. Aber man wird be scheiden und nimmt den Mozart-Torso gern auch in der netten Zurrchtmachung an, in weicher der Regi-rur Walt« Elschnrr ihn präsenttert. Mozart-Epilog »Was schtkutterri ihr de» Schikaneders" (David tzriedttch Grrautz.) Ein Rarr mit Namen Schneider hat im Jahre ISäb Mozart zum Helden einer Biedermeieroperette gemocht. Lr Hot au» dem feinen Spi«lw«rk voll Koketterie und Persiflage, da» Mozart kurz vorm „Figaro' al» seinen „Echauspirldtrektor' für Schönbrunn schuf, einen öden Schmarrn gebosselt. Ja diesem gehen Mozart al» Tölpel und Schikaneder al» Simpel einher. E» ist die Methode de» „Drei- mäderlhause»', aber au» dem Gesichtskreis der Ro mantik. Mozart setzt auf den harmlosen Scherz seine» Schauspieldirrktore «in« funkelnd« Ouvertüre, in dem all« Dämonen und parodistischen Geister seiner Musik ihr Wesen treiben. Er persifliert hier sich selbst, die Gesellschaft, da» Theater. Und der kleine nachfolgend« Sch«r- geht ohne Rest auf in dem größeren Ernst und Tiefsinn seiner Kunst. Die Ouvertüre -um Schauspieldirektor birgt mehr oo« Geist jener Schönbrunner Improvisationen au» dem Figaro-Iahr, al» irgendein Theater heute be schwören könnt«. Man soll da» Kind einer Laun« nicht noch der Gesetzmäßigkeit der modernen Büyn« streck«». Vielleicht bliebe nach jener parodistisch" tftffinnigen Ouvertüre am besten der Vorhang ge schlossen. Oder gebt danach «in andere» Spiel al» diesen Scherz mit dem Schauspleldirektor, dem Bufso- nisten und den beiden Primadonnen, auch wenn da rum zwei, drei köstliche Stegreifdichtungen Mozart» geopfert werden müßten. Aber verschließt dem Narren Schneider di« Bühn,. Di« »Kai-«' de» 24jährigen Mozart ist al» Tors» a«f un» gekommen. Vor «in paar Jahren hat «an ihm neue Gliedmaßen angesetzt. Eine« Kopf au» dem 8c>^vo äi Zeipion« und »in Fuß- gestell au» dem König Thamo» (beide von Mozart). Mit einige« Nachdenken wär» r» vielleicht möglich gnoesea, di« oberflächliche Bearbeitung von Rudoloy zu verbessern und allenfaü» der Handlung a« Schluß »ine Version zu geben, die auch «in«m kind- Gemüt den Llftuben ließe, daß hier alle» Den Sängern de» Mozart-Abend» kann r» nickt entgangen sein, wo sie vor einer echten Mozartstil- aufgabe standen, und wo man ihnen etnen Narren aufgebundrn hatte. E» mag Sänger geben, die eine Narretei gern auf rin anspruchio» lachlustiges Publikum abwälzrn. Zu ihnen schien Laßner zu gehören, der au» dem Schikaneder eine seiner drastisch komischen Figuren machte, und di, Albern- heiten de» Stücke» breiter trat al» für eine Posse gut gewesen wäre. Liß mann aber glaubte man anzumerken, daß er mit heroischer Ueberwindung die tölpelhafte Mozartmcwk« trug. Die Hansen- SchuIth eß und Schulz-Dornburg blieben der ursprünglichen Rcckokoimprovisation durch dir Natur ihrer Rollen am nächsten. In .Zaid,' gab sich Laßner mit seiner kurzen Episode und seiner einzigen Desangsnummer am mozartischften. Dir Zaide der Lind war farblo» und unsicher. Rogland singt dir hohen Lagen nicht einwandfrei, blieb aber seiner Aufgabe al» Liebhaber Alonso im ganzen nicht viel schuldig. Wa» sich al» Mozart-Erlebnis über da» Ganz« hob und nachklingt, ist nicht eben viel: do» innige Terzett de» ersten Akte» der Zaid«, der parodistische Drei gesang im .Schauspteldirrktor', die eigenartigen Melodramen in der Zaid, mit ihrem Seelenaufruhr und ein paar verstreute Borkläng« auf den bekannten Mozart: jenen allergrößten, der mit der Ouvertüre zum Schauspieldirektor einmal vorüberkuscht». Szendrei» musikalische Führung bewegte sich in onn-bmbarem Tempo aber unterhalb irner höchsten Stilsphäre, in der sich erst letzt« Mozart-Weisheit offenbart. Da» Orchester hatte nicht jene Zmmateria- litöt und Transparenz t« Klanglichen, jenen au» alükende« musikanttfchen Empfinden kommenden Fluß. Di« Mozartaufführung«, hätten genügt. Aber da man ein« neu« Ballerina und «inen alten Ballett stamm hat, so mußt« rin Finale erdacht werden. Die« Finale hieß Ballettsuit« nach Gluckscher Musik. E» lohnt sich nicht, über dies« Angelegenheit viel Worte zu wechftln. Mer die ne« Ballerina Erna Abendrath verpflicktet hat, hat damit »em neuen Opern direktor den stärksten Hemmschuh an- gelegt, wofern dies« gesonnen ist, Tanz al» »rga- nischen Teil de« Gesamtkunstwert» in den Bereich »er R»ai« zu ziehen. Ma» wir gesehen haben, war rin trübe» Gemisch ^n «i-nersi-ndener moderner Tanzkunst, die «ms Rem« «ch Körper gestellt ist (Wigman, Laban, Hellerauer Einschläge), und schlech tem, ungekonntem Ballett alten Stil». Da» Resultat: ungewollte Groteske. Man wird in unserer Oper noch kraftia aufzuräumen haben, bevor aufbauende Arbeit möglich ist. kk»i», Testnocr. Lichendoeff» Rettung Lchansplrlhan» Der Freiherr von Eichendorfs, deutscher Sänger, Verehrer Shakespeares, Ilebersetzer Calve- rons, hat vor 90 Jahren ein liebe«, kleine» Lustspiel geschrieben, da» in Form und Ton zwischen der heite ren spanischen Grandezza und dem satteren Bebagen der englischen Laun« «inen sickeren eigenen Weg ftnoet. Nur den Weg zur Bühne haben „Die Freier' nicht gefunden, teil» weil die Bühne der gelt einen banaleren Geschmack pflegte, teil» weil der gut« De- schmack Shakespeare und die spanischen Originale mit Recht bevorzugte. Die spanische Form und die eng- ltche Fülle vor der sympathischen Nettigkeit dr» deut schen Nachahmer», die im Drama nur eine — sagen wir — entzückende Mittelmäßigkeit bedeutet«. Dieser entzückenden Mittelmäßigkeit doch noch ein mal auf die Bretter verholfen zu haben, ist das Ver dienst de» Münchner Schriftsteller» Otto Zoff. Soweit geht e», und weiter nicht. Wenn er die -freie Bearbeitung" unterlassen hätte, dann wäre der Ver dienst — an Tantiemen — wohl geringer, da» Ver dienst — an Eichendorff — aber beträchtlich größer gewesen. Seine Streichungen konnte jeder Drama turg von mittlerer Begabung selber vornehmen, seine Zusätze find immer überflüssig und ost scheußlich, seine Aendrrungen von allen guten Geistern »er lassen. Da aber Etchenborff» Heiterkeiten und Zoff» Plumpheiten dem Publikum der Uraufführuna ge fielen, hat eine Bühn« nach der andern den Zoff im Sack gekauft, oder vielmehr den Eichendorff «m Gack von Zoff und muß nun wohl oder übel die tayttemen- pflichtige Verballhornung spielen, auch wenn sie fleißig genug (st, da» Original wenigsten» mit auf den Regietisch zu legen. Einiae besonder» töricht« Striche hatte Han» Peter Schmiedel im Schauspielhaus« wohl auf gemacht, aver i» Ganzen hielt er sich »och un» «aßt« er sich wohl an den verzofften Tert haften. Immer hin, die Aufforderung: Ziehen Sie die Hosen au»l' von der vermeintlichen Geliebten (die ein verkleide- ter Mann ist) an die vermeintliche Geliebte (die für verkleidet^ehalten wird) gerichtet, eine Schwank zote dritten Range», ist bei Eichendorfs ebenso un möglich, wie „den Degen, den man gegen Frauen vorstößt, übst du mit mehr Geschick". Die erste U-bel- kett ist wenigsten» «iu Publrkumswitz, die zweite wird überhört. Ein alter Gärtner bei Eichendorfs hat «ine Richte, die mit dem lustigen Jäger poussiert. Bei Zoff poussiert sie mit dem Gärtner — ihrem Vater. Das ist Unsinn um seiner selbst willen, hinter dem man kaum bi« gute dramaturgisch« Absicht ahnt. Sie be steht nämlich nur in mangelnder dramaturgischer Hinsicht. Aehnlich verhält r» sich mit dem un- motiviert auf «in« Laube kletternden Hofrat. der bei Eichendorff geflohen ist und erst »um Schluß noch einmal wütend in di« Szene hineinplatzt, weil er die Verwirrung, dir er verhindern sollte, nicht nur mit angestiftet hat, sondern auch die vollzogen, Lösung nicht begreift. Zoff» guten Willen in Ehren, aber die Tan- tirmen gehören aus Eichendorff» Grab. Das Durch einander vom Grafen, der die Gräfin freien will und sich in die Kammerzofe verliebt, die aber die Gräfin ist: von der Gräfin, die sich in den fahrenden Sänger verliebt, welcher aber der Gras ist: von dem andern fahrenden Volk, da» sich um lauter falsche Gräfinnen bewirbt, da» alles ist nicht sehr wichtig, nicht sehr glänzend, aber gutgelaunt und in Eichen- dorff» zarter Sprach« voll geistreicher «m^ungen und au» einem Guß. Zoff ist ein Aufguß. Und Christian Lahufen» Musik dünner Zuckerguß. Di, Mischuna ein Publtkumeerfolg gegen Sichen- darff. Der Erfolg wäre noch stärker, wenn s^neller gespielt würde. Erzielt wurde vor Ritzsche» bunten Bersatzstücken «ine etwa» gedehnte Sckwankstimmnng. Die Langfelder ist eine freundlich«, hübsche Gräfin, di« rarsten» kann sich in der Zofenrolle nicht ge nügend entwickeln. Den Grafen macht ein neuer Liebhaber, Han» B ö bssn, mit Lustigkeit, aber einigen Theatertönen. di» noch entölt «erden müssen. Wil- hH« Strand« wirkt al» Komiker nebev Wil- den», in, der »»ll«r Einfälle «ar, zunächst etwas trocken. E» wurde i« besseren Vossensiil, einheitlich, »ttoa» «i breit, ans dauerhafte Abendunterbaltun- "n ge spielt. Zu wenig non Sich»nd"rff, niel'uni-l von Zoff. »MM OchwrU RlckftMr
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