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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192309204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230920
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230920
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-09
- Tag 1923-09-20
-
Monat
1923-09
-
Jahr
1923
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HilfrkaftMi Aemeinnütziger Wohlfahrt». Einrichtungen Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unter denen her größte Letl der deutschen kranken, und Pflege anstalten zu leiden hat, hat di« großen Organisatio nen der freien Wohlfahrtspflege veranlaßt, im Sin- vernehmen mit dem Reichsarbeiteministerium ein« Hilfelasse gemeinnütziger Wohl, fahrtseiarichtungea Deutschland, G. m. d. H. mit dem Sitze in Berlin ine Leben zu rufen. Der Zweck der Htlfskasse ist, durch Kredit beschaffung zu besondere günstigen Bedingungen, und zwar sowohl in kurzfristigen Darlehen ale auch für längere Zeit bestimmten Hypotheken, den kranken- und Pflegeanstalten zu ermöglichen, ihren Betrieb auf. rechtzuerhatten, inebesondere für rechtzeitige Be- schaffung von Lebensmitteln, Einrichtungigegen- ständen, kohlen usw. zu sorgen. Die Hilfskafl, ist ein^ Einrichtung der Vorstände ohne öffentlich-recht- lichrn Tharakt«. Setten, de- Neich-miaister, der Finanzen ist der Hilf^asse zur geit ein Betrag von 1 Billion 664 Milliarden Mark zur Der- fügung gestellt worden, au, dem den Anstalten der privaten Wohlfahrtspflege zur Beschaffung von Heizmaterial, Darlehen unter bestimmten De- Lingungen gewährt werden können. Da, Sftichs-Dirtschastsymft»» bleibt von Frei- tag, den 21. September an für den öffentlichen Besuch gesch lassen. Die gngtierstenersätze sind durch Berordnuaa de« Ministerium« de« Innern vom 28. August 1923 mit Wirkung vom 1. September 1923 an erhöht worden, und zwar für ein Pferd und «in Maultier auf den Iahresbetrag von 1200 000 für jede« andere Zug- tier im Sinne de« Gesetze« auf den Iahresbetrag von 860 000 »tt. Nach ß 1 de« 40. Nachtrag« zur Steuer- ordnuna für die Stadt Leipzig sind diese Ereuersätze zu verdreifachen. Die sich danach auf die Monate September 1923 bis mit März 1924 mit 2 073 760 für ein Pferd und ein Maultier und mit 1669 000 »tt für jede« ander: Zugtier berechnenden Erfüllung«, betrage sind zur Vermeidung zwangsweiser Veitrei- bung binnen einer Woche an die Zahlstelle im Stadt- steueramt, Rathausring 8,1. Obergeschoß. Zimmer 18, zu entrichten. Die Steuerbescheide sind bade: vor- zulegen. * Aumeldaug von ArbeitsgelmenheU für Krieg«. Hinterbliebene- Durch den Verlust de« Ernährer, und durch die Not der geit sind viele tu der amtlichen Fürsorge stehende Kriegshinterbliebene gezwungen, einem Berufe nachzugehen. Da diese Hinterbliebenen aber durch Derrichttmg des Haushalte« und Er- ziehung der Kinder an Üebernahme einer Danztages- arbeit verhindert, außerdem in den meisten Fällen für einen Beruf nicht vorgebildet find, kommen nur bestimmte Arbeitsweise in Frage. Zn erster Linie würde e» sich um stundenweise Bureau- und Lager- arbeiten und um Beschäftigung al, Maschinen- schreiberin handeln. Firmen, die derartige Arbeite kraft« benötigen und bereit sind, den kttegshinter- bliebenen ihr Lo« zu erleichtern, werden gebeten, sich an die Arbeitsstelle des Ortsamtes für Kriegerfür- sorge, Nonnenmühlgafie 8, zu wenden. Var zweimal gestohlene Zahrraö Zwei Brüder, ein 24jähriger Eisengießereiarbeiter und ein 30jähriger, jetzt arbeitsloser Landarbeiter, hatten sich vorgenommen, eine, acht« einige Fahr räder zu stehlen. Als sie ihr Vorhaben ausführen wollten, kamen sie zu der Ueberzeuguna, daß die» ohne besondere Hilfsmittel nicht möglich sei, weshalb sie unverrichteter Sache jenen Betrieb, den sie zu ihrer Tat ausgewählt hatten, wieder verließen. Einige Nächte später, in der Nacht zum 18. August glückte ihnen die Ausführung de« Einbruches. Einer nahm ein Herren, und ein Damenrad und der andere ein Herrenrad au« dem Musterzimmer an sich. Iw Wtndmühlenweg hatte» sie do» P^, gegen 5 Uhr früh von einem PolizeiLeamten der 12. Po lizeiwache bemerkt zu «erden. Dieser sah so» weitem erst d«n Mann mit den zwei neuen Fahr- rädern und al» der verschwunden, den anderen. Dieseii hielt er an und führte ihn der Wache eu. Ja seinem Rucksack« fand man noch vier Kettenräder und einen Ledertreibriemen. Der Bruder des Festaenommenen versteckt« da« Damenrad hinter der Russischen Kirche im Gesträuch und schaffte nur da, Herrenrad in seine Wohnung in der Talkraße. Nun erst merkt« er, daß sein Bruder nicht nachgekommen war. Im Lauft de. Tage« wurde auch er festgenommen und da, Herren- rad ihm abgenommen. Da« Damenrad, ein völlig neue«, Marke „Norma", war aber inzwischen au, dem Versteck hinter der Russischen Kirch« oer - schwunden. Wie beobachtet worden ist, soll e« ein gut gekleideter, breitschultriger Mann von mittlerer Größe am fraglichen Tage gegen 6 Uhr abend, dort weggeführt haben, nachdem er sich einige Zeit dort in verdächtiger Weise herumgedrückt hatte. Da« Rad ist besonder» auffallend. E« hat roten Nahmenbau, ist schwarz-gold abgesetzt, Hot vernickelte Schutzbleche und Felgen, die mit schwarz^oldenen Streifen versehen sind, ist mit englischem Lenker, Torpedofreilauf ausgestattet und trägt die Fabrik«, tionsnummer 3927. Angaben über den Brrbleib de« Rade» bzw. über die beschriebene Person werden schnellstens an die Kriminal-Abteilnng erbeten. Verteilung der Sammlung für die hungernden Mnder Veutsthlandr Wie wir vor einer Woche mitteilten, waren un« au, der deutsch-böhmischen Sammlung, die unser Prager Miteigentümer, der Verlag Henri Mercy Sohn, im Einvernehmen mit un« für die hungernden deutschen Kinder veranstaltet, 30000 Tschechokronen zur Der- fügung gestellt worden, über deren Verwendung bi, auf eine Restsumme von 10000 Tschechokronen schon berichtet wurde. Diese restlichen 10000 Tschechokronen haben wir heute, nachdem sich ein Mitglied unserer Redaktionen, Herr Ernst John, durch persönlich« In- formationen an Ort und Stelle von der Notwendig, keit einer sofortigen Hilfeleistung überzeugt hat, fot- gendermaßen in unserer weiteren Heimat verteilt: 2000 Tschechokronen an Herrn Stadtrat Lehrer Her- mann, Falkenstein, um da« Falkensteiner Kinderheim (166 Kinder) vor der Schließung zu bewahren, und um 76hungerndenSchul- kindern und 23 in mißlichsten verhalt- nissen sich befindlichen Säuglingen sofort helfen zu können. 2000 Tschechokronen an da« Friedrich-Kranse- Stift Plauen zur Beschaffung von Feuerung und Nahrung für die dort befindlichen Dassen kinder (vor allem Kriegerwaisen). 1000 Tschechokronen an dasBürgermeisteramt Wurz en zur Verteilung an die »Städtisch« Kinderspeisung", den »Städtischen Kinderhort" und die »Städtische Kinderbewahranstalt". 1000 Tschechokronen an da« Kinderheim Rei- chersdors (z. Hd.» des Herrn Amtshauptmann, von Dorna), um einer größeren Anzahl von Berg, arbeiterkindern au« dem Bornaer Bezirk Er holungsaufenthalt in Reichersdqrf zu ermöglichen. 1000 Tschechokronen an da« Kinderheim Grimma, um da» Heim vor drohender Schließung zu bewahren. 1000 Tschechokronen an da« Bethlehem-Stift inDadLausick (Verein für Inner, Mission, Leipzig), um da« Stift vor Schließung zu bewah ren und 30 bedürftigen Kindern einen vierwöchigen Aufenthalt zu verschaffen. 1000 Tschechokronen an die Kinderbewahr anstalt Konstanzenstift Frohburg, um da« Weiterbestehen dsr Anstalt zu ermöglichen. 1000 Tschechokronen an Herrn Demeindevertteter Postsekretär Dünsche, Neugersdorf, um den Kin dern der in ungeheurer Not befindlichen Indu-, striegemeinden Neugersdorf, Ebers bach und Kettmarsdorf durch Anschaffung von Nahrungsmitteln zu helfen. Lebensfragen Unter Beteiligung von Berfteter» der Industrie, der Behörden, der Wissenschaft usw. wurde am Dienstag in Eisenach dir 84. Jahresversammlung des deutsche» Verein» von Da», und Wassxrfach- männern unter Vorsitz von Generaldirektor Meyer (Dortmund) eröffnet. Zahlreicher denn ft hat die äußerst schwierig«, teilweise katastrophal, Lage der Gaswerk« deren Inftressenftn zusammengeführt, um nach Mitteln und Wegen zu suchen, da» Schimmste »u verhindern und eine weiter« gesunde wirtschaftlich« Entwicklung gewährleisten zu können. Rach einer Begrüßung durch den Oberbürger, meister der Stadt Eisenach wurde in die Beratung de« Hauptpunktes der Tagesordnung: die Maanzgeborun« der Gaswerke etngetreten. Der Referent, Direktor Kilian- Leipzig, stellt« an die Spitze feiner Ausführungen den Grundsatz, daß die Abnehmer nicht für da» Werk, sondern umgekehrt, die Werke für die Ab- nehmer da fern sollten und die Unternehmer den versuch machen müßten, ein dauernde« gutes Per- hälttris zwischen beiden Teilen herzustellen. Die Ab nehmer müßten ab« Verständnis dafür haben, daß es unter den heutigen Verhältnissen für rin Gaswerk unmöglich ist, liquide zu bleiben, wenn es für seine Ware infolge der Geldentwertung und der nachträg- lichrn Zahlungen der Monatsrechnungen nur einen Bruchteil der Erzeugungskosten erhalte. Ein solcher Verfall bedeute in kurzer Zeit den völligen Ruin der Gaswerke. Drr Redner untersuchte dann die Mittel und Dege, dft eine Sanierung herbeiführen könnten. Einfache Vorauszahlungen, wie man sie teilweise in Berlin versucht habe, könnten da» Problem nicht lösen und sei technisch undurchführbar. Die in Berlin Anfang August durch Schecks überwiesenen Voraus zahlung«» seien bi« 26. August noch nicht restlos überwiesen worden. Der Zweck der Vorauszahlungen sei demnach völlig verpatzt. Den Werken fehle e« heute an den nötigen Mitteln. Lieft Werke hatten heute schon die Kohlenkäufe einstellen müssen. Die Kommunen seien in ihrer eigenen un günstigen Wirtschaftslage außerstande, zu helfen. Hier müsse di« Reichsbank durch Gewährung von Krediten einspringen. Di« Werke würden wieder gesunden, sie bedürften aber einer Atempause, um ihre« Betrieb in Ordnung zu bringen. der Gaswerke Roch einer dreistündigen Sitzung, au» der be- sonder» hervorzuheben ist, saß einzeln« Werke bereits zur reinen Goldzablung llbergegangen find, wird eine Reihe von Richtlinien aufgestellt, dft dem Dor- stand zur endgültigen Festsetzung überwiesen werden. lieber die Zusammenlegung kleinerer Werke sprach Direktor Westphal von der Thü ringischen Gasgesellschast in Leipzig. Infolge der Verluste» der besten deutschen Kohlengruben in Ober schlesien und an der Saar müßte auf die größt möglichste Epspqrni»an Kohlen hingearbeiftt werden. Redner forderte zu diesem Zwecke dir Zentralisation der Gaserzeugung in großen Gas- roerkeu und die Fortleitung des Gase« in benach barte Städte durch Hochdruckfernleitung. Die Elek- trizitätsindustrie sei mit gutem Beispiel durch den Ausbau großer Wasserkräfte zu elektrischen Kraft stationen und vor allem durch Schaffung von Heber- landzentralen vorangegangen. In ähnlicher Weise müßt« die Gasversorgung durch Fcrngaswcrke er folgen. Einen scharfen Protest der Versammlung forderte sodann der letzte Beschluß des Reichskohleu- verbände« heraur, wonach dft Gutschrift der für die Kohlenlieferungen überwiesenen Zahlungen nach der amtlichen Dollarnotierung am Tage de» Ein- gang» der Zahlung erfolgen soll. Direktor Lew- pelku« (Berlin) berichtet« über die Sitzungen, dft in dieser Frage im Reichskohlenverband und im Rcichskohlenrat stattgefunden haben. Trotz de« scharfen Proteste» de« Vereins, der in einer Eingabe die Undurcbführbarkeit dieser Satzung dargelegt habe, habe der Reich»wirtschoft»mintster seine Zustimmung gegeben. Dieser Grundsatz könnte, worauf General- direktor Meyer (Dortmund) hinwie«, in seiner äußersten Konsequenz dazu führen, daß eine kohlen- rechnung überhaupt nicht bezahlt werden önnte, da eine Dollarhausse, wie wir sie in der letzten Zeit wiederholt erlebt baden, auch in Zukunft nicht ausgeschlossen sei. Erfolgt er nach Absendung der zur Deckung de» Rechnungsbeträge» erforderlichen Nachzahlung, so wäre dann wieder ein« weitere Nach zahlung erforderlich und so weiter fort. Diese« Bei- spiel genüg«, »un die Bestimnnmg ack »dsurckum zu führen. Die Versammlung forderte einmütig die Zurückziehung dieser Bestimmung. Für dft schon verteilten Summen sind Dankes- schreib»« eingrftoffen, au« denen «ärmste, hdrz- lichstr Dankesfrrud« spricht. So schreibt dft LelttHg der 3. Katholischen Bürgerschule in Leipzig.Lindenau: »Die überwiegende Anzahl der hiesigen Kin der hat ungelernte Arbeiter zu Vätern oder ebenso schlimm betroffene kleine Beamten. Da« Elend ist größer, al« daß es mit nur wenigen Dorten genügend erfaßt werden könnte. De«, halb tut die erwiesene reich« Hilft doppelt wohl. Die beglückten Eltern der vom Arzt ausgesuchten Kinder, die Kinder selbst, vor allem aber die Lehrerschaft hiesiger Schule — sie alle danken von ganzem Herzen für diese Beihilfe." Dft Zentrale für Jugendfürsorge, Leipzig", schreibt: »Mit aufrichtigem Danke bestätigen wir Ih nen den Empfang von 2000 Tschechokronen. Darüber, wie traurig es ist, daß wir für unser« stark gefährdeten Kinder milde Gaben erbitten müssen, erübrigt sich wohl jede» Dort, schön und tröstlich ist e», daß sie un» au» Freundes- band bereitwilligst gereicht werden. Der Dor- stand der Zentrale wird dafür sorgen, daß dft Summe ganz den Wünschen der Geber ent sprechend verwendet wird und seinerzeit dar über berichten." Die Leitung de» Humanita». Leims (Keim für gebrechlich« Kinder) ftilt un» mit: »Mit großer Freud« hören wir. daß Sie bei einer Spende unser gedacht. Der Winter steht vor der Tür, und wir haben schon manch« un- ruhige Stunde gehabt, wenn wir daran dach ten, 90 Kinder satt zu machen und auch nicht frieren zu lassen. Wir hatten gar keine Mittel, um auch nur die geringsten Vorräte zu kaufen, und sahen auch keine Quelle, die sich uns er schließen könnte. So sind wir Ihnen für Ihre große Hilfe von ganzem Herzen dankbar; sie nimmt un», offen gesagt, eine schwer« Gorge ab," Für dft Herrn Ernst Iohn-Lespziq für Fälle dringendster Not zur Verfügung >je- stellt« Summe von 6 009 742 600 hat Hcrt Z. 60 Paar Kinderschuhe au» haltbarem 9?"hslemekÜge- kauft und an zumeist lungenkranke Kinder verteilt, die dem Winter ohne Schuhe und Strümppfe ent- gegengtngen. Die Empfangsbestätigungen stehen den Spendern zur Verfügung. Unser« Milchverteilung wird fortgesetzt. Bisher sind an 118 Familien, die uns einen Ausweis ihre» Armenpfleger« oder Waisenrate» vorlegten, 498 Büchsen dänische konden«milch ausgegeben wor den. Da wir noch über genügende Mengen Milch verfügen, bitten wir weiterhin alle Herren Distrikts vorsteher, uns in Not befindlich« Mütter zuzuweisen. (Ausgabe von Milch täglich von 2—8 Uhr in der Redaktion, Zohannisgasse 8). Der 18. Spendeuausroeft schlftßt mit einer End- snuttiw mm 234 557,48 Tschechokronen und »461696 Mark. Bildung Don Univ.-Prof. 0r 4 IW. Bonn Arten der Bildung gibt e» so viele wie menschliche Anlagen, dft nach Entfaltung verlangen. Ste wachsen an Zahl mit zunehmender Menschwerdung, deren Wesen auf da» Hineinbilden de« Geiste« in das Stoffliche, de« Idealen in da« Reale, auf Ueber- Windung des Rohen und Unförmigen, »Barbarischen" gerichtet ist. E« gibt eine wissenschaftliche und kunst- lerische, eine sittliche und religiöse, ein« theoretisch« und praktische, eine Bildung de« Kopfe« und Herzens, de» Verstandes, de» Gefühle» und Willen«. Um den Vorrang der Bildung streiten dft einzelnen Bezirke menschkicher Tätigkeiten. Welcher Form der Bildung die Palme gebührt, ist eine Frag«, die gemessen an der Idee vollendeter Bildung gegen- standslv wird. Denn die bildend« Tätigkeit auf Teile de« menschlichen Wesen« beschränk«!, heißt Halbbildung zutage > fördern. Der «inseitig wissenschaftlich Höchstgebildcte kann an Höflich, keit und Herzensbildung von einem über geringere« Wissen Verfügenden um oft le« übertroffen «erden. Bloße« Wissen gewährleistet nicht dft Reinheit de» Gewissen«. Da« Licht der Erkenntnis kann zum Irrlicht werden, das in Abgründ« statt zur Höbe führt, wenn es sich nicht zu dem Lichte eine» Willen» gesellt, der aufwärts strebt. Dies ist gegenüber allzu leidenschaftlichen Fürsprechern der Derstandesbilduna mit Nachdruck >u er- inner«. Anderseits sind bloß« guter Dille und bloße edle Absicht ohne Erleuchttma des Kopfes kein« Ge- währ für dft Bildung de« stark», im Kampfe mit der kindlichen Natur streichen Menschen. Da» unendliche, Aufgaben bergende Ideal der Bildung laßt die Forderung der »Allgemeinbildung" in ihrer ganzen Bedingtheit und zeitlichen Gebunden beit erkennen. Rur der »Dildung«phikist,r", der auf der erreichten Stuft in einer Stimmung der Sattheit auszuruhen, mehr da« bisher wirklich ob« scheinbar Erreichte al« dft Dette des noch zurück- »uleaenden Deges zu seh?« liebt, neigt zur vor schnellen Gleichsetzung bestimmter Bilduagselemenft, namentlich des Dissens, mit Bildung Werhaupt. Ge entbehrt der Ehrfurcht, des Respekte« vor den Schwierigkeiten und offenbart geroäe darin da« Merkmal aller Halbgebildete» — ft, de« üblen Soetstnae —, welch» »chr Wtß« »ch Büßung »vr- täuschen al» sie besitzen. Der »wahrhaft Gebidete" weiß, daß »Lücken d« Bildung" Menschenlo« ist und mit wachsender Steigerung der gesamten Bildung», höhe immer mehr wirb. Wahre Bildung «acht be- scheiden, in mehr al« einer Hinsicht. Bestenfalls deutet der Begriff »Allgemein- bildung" auf einen gewissen Durchschnittswert und »Normaltypus". Aber wer bestimmt dessen Inhalt? Oeffentliche Meinung, Zeitgeist, Schulen: lauter höchst fragwürdige, von Vorurteilen be- herrschte, in Sachen der »Bildung" keineswegs un- fehlbar« Autoritäten. Im Bereiche der Berstandesbildung, be- sonder« drr »akademischen", findet »Allgemein- bildung" ihren Gegensatz in der »Fachbildung" und bedeutet die durchaus sinnvolle Forderung einer »Ent—fachung" al» Ueberwindung de» einäugigen und begrenzten Spezialistentum». Gerade hier wird der eigentliche, schließlich allein in Betracht kommende Sinn der Allgemeinbildung sichtbar: Größtmöglich« lebendige Hingabe an die Ganzheit be» geistigen Kosmos der Probleme, Bereitschaft zur Aufnahme geistiger Werft, zum »Bilden" de» eigenen und ftem- den Wesen». Diese» Sttlprinzip des Lebens, da« lebendig« Interesse für die »Arbeit am rauhen Stein", die innere Aufgeschlossenheit gegenüber den Formung«, aufgaben iegltcher Art ist schließlich da» allgemeinste formale Unterscheidungsmerkmal der Gebildeten von den Ungebildeten. All« auf Inhalt und Gegenstand der Bildung bezogenen Merkmal« find schwankend und bedingt durch Zufälligkeiten der Zeiten und Menschen als Träger einer bestimmten Bildung. In der Richtung aller Bildung auf Veredelung des Raturhaften, auf Verfeinerung de» Rohen liegt die Vornehmtheit al, inner« Freiheit und Unab- hängigkeit v»m Zufall de» äußeren Eindruck«. Ihr« Erkennungszeichen find ruhig« und aemeiwa», Be- wegunaen. Ihr inner«» Wesen prägt sich au« in Ritterlichkeit gegenüber de» Schwächeren, fti ver söhnlicher Milo« oder — je noch Lag« de« F«ü«s — in wohlwollender Streng» aegenükxr »«Niger Ge bildeten. Reu gier, ttn Sonderfull unbeherrschter und darum unvornehmer Ausdrucksbewegung, ist ein typisches Merkmal der Ungebildeten »der noch nicht zu den letzte» Feinheiten der Bildung Gelangten. I Di, seelischen Roheiten des Antisemitismus ssnlr »A I Herzensbildung und .völkischer Vornehmheit" un» I »»reinbar. Sun Feststellung, »«Ich« nicht seit Be ¬ schönigung unvornehmer Erscheinungsformen jüdischen Wesen« verwechselt sein will. Bei solcher Sinngebung hört Bildung auf, ein Vorrecht bestimmter Klassen und Stände »u sein. Ein Vorurteil zu meinen, daß jeder Ge- Heimrat künstlerisch gebildeter wär« al» ein Industrie, arbetter, oder daß die Verwalter des wissenschaft liches Bildung-gutes, Professoren unb Akademiker an Gesamtbildung, geschweige Kultur, »Leute au» dem Volke" immer überragten. Aufspeicherung toten Dissenstoffe» schafft höchsten» den Zu- stand eine« gewissen Gebildetsein», aber keine BU- duna im aktiven Sinne. Zudem können Gelehr samkeit und Intelligenz, Kenntnis von Tatsachen und Schärft des Denkens tn umgekehrtem Verhältnis zueinander stehen. Schlichte, edle Natürlichkeit der Sprache und aller Lebensoußerungen find mit Gründ- lichkrit und Tiefe vereinbar. Da« Bündnis beider darf vielleicht gerade al« da» Kennzeichen höchster Bildung gelten. GnuGzechl X D «wftue»! Die Schlüssel- zahl tm Buchhandel ist mit Wirkung von heuft Don nerstag auf SO Millionen gestiegen. Die letzt« Festsetzung am Sonnabend betrug 14 Millionen. Damit ist di« Anpassung an die Goldmark (1 Loldmark --- 85 Mil- ltonen) fast vollzogen. Fehlt leider nur dft Gold mark, mit der der Käufer das Buch bezahlt. Da» billigste Buch Deutschland», die Heftchen von Reclam« Universalbibliothek, kostet etwa 9 Mil- lionen Mark. . . Dft Bezahlung geistiger AHeit. Wiederholt hat dft Regierung versichert, daß sie den geistigen Ar- beitern ihre besonder« Fürsorge zuwenven wollt. Wie diese Absicht verwirtticht wird, zeigt ein Fall, über den der »Breslauer Zeitung" au» Breslauer Uniyerfltätskreisen berichtet wird. Einem Universitätslehrer wurden für sein« Tätigkeit tn einer wissenschaftlichen Prüfungskommission während de» vergangenen Sommersemester» al» Honorar 240 M. überwiesen. Dieft Summ« entspricht bei einem Dollarstavd« osn 114 Mitzione« weniger «1» einem Tausendstel Goldpsrnnig. Versunkene Antik. Bei Erdarbeiten unwett de» kn»it»l» wurden, wie ans Rv» gemeldet wird, Tess» «inen Isi»te»pel» entdeckt, sowie «in ^Ue» Inschriften, wundervollen Säulenkapitälen, ferner Marmorreliefs sowie eine reizende Satyrgruppe. Passiv« Resistenz der Diener Bühnenkünstler. Au« Wien wird un» gedrochtet: Infolge Lohn streitigkeiten zwischen Diener Theaterdirektoren und den Bühnenangestellten tritt vom heutigen Tage ab an den Wiener Theatern eine passive Resistenz in Kraft, die sich im Ausfall der Nachtvorstellungen, der Einstellung der Proben, sowie der Ueber- stunden äußert. Bisher sind die Staatstheater von diesen Maßnahmen noch ausgenommen, jedoch wird daran gedacht, auch die Staatstheater unter die passive Resistenz zu stellen, falls dft Direktoren, von denen eine Gageerhöhung von wenigsten« 20—26 Prozent gefordert wird, weiter auf ihrem ablehnenden Standpunkt verharren. Ei» t»tera«tiouafts Richard-Strauß-Fest. Au» Wien wird un» gedrahtet: Anläßlich de» 8 0. Ge - burtstage» Richard Strauß' wird im nachstrn Joch« von der Wiener Staatsoper und der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ein großes Richard-Stvauß-Fest von internationalem Charakter veranstaltet werden, an dem sich auch die Wiener Philharmoniker beteiligen sollen. Dft Feier wird in einer zyklischen Ausführung aller dramati- schen und symphonischen Werkendes Meisters, sowie in einer Auslese au» seinem lyrischen Schaffen be stehen und soll in der ersten Hälfte des Mai 1924 stattsinften. Dr. Gust« Wyn,ft« in Leipzig. Dem Neuland- Haus-Bortragsamt ist es gelungen, Dr. G. Wyneken, den früheren Leiter drr Schulgemeinde Wickersdorf, für einen Vortrag »Jugend und Staat" zu ge winnen. Der Vortrag findet am Freitag, den 21. September, abends 8 Uhr, im Großen Theatersaal de» kristallpalästrs statt. DÜ »Vtvchche Rundschau" kann aus rin fü nfz ia- jähriae» Bestehen »urückdlicken. Da» die Zeitschrift unter Julius Rodender« geleistet hat, wie sie stet» bemüht war, dft Besten früherer Tage, Storm, Heys«, Keller, Fontane, Konrad Ferdinand Me^r und später Björson, Etrindberg, I. D. Iaribson und Turgenjew, der deutschen Lesewelt näh« zu führen, steht in der Geschichte der deutschen Ltftvatur verzeichnet. Jetzt wird die t» Verlao Gedr. Haeftl, Berlin, «rscheinmrve Zeitschrift von Dr/Rudsls Hoch«! geftüet.
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