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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.09.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192309055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230905
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230905
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-09
- Tag 1923-09-05
-
Monat
1923-09
-
Jahr
1923
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Sette* Xe. Lio — —— I» steigen di« P„tk bet anhaftend« B«t»fteig«run- ycwen wir die sogenannte Teuerung. Em« Spannung -wischen Angebot und Nachfrage kann auch «intreten, wenn plötzlich aus irgendeinem Grund« di« Geld-, mittel der Bevölkerung vermehrt w«rd«n. In diesem' Fülle steigt die Kaufkraft des Publikum«, und die Preise, auch die der reichlich vorhandenen Waren, steigen ebenfalls. Wenn nun bet anhaltender Waren knappheit da« Publikum einerseits vermehrte Kauf lust zeigt, anderseits infolge der Geldzeichen- Vermehrung muh vermehrt« Kaufkraft besitzt, so steigen dir Preise au» diesen beiden Gründen. Und indem di« «roße Masi« de« Publikum» immer mehr kaufen will (um zu Hamstern od«r um d«r Geld entwertung vorzubeugen nsw.), und indem der Staat durch seinen Notendruck die Kaufkraft de» Volke» scheinbar immer mehr vergrößert, müssen nach -en obigen Ausführungen di« Preise immer weiter steigen, aber nicht nur immer weiter, sondern auch immer schnell« r. Wir befinden uns in einem eigentümlichen Au- Krude. Das Volk leiht sich durch di« Papiermenge tauschen, indem es beispielsweise für ein« Menge Papierschetne, oder was dasselbe bedeutet, für einer. Schein etwa mit der Aahl 80000 nur ein einziges Li bevnnmt. Der Staat täuscht das Volk, weil er bei de« immer größer werdenden Chaos nicht mehr au» poch «in weih. Di« Gewerkschaften und die Beamten- .schäft sind auf die wertbeständigen Löhne und Gehälter hereinqefallen. Der Streit um dieArtdesIndex MfLr die grosse Frage der Wertbeständigkeit der Ltzhn« in der heutigen Ehaoswirtschoir belanglos, schin Problem, dos durchaus wirtschaftlicher Natur ist, Am nicht durch sozialpolitisch« ^Maßnahmen gelöst werden. Einen scheinbaren Vorteil haben ' dk «wertbeständigen Löhne* nur dadurch, dah das bisher übliche willkürliche System der gelegentlichen Berchandlunoen durch ein geregelte« System ersetzt wird. Da die Indexe-auf Grund »ine« anerkannten Verfahrens im Wege geordneter Feststellung erfolgen, entfallen die bis dahin häufig nötigen Verhandlungen bezüglich der Neufestsetzung der Löhne. Eine große Aahl der für dir Dauer der Verhandlungen ihrer Be rufsarbeit entzogenen Beamten kann ihrer ordent- : licher, Tätigkeit wieder nackzgehen. Durch den Weg fall der Verhandlungen werden die damit unoermeio- ; sich zusammenhängenden Reibungen beseitigt und > Arbeiter und Beamten der zermürbenden Ungewiß- itbcr den Ansgar»; der Beratungen enthoben. i Schließlich wird noch der aus dem Unterschied -wischen Nehmen vou Goldpreisen und Gelten von Papier^ löhnen entstehende Nachteil auf der Arbeitnehmer- ' ssite nach Möglichkeit aufgehoben. Aber alle« da» ist nur «tu scheinbarer Borteil. E» gibt nur ein Mittel, um der Teuerung zu be- Akglwn: Verringerung des Verbrauchs un^ Steigerung der Erzeugung. Der Dskbvauch, also die Nachfrage, kann, wenigstens was die Lebensmittel angeht, bei gleichbleibender Be- vSllerung^ahl nur in bescheidenem Maße vermindert werden. Dagegen könnte jeder einzelne deutsch« Bürger seinem Lande und sich selbst dienen, wenn er auf alle Verschwendung, Genußsucht und Luxus ver zichtete und so den Gcsamtbcdarf verringerte. Das Hauptmkttel ist und bleibt di« Steigerung der Er zeugung. lind diese ist nur möglich unter Voraus setzung ruhiger Verhältnisse durch Arbeit. Die Sache der Gewerkschaften wird nicht gefördert durch Oppositionsstreiks und Sympathiestreiks. In Zeiten de» Warenmangels schädigen sich di« Arbeiter durch Massenstreiks selbst, da hierdurch nur eine weitere Verteuerung hrrbeigefsihrt wird. . ! i' »Um dk vrtOkemruckasseubelttLae. Die AL- gemeinen Ortskrankenkassen Leipzig - Stadt und Lelpziq-Lan- teilen mit: In den allwöchentlich er- ' gstngenen Bekanntmachungen über anderweite Fest- , hKung der Beiträge und Leistungen sind die Arbeit geber aufgefordert worden, die von den Ver sicherten abgezogenen Beiträge ein schließlich des Arbeitgeber-Drittels allwöchentlich an die Kasse abzufLib yen. Hiernach sind alsbald die für die Woche vom L7. August bi» 8. September 1923 gültigen Wochen- beiträge und, soweit Monatslöhner in Frage kom men, die für den Monat August 1928 fälligen Bei träge an die Kasse abzuführen. Fall» pünktlich« Eimahlung nicht erfolgen sollte, hat der Arbeit geber die Berechnung erheblicher Verzugszinsen zu gewärtigen. Vie Fensterscheibe Bon AI»v Man sollt« di« Frauen nicht unterschätzen! Jedem ffrühmorgen einige Minuten vor acht kommt sie an meiner Wohnung vorüber, jung, fesch und blond. Immer etwa» in Eil« und immer allein. Ich würde ihren leichten Schritt auf der Straße ver missen, wenn sie einmal nicht käme. Aber sie ist pünktlich wie die Uhr an der Straßenecke. Für die Auslagen der Geschäft«, an denen sie vorttberyeht, hat sie kaum einen flüchtigen Blick. Und was gibt «» da nicht alle« zu betrachten. Stickereien und echte Spitzen. Eine ganze Galerie modernster Damenhüt«. Leckerbissen in einem Delikateßladen. Die Junge und Blonde schwebt vorbei, al« ob alles für sie zur Schau Gestellte nicht existierte. Aber jeden Morgen mit er schütternder Pünktlichkeit, bevor sie mit dem Glocken- schlag neun in ihrem Büro zu schreiben, zu rechnen, zu tippen beginnt, bleibt sic vor dem Lckladen sinter deV Uhr stehen und betrachtet di« Auslagen. Ich habe sie wochenlang beobachtet und weiß, daß sie ein Geheimnis hat, da« ich um jeden Prri» erfahren will. Um jeden Preis. Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn eine junge, schöne, blonde Dame vor Hut- und Klciderläden stehen bleibt, wenn sie Wünsche hat, die über ihre Verhält nisse gehen. L« ist aper zweifellos ganz ungcwöhn- lich, wenn eine Dam« jeden Morgen drei Minuten vor neun vor einer Briefmarken Handlung Haltmacht und sich mit philatelistischen Kostbarkeiten beschäftigt, die nur mit Goldstücken bezahlt werden können. Für Briefmarken hab« ich nicht da» geringste Der- sißndni». Doch ich wM nicht lügen. Ich hatte e» nicht. Vor vierzehn Taaeo, al« die Blonde zwei Mi nuten vor nenn verschwunden war, bin ich nach- gegangen und habe mich noch ihr vor da« so eigen- artige Schaufenster gestellt, um zu erforschen, welcher Gegenstand denn täglich ihr, Aufmerkfamkeit von Neuem oewann. Briefmarken? Gibt e« wirklich Frauen, die Marken sammeln? Ich betrat den Laden und erkundigte mich beim Inhaber, ob di« blonde Dame, die feden Morgen drei Mkvotsn vor neun ... er' wisse?schon... bei ihyr Martz» kauf«? Leipziger ^«gedlstt ua6 »kuräelsrettuag Markthallen-Wanderung Wurftwaren bedeutend gestiegen Am Dienstag wurden die Hausfrauen in der städtischen Markthalle von einem großen Preis aufschlag in Wurstwaren überrascht. Der Bterlelpfundpreis von einer Million hatte sich um 50°/, erhöht, so daß Mettwurst mit 1500 000 Mark bezahlt wurde. Bratwurst erzielte denselben Preis. Knackwurst und Leberwurst kosteten je nach Qualität 1800 000 bi» 1400 000 Mark das Viertel- Pfund. Die Folge war, daß die Nachfrage stark »schließ. La» Publikum hält sich mehr an Fisch waren und Gefrierfleisch, da diese Nahrungsmittel noch verhältnismäßig niedrige Preise aufzuweisen haben. HnFischen war das Angebot sehr groß, die Auswahl an frischen Seefischen war ziemlich umfangreich. Für Schellfisch wurden 1000 000 Mark verlangt, Rotzunge, Karpfen und Heilbutt wurden zu 1500000 Mark das Pfund in den Handel gebracht. Gefrierfleisch war in großen Mengen zu sehen und wurde lebhaft abgesetzt Die Preise waren ungefähr gleich geblieben. Für Suppen fleisch wurden 1200 000 und 1400000, für Brat fleisch 1600 000 Mark, knochensrete Ware 2 000 000 Mark und für Rumpfstücke 2 400 600 Mark ver langt. Lende ging zn 2800 000 Mark flott ab und auch Büchsenfleisch wurde zu 1000000 Mark das Pfund in größeren Mengen gekauft. Roher Talg war auf 1700 000 Mark gestiegen und Fett kostete schon 2 450 000 Mark. Aul dem Frisch- fleis ch markt wurden für ein Pfund Schnitzel 3 800 000 Mark gefordert. Schweinefleisch konnte man nicht unter 4000 000 Mark erstehen, in manchen Ständen wurden sogar 4 000 000 Mark gefordert. Für Rind- und Hammelfleisch bezahlte man am Dienstag zwei Millionen. Bessere Ware erreichte den Preis von 2800 000 Mark. Kalbfleisch war in den meisten Ständen zu 2 400 000 Mark zu haben. Geschabtes kostete 400000 Mark mehr. Kopffletsch ohne Knochen war zu 1400 000 Mark ausgezeichnet. Rindskopf kostet 900000 Mark. Ans der Fettgalerie hatten die Preis schilder im allgemeinen ihr „altes Gesicht- be- halten. Margarine erforderte je nach Quali tät 1900 000 Mark bis 2 200 000 Mark. Schweine- fett 2700000 Mark. Nierentalg wurde mit 2 000 000 Mark, Palmin mit 2 000000 Mark an- geboten. Hier und da hatten wir das Gefühl, daß es immer noch viele Hausfrauen gibt, die aus Angst kurzerhand alles aufkaufen, was ihnen noch „billig" erscheint. Auf diese Weise wird die Nachfrage in annormaler Weise gesteigert, so daß es nicht Wunder nimmt, wenn selbst bet ruhigem DollarkurS die Preise anziehen. Auf dem Gemüsemarkt war stellenweise frische Zufuhr zu bemerken. Die Preise hatten sich nichr auffällig verändert. Für Weißkraut wurden 200000 Mark und für Kohlrabi 106000 Mark je Pfund verlangt. Salat wurde zu dem hohen Preis von 70 000 Mark pro Kopf angeboten. Kleine Exemplare waren dagegen schon billiger zu haben. Gurken kosteten pro Pfund 500 000 Mark, Möhren 120 OÜO und Erdkohlrabi 100000 Mark. Für Sellerie bezahlte man pro Wurzel 100000 bis 125 000 Mark. Frische Pilze waren in größeren Mengen vorhanden. Die Preise schwankten für die einzelnen Sorten zwischen 600000 für Butter pilze und 1200000 für Pfifferlinge. Rotkraut er reichte 500 000 Mark pro Pfund. Im Verhältnis zum Preise für Weißkraut ist diese Summe viel zu hoch. Auch Zwiebeln mußte man pro Pfund mit 200000 Mark bezahlen. Die Obstzufuhr tst in diesen Tagen ganz be deutend zurückgegangen. Man steht nur selten noch Pflaumen und billigere Landbtrnen. Tafel obst in kleinen Mengen, der Nachfrage entsprechend, angeboten. Trauben kosteten am Dienstag 1400 000 Mark das Pfund, grüne Reineclauden 300000, rote 50000 Mark mehr und Aepfel 200000 bis 300000 Mark. * Leipziger Kivdergottesdtenst - Woche. Infolge der gegenwärtigen Reise- und Berpfiegungsschwierig- ketten Kat der Sächsische Landervc band für Kinder gottesdienst in diesem Jahre von einer Landestagung abgesehen. An ihre Stelle treten örtliche Ver anstaltungen. In Leipzig, wo in allen evangelischen Kirchgemeinden dos sogenannte Druvpenfvstem mit Helfern und Helferinnen besteht, die durch den jcweii» amtierenden Geistlichen für die religiöse Unterredung mit den Kindern vorbereitet werden, der dann die erbaulich« Kinderlehre de» Geistlichen folgt, wurde eine Kindergottesdienst. W ochr am Sonntag abend in der Mattkäikirche mit einem Gottesdienst für die Helferschaft eröffnet. Der Vorsitzende de« Leipziger Kindcrgottesdienst- Verbandes, Pfarrer l). Fleischer (St. Andrea»), legte dar, wie unserem Volke der beste Dienst geleistet würde, wenn die Kinderseelen auf Gott hingewiesen werden. In den verschiedenen Stadtteilen folgen in dieser Woch, Elternabende und am kommenden Sonntag Kindrrfestqottesdienste, wobei sich die Eltern und Kinder bcnambarter Kirchgemeinden an einer gemeinsamen Stätte vereinigen werden. Mit einem Werbeabend im Vereinehause, wo Superintendent O. Zenker (St. Petri) auch auf die Bedeutung und Notwendigkeit der Helferschast Hinweisen wird, soll die Leipziger Kindergottesdienst-Wochc ihren Ab schluß finden. Vas moderne Tokio Zum Brande der japanischen Haupt st ndt Eine furchtbare Katastrophe hat mit Pokohama, dem Haupthafen Japans, auch Tokio, die Hauptstadt des Mikadoreiches heimgesucht. Ein Teil der Stadt ist ein Raub der durch das Erdbeben hervorgerufenen Brände geworden, auch die Zerstörung des Kaiser- palastes wird gemeldet. Dieser Palast, die frühere Residenz der Schognne, ist kein einheitliche« Gebäude, sondern eine große Vereinigung von zahlreichen kleineren Wohnungen, die im Grün eines mächtigen Parks zerstreut liegen. Das Ganze ist durch 30 bis 40 Meter hohe Mauern gegen die Außenwelt ab geschlossen, und den Mauern entlang zieht sich ein 50 bis 60 Meter breiter und stellenweise ebenso tiefer Festungsgraben hin. Der Palast, dessen einzelne Teile noch ganz altjapanisch geblieben sind, macht so den Eindruck eines ungeheuren Bollwerkes. Unweit von dem Palaste erheben sich die bereits ganz im europäischen Stile gebauten Rcgierunasgebäude, die hier an Stelle der alten Dalmioschlösser enstande» siud. Fast 314 Millionen Menschen leben um dir alte Echogunburg herum, deren Wälle einst das Meer bespülte. Das Gebiet, das heute von der japanischen Hauptstadt bedeckt wird, mußte zum größten Teil dem Sumpfe und dem Meere abgenommen werden, und aus dem alten Stadtbild« Tokios haben sich da- her noch bis heute die offenen Kanäle erhalten, die jetzt allerdings «reist von Steinmauern eingefaßt sind. Die große Masse der Bevölkerung wohnt in Holz- und Papierhäusern, die, wenn, wie bei der jetzigen Katastrophe, ein Brand ausbricht, zu Tau- senden ein Opfer werden. Jede hohe Flut bringt ganze Stadtviertel in größte Rot, wirft den ge samten, ins Meer gespülten Unrat durch die Kanäle in di« Stadt zurück und macht den Sommeraufenthalt in einem großen Teile der Stadt unerträglich. Das Feuer vernichtet seit Jahrhunderten immer und immer wieder ganze Stadtviertel, die mit be wundernswürdiger Zähigkeit stet» im gleichen Stil am selben Fleck wieder aufgebaut werden. Tokio bietet deshalb kaum etwas wirklich Altes. Bauten von 300 Jahren sind äußerst selten. Der Stadt- Politiker versucht heute da» Stadtbild mit Stein bauten zu durchsetzen, nm die Gefahr einer Feuers- brunst zu vermindern. Aber die neuen Steinhäuser verschandeln durch ihre Geschmacklosigkeit das an sich unschöne Bild heute restlos. Um den -mptbahnhof bauen die Japaner eine richtige Busineß City, die bi» an die Grabenfront der kaiserlichen Palastgärten hercmreicht. Die Geschäftswolkenkratzer, die man kierhersetzt, erscheinen äußerlich und innerlich gegen- über deu gleichen amerikanischen sehr bescheiden, ihnen fehlt eine gewiss« Ueberzeugungskrast und Daseinsberechtigung. E« find übrigens nicht nur die Steinbauten zwischen den alten Holzhäusern — sie vrrdanken ihre Entstehung hauptsächlich den un geheuren Kriegsgewinnen —, wodurch dem modernen Tokio der Stempel der Unruh« ausgeprägt wird, sondern auch der Auf- und Ausbau der Verkehrs mittel. Ring- und Hochbahnen laufen überall, elek trische Straßenbahnen durchziehen alle Strassen von irgendwelchem Rang, Kraftomnibuslinien lösten den Verkehr tragen. Aber man vermißt den großen einheitlichen Plan in der Derkehrsbewältigung. Der Mann hatte keine Ahnung. Wenn etneDame — fragte ich höflich — ein besondere» Interesse an ihren Auslagen haben sollte, welche Marke verdiente, von ihr besessen zu werden? Er soh mich lange starr an und, wohl um über haupt zu antworten, meinte er, es könne sich dann nur um da« wertvolle Stück vor dem Spiegel han deln, die zwölf Pence Marte von Kanada. Ich werde die Marke kaufen. Er lächelte. Der Preis? Mir schwindet«. Menn ich ein ganzes Leben lang schuftete... Die Marke blieb unerschwinglich. Aber... (und mein Lebensmut erwacht« neu) war es denn überhaupt sicher, daß meine junge Blonde ausgerechnet diese verflixte Kanada begehrte? Sie war doch ein Mensch wie ich. Sie liebte vielleicht eine der andern, die um da» Prachtstück herumlaaen. Kurz entschlossen kaufte ich alle ausgelegten Mar ken außer der Kanada. War es die Unerschwingliche nicht, dann würden die verkauften Marken sie nicht mehr interessieren. Am nächsten Morgen. Drei Minuten vor neun. Am Eckladen stand wieder meine Blonde. All, gekauften Marken hätte ich ihr geschenkt, wenn ich gewußt hätte... Denn ich war verliebt. Ralend verliebt. In sie. Aber nicht in die Kanada, denn ich bin ja kein Sammler. Wieder kaufte ich auf, was der Markenhandler neu ausgelegt hatte. Meine Ersparnisse wanderten in den Eckladen unter der Uhr. Alle» wegen der seltsamen Blonden, die Brief marken sammelte. Meine Menschenkenntnis hat sich in diesen zwei Wochen entschieden vervollkommnet und ich weiß, daß der Markenkändler in Filou ist. Er legt nur noch unverkäufliche Sachen au«, dir ich ihm abnehmr. Von meinem Gelbe kann er seine achtköpfige Familie enrähren. Und ich stehe immer noch vor dem glei- chen Rätsel. Vorgestern Abend Hobe ich einen verzweifelten Entschluß gefaßt. Ich bin im Lckladen unter der Uhr jetzt ein guter Knab« und darf schon mal einen Wunsck äußern. Würden Sie die Freundlichkeit haben, verehrter -err, und einen einzigen Morgen dies« Kanada au« de» Schaufenster nehmen? Einen einzigen Morgens Nur zehn Minuten. Gern. Gestern habe ich an der Straßenecke auf meine Blonde gewartet. Ich hatte Fieber vor Erregung. Endlich war ich der Lösung nahe. Dieses seltsame Mädchen, das ganz anders war al« ihre Mitschwestern, war wie keine würdig, mich zu lieben und meine Frau zn sein. Doch das hatte noch Zeit. Die kostbare Marke war verschwunden. Welcher Ausdruck des Empfindens würde sich in ihren Mienen wiederspiegeln? Schrecken? Enttäuschung? Sie kam. Sie kam. Vier Minuten vor... drei... Sie blieb neben mir stehen... Jetzt... Ich kann es beschwLren, sie hat es überhaupt nicht gemerkt, daß die Kanada fehlte. Ich möchte es be- schwören, sie wüßte nickt einmal, daß sie vor einem Briefmorkenladen stand. Sie sah nur in einen ovalen Spiegel an der Rückwand, lächelte kokett und strich iich da» Haar aus der Stirn. Und dann war sie verschwunden. Eie Kat niemals Briefmarken gesammelt. Jetzt ober sammle ich. Man soll die Frau niemals überschätzen! Kaut« Kritik der reine» Beruuuft — lv Der »form. In den nächsten Tagen wird der deutsche Bücher markt um eine seltsame Neuerscheinung reicher sein. Der bekannte Theaterkritiker Max Epstein hat Kant» Kritik der reinen Vernunft in deutsche Stanzen umgegoffen, .um das schwerste Buch der Weltliteratur in anmutiger Versform dem großen Publikum" darzubieten. Die Postifizierung de» Werkes will dem Original in Gedankengang und Aufbau genau folgen. Dies« merkwürdige Zurichtung Kants, die gegen den Deist de» Werke« verstößt, macht e» wirklich nötig, ausdrücklich zu versichern, wie die» im Prospekt auch geschieht, daß es sich um keine Berulkung Kant« handelt. — L» ist noch sehr die Frage, wa« leichter zu ertragen ist: Kant» Prosa oder die Stanzen de« Kant-Um-ichter» . . . Der juug« Theaterdtrekt«. Au» Berlin wird gemeldet: Der Gründer eine» kürzlich neueröffneten ZHeaterunternehmen», Dr. Johanne» Lhermann, war vor einigen Tagen gleichartig mit d«r Schließung seiner Bühne verhaftet worveg. Er ist nun wieder au» der Haft entlassen worden, weil sich hrrausaestellt hat, daß er lediglich au» Mangel an Geschäftserfahrung, aber nicht in be trügerischer Absicht für Vl MilNürd*» ««r» Litt, Nlttvexd, S. Ungl An Schmunzeln da gehabt-, Am M Straße et ringe» Au paar ging der von - den heran, küßte si war, stellte Unhold du der Oberlh Passant brachten 1 delt e» si Menschen. Sanitätsux stark blute, einem Arzi sondern Spitzen- Sachsen 124 Be- Beamten kommen in Frage. Nach in ganz Sachsen Gespräch mi damals für Darray doch doch nicht sk heit! Cr, i sprachen, mi aber er wuj ' t genau. Unter den Wiener jährigen Messe die Witze kolportiert, die bung auch in Leipzig auvlösen dürften. Lin Aussteller fragt den andere« Hast du Besucher gehabt? Oh, ich hab' ein paar schöne Leute ein paar Warschauer, die sich die Ware an geschaut haben, ein paar Seeleute, die sich alles angesehen haben, ein paar Orientalen, die sich orientiert haben, ein paar Defreg ger, die immer nur gefragt haben . . . Die Friseure haben ihren Tarif mn VO Prozent erhöht. Sie wollen die langen Gesichter d«r Aussteller nicht mehr zu den alten Preisen rasteren. Wie wir erfahren, soll die Rotunde in ein« Kirche umgewandelt werden. Die erste still» Messe hat bereit« stattqefunden. — Im Meßpalast gibt ein rabiater Chef seinem An- gestellten, der ihn zur Wut reizt, eine schallende Ohr- feige. Erschrocken blickt er sich um: »Gott sei Dank, daß ich keinen Zeugen gehabt hab'!* —- Lin verzweifelter Aussteller ist einem alten Ge schäftsfreund, der den Stand besichtigt, aber nichts kaufen will, zudringlich und läßt ihn nicht los. Wütend reißt sich der Besucher los mit den Worten: »Sie können mich Rieseuft brach in ei ganze Geb! artigen Sti kurzer Aei Flammen, wehren br Grund ab. arden. Mi ernte, zum fallen. Ue Näheres be Die Rii sten und l die Rübez die neben bis auf b r a n n t. klärt. Di« hatten gros zu beschrän Die Sti Sturmflut bekannt. 2 Deich des Stellen dui In Klan Schaden a. Der Schade gerichtet rr Büsum o einrichtunge in Wyk cn düner Dr In der G Wellen mm Wasser bis Sturm gle' Sturmfl Rendsburg meldet. Ar folgte etzr Güterzu nugsrufe dc FÜuten nicht zu bei übrigen Wc verschont b mit dem S leichte Verb Lrbensgefahi Gegend. T auf dem W nicht mehr ordentlich. Siebzehn rend eines h bei Hadersli die Während rrchi't wur Jenes ki vermehrten Weise. So ist beweisbo der Unterst Stadt beim meist von il 1 en sie feier bei Wasser-, von dem , Za, einige v heit gepflegt gerettet Hao der größere bewußte Lüc mehr irgen! nicht eine r Studenten" wollte. — ' Neuigkeit, e daß Hans Le als hundert man ihm H um Autogrc Und es j Werner sich Da 18j Krl gedeckte Schecks auf die Thüringer Dank aus gestellt hatte. Der erst 32jährige, aus Ossiach in Kärnten gebürtige Dr. Lhcrmann wird als Idealist betrachtet, der sich über die Tragweite seiner Hand lungen aus Mangel an Geschäftssinn nicht im klaren rrar. Agne» Delsarto Leipzig ivurde vom Vüddeuticbcn Konzerwureau München iür ein« Serie von so Konzerten in deutschen Städten verpflichtet. Aus den Thraterburraus. (Operettentheater.) Am 8. Sept, «langt im Operettentheater die Overelle .Mädl" von Alfred Grünwald und Le» Stein, Musik von Rodert Stolz, unter szentschcr Leitung von Direktor Jof-s Ärotz in teilweise neuer dekorativer wie koftümlicher Aus stattung zur Ausführung. Dir Titelpartte ist mit Lydia Petry besetzt. Tic Hauptrollen liegen ln den Händen von Karl Lippert-Schrottz, Hugo Dtcinherr, Hans Hon und Charlotte Schocdrich. Die musikalische Leitung hat Kapell meister Kurt Jtzel. wiener Messe-Witz Kaufleuten werden zur dies- folgenden harmlos-boshaftcu trotz ihrer dialektischen Fär- ein verstehende» Vie veamtengehälter Das Kreiskartell Leipzig des Deutschen Beamtet bundes bittet uns um Veröffentlichung nachstehen» den Schreibens: Die Erörterungen über die vierteljährlich« Vor auszahlung der Gehälter an die Reichsbeamten haben dazu geführt, daß^n der breiten Oeffentlich- keit völlig irrige Vorstellunaen über die wirtschaft, liche Lage der Beamtenschaft entstanden sind. Zu- nächst muß festgestellt werden, daß im Freistaat Sachsen trotz de» Landtagsbcschlusse« die viertel jährliche Vorauszahlung der Gehälter nicht durch, geführt worden ist. Don den Rcichsbeamten er halten sie nur die, deren Bezüge bargeldlos auf ein Konto überwiesen wcrden. Erfahrungsgemäß können von dieser Einrichtung Beamte der unteren und mittleren Besoldungsgruppen nur iu beschränk tem Umfang Gebrauch mache«. Für den Freistaat Sachsen llag also nicht der mindeste Anlaß vor, tu der Bevölkerung eine ausgesprochen bcamtenun- freundliche Stimmung zu erzeugen. Wenn in zahlreichen Veröffentlichungen auf die scheinbar hohen MiUioneneinkommen der Beamten in der Besoldungsgruppe XIII hingewiesen wurde, so muß betont werden, daß diese (Ministerialräte, Polizei- und Handgerichtspräsidenten, Obervcr- waltungsgerichtsrdte, Stellvertreter der Kreishaupt- leutc, Landforstmeister, Landeskonsistöirialräte) nicht die Beamtenschaft darstellen, stellungen innehabcn, die in ganz amte erreichen. Für die Masse der derartige Bezüge überhaupt nicht dem Staatshaushaltplan gibt es einschließlich Polizei und Lehrern, insgesamt rund 39 400 Beamte, und zwar in Besoldungsgruppe I -- 14, II --- 2841, III -^4838, IV --- 4220, V ----4301, VI -- 2193, VII 87'6, Vlls -- 5984, IX - 3082, X -- 1425, XI ---- 990, XU ----- 597, Xlll ---- 124. Ungefähr die Hälfte zahlt zu den unteren Besol dungsgruppen. In welch glänzender Lebenslage sich diese befinden, sei an einigen Beispielen gezeigt. Ein verheirateter kinderloser Beamter der Besol- dunasgruppe III, Stufe 1 (Oberstraßenwart, Haus- meister, Justizwachtmeister, Eistnbahnschasßner, Weichenwärter, Postsäzasfncr u. a.), Ortsklasse X (Dresden, Leipzig, Lhcrnnitz) erhielt für die zweite Augusthälfte (16.—31» August) oihne Steuerabzug 39.6 Millionen, mit 2 Kindern unter 6 Jahren 51.6 Millionen, ein Beamter der Besoldungsgruppe IVF (Genüarmerieoberrvachtmeistcr, Gerichtsvoll zieher, Straßenaufseher, Eisenbahnschaffner, Ober postschaffner, Bctriebsassistent u. a.) in Ortsklasse O (Atterrburg, Arnsdorf, Auerbach i. Lrzgeb., Eolditz, Dippoldiswalde, Geising, Sayda u. a.) 42 Mil- lionen, mit 2 Kindern 54 Millionen Mark, gcsichts dieser Zahlen richten sich Meldungen wie die, daß eine Briefträgcrschesrau 2 Mäntel zum Preise von 65 und 85 Millionen Mark, daß eins Schutzmannsfran gleich 10 Stück Butter gekauft habe, und ähnliche von selbst. Auch die Beamten der mittleren Besoldungsgruppen schwimmen durch aus nicht im Uebcrfluß, wie in manchen Kreisen angenommen wird. Das EnbgehM eines Beamten der Gruppe VII (Obersekretär, Oberbahnmeister, Postmeister, Tele- graphenoberbmlfiihrer, Zahlmeister, Förster, Ober- leutnant bei der Reichswehr, Amtsbaumeistcr, Volksschullehrer) belief sich für die zweite August- Hälfte auf rund 70 Millionen, mit 2 Kindern ans rund 83 Millionen Mark in Ortsklasse V. Man vergleiche mit diesen Zahlen die Einkommen -ahl- rcicizer Arbeitergruppcü und anderer Volksschichten und wird zugeben müssen, daß von einer Ueber- zahluru, der Beamten nicht gesprochen werden kann. Geradezu unverantwortlich aber ist es, die Be amtenschaft für die Zunahme der Inflation verant wortlich zu machen. Denn a l.Itz Volkskreisc so vieL Ops?r gebracht hoben werden, wie die auf einen Bruchteil ihres Friedensgekaltes gesetzte Be amtenschaft, dann wird sie über neue Opfer mit sich reden lassen. Wenn aber ohne Rücksicht auf das Volksganze sich auch in der Wirtschaft schranken loser Egoismus einzelner Kreise auswirkt, wird auch die Beamtenschaft nicht aufhören können, das zu fordern, was zum notdürftigsten Lebensunter halt gehört. Die Allgemeinheit kann versichert sein, daß cÄ den Beamten viel lieber wäre, wenn sie nicht um Gehaltserhöhungen zu kämpfen brauchten und mit Millionenbezügen nicht über ihre wirkliche trostlose Lage getäuscht würden.
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