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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230826
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-26
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Lugust TeltL L, Gerechtigkeit Don Uitteftr»»! ^rrpb«»eftsA» In einer Stadt lebten in alter Zeit sehr glückliche nnd gute Leute. Diese Stadt war so altertümlich, der Himmel war dort so blau und die Einwohner trugen ihre Holzpantoffeln mit Selbstberrußtsein, denn hier gab es keine Diebstähle und Raubmorde. Ihre ganze Justiz war der alte Bürgermeister, an dessen Gerechtigkeit man ebenso glaubte, wie an den blauen Himmel. Man lebte ruhig, friedlich dahin, als plötzlich ein Mord verübt wurde. Man fand eines Tages ein hübsches junge« Mädchen, das immer mit einer blauen Masche im Zopfe yerumgtng, auf der Stadtwiese vergewaltigt und erwürgt. Maa erfuhr auch, wer das Verbrechen verübt hatte: es war der dicke Sohn de» Gememderorrtes, ein dummer Bursche mit einem roten Gesicht, der stets eine rote Weste mit goldenen Knöpfen trug. Der Bursche wurde von den Schergen ergriffen und zu dem Bürgermeister geführt. Die ganze Stadt war wie wahnsinnig geworden: die Frauen weinten, die Männer verloren den Kopf und niemand wußte, was man mit dem Verbrecher machen sollte. Niemand kam in den Sinn, daß man einem Menschen mit Gewalt das Leben nehmen könnte, ihn erwüraen. Und dabei war das Opfer ein hübsches Mädchen, das von allen Bürgern geliebt war, die nie ein schlechtes Wort gesprochen hatte. Und das Schlimmste dabei war, daß der Mörder selbst den Kopf verloren hatte, er stand da und heulte und lachte dazwischen. Er wußte selbst nicht, wie das geschah. Das Mädchen gefiel ihm längst, er schenkte ihr bunte Bänder, Hals- kettchen, lächelte bei ocr Begegnung mit ihr, und sie machte sich über ihn lustig und nahm seine Geschenke nicht an. In dieser Nacht traf er sie bei der Stadt- wiese, er wollte sie umarmen, sie stieß ihn zurück, da begann er sie gewaltsam zu küssen, und plötzlich bemächtigte sich seiner ein tierisches Gefühl, er warf sie zu Boden, und als sie zu schreien begann, erschrak er, wollte ihr den Mund zuhalten; dann wurde er wild, wie ein Tier und erwürgte sie. . . . Jetzt wußte er nicht mehr, was er machen sollte, begriff nicht, was man mit ihm machen wollte. . . . Die ganze Nacht saßen die ehrenwerten Bürger im Rathaus und berieten, was man mit dem Mör der anfangen solle. Da endlich fand jemand das Wort: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Und al- der Bürgermeister ihnen erklärte, was das bedeutet, daß man den jungen Mann auch er- würgen müsse, so begannen einige zu lachen und die anderen schwiegen ergriffen. Was verlangt man von uns? Wir sollen einen Menschen erwürgen? Und -endlich kam der Tag der öffentlichen Ab- urteilung. Alle Einwohner der Stadt versammelten sich in der Frühe vor dem Hause des Bürgermeisters, stan den schweigend, voller Schrecken und sahen mit Stau nen auf den Burschen, der wie ein armer Sünder dastand, und der seine besten Kleider und seine Weste mit den goldenen Knöpfen angezogen hatte. Er stand vor der Tür des Rathauses, staunte die Menge an. Er sah sich stolz um. Er ist ein Verbrecher, den man erwürgen muß! rief der Apotheker. Es war derselbe Mann, der den Text aus der Bibel zitiert hatte. Schön, denn würge! sagte der Bursche vor sich hin. Da erschien auf der Schwelle der alte Bürger meister. Mitbürger! sagte er voller Trauer, es ist was vorgcfallen, was wir noch niemals erlebt haben, was wir noch nie gesehen haben. Ein furchtbares, ein schreckliches Verbrechen! Was soll man mit dem Mörder macken? Was? Das Dott schwieg, der Bursche lächelte ironisch. Höre, sagte der alte Bürgermeister, und seine Stimme erdröhnte: Du bist ein Mörder! Du bist ein Verbrecher! Du bist uns kein Bruder mehr. . . Geh' von uns. . . . Geh . . . wohin Du willst und kehre niezu uns zurück, damit wir nicht dein Gesicht sehen, auf dem der Siegel Kains liegt. Der dicke Bursche erbleichte. Diese Stadt hatte er nie verlassen, und der Gedanke, fortzugchen, war ihm furchtbar. Zuerst erschrak er, aber em Verbrechen weckt und stärkt den bösen Willen. In dieser Nacht 'nach dem Verbrechen wurde der Bursche ein echter Verbrecher — schlau und frech. Ich werde nirgends hingehen. Ich bin hier ge boren und bleibe hier! sagte er und lachte höhnisch. Das Volk war erstaunt, der Apotheker brauste auf. Nur der Bürgermeister blieb ruhig. Er trat einen Schritt nach vorwärts und sagte: Gut, bleibe und lebe mit uns. Aber du hast getötet und bist nicht s o, wie die anderen Bürger. Du hast bewiesen, daß ein fremdes Leben für dich nichts bedeutet. Wenn du ertrinken, wenn du erkranken, wenn du vor Hunger sterben wirst, wird dir niemand Helsen. Ich werde auch allein leben, antwortete der Bursche doch wurde er ein wenig blaß. Gut, lebe. Aber, wenn unter uns ein Mensch ist, der nicht ertragen kann, daß dein Verbrechen ungesühnt bleibt, der mit einem Mörder u«yt unter einem Himmel leben kann, so soll er dich töten, genau so, wie du getötet hast, . . E» trat ein tiefe» Schweigen ein. Die Sonne beleuchtete die alte Stadt, das Volk schwieg, und das bleiche Gesicht des greisen Bürgermeisters war ernst und feierlich. Der Bursche schaute sich verlegen °Um. Ich würde gern den Menschen sehen, der mich töten würde, sagte er endlich mit Mühe. . . . Dieser Mensch bin'ich! sagte der Bürgermeister, nnd er nahm rasch ein Messer heraus und erstach den Burschen. Und als dieser vor den Augen der Menge ver blutete, da warf der Alte das Messer fort und sagte: Bürger! Ick) habe die ganze Nacht darüber nach gedacht, daß dieser Mensch — ein Verbrecher, ein Mörder — unter uns leben wird und sein Opfer wird inzwischen in der Erde verfaulen. Sie war so jung, so glücklich, sie konnte noch lange leben und unser Leben verschönern. . . . Und nun habe auch ich getötet!! Ich fühle weder Reue, noch Bedauern. Aber auch ich bin jetzt eia Mörder, und wenn unter euch ein Mensch ist, otzr mit meiner Tat unzufrieden ist, so soll er mich toten, wie ich getötet habe. . . . Lange, lange herrschte ein Schweigen. Mit De- dauern schauten die Bürger ihren greisen Bürger« meister an, und in keinem Herzen wurde der Gedanke von seinem Tode geboren. Dafür, daß er solche Qua len durchgemacht hatte, daß sein Gerecht!gkeitsgefühl das Verbrechen nicht ungesuhnt lassen wollte, und daß er beschlossen hatte zu töten und zu sterben, hatte er noch mehr die Liebe und Achtung feiner Mitbürger im Fluge erobert. Auf dis Leich« de» Burschen sah man mit Schreckrn, vhne Mitleid, und die Bürger gingen keife, schweigend ««einander. , . « Am längsten von allen blieb der Vater des er stochenen Burschen zurück. Er schaute sich nach allen Seiten um, und seine rechte Hand war fieberhaft hinter der Brust versteckt. . . . Der alte Bürger meister stand ruhig und traurig auf der Schwelle «nd wartete. Schon machte der Demeindewirt einen Schritt nach vorwärts, aber dann blickte er zurück, sah eine Gruppe von Bürgern, die jede seiner Be- wegungen verfolgten; er erbleichte vor Äugst und lief davon. Da lächelte der alte Bürgermeister und sagte: Die Gerechtigkeit hat gesiegt! Und ging in sein Haus zurück. ... Mirs dem Russischen von Maurice Hirschmann.) Der Meisterschuß Don »ionrotztt „Ost, ri^lntz! OaL riglak!" Die schwarzen Kutscher in den braunen und roten Livreen schrien warnend; und die vereinzelten Fuß- gänger schlüpften eilig zwischen den Wagen hin- durch, die in langer Reihe zum Korso auf der Gesire-Insel rannten. Die Sonne lag warm, aber nicht mehr glühend auf den lichtgrllnen Rasen plätzen, zwischen den dickschaftigen starken Palmen standen Bäume und Büsche in bunter Blüte. Das weiße Brennen des Mittagshimmels war einem gesättigten, tiefen Blau gewichen, in das sich am Horizonte schon ein leises Orange mischte. Die Silhouette der Minaretts wurde weicher, die Segel der Felüken glitten wie Schmetterlinge schneeweiß auf dem Nil. „Herrgott, schön ist Ihr ägyptischer Frühling!" Georg Begern lehnte sich weit in den Wagen zurück. „Zu denken, daß man sonst um diese Zeit mit Gummischuhen und Schnupfen im Regen watet. Aber wie lange wollen Sie diese Grußzercmonie noch fortsetzen? Kennen Sie denn ganz Kairo?" „So ziemlich" — der blonde Attachä grüßte nach allen Seiten — „übrigens heut' ist es wirklich toll. Die ganze europäische Kolonie ist unterwegs." Der andere nahm halb träumend dies durch einanderfliegende Bild in sich auf, von farbigen Kleidern, braunen Fellachen, sonnenflimmernden Staubwolken, Knäueln seitwärts gedrängter Esel, Apfelsinenverkäufern, Sonne, Buntheit und Lärm. Plötzlich drängte sich in sein nur halbwaches Be wußtsein ein Frauengesicht unter einem rötlichen Seidenhute, das ihn ansah und jäh erblaßte, ein weißes, schlankes Kleid, in einem schnell vorbei schiebenden Wagen. „Mersberg, sehen Sie — da die Frau?" Aber che der blonde Attache im Gewühl des sich entwickelnden Korsos den bezeichneten Wagen sand, war dieser schon vor die Arabje der beiden Deut schen gekommen. Und nur wie ein Winken war ein riesenhafter Paradiesreiher, schwarz über dem Fond des fremden Gefährts. „Mersberg, bitte lassen Sie Hissen so fahren, daß wir den Wagen nochmal» treffen!" Georg Begern sprach sehr hastig. Der Attache tippte mit dem Stock den Berberiner an: „SeiuuL- lack, llissön!" Und der braune Kutscher bog einen einsamen Seitenweg ein, der in entgegengesetzter Richtung auf die Korsostraße mündete. „Wen haben Sie denn da entdeckt, Georg?" Begern antwortete nicht. Er saß mit scharf zu sammengepreßten Lippen, und seine Blicke schoben das Getriebe des Korsos auseinander, der ihnen nun entgegenflutete. Engländerinnen, kühl und licht; Kinder, deren Gesicht blaß war wie das durch- sichtige Weiß ihrer breitrandigen Blumenhüte. Braungebrannte sehnige Männer im Polodreß, da zwischen die schreiende Geputztheit dicker Lev an- tinerinnen: neugierige Touristen in Mietswagen; Autos mit goldstrotzenden Kowassen neben dem Chauffeur, das ganze bunte, lässige Dasein eines Kaironer Frühlingstages. „Dort der Wagen! Nein, der mit dem papageigrünen Kutscher — jetzt schiebt er sich vor — da die Frau!" Die beiden Männer blickten scharf dem Wagen entgegen, der nur lang sam vorwärts kam. Im Fond eine Frau mit einem sehr blassen, schönen, nicht mehr ganz jungen Gesicht. Die festgefügten leidenschaftlichen Züge hatten jetzt einen Ausdruck von hoffnungsloser Düsterkeit. Die leicht vorspringenden Backenknochen, die fast unmerk lich schief gestellten, sehr dunklen Augen gaben dem Gesicht etwas Fremde», Sarmatisches. Der feste Hals, bräunlich aus dem weißen Kleide aufsteigend, das schöne, starkzügige Gesicht, die ganze üppige und dock zusammengeraffte Gestalt: all das verriet eine Kraft, die doppelt hervorbrach unter all den anämisch mageren oder aufgedunsenen Frauen ringsum. Als es dem forschenden Blicke Begern begegnete, stand das blasse Frauengeficht plötzlich in Glut. Die Frau wandte hart den Kopf zu ihrem Begleiter, einem dicken Levantiner in auffallend modischem, Hellem Anzug, den roten Tarbüsch auf dem Kopfe. „Eine schöne Frau! Kennen Sie die denn?" Georg Begern sah sehr ernst aus. „Also hab' ich mich doch nicht getäuscht! Freilich hab' ich die Frau da gekannt. Gut gekannt. Au» meiner Studienzeit her. Wir verkehrten damal» viel auf einem reichen Gute. Die Frau vorhin war die Tochter de» Besitzers. „Ach nee!" Der Attache sah seinen Freund fassungslos an. „Verwechseln Sie die Frau auch nicht, Georg?" . ., „Ausgeschlossen", sagte der bestimmt und sehr ernst, „ich werde die» Gesicht nie vergessen. Wolf, Sie haben damal» immer wissen wollen, warum ich unverheiratet blieb — da haben Sie den Grund." „Die Frau vorhin?" fragte der Attachü leise. „Za, die Frau. Ich liebte sie, wollte sie heiraten. Sie hatte den Roedern im Kopfe. Gr war ein Lump, aber sie wollte es nicht glauben. Sie ist mtt ihm fort — dann hat er sie fitzen lassen — der Vater hatte kein Erbarmen. — Da» alte Lied! Einmal hörte ich, sie soll zum DariStL gegangen sein — als Kunstschützin, das war immer ihre Passion; sie schoß wie der Teufel, besser als wir alle, Herrgott, ein Jammer um das Mädel. Ich seh' sie noch immer in dem dichten Park im weißen Kleide stehen und mit un» um die Wette Scheiben schießen. So ein schönes Geschöpf, voll Jugend und Glück!" „Hängt es Ihnen rwch sehr nach, armer Kerl?" Der Attache sah den Freund warm an. „Nein, e» ist längst überwunden. Aber einen Menschen nun so Wiedersehen, das gibt immerhin einen tüchtigen Ruck. Wie es ihr jetzt wohl gehen mag?" „Schlecht vermutlich", sagte der Attachö trocken, „nach ihrem Begleiter zu urteilen. Haben Sie den Kerl neben ihr nicht gesehen? Einer der berüch tigtesten Levantiner Lebemänner, fabelhaft reich, aber ein übler Geselle." „Schauderhaft, wie so ein famoses Mädel durch eine einzige Dummheit zerstört wird." „Tja", der AttachL zuckte die Achseln, „so etwas sollte einen eigentlich nachdenklich und vorsichtiger machen. Wie viele von un» haben so eine zerstörte ffrauenexistenz auf dem Gewissen. Aber hören Sie mal —" er wandte sich lebhaft zu seinem Begleiter — „sagten Sie nicht, das Mädchen hätte so famos geschossen und wäre zum VariötS gegangen? Sie, Begern, gestern erzählte mir der Legationsrat auf dem Amt von einer phänomenalen Kunstschützin, die im Palais d'Or auftritt. Georg, ob die mit Ihrer Liebe identisch ist? Das müssen wir doch mal fest stellen. Morgen wollen wir hin, ja? Vielleicht, daß man in Ihrem Hott! Nähere» hört." Er rief den Kutscher an. „Isllli, SissLa, Sheppards-Hotell" * Eine grelle und lärmende Musik brandete zu den holzgezimmerten Logen de» Palais d'Or hinauf, er stickte das Schwatzen und Lachen der Menge unten. Der Saal war kahl und schmutzig wie eine Scheune. Das stechende Licht der Gasflammen enthüllte die fahlen, fleckigen Wände, die Ueberreste einer primi tiven und geschmacklosen Malerei, fiel auf den Steinboden, der dicht mtt Zigarrenresten, Pistazien schalen und Abfällen bedeckt war. Eine Wolke von Dunst, Rauch und beizendem Staubgeruch lag über dem Ganzen. Die Männer saßen breit und schwer vor den niedrigen Tischen, der rote Tarbüsch leuch tete über den feisten Levantiner Gesichtern; Kaffee brodelte in kleinen Messingkännchen. Zn den Logen oben saß die Lebewelt Kairo», saßen Fremde und englische Offiziere. Hie und da schob sich im Saale unten durch die schwarze Masse der Männer ein grelles Kleid, tauchte ein schreiend bunter Hut auf über einem geschminkten Kokottengcsicht. Die beiden Männer traten in die Loge zunächst der Bühne; eine Tänzerin im blauen Kleid verneigte sich, das ältliche Gesicht, war vom Puder wie mit einem weißen Tuch bedeckt, rote Schminkflecke gruben sich in das Weiß. Die Musik brach ab, und der Vor hang fiel. — ' „Das heben wir gut getroffen" — der Attache faltete das Programm auseinander -- „dies war Nummer 5. Jetzt Madame Pvonne, die Kunst schützin! Xous verroosl Donnerwetter, die Deko ration sieht tatsächlich ganz modern europäisch aus!" Der Vorhang hob sich über düster violetten schmucklosen Kulissenwänden, die von wenigen gol denen Linien belebt waren. Die Scheiben mit dem schwarzen Zielpunkt standen weiß und kalt. Lin strafferer Rhythmus des Orchesters: Auf dem Dunkel des Hintergrundes stand eine Frau in einem sehr engen, metallisch schillernden Kleide; es lag wie eine Schlangenhaut um den schönen Körper. Das Gesicht war blaß, teilnahmslos; und da» starke Haar über diesem blassen Gesicht schwarz und finster auf- getürmt wie ein Helm. Die zwei Dkänner sahen sich stumm an; sie hatten beide die Frau vom Korso er kannt. Die Frau ergriff, ohne das Publikum zu beachten, schnell eines der aufgehängten Gewehre; sie zielte kurz, ihre Augen wurden schmal unter den zusammenaeschobenen, starken Brauen: „ein scharfer Knall — sie hatte ins Schwarze getroffen. Und nun Knall auf Knall — dazwischen das Aufdröhnen der Musik. Immer schneller die Schüsse, sie prasselten wie Hagelschläge; kühner die Treffer. Sie lehnte rücklings über einem Stuhle, schoß und traf. Sie lag lang auf der Erde — zielte — über ihren Kopf hinweg — das Gewehr im gestrafften Arm — un gestützt; sie schoß und traf. Die Musik lärmte auf, der Saal klatschte. Die Frau richtete sich empor, immer mit dem gleichen, bewegungslosen Gesicht, — winkte. Ein Neger stand auf der Bühne, riesen haft, halb nackt, mit einem feuerroten Schurz um die Lenden. Er trug einen Stirureif mit aufrechten, bunten Federn. Zn jeder Feder steckte ein silbernes Glöckchen. Die Musik ging in einen monotonen Niggerfang über — der Neger begann zu tanzen — ein riesenhaftes, schwarze» Tier. Da hob die Frau eine Pistole, die schon bereit gelegen hatte — und schoß; schoß vom Kopf de» tanzenden Rigger» die Glöckchen herunter. Der ganze Saal lautlos; in einem unerhörten, wollüstigen Grauen, da» jeden Laut, jede Bewegung lähmte, wartete die Menge auf den dumpfen Schlag des Schusses, das Auf klirren des getroffenen Glöckchens. Aber nun brach die zurückgedämmte Erregung in tosendem Beifall hervor; Larry, Schreien, Dacapo-Rufe. Die Frau winkte; schon stand der Nigger grinsend mit einer neuen Federkrone — der Saal erstarrte in laut losem Warten — da kam lärmend und lachend in die Loge neben den beiden Deutschen ein Levan tiner mtt einem rotblonden, bemalten Geschöpf. Zn der Stille blickte alles unwillig auf. „Herrgott", der Attachö faßte Begern am Arm, „der Levantiner von gestern." Die Frau unten wandte in dem Lärm unwill- kittlich den Kopf, sah hinauf. Die Hand mit der Pistole, fiel steif hinunter. Sie sah den Levantiner, breit lachend über die Loge gelehnt, sah die Dirne. Und neben den beiden den Mann, der sie gekannt und geliebt. Die Kälte auf ihrem Gesicht zerriß — ein verzweifelt aufbrechender Schmerz kam hervor. Aber da begann der Nigger zu tanzen; und hob be- wußtlos, mechanisch hob sie die Pistole. Aber der Arm schwankte, sie tat ein paar Schüsse, fehlte. Das Publikum wurde unruhig, rief, stand auf. Sie ver suchte in wachsender Verzweiflung das Kunststück —, Fehlschuß auf Fehlschuß. Der Neger ängstlich ge worden, hörte plötzlich mitten im Tanz auf. Da brach ein Lärm los, laut wie eben das Beifalls geschrei: Toben, Lachen, Helles Pfeifen, das von allen Seiten ausgenommen wurde. Die beiden Freunde waren aufgesprungen. „Die Hunde", sagte Georg Begern verzweifelt. Die Frau unten sah mit einem einzigen Blick in die Menge; dann wandte sie den Kopf und blickte zu dem Levantiner auf, der lachend und pfeifend da saß; und von ihm fort wandte sie ihr zerstörtes Gesicht zu Georg. Und in diesem Augenblicke war es, als ob eine fremde Maske von den Zügen der Frau fiele; als ob ihn das Mädchengcsicht aus dem sommerlichen Garten anschaute. Er sah, wie die kalte, verzweifelte Scham auf ihrem Gesicht verging und einem befreiten, stillen Lächeln wich. Aber ehe ihm dies klar zum Bewußtsein kam, war plötzlich eine Stille — dann ein Zischen dicht an seinem Ohr — wie ein Knall. Der Levantiner neben ihm brach aufschreiend zusammen. In der lauten Wirrnis des ausbrechenden Ent setzens hob die Frau unten zum andernmal blitz schnell die Pistole — und sank tot hin . . . Notizen einer Zrau Don Ein lahmer Trost. „Säen hat seine Zeit, Ernten hat seine Zeit Lieben hat seine Zeit, Hassen hat seine Zeit." Irgend ein alter Weiser hat das gesagt, es steht in der Bibel, und Moisfi hat es mir einmal vorgelesen, als ich noch jung war, es eintönig fand und zu klug dafür war. Heut din ich zu dumm dafür, und mem Herz schreit nach näheren Z ritan-aben. Ueber Kleider. Frauen, die nur ganz neue Kleider lieben, sind immer dumm. Das neue Kleid — man hat sich, durch Erfahrung gewitzigt, ein noch besseres aus- geklügelt. Ls ist schön und gut, aber es ist kalt, kennt nicht unsere Vergangenheit, die an sich ja nich» alt zu sein braucht, kennt nicht unsere Gewohnheiten, Leidet, ohne zu unterstützen, fällt gut, ohne Neben absichten. Schon getragene hingegen! Das Parfüm haftcl schon, der Stoff bat bereit» die Linie des Körper - angenommen. Ich weiß: Zn diesem Kleid gefiel ich schon LL., NN. und vielen. Es macht mich sicher, unterstützt mich. Das Stück Schmuck sitzt ausprobie.t und bewährt, die Beine wissen beim Ausstrecken: b ; hierher und nicht weiter. Ich bin meinen getragen n Kleidern dankbar. Dünsche. Früher hatte ich jede Woche einen anderen und einen anderen dazu passenden Vornamen. Wünschte ich mir, nach Südende tanzen zu gehen, so hieß ich Anni. Einmal wünschte ich mir Ohrringe mit Smaragden, so groß wie die Marken von Dahomey, dazu hieß ich Anastasia. Einmal sehr glühend das Neisetagebuch eines Philosophen vom Grafen Keyserling; Leontine stand vor allen Buch laden. Inzwischen habe ich zwar nicht Südende oder die Ohrringe, wohl aber das Reisetagebuch erlangt, und da ich sehe, daß Erfülltwerden dem Gewünschten nicht gut tut, werde ich mir nie mehr etwas wün^ schon, auster siebzig Jahre alt zu sein und alles hinter mir zu haben. «ocheuspielplan der Leipziger rheater. Die Ziffern bedeulen Ansana u. Schlug der Ausliihr. Son-taa MmitlaÄ rdienStaa »ittwach Smeitn« »nn«a»««d Sonntaa Reu« NeHa «ei <mk,A8Äen?»nr«ch« Re» tncheni«rt: Dtesland. 71,- » Drt «mf^^od^Anr »er f««a.HollLnd,r. 0. 7»»-,*,, La Lraoiata. 0. 71,-7«', Di« Zauderilvt». v. 71,-tP/. «. M«tzt*t>l M«1 D«t anfo«hod «nr. D«r Aof«nravaU«r. 0. 7-^ »r. A^A. R g. D«r Lrondadonr. 7-i. IU.». ». Lor Waff«nfchnrt«d. i-01. D«I auig«hod«nenl Anrecht Di« tot«n Nug«n. kill. 7-» Alt« Arater Außer LerKanHna «»her Anrecht DI« H«rmannfchlach» »—>1 Außer Anrecht Hran,'»ia. «luder Anr«cht D«r Pfarrer »an Kirchfeld. «-!«», Außer Anrecht D«r Revisor tzauft. u. A -» f.». »«M»»ndd.»»s«ft. Außer Anrecht Li« Hermannsch'acht 7ch—»«1, tl. L«r A«oisor. 9-»1, Mir1schord.D«Msch.L«hr*r Außer Anrecht 7-s,-io-,. Die Hermannschlacht. 0uek««>- »Ilan Premieeeädesetzmig. «-n Pmnnadour. Katia, dl« LLnirriN. Premierendescgung Liad. Pompadonr Naila^dl«^r Snzerln. iAad »o mpadonr. Katja dk» ianz«rin. ki. Katja, di«Ttlnierin 9—n Borst, f d.B«relnKlopsd»lz. ä. Madam« Pompadour. 7>/,-i0°, Schm« itzletz« M«r »km« Heinrich. 7'.', Der Breme -eknrrch. 7*, Var »laue H«lnrlch. 7-r Al» ich noch «in SlligeMKd«. 71, D«r dlane Heinrich. 'SHKr.!'- Al» ich noch im Sla«elN«wL 7'» .ri. v-v. .1-, Schneider Wlbd«l. Al« ich noch im Alüg«l- il«tde. 71, ssfeßR» 0 . ck. chmmn«: M« Klein« n.var«e1».7ch U G. Bemme L—!N G. Lemm»: Di li l«in»».Dari«<». 7' . Klein« v.Barietc . 7«, 0 p. »«nn—: Di«' Kleine o Bartet». 7^ ll. ch, p«mn«: Di« Kietn« .Vari««. 7'1, 0. ». L«nm«: Di« Klein« ».Varietv. 71, »astspirl Boston Demme Di« Ki«In» vomDari««». 7<, AWU ü. Berliner Operertenyou, Li« Aon— »lind«rin. »>, «Verl. Operettmch. Kl«ine sandertu.»/. 0 »«rl. Vnere—ni,. Kl«tn« «i»d«rt». <». D«rl. O»«r«t1«nch » »rrl. v»»rl««ntz. Kl«Ms «l»d«ria. Ai, Kl««ye ««n»»ri».»). 0. L«rl vp«r»««nh. Lorin« ». ». Inf. iNk Saftspi«! B«rl. Op«r«ttendl Lorin« und d«r Zufall, s Ht» WindBjichtijA» Di« AANde^dH^geniD«« iAiM-rfilhri^n Ich» MAlD«ch>ch«iaon Li« Mi»d«rjlchei»«n LA MiAd«rffchri««n. lurrch«A-Por steilnng.
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