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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230824
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230824
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-24
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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SÄ»« 2 ktr. 200 Defizit und Inflation Httfer-ing vor dem kjaushalts-Kurschu- Berlin, 23. August. (Eig. Tel.) Der Hau-, haltausschuß des Reichstages ist heute zusammen getreten, um unter der Tagesordnung .die finan- -ielle und wirtschaftliche Lage Deutschlands* über Fragen zu beraten, die, wie der Vorsitzende, der sozialdemokratische Abgeordnete Leimann, sagte, die Wurzeln des staatlichen Sein» betreffen. Reichofinanzminister Dr. Hilf er- ding entschuldigte zunächst die Abwesenheit des durch dringende Geschäfte verhinderten Reichskauz, lers und führte dann in längerer Red« folgendes aus: „Die neue Negierung hat die Geschäfte in einer Situation übernommen, die politisch und sozial außerordentlich ernst gewcstn ist und vom finanzpolitischen Standpunkte aus als fast ver zweifelt angesehen werden muß. Die rapid wciterschreitende Dollarsteigerung hat unsere ganze ssinanzverwaltung in eine geradezu furchtbare Verwirrung gebracht. Die Ergebnisse haben sich sozial in auperorbettillch starten Lohnbewegungen ausgewirkt, die aber doch nur eine gewisse An passung an die Preise gebracht haben. Lei der Festsetzung der Lohnerhöhungen konnte die Unter- nehmerschaft mit einem Dollarstande kalkulieren, der sich etwa zwi^-cn 5 und ö Millionen bewegte und von dem man annehmcn konnte, daß er in den nächsten Tagen noch weitaus höher gehen würde. Ais der Dollar aber auf 3 Millionen zurückging, Hatton in vielen wichtigen Gcwerbezweigen die Löhne bereits den Friedensstand erreicht oder waren über dem Friedensstand. Ebenso rvaren die Preise vieler wichtiger Rohprodukte, zum Teil auch die Lebensmittelpreise, über das Weltmarkt niveau gestiegen, so daß die größte Gefahr be- stand, baß der Export stocken und eine allgemeine Wirtschaftskrise cintrcten würde. Die Finanzvcrwaltung mußte auch zu Lohn- und Gehaltoerhöhungen schreiten, die für die Ausgaben wirtschaft des Reiches außerordentlich stark ins Ge- wicht fielen. Wir müssen heute nicht nur das kolossale Defizit des Reiches decken, son dern sind auch in die Zwangslage gebracht worden, für die ganzen Ausgaben der verschiedenen öffent lichen Verwaltungen, der Länder und Gemeinden ciuszulounuen, und zwar nicht bloß in dem Ausmaße, wie es dem Finanzausgleichgcsetz entspricht, sondern praktisch liegt die Sache so, daß wir das gesamte Defizit der Länder und zum großen Teil auch das gesamte Defizit der Kommunen aus das Reich übernehmen müssen, wenn nicht der Zusammenbruch der gesamten Der- waltung eintreten soll. Dies muß geschehen, ob wohl dns Reich selbst nicht die notwendigen Mittel aus den Steuern aufbringen kann. In der leisten Zeit hoben sich aber auch noch außerordentlich belmrichszende Symptome bemerkbar gemacht, die eine ganz energische Gegen attion unbedingt erforderlich machen. Die Beilegung des Puchdruclerstreiks, die eine ab solute Notwendigkeit gewesen ist, weil wir dabei in eine fürchterliche Kalamität wegen des Streiks der Bantnotendruckereien geraten wären, ist nur möglich gewesen, indem das Reich die Zusage gemacht hat, daß cs einen Teil der Lohnerhöhungen aus eigenen Mitteln decken würde. Wir sind also dahin ge kommen, auch Löhne der Privatindustrie unmittelbar auf das Reich zu über nehmen. Daneben zahlen wir im Grunde ge nommen augenblicklich auch einen Teil der Gehälter sämtlicher gemeinnütziger Anstalten, sämtlicher Fürsorge an st alten u. dgl. Kurz und gut, die Ausgabenseite des Reiches ist unüber sehbar geworden. Dieser Zustand darf nicht länger bestehen, und zu seiner Abstellung ist die größte Energie der Negierung erforderlich. Aber wir sind auf dem Währungsgebiete in einen geradezu anarchischen Justand geraien.* Der Minister beleuchtet dann rückblickend die plötzliche Einführung des Einheitskurses ohne wirklich organische Stützungsaktion, wobei sich die Industrie nicht die unbedingt notwendigen De visen beschaffen konnte. Als der Einheitvkurs plötz lich wieder beseitigt wurde, ohne entsprechende Maß nahmen, um die Wirkung dieser plötzlichen Desei- tigung Halbwegs auszuschalten, schnellte anch aus diesem Grunde der Dollarkurs empor und es entstand eine Banknoten knapp h eit. Sie hat eine außerordentliche Panik erzeugt und dazu geführt, daß wir die erste Erscheinung einer Nepu-sation der Mark bemerken konnten. Die Mark wurde nicht mehr all gemein als Zahlungsmittel genommen. Insbesondere die Landwirtschaft und auch gewisse Kreise des Einzel- Handels begannen den Verkauf gegen Mark einzu stellen. Zunächst wurde als Abhilsemittel die Ausgabe von Notgeld gewählt. Das Notgeld wurde aber bald nicht mehr mit Genehmigung der Reichsbsnk ausgegcben. Alle Sicherstellungen für die spätere Einlösung des Notgeldes der Privatbetriebe, der Kommunen usw. wurden unterlassen und mit der Reichsbank gar nicht darüber verhandelt. Zahlreiche Privatbetriebe, namentlich auch zahlreiche Kreise, gaben völlig ungesetzliches! und unfundiertes Notgeld aus. Diese Ausgabe von unfundiertem Notgeld geht in viele Billionen und hat die Inflation außerordentlich gesteigert. Wir sind in gewisse anarchische Zustände hinringekommen. Das Problem ist im besetzten Gebiet schwer zu lösen, aber im unbesetzten Gebiet müssen die Noten rasch zur Einlösung gelangen. Die Reichsbank ist in der Lage, den Notenbedarf zu decken. Da» ist die eine Seite der finanziellen Situation. Die andere Seite, die Hoffnung nämlich, die im Reichstage vorhanden war, durch di« starke An spannung der Steuerschraube im Augen blick bereit» «in gewisse» Gleichgewicht dr, Budget« herzustellen, läßt sich augenblicklich nicht ganz erfüllen, so schwer auch die Steuern find. Wir sind zunächst nicht in der Lage, den ganzen Betrag der Ausgaben durch Steuern zu decken. Ueber da» Ergebnis der Zeichnungen auf die Geldanleihe flitzt sich augenblicklich nur sagen, daß die Zeichnungen befriedigend »»»gegangen find, doch find di« —- » Nachricht« darüber noch ganz uavollftlndig; jeden falls ist «in b«fiere» Lrgebat» -u erwarten al» bei den D o ll «r s ch atz a n » e i su n g e n. Trotzdem ist es bei de» Anwachsen der Ausgabe» tn» geradezu Gigantisch« di« Frage, welche Mittel man noch ergreifen kann, um möglichst rasch zu einer außerordentlich starken Abstellung, womöglich zu einer vollkommenen Beseitigung -er Inflation zu kommen. Di» Inflation geht aus finanziellen Gründen deshalb nicht weiter, weil die Kreise, di« bisher im wesentlichen die Inflationsbesteuerung ge tragen haben, heute schon vollständig enteignet sind. Der Mittelstand kann nicht noch mehr expropriiert werden, auch di« Arbeiterschaft, die mittleren Angestellten und Beamten nicht, weil, wenn der Dollar rasch hinaufgeht, die Löhne ohne weitere» an der Grenze des Existenzminimums sind. Die Umstellung der ganzen Wirtschaft auf Gold- rechnung, die rapid vor sich gegangen ist, hat ftiese Kreise vor weiterer Geldentwertung geschützt. Aber auch au» sozialen und politischen Gründen ist die Inflation» st euer unmöglich geworden, denn sie hat bereit» wie ein Ficberanfall gewirkt, und die Regierung ist der Ansicht, daß ein zweiter Fieber- anfall für unser Reich und unsere Wirtschaft tötlich werden könnte. Die Reichsfinanzen weisen fünf große Oefizttquellen auf. Die erste ist die Ausführung desFrie- densvertrag««. Der Friedcnsvertrag hat für seine Ausführung im Januar noch die Summe von 450 Milliarden erfordert. Im Juli war diese Summe bereits auf 4 Billionen gestiegen, und wir müssen mit einer Vervielfachung für den August rechnen. Die Regierung Cuno hat deshalb bereits eine Einstellung der Sachlieferungen vorgenommen; deren finanizeller Effekt ist aber nicht allzu groß, weil eine große Reihe von Verträgen abgeschlossen worden ist und wi« in bestehende Verträge nicht eingreifen können. Da die Ausführung der Verträge da« Reich ganz außerordentlich belastet, soll untersucht werden, ob es nicht doch möglich wäre, sie insofern auch für die Steuerpolitik des Reiches zu gewinnen, als eine Nachprüfung der Preise und der Gewinn« au» diesen Verträgen Ergebnisse haben könnte, die auch für das Reich fruchtbar gemacht werden könnten. Für die Finanzen des Reiches ist es auch ver derblich gewesen, daß die Eisenbahn und -ie poflverwattung ihre Tarife viel zu spät und immer nur ganz un genügend der Geldentwertung angepaßt haben. Wenn die Eisenbahn nach den Grundsätzen der Privat- betriebe geleitet werden soll, dann kann man nicht verlangen, daß sie tief unter den Selbstkosten den Güter- und Personentransport übernimmt. Da» ist auch eine ungerechte Bevorzugung eines Teiles der Privatwirtschaft und eines Teiles von Privatperso nen. Auch die Anpassung, die die Reichsbahn am 20. August an die Geldentwertung vorgenommen hat, ist noch nicht vollständig. Trotz der starken Tarif erhöhung muß noch mit einem Defizit von 450 Billionen Mart für den Rest des Rechnung»- jahres gerechnet werden. Dabei stellt diese Defizit summe nur eine fiktive Zahl vor, weil der Ausfall der Einnahmen au» dem Ruhrgebiet nicht mit gerechnet ist. (Die Sitzung bauert fort.) Die französische Note Vie UnzulLnglichkeit der Notenaustausches Berlin, 23. August. (Eig. Tel.) In amtlichen Berliner Kreisen ist man nach genauer Prüfung der französischen Antwortnote zu der Auffassung gelangt, daß die Note in keinem Punkte ein Ent gegenkommen erkennen läßt. Wenn man die Sachlage sehr optimistisch beurteilen wolle, könne man aus den verschiedenen amtlich inspirierten Ar- tikeln der französischen Presse schließen, daß die Note eine Basis für Verhandlungen zwischen England und Frankreich über die Repara- tionvflage schaffen kann. Poincarö hat keineswegs Hlar zum Ausdruck ge bracht, was Frankreich eigentlich will. In der Note wird immer auf die D o k u m e n t e 2 3 u n d 25 des früheren französischen Gelbbuches, die sich als In struktionen an den französischen Botschafter in Lon don darstellcn, verwiesen. E« wird dort davon ge sprochen, daß «ine Räumung de» Ruhrgebiete» in etwa vier verschiedenen Etappen nach Maßgabe der von Deutschland geleisteten Zahlungen erfolgen könne. Die Besetzung würde sich cke kacto gar nicht ändern, das rheinische Eisenbahnn etz in den Händen der französisch-belgischen Regie verbleiben und dir Ausnützung der Pfänder fortgesetzt werden, eine Wiederkehr der aus- gewiesenen Beamten würde mit einzelnen Ausnahmen nicht zugelassen und die Ver urteilte» würden nicht au» den Gefängnissen ent lassen werden. Dom Rheinlande wird in Wendungen gesprochen, al» ob die Abtrennung eine selbstverständliche Voraussetzung wäre. Schließlich wird Uebersührung einer Anzahl Berg werke in Reichcbesitz verlangt, au» dem sic dann in den der Alliierten übergehen sollen. Zn unterrichteten Kreisen verhehlt man sich nicht, daß eine Verständigung unmöglich ist, wenn da» unabänderliche Bedingungen der französi schen Regierung sein sollten. Die französische Note gebe keinen Aufschluß darüber, ob da» bereit» kodifi zierte Beschlüsse der französischen Regierung sind oder ob es sich nur um Voraussetzungen für eine Diskussion handelt. E» kommt darauf an, ob die französische Regierung eine Diktatur erstrebt oder Verhandlungen über dir Reparationen will, zu denen die Kontrahenten nicht mit einem vom Gegner un abänderlich festgelegten Programm kommen. Die Rede dr» Reichskanzler» Stresemann soll der Au«- gangspunkt für die Klärung dieser Frag» sein. Vie Aufnahme irr -er englischen presse London, 23. August. (Lig. Te l.) Die Aufnahme der französischen Rote tn der englischen Presse ist ein außerordentlich gutes Beispiel für da» geschickt« Spiel mit verteilten Rollen. Um chre eigene Stellungnahme endgültig festzulegen, will die eng lische Regierung offenbar in Frankreich durch Kom- mentare der Presse zur französischen Rote den Ein druck erwecken, daß rin« weitere Erörterung der Reparationsfrage und Verhandlungen zwischen Poin- rare und Baldwin für beide Länder gute Aus- sichten ergeben können, wenn Poincarö sich dem englischen Standpunkt noch etwas nähern würde. Diese Annäherung könnte sich in den nächsten Wochen, wie „Times" und „Morninapost* sehr ge schickt andeutcn, geradezu automatisch vollziehen, wenn der neue deutsche Reickskanzler das staatsmännische Geschick besitzen wurde, durch neue Formeln eine neue Grundlage für eine sachliche Behandlung der Reparationsfrage und des Ruhr konflikts auszustellen. Es verdient in Deutschland die allergrößte Beachtung, daß maßgebende Kreise in England und Frankreich durch den Negierungs wechsel in Deutschland bereits so günstig beeinflußt worden sind, daß man vone der deutschen Regierung positive Anregungen erwartet, die geeignet sein könnten, die englisch-französische Aussprache wieder in Gang zu bringen, um auf einer neuen, durch Deutschland geschaffenen Grundlage zu einem freund- schaftlichen und abschließenden Ergebnis gelangen zu können. Die „Times* gibt heute deutlich zu versteh-n, daß England lieber heute als morgen den alten Plunder der politischen Streitfragen, die als das Ergebnis aus der Lunoschen Phase des Reparations- Problems und der englisch-französischen Aussprache übrig geblieben sind, im Austausch gegen eine ver nünftige Regelung der Reparations frage und der interalliierten Schulden über Bord werfen würde. „Daily Telegraph* und „Westminster Gazette* sind die einzigen Blätter, die heute Poincarös Antwort als völlig unbefriedigend be zeichnen. Während der „Daily Telegraph* nur den völlig negativen Charakter der französischen Note hervorhebt, ohne daran politische Schlußfolgerungen zu knüpfen, verlangt die „Westminster Gazette* die Zurückziehung der englischen Truppen aus dem Rheinland und sofortige Absendung einer Note an Deutschland als Einleitung einer selbständigen eng lischen Reparationspolitik, die auf die französische Anschauung keinerlei Rücksicht mehr nehme. Tschechoslowakisches Die Tschechoslowakei ist ein Nationalitätenstaat; nahezu ein Drittel der Bevölkerung spricht die deutsche Sprache als Muttersprache. So ist auch Preßburg, das die Tschechen in Bratislava umgetauft haben, eine gut deutsche Stadt. In dieser Stadt findet nun Ende August eine „Internationale Holz- Konferenz* statt. Daß der Tschechoslowakische Staat die deutsche Sprache in Acht und Bann getan hat, ist bekannt. Was tut nun die Börse der gut deutschen Stadt Prcßburg, die die Holzkonferenz veranstaltet? Tschechisch kann sie nicht schreiben: das versteht kein Bkensch. Deutsch darf sie nicht schreiben: das ver- stehen zwar recht viele Menschen, aber biese Sprache kennt die amtliche Tschechosowukische Republik nicht. Also versendet sie ihre offiziellen Einladungen nach Deutschland in — französischer Sprachei So ganz geheuer kommt das der Preßburger Börse aber doch nicht vor. In einer Ergänzungsbeilage übersetzt s^- den französischen Text der Einladung ins Deutsche und fügt noch einige Bemerkungen hinzu, die, da sie in der offiziellen Einladung nicht enthalten sind, also speziell wohl für deutsche Teilnehmer gelten. Dar unter finden wir folgenden Satz: „Anmeldungen von Rednern, soweit cs sich um Vertreter ausländischer Vereinigungen und ausländischer Interessenten handelt, über Themen, welche in den Rahmen der Konferenz fallen, können wir nur bis zum IS. August l. I. entgegennehmen, mit der Voraussetzung, daß diese Borträge uns bis zum 25. d. M. behufs Be sorgung der Uebcrsetzungen übergeben werden.* Man kann dies kaum anders verstehen als: die deutsche Sprache ist als Verhandlungssprache ausgeschlossen. Und das Ganze heißt denn auch tschechisch etwas un verfroren: international. — Einen Bericht über diese „internationale* Veranstaltung können wir natürlich nicht bringen. Angriffe auf -ie Sächsische Regierung Die Plage der Felbdiebstäle Dresden, 23. August. (L i g. Te l.) Der Sächsische Landbund schreibt: Das Ministerium de» Inneren läßt durch die Staatskanzlei einen Aufsatz über die wirtschaftliche Lage in Sachsen verbreiten. Von be sonderem Interesse daran ist für uns die Ansicht des Ministeriums, daß die Einsetzung der Landespolizei in wirtschaft ichen Kämpfen erfolgen könne, wenn wirtschaftliche Maßnahmen parallel gehen. Nach unserer Ansicht hat die Landespolizet die Pflicht, das Leben und das Eigentum zu schützen. Wo das nicht geschehen ist, ist das, wie aus dem Artikel des Minfftreiums hrrvorgeht, aus da» Mini sterium selbst zurückzuführen. Die Schuld und die Verantwortung für dir Ereig nisse der letzten Wochen, die sich auf dem Lande abgespielt haben, trifft also lediglich das Ministerium des Inneren. Die Erpressungen, Plünderungen und Raubzüge haben in einem solchen Umfange stattgefunden, daß eine Feststellung des angerichteten Schadens erst in einigen Wochen möglich sein wird. In der Kürze der Zeit war es auch noch nicht möglich, den einzelnen Vorwürfen nachzugehen, die vom Ministerium des Inneren erhoben worden sind. Das Ergebnis pnserer Nachforschungen werden wir ebenfalls der Oeffentlichkeit unterbreiten und uns dabei auf absolut einwandfreie Unterlagen stützen. Weiterhin widerspricht der Landbund der Er klärung des Ministeriums, daß die Ruh« über' all hergestellt sei. Die Landwirte würden im Gegenteil auch heute noch dauernd von Banden heim- gesucht, und Requisitionen, letztere wir lm Pirnaer Bezirk, sogar mit Au»w«i» der Amtshauptmana- schäft, fänden in ungemindertem Maße statt. Lieber vettere 5el--le-stLhle lesen wir auch in der sozialdemokratischen Volks zeitung für da» Muldental unter vrr Ueber- schritt „Tollheit oder Verbrecken?* folgendes: Lag für Tag ist jetzt in Döbelns Umgebung ein krsttLg, Sea 24. LagMst - widrrUche» Schauspiel zu beobacht« Scharen von Männern rauben Darben, rennen heim mit schwerer Bürde, um diese» tolle Beginnen mit Frau und Kindern bt» -um späten Abend forl- zusetzen. Ein» steckt das andere an. Alles rennt und raubt. Männer heraus, daß diese Zucht losigkeit aufhört, ehe Blut fließt. In Meilitz wurde »in Arbeiter beim Aelddiebstahl «rschoßsen. Sozialdemokraten! Bewahrt Eure Brüder davor, al» Räuber erschossen zu werden. Wenn Besitzer von Hau», Garten, Feld, Vieh an erster Stelle rauben, ist dies Beweis, daß nicht Hungersnot und bittere» Elend, sondern Ra ffgier die Ursache des Handelns nsid. Haltet ein, ehe es zu spät ist. Nationalistischer Lteberfatt Dresden, 23. August. (Eig. Tel.) Der Amis- Hauptmann von Großenhain erläßt über einen Ucberfaü in Ra b e burg aufRadeburger Arbeiter- jugend durch einen nationalistischen Trupp folgende amtliche Darstellung: In den späten Nachmittagsstunden erschien in geschlossener Schar ein Trupp Radfahrer, ungefähr gegen 25, ge führt von einem Motorradfahrer, mit der ausgeroll ten schwarz-weiß-roten Kriegsflagge, sowie dem früher an der Sächsischen Landeszeitung tätigen, vor kurzem aus München zurückgekehrten Leutnant a. D. Steiger. Die Radfahrer trugen zum Teil Hakenkreuze oder die feldgraue Mütze de, Hitlergarde. Al» am Schützenhaus abgesessen war, zog der Motorradfahrer einen Dolch und befestigte ihn vor den zahlreichen Umstehenden außen an seiner Leder bekleidung. Darauf erschollen in streng militärischem Ton die Kommandos: Radwachen vor! Fahnen- wache sammeln! Dann wurde ausgeschwärmt' nach dem Spielplatz der Arbeiterjugend vorgerückt und von dieser die Herabnahme der roten Fetzen gefordert. (Die roten Wimpel und Fähnchen der einzelnen Gruppen waren in den Bäumen auf- gehängt) Als dem nicht sofort nachgckommen wurde, schlugen die Banditen wähl- und ziellos, zum Teil mit Gummiknüppeln, auf die jungen Leute und Kinder ein, um dann ebenso schnell, wie sie gekommen waren, zu ver schwinden. Im Innern der Stadt kam es nochurals zwischen der Bande und den aufgeregten Einwohnern zu einem kurzem Zusammenstoß, wciüei einer der Bandenführer geschossen haben soll. Verletzun gen wurden nicht festgestellt. Wie wir zu dieser Angelegenheit erfahren konnten, sind drei Be teiligte, darunter der ehemalige Leutnant Steiger, verhaftet worden. Ruth Fischer als Antisemitin Wie die Kommunisten die Deutsch- völkischen ruwlverben, dafür hat kürzlich die Führerin des linken Flügels der KPD., die ultra- radikale Ruth Fischer, einen Beweis erbracht, der geradezu groteske Bilder aufrollte. Die Gruppe Berlin der KPD. hatte die Studenten zu einer Schlageter-Feier eingeladen mit folgen dem Programm: Aula im Dorotheenstädtischen Realgymnasium, Dorotheenstraße 12. Tagesordnung: Wofür starb Schlageter? Kommunismus, Faschismus und die politische Entscheidung der Studenten. Referent: Genossin Ruth Fischer. Studenten! Studentinnen! Verschafft euch Klarheit über die Wege des revolutionären Freiheits- kampfes. Wir machen besonders die völkischen Gegner auf die unbeschränkte Diskussionsmög- lichkeit aufmerksam. Ruth Fischer wandte sich an die „Helden, die, wie Schlageter, bereit sind, auf dem Altar res Vaterlandes für Freiheit und Volk ihr Leben zu opfern*. Sie beteuerte diesen Helden: „Das Deutsche Reich, die deutsche Kultur- gemeinschaft, die Einheit der Nation tonnen nur gerettet werden, wenn Sie, meine Herren von der deutschvölkischen Seite, erkennen, daß Sie gemeinsam kämpfen müssen mit den Massen, die in der Kommunistischen Partei organisiert sind. Sie rufen auf gegen das Iudenkapital, meine Herren? Wer gegen das Iudenkapital aufruft, meine Herren, ist schon Klassenkämpfer, auch wenn er es nicht weiß. Sie sind gegen das Iudenkapital und wollen die Börsenjobber niederkämpfen. Recht so. Tretet die Zudenkapitalisten nieder, hängt sie an die Laterne, zertrampelt sie.* Sodann fuhr Ruth Fischer fort: „Nur im Bunde mit Rußland, meine Herren von der völkischen Seite, kann das deursche Volk den französischen Kapitalismus aus dem Ruhr gebiet hinausjagen. Machtpolitisch gesehen, ist das Bündnis mit Rußland der Auswea, den jeder auf eine Rettung Deutschlands bedachte. Mensch gehen muß.* * Diese Umwerbung drr deutschvölkischen Studenten durch Hinweis auf die „Iudeny-fahr* ist das Un ehrlichste, was die deutschen Kommunisten sich leisten können. Auf dem vor kurzem in Leipzig ab gehaltenen Parteitag der KPD. »ar unschwer zu ersehen, daß die Kommunisten gerade von jüdischer Seite einen sehr starken Einschlag haben. Und es waren vor allem ausländische Juden, die in dem Saale des Dolkshause« mit dem Diktionär in der Hand einhcrginqen, um die deutschen Vokabeln zusammenzusuchen für ihre Reden an die ihrer Mei nung nach nicht sehr daseinsberechtigte deutsche Na tion. Wer damals — vor einigen Wochen! — auch nur ein Wörtchen über „das Deutsche Reich*, „die Einheit der Nation* und „die deutsche Kultur gemeinschaft* gesagt hätte, wäre dem dröhnenden Gelächter der KPD-Götter verfallen. Diese ihrer seits lauschten, zitternd vor Spannung und Respekt, den internationalen Vertretern, nach deren in französischer und italienischer Sprach, ge haltenen Reden sofort immer eine begeisterte jüdische Genossin aufsprang, um sie den Genossen in ihr — ihnen scheinbar ganz gleichgültige« — Deutsch zu übersetzen. So wenig wir für Rassenhaß DerflSndnt» haben — die deutschvölkischen Jünglinge find ehrliche Phantasten. Frau Ruth Fischer aber, die nicht die Kleinste unter den Kommunisten Ist. hat „Die Inter nationale* am lautesten mitgesungen, und fetzt feiert sie Schlageter. Sie hält antisemitische Hetzreden und ist selber eine in Wien geborene Jüdin nam-ns El fried« Friedländer. ätz. V.
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