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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230822
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230822
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-22
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Sette 2 Xe. ISS ü-eyuckser ^»aedlett «6 LeaSeleeettuLg «UttMock, äea 22. Lugu»t Wirtschaftskrise und Polizei Lin Nusruf zur Besonnenheit Dresden, 21. August. (Lig. Tel.) Das säch sische Ministerium de» Innern teilt mit: Die außer ordentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Ver hältnisse Hut ebenso wie im ganzen Reiche, auch in Sachsen in den letzten Wochen zu Unruhen geführt. Zur Anpassung an die Leldentwcrnng sind Lohn bewegungen notwendig gewesen. Der große Man- gcl an lebenswichtigen Nahrungsmitteln hat viele rlrcise veranlaßt, zur Selbsthilfe zu schreiten. Es sind dabei bedauerlich« Ausschreitungen vorge- kommen, die aber von der Presse stark übertrieben worden sind. So zeigt eine Reihe von Eingaben von industriellen und landwirtschaftlichen Verbän den, die häufig über den Kopf sächsischer Behörden hinweg an das Reich gelangt sind, nicht nur ein« völlige Verkennung der in tiefen wirtschaftlichen Ur sachen zu suchenden Lage, sondern sie enthalten viel fach Uebcrtreibungen und Mitteilungen, die jeder Grundlage entbehren. In mehr als SO Pro zent der Fälle ist es gelungen, durch Verhandlungen der Schwierigkeiten Herr zu werden. Da, wo Ver- stiindigungsversuche scheiterten und es zu größeren ^l'.ic-schreilunaen gekommen ist, hat sich die Polizei durch ihr sicheres und taktvolle» Auftreten durchzu setzen verstanden. Die L a n d e s p o l i z e i hat in den letzten Wo chen rrotz Ucberlastung völlig ihre Pflicht erfüllt und für die durch wirtschaftliche Umstände erschwerte Si tuation. wie ihr sicheres und zurückhaltende» Auf treten bewiesen hat, großes Verständnis gezeigt. Wenn hier und da einmal die Polizei Ausschrenun- gen nicht verhindern konnte, so lag das darin, daß es einfach unmöglich ist, wenn an hundert verschie denen Stellen Poli eidicust gefordert wird, in jedem riinelucu Falle sofort einzugreifen. Dazu kommt, dch die Leitung der Poliz i häufig unnötig in An sprach genommen worden ist. Weller Ic.sstn weite Kreise der Bevölkerung das no^rendigc Verständnis für die schwierige 'Aufgabe dr Polizei vermissen. Ein Beispiel dafür: Seit Monatostist ist der Gendarmerieposten Nossen be- mlUmerknnfts äume für einen Flurschützen sicher zu stellen. Der Versuch ist an vielfachen Ausreden der Landwirte gescheitert. Bei jedem angezeigten Felddiebstahl wurde der Gcndarmericposten mit sein n Vorsck l pen abgewiesen, so erst am 8. August in den Lb »schauen Ilkendorf und Wolkan. Der am ."0. Juli in Windisch-Bohra eingetroffene Flurschutz 'n St 'rle von drei Beamten der Gendarmerieabtei- !' g Waldheim mußte am gleichen Tage sein Kom ma- do wieder verlosten, weil der Gutspiichter Do nata rcm Rittergute Windlsch-Bohra den Beamten zumnletc, in Räumen zu wohnen, in denen Donath Hühnn-zucht betrieben hotte. Inzwischen erreichten die Felddiebstäh'e einen bedrohlichen Umfang. Dozu kommt, daß von verschiedenen Landwirten Maß nahmen genossen wurden, die auf die Bevölkerung 01.0'» aufreizend wirken. So hat d«>r Gutspubter Roßberg in Zella bei Nossen zwischen isie aistgestell'en Korupuppcn die Jauche fahren lasten um zu verhindern, daß die cktmcn Leut« die nach beendeter Ernte liegen geblichenen und an dem Verderben ausgesetzten Kornähren auslesen. Die Erregung der Bevölkerung ist dadurch in das Maßlose gestiegen, und nur dem Austreten besonnener Elemente ist es zu danken, daß ernste Zwischenfälle vermieden wurden. Daß eine solche Handlungsweise in den an sich erregten Zeiten ihre Auswirkung in Bandendiebstählen finden, hat Roßberg selbst erfahren müssen. Starke Banden haben seine Felder erneut heimgesucht. Trotzdem lehnte Roßberg die Unterbringung des Fiursch'ltzes weiterhin ab. Entgegen allen anders lautenden Nachrichten über die Lage in Sachsen kann heute festgcstcllt werden, daß die Ruhe überall bergestcllt ist und dicLrben»- mittclrcquisitionen auf ein ganz ge ringes Maß eingedämmt worden sind. Die Bevölkerung muß sich darüber klar sein, daß durch Beschlagnahmungen usw. die Ernährungekchwierig- keilen nicht behoben werden können. Letzten Endes hängt die Weitcraufrechterhaltung der Ruhe van den zur Behebung der Notlage ergriffenen Maß nahmen der Neichsregierung ab. Die Darstellung, ni» ob in Sachsen größere Unruhen als im übrigen Rüche siattgesundcn hätten, wird mit aller Ent- swnnu '!.«».! n« r > i,UEN-»«WirE»,'u,cm schiedenhett zurückgewirjen. Dt« Erkenntnis, daß man wirtschaftlich« Mißstände nicht »ft politischer Gewalt zu lösen imstande ist, hat die Behörden di, ganzen Wochen über aeleitrt und veranlaßt, da» Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf die Organi- sation der wirtschaftlichen Hilf« zu legen. Gleichzeitig hat di« auf dieser Erkenntnis be- ruhende Taktik des gurückhaltens des polizeilichen Einsatzes bis zum äußersten bewirkt, daß in Sachsen anders al» in sämtlichen übrigen Ländern kein Blut geflossen ist. Die sächsisch» Polizei wird auch in Zukunft im wirtschaftlichen Kampf« nur Verwendung finden können, w«nn wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen parallel gehen. StegErrval- über die Schul des Kabinetts Cuno Ministerpräsident a. D. Stegerwaldt, der Führer des Deutschen Gewextschaftsbundes, hat in Berlin einen Vortrag über dt« politisch« Lage gehalten, dem wir folgend«» «ntnehmen: Wie im Weltkriege die deutschen Finanzen durch die bloß« Kriegsanleihrpolitik, ohne Steuern, unter höhlt wurden, so führt die Finanzpolitik währ «'nd de» Ruhrkrieges, die sich bi» jetzt in einer wahnsinnigen Anspannung der Noten presse erschöpfte, eine ungeheure Inflation und Ver armung der breiten Blassen herbei. Di« Regierung war wiederholt zu einer aktiven und gerechten Stcuerpolitit und zu einer durchgreifenden Sani - rung des Haushalt» aufgefordert worden. Am 2g. Februar hatte ich für den Deutschen Gewerk- schaftvbund eine Eingabe dem Reichskanzler unter breitet, in der e» heißt: „Der Deutsche Gewerkschafts bund beschwört in ernstester Stunde da» Reichs kabinett, zu schnell'»! Entschlüssen zu kommen. Der Glaube, daß sich in den vergangenen Jahren eine l ticken lose Kette zwischen Hochfinanz und Negierung herauogebildet hat, greift rapide um sich, gefährdet dadurch den Widerstandswillen und ist geeignet, chaotische wirtschaftlich« und so ziale Zustände herbcizuführen.* Damal» hält« der Ncichofinanzminister die notwendigsten' Steuer- und währungspolitischen Reformen durchführen oder die Veitraucnsfrage stellen müssen. Die Versäumnisse lagen aber nicht allein beim Kabinett: auch der Reichstag hat rin gerüttelt Maß Schuld an den Zuständrn, wie sie ge kommen sind. Mit den finanzpolitischen Versäum nissen der zurückgctretenen Negierung ist schließlich auch die gegenwärtige Leitung der Reichs bank belastet. Die neue Regierung Stresemann ist von der französischen Presse, zumal den dem Quai d'Ors.'.y Nahestehenden, ausfallend freundlich begrüßt worden. Ls ist nicht klar ersichtlich, ob es sich hier nur um einen Bluff handelt oder ob tatsächlich in den maßgebenden französischen Regierungekreisen die Einsicht zu erwachen beginnt, daß man nicht gleich zeitig gegen Deutschland und England Politik machen kann. Jedenfalls steht das Kabinett Stresemann vor großen Aufgaben. Wenn nicht bald Durch greifendes geschieht, werden die nächsten Wochen un» eine Arbeitslosigkeit bringen, wie sie Deutsch land bisher noch nicht gekannt hat. Aus steuerpoli- riscbcm Gebiet muß eine Vereinfachung des Steuer systems und eine völlige Neuordnung des Verhält nisses zwischen Reich, Ländern und Gemeinden vor- qcnommen werden. Die Einkommen-, Vermögens, nnd Umsatzsteuern müssen gründlich umgrbaut wer- dcn Notwendig rsi ferner eiserne Sparsamkeit. Der jetzige Behörden- und Bramtenappa- rat ist nicht mehr zu halten. Deutschnationale Opposition gegen Sottmann Reichst nn enmi nister Sollmann hat einem Verrrerer der Schweizerischen Depeschen-Aaentur gegenüber erklärt, die Neicharegierung sei nicht ge willt, Deutschland sich in innerrn Zuckungen ver- bluten zu lassen, wenn si« auch vor Beendigung de« ! Ruhrkampscs und vor einer gewissen Lösung der Re- parationsfrage keine wirklich durchgreifende Bes serung der inneren Lage Deutschlands schaffen könne. Das Kabinett halte di« demokratische Republik für die einzige Staatsform, unter der Deutschland leben könne; es wolle die Hoheitsrechte der deutschen Nr- publik wahr«, fühl« sich obre rxm ftdem Rationatt«, mu» frei. Dies« Erklärung über dl« D«mokratte al» di« Staatsform, unter der allein Deutschland leb«n könne, erregt d«n Aerger d«r „Kreirzzettung*, also der Vertreterin der Auffassung von jener Staatsform, unter der Deutschland nicht weiter leben konnte. Sie schreibt man erkenne daran „so ganz den Geist der Partei, zu der der Reich»innenmintster Sollmann gehöre/ Da» scheint un« nicht d«r recht« Gesichtswinkel, unter dem man den neuen Innenminister betrachten muß. Wenn irgend jemand, so hat Sollmann be- wtesen, daß «r da» Vaterland über die Partei zu stellen bereit ist. Er hat im besetzten Gebiet de« Franzosen die Stirn geboten und auf dem Parteitag Mr di« deutsche Sache Worte gefunden, die auch der beste Deutsche sich annehmen kann. Wenn die „Kreuzzeitung* diese Wort« überhört hat, so ist da» nicht Sollmann» Schuld, sondern liegt vielleicht «her daran, daß diese» Blatt lieber nach rückwärts lausch», in längst vergangen« Zeiten hinein, über deren Herr- ltchkeiten r» dann leider keine Aufmerksamkeit mehr aufbringen kann für da», was heute zeitgemäß und notwendig ist. Der Historiker poinear^ Wahrscheinlich in dem Wunsche, ja nicht der erste zu sein, der die immer mehr zur Klärung drängenden Dinge aufhellt, hat der französische Ministerpräsident für diesmal seine Rede vor allem auf da» Gebiet der Geschichte gelenkt, wo die Völker heutzutage so ziemlich die Erregung Krise te- gestellt haben, weil ja die Gegenwart dt« Gemüter genügend in Anspruch nimmt. Trotzdem aber hätte Herr Poincarä seine Momente nicht gar so unbe- kümmert herausgreifen und zu Parallelen aufbauen dürfen. Daß er, um der französischen Nationaltrauer den üblichen Tribut zu erweisen, auf den „vier- jährigen Aufenthalt der deutschen Fürsten in Eharle- ville* htnweist, mag noch Hinsehen, obgleich e» falsch ist: denn bereit« ISIS siedelte da» Große Haupt- ouarttcr um, und die deutschen Fürsten haben den Krieg überhaupt nicht mitmachen dürfen. Auch der König von Sachsen, den der französische Minister präsident ob seiner Furchtbarkeit besonder, erwähnen zu müssen glaubt, Ft immer nur gv. gewesen, und selbst der verbissenste Republikaner muß zugeben, daß dieser Monarch im Kriege keinem Menschen etwas getan hat. Schwerer wiegen die Gegenüberstellungen, die PoincarL zwischen Deutschland und Frankreich vor nimmt, und zwar besondere deshalb, weil er damit beweist, daß ihm historische Entschuldigungsgründe, die er Deutschland gegenüber noch nie hat gelten lassen, für sein Land selbstverständlich sind. Derselbe Poineark, der die neudcutsche Entwicklung zur demo kratischen Republik stet» al» Bluff hinstellt, hebt das demokratische und republikanische Frankreich gegenüber dem Regime eine» Ludwig XIV. und Napoleon l. in die lichtest, Per- klärung. Auch scheint es ihm nur gerecht zu sein, daß diesem modernen Staat die Raubzüge jener Poten taten gegen deutsche Länder ohne weitere« verziehen werden, während wegen des von dem früheren Deutsch land abgeschlossenen Frankfurter Friedens gerade die junge Deutsche Republik zur Verantwortung gezogen werden muß. „Möchten doch unsere Freunde, auch die, die nicht an unserer Seite gekämpft haben, an diese Lehre denken!* ruft er au». Die Lehre, da» ist di« Sünde der Deutschen Republik geg'n Eisaß- Loihr innen, so wir sie der Historiker Poincare ge- schellen läßt! Ganz neue Aufschlüsse gibt un» der französische Ministerpräsident über unfern großen Staatsmann Freiherr» v. Stein. Dieser soll dem nationalen Geist Deutschlands die preußische Militärkraft al» Bindemittel gegeben haben. Hat wohl Herr PoincarL im Treilschke geblättert und verwechselt nun die Seiten? Er kann mit diesen Worten doch nur Schurn- horst meinen. Daß Stein dcn „Feudalismus Preußen» und Pommerns gegen dir modernen Gedanken organisiert* habe, ist das genaue Gegenteil der histo rischen Wirklichkeit. Stein war «in weitsichtiger, auf der Höhe der Zeit stehender Reformator, an dessen eisernem Millen sich die Junker ihre nicht sehr hohen Stirnen eingerannt haben. Der kurmärkische Adel, mit dem hochedelgeborenen v. Marwitz voran, schimpfte sich schier heiser auf „den dreisten Aus länder*. Denn daß Männer, die ihre Zeit begriffen, von der Reaktion mit dem Fluch, undeutsch zu sein, Meines Zrauenleben Von 6«drlsls Leksttseft Wir und sie Dic Möglichkeit, sich von seinen Gefühlen bis zum Sterben hinnehmen zu lassen, ist unbedingt weiblich. O ihr klugen, schönen Frauen, da erwacht ihr morgens, wenn ihr überhaupt geschlafen habt, mit dicstm einen einzigen Gedanken, ihr steht auf, lebt euren Tag, tut eure Arbeit, aber der Gedanke sitzt euch im Hinterkopf und tanzt dort wüste Tänze, das Gefühl sitzt euch im Herzen und zwackt euch, lähmt euch, martert euch, daß ihr stumpf und dumm werdet, cirbcitsunfrcudig und lebensschwach. Und abends sinkt ihr, wenn der Tag endlich geschasst ist, ins Bett und geht mit diesem etncn und letzten Gedanken in unruhige Träume und erquickungolosrs Schlafen. Liebe kluge Frauen, glaubt nicht, daß die Objekte eurer Liebe ähnlich tun. Morgen» beim Aufwachen über die früh« Stunde ärgerlich, dann von der Zwangsarbeit des Rasieren» hingenommen, fällt ihnen erst nach vielen Stunden im Geschäft beim Absolvieren der Unterschriften ein: Ich könnte doch Lora mal anrufen, und dann kommt es nicht dazu, denn ein wichtiger Besuch erscheint. Abende, wenn das Glück gut ist, vergessen sie nicht, daß sie mit euch verabredet waren, kommen und sagen verspiclt: Hast du auch mal an mich gedacht, und dann antwortet ihr: „Ja, aber nur ,maU, d«nn ich hatte so viel zu tun.* Das sie sagen Ich liebe es, in Restaurants, Verkehrsmitteln und auf der Straße zu hören, was die Leute sagen. Ab gerissene Phrasen, manchmal auch nur eine Gebärd«, cnthülltcn Lebenswege und fördern das Spiel der Phantasie. Neulich begegnete ich zwei schönen und intelligent auosehenden Frauen. Ich fak sie schon von weitem dahcrkommen, in eifriger Diskussion, be sonders schien di, eine erregt. Al» sie an mir vorbei schritten, sagte die eifrige: „Ich hab« ihm ganz einfach gesagt* — da waren st« vorüber. Liebe, schöne Frau, Sle schauen so intelligent au«, «« war bestimmt nicht ganz einfach, wa, Sie sagten. Er wird auch entsprechend betrübt gewesen sein, sich auf dir Gchreibtischkante gesetzt haben und den Kopf hängen gelassen. Sie haben sich dann ruhig di, Hand schuhe übergezogen und sind gegangen, aber im Korri- dor ist er Ihnen nachgekommen, ist vor Ihnen auf die Erde gesunken, hat Ihre Knie umfaßt und ge schrien: „Bleib bei mir, du Schöne und Intelligente!* — Oder irre ich mich vielleicht? Hat Ihnen der Schuhmacher vielleicht die neubeftelltrn traumhaften Wildledrrsandalrn verschnitten und Sie haben sie idm „ganz einfach" zurückgeschickt? Vereinfachung Früher batten wir auf der Reise ein wunder- schöne» Spiel: wir suchten im Hotel noch den Physio gnomien der Gäste ihr« respektive» Berufe zu er raten. Wir hatten e» darin zu einer gewissen Virtuosität gebracht, unser Erkennungsdienst funk- tionierte so gut, daß wir un» kaum je irrten, und e« un» nur nach sehr viel Whi»kv Soda passieren konnte, einen sehr bekannten Industriellen auf Pferdehändler zu taxieren. Heute sind wir beinahe um diese» Spiel gebracht. Während früher: Wirkwaren au» Plauen, Rechtsanwalt au» Frankfurt, Drivatbankier au» Halle a. S., Möbelhändler au» Berlin, der „etwa» an der Börse macht*, und so weiter nett», saubere Kategorien waren, die man nach Belieben variieren und ausqestaltcn, oermehren und phantasieschwänge.n konnte, haben wir e» jetzt nicht mehr schwer, denn alle sehen gleich nervös, hastig und belästigt au», alle stürzen sich auf jede Zeitung (aber nur auf eine bestimmte Seite). Kurz: alle „machen etwas an der Börse*. Unbehaglich« Sprech st unde Meine Freundinnen erzählen mir ihre freund lichen oder betrüblichen Erlebnisse und wollen Rat von mir, so daß ich »in« recht« Sprechstunde habe. Da stebt ost an einem Tage so viel Leid vor mir, daß ich e, kaum tragen kann und noch weniger Rat weiß. Aber ich hab« nun gemerkt, daß r» ihnen auch weniger darauf ankommtal» darauf, unkritisiert und un- kompromittiert zu erzählen. Go bin ich beinah« »u« Trilnenkrüaletn geworden, aber »u einem nm de« neuesten Komfort und individuellem automatischen Betrieb, und äußere i« noch Bedarf etwa: Ach Gott, alle Männer haben eben einen Klaps. Oder: 6s hat keinen Zweck, aus einer Sache eine Tra gödie zu machen, sie wird noch schnell genug von selbst eine. Oder: Wenn man nicht alle Freuden des Lebens pflückt, ärgert man sich mit 60 Jahren darüber und malträ tiert infolgedessen seine unverheiratete Tochter. Oder: Stelle deine Ehe auf die Vergangenheit e!n, dein Verhältnis auf die Gegenwart, und die Stellung zu deinen Kindern auf die Zukunft. Zauberlehrling malgrä «l!« Ich habe eine entsetzlich, Furcht vor den Gegen ständen. Sie benehmen sich auch schlecht mir. Nicht allein, daß sich der Schuhanzieher, der Füll federhalter und die dringend benötigte Quittung immer böswillig verstecken, sie werden direkt aggressiv. Ich kann soviel Ordnung machen wie ich «M, sie verderben mir all, Arbeit Sitze ich nachdenklich am Schreibtisch, sehe ich direkt, wie da» Tintenfaß, die Lampe, Li-tai-pe al» Kind und der kleine Klapper storch sich über mich mokieren. So schreibe ich jetzt, ! schon an der Erde liegend, ober da sticht mich der Velour- durch die Strümpfe. Ich bin stchrr: wenn ich nächstens wieder mal bei dem Präludiuum der dritten Englischen Suite so »atze, langt der ent zückend« Lhinese au» der Radierung von E. M. Eimon heraus und haut mir eine runter. Heutzutage Wenn man so die berühmte, ältesten Leute, dt« sich bekanntlich nie erinnern können, von den ge- seaneten Zeiten vor dem srisch-frei-fröhltchen Welt krieg reden hört, staunt man. Ich erinnere mich ober prinlicherwrise. da ich nicht zu besoaten ältesten Leuten gehöre, daß auch schon damals beftia über di« unerhörten Fleischpret»striaerung«n diskunert wor den ist. Aber die Moral heutzutage! Ja, mein, Lieben, da» scheint mir denn doch nicht so einfach »u sein. Ersten» lst es rtestg schwer, unmoralisch zu sein, wie ich es aus eigener Erfahrung versichern kann, und außerdem ist doch wohl Moralität «in bißchen ein relativer Begriff. Angeblich zeigt sich der Verfall der Sitten in unserer Generation am stärksten in der» Texten der Gassenhauer. Neulich ward ich belegt wurden, da» ist keine neu, Erscheinung. Napoleon freilich sah genau, wie gefährlich Stein» Reformen ihm werden konnten. Darum erzwang er seine Entlassung und spuckte dem großen Mann sein kleine» Wort „le oominL Ltoiu* nach. Herr Poincarä freilich nennt Stein heute ein „Gerne*. Woraus hervorzugehen scheint, daß dem Franzosen die Ein- sicht in Notwendigkeit und Zwangsläufigkeit der politischen Zusammenhänge erst nach reichlich hundert Jahren kommt. »tz. V. Polnische Harte gegen Deutsche Berlin, 21. August. (Eig. Tel.) Die polnische Regierung hat die vor etwa 14 Tagen überreichte deutsche Note wegen der Ausweisung von Deutschen au» Polen abweisend beantwortet. Der Konflikt hat im Frühjahr damit begonnen, daß die polnische Regierung mehrere Noten wegen der Ausweisung von polnischen Staat»angehörigen aus Deutschland an die deutsche Negierung richtete. De- vor die deutsche Regierung die einzelnen Fälle dieser Ausweisungen, bei denen es sich zumeist um weit verstreut wohnende Wanderarbeiter handelte, prüfen konnte, griff die polnische Regierung schon Ende April zu Repressalien, indem sie 12 evangelische Geistliche au« Pommercllen auswie». Es stellte sich dann herau», daß der größere Teil der Polen, zu deren Gunsten die polnische Regierung zu Repressa lien geschritten war, in Deutschland verblieb. Der übrige Teil war zu recht ausgewiesen worden. E» kam dann zu Verhandlungen in Berlin und Warschau, bei denen die deutsche Regierung nachwie», daß ein großer Teil der polnischen Beschwerden gegenstandslos sei, weil die Betreffenden gar nicht ausgewiesen wurden. Im übrigen erklärte sich die deutsche Regierung zur Sistierung aller Aus- Weisungen bis zur Beendigung d«e Verhandlungen bereit. Auch die Polen erklärten sich zur Sistierung ihrer Degenauswcisungen bereit, aber di« unter- gcortn cn polnischen Organe hielten sich an diesen Beschluß nur so weit, als die deutschen Ausgewiese- nen selber rechtzeitig eine Zurücknahme der Aus weisungsverfügung erlangt hatten. Schließlich wurde der deutschen Negierung eine Frist von neun Tagen für die Nachprüfung der polnischen Reklamationen gestellt. Da es nicht gelang, di« Nachprüfungen in der nur um drei Tage verlängerten Frist zu beenden, hielt die polnische Regierung ihre scharfen Repressa lien aufrecht. Man hat hier den Eindruck, daß es den Polen nur darauf ankommt, unter dem Anschein des Rechts möglichst viele Deutsche aus den Ostsee provinzen auszuweisen, und dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß der Wojewode von Thorn in den letzten Tagen dcn Deutschtum-Bund in Brom- berg, den Deutschen Schulverein und selbst harmlose deutsche Sportverbände unter der Beschuldigung polenfeindlicher Umtriebe aufgelöst hat. Die deutsche Note hat daher wohl mit Recht von einer bewußt un freundlichen Handlung der polnischen Regierung ge sprochen. kleine politische Nachrichten Der sächstscheArbeitsministerDraupr ist bi» zum 25. September beurlaubt, seine Ver tretung hat der Minister Flcißner übernommen. G Dem Neichsrat ist vom Neichsflnanzministerium eine Vorlage über die Ausprägung von drei Hartgclostücken zugegangen. Es soll eine Serie von 100 000 Mark-Munzcn, eine solche zu LOO 000 Mark und «ine dritte zu 500 000 Mark geprägt werden. * Hinsichtlich der künftigen Wirksamkeit de» zurückgetrctencn Reichskanzler» Dr. Euno stellt der Hamburger Korrespondent der „Frankfurter Zei tung* fest, die Rückkehr Ennos in das Direktorium der Hapag sei durchaus nicht al» so feststehend zu betrachten, wie e» manche Meldungen erscheinen lassen. Uebrigrn» werde der gegenwärtige Syndiku» de» Verein» Hamburger Reeder, Dr. Kiep, zum 1. Oktober in das Hapag-Direktorium eintreten. * Der frühere deutsche Reichskanzler Dr. Wirth ist in Moskau eingetroffen. Wie das „Petit Journal* mitteilt, hat dke Ne- paratkonskommission einen General bericht über ihre Arbeit von 1V20/22 erscheinen lassen. gepackt von einem au» einem musikalischen Schwank stammenden Lied: Du brauchst mir ja nicht treu zu sein, Nur dann und wann bitt ich dich, für mich frei zu sein und so weiter. Ich staunte vor der Größe der Selbst verleugnung, die au» diesen Versen spricht. Keine Eifersuchtsszene, kein Hausschlüffelregiment, nur dann und wann bitt ich dich, für mich frei »u sein. Ich finde da» edel, wa» besser ist al» moralisch, und hoch herzig und opferwillig, wa» olle» größer ist al» Prüderie. So sind wir Frauen heutzutage. Neue» »Heater. PueeinisOper „Vohdme", die allerlei Liebe inmitten de» von Leichtsinn und Herzenrgüte vergoldeten Künstler-Elend» entstehen und rührselig vergehen läßt, mutet un» heute beinah« historisch an, nachdem unsere Leit der großen Not das „leichtlebige Künstlervolk" längst in nüchtern« Tartsklassen eingereibt oder einer völligen (äußerst humorlosen) Verelenviaung vreisgegeben hat. — Al» Partner der in ihrer Mimi-Rolle in jeder Beziehung mustergültigen Schulz-Dornburg wurde der neue Tenor Heinz Stogland mit viel Beifall aufgenommen. Fehlt seiner Stimme auch jener betörende Schmelz, den man al» Klangfarbe Pueeinischer Gesang»- melodlk ansprechen darf, so ist er fraglos »m Gänger und Darsteller von Qualität. Auch Mar Sptlker» Verpflichtung, der sich ft» der weniger prominenten Rolle de» Maler» vor allem stimmlich bewährte/ bedeutet einen gute« Griff der Opernleitung. Hochkofler leitete mit jener fast improvisierenden rhythmische« Be weglichkeit, die ein Vorzug de» guten Operetten dirigenten ist, und die der musikattsch wechsel vollen Over nicht schlecht anstand. Hingegen konnte ich mich mit der Schlußauffassung rwcht befreunden: da» abschließende Ei»-moll scheint Aufschrei der Verzweiflung, nicht Feierlichkeit zu bedeuten. K. M->. Kleftre Theateraotft. Käth« Franck-Witk, da» Mitglied de« Leipziger Schauspielhaus««, wurde für die kommende Spielzeit an da» Hamburg- Altonaer Stadttheater verpflichtet. ein Al, Wc 8-i vor M G e lcm sam In Prr 46,^ 1 beste Ma, der Gew fass« berg treff grüß des schlo, Aust Giisti Leipz D mit ! in ei Richo der d pries deutst Herr über auch, besuch A, Rund das 2 morg« Di Wie i endgki «lasst vom ! ein« ! koooc * ; Leben, beiter, wollte, aus h bestan! 1H un werde, Ei! teil ge Schwu urteilt vom L Mischkl inender an ein vor s«, handln gerichtr auch n i Mit Zwar i segelt, sicherlich viele D träumer lichst a erkenn«! sich v* Schulun heranzu täuschen Schlüffe führen, schäft, di gewöhnt arg dar weniger untersch« vor unv und Sp« fahruna vollen b« auf ernst auf dies, ihnen ft Dunkel h gebärdet von ural in weihr gefährlich und eine ».nd Leig, Reihe sau (Verlag I der Magi
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