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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230819
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-19
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Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Zür od«r gegen Frankreich Var anlehnungsbedürftige England Der Londoner Berichterstatter der „Kölnischen Zeitung* gibt die verschiedenen Stimmungen, di« in England über die Politik gegenüber dem Kontinent herrschen, folgendermaßen wieder: Das Organ der Diehards, die „Morning Post*, veröffentlicht eine weitere entschiedene Absage an Birkenhead, Beaverbrook L Co., die eine Isolierungspolitik befürworten. Eine solche Politik sei eine geographische Unmöglichkeit. Groß britannien „sei durch so viele moralische, wirtschaft, liehe und politische Bande an Europa oekettet, daß es sich nicht von einem Kontinent zurückziehcn könne, auf dem es sein Reich gewonnen und behauptet habe und auf dem es dasselbe eines Tages verlieren könne*. In der heutigen gefährlichen Lage sei aber ein AUeinstchen unmöglich, und England müsse sich an eine kontinentale Macht anlehnen. Sie könne nur Frankreich sein, da die einzige Alternative, eine deutsche oder deutsch-russische Kombination, außerhalb de» Gebiete» der praktischen Politik liege. Der einzige Weg, aus Deutschland einen furchtgcbietenden Alliierten zu machen, wäre der, es zu bewaffnen, und dagegen würden sich alle Instinkte des britischen britischen Volkes auflehnen. DieUnrechtmahigkeitüerRuhrbesetzung Der „Vlanchester Guardian* veröffentlicht eine Zuschrift von dem großen Rcchtsgelehrten Lord Par moor, der darauf hinweist, daß die britische Erklärung der Illegalität der Ruhr- besetzung von größter Bedeutung sei, schon au» dem Grunde, weil diese Illegalität Deutschland einen Anspruch auf Wiedergutmachung des enormen Schadens, der ihm und seinen Untertanen durch den ungesetzlichen Akt zugefügt worden sei, geben würde. Die Einstellung weiterer deutscher Sachleistungen, die der hiesigen Regierung letzten Sonnabend mit geteilt wurde, kam ihr politisch unangenehm, da sie Frankreich einen neuen Dorwand liefern würde; sie dürfte aber von der Sache kein weiteres Aufheben machen, wenn Deutschland seine Staatofinanzen tat sächlich „auf eine festere Grundlage* stelle und auch andere Dinge beseitige, die „für sein Budgetdefizit verantwortlich seien.* In hiesigen amtlichen Kreisen ist die Stimmung wegen Poincaräs Antwort um eine Schat tierung optimistischer geworden. Man glaubt An- zcichen dafür zu haben, daß die öffentliche Meinung Frankreichs doch nicht geneigt sei, das britische An gebot bezüglich der alliierten Schulden unbesehen zu verwerfen. Die hiesige Absicht bleibt, in etwa zehn Tagen eine Note nach Berlin zu schicken, die den Vorschlag einer unparteiischen Ab- fchätzungskommission annimmt und gleichzeitig in einer andrn Note die Washingtoner Re gierung zu bitten, den Vorsitzenden für diese Kommission zu ernennen. Line salomonische Entscheidung Der „Deutschen Allgemeinen Zeitung* wird ge schrieben: Kürzlich haben die Franzosen in Koblenz einen Major S. ausgewiesen, der sich durchaus friedlich zurückgehalten hatte. Er fragt an, weshalb er ausqewiescn sei. Er selber, so ant wortet man, habe nichts verbrochen, aber sein Sohn, der flüchtig sei, habe sich an einem Sabotageakt beteiligt. „Aber ich habe keinen Sohn, ich bin gar nicht verheiratet.* Was geschieht? In einem Antwortschreiben wird dem Major mitgeteilt, es müsse bei dem Aus weisungsbefehl bleiben. Gegen die deutschvölkische Hetze Berlin, 18. August. (Lig. T e l.) Nach den Ver boten der nationalistischen „Deutschen Zeitung* und des „Deutschen Tageblattes* sind, wie die „B. Z. a. M.* erfährt, jetzt Erwägungen im Gange, um eine strafrechtlicheDerfolgung der Herausgeber der Blätter zu veranlassen. Der Herausgeber der „Deutschen Zeitung*, der Pastor a. D. Maur en - brecher, wird voraussichtlich auf Grund des Ge setzes zum Schutze der Republik zur Strafverant- wortung gezogen werden. Der Herausgeber de» „Deutschen Tageblattes*, Wulle, ist vor sofortigem Zugreifen durch seine Immunität als Reichstags- abgcordneter geschützt. Zn der Begründung des Verbotes der von dem ehemaligen Pastor Dr. Maurenbrecher heraus- gegebenen „Deutschen Zeitung* heißt es u. a.: „Die „Deutsche Zeitung* hat in ihrer Abend- ausgabe vom 18. August 1923 an die Wiedergabe von Aeußerunyen aus Prager und Pariser Zeitungen über di« Rcichstvgsrede des Kanzlers Dr. Stress' mann die Worte geknüpft: „Eine weitere Kritik über diesen „deutschen* Kanzler erübrigt sich. Die Feinde haben sein Todesurteil gesprochen.* Hi«rin liegt der für einen Kanzler de» Deutschen Reiches überaus ge hässig« Vorwurf, daß er undeutscher Gesinnung sei und seine Politik nicht nach den Interessen des deutschen Volkes, sondern nach den Wünschen unserer Feinde einrichte.* Wie wir bereits mitgeteilt haben, ist das „Deutsche Tageblatt" des Reichstagsabgeordneten Wulle wegen seiner gehässigen Angriffe gegen das neue Reichskabinett verboten worden. Wir geben hier eine Probe der Kampfesweise dieses Blattes, aus der die Berechtigung des Verbots wohl ohne weiteres hervorgeht. Ls heißt da: „Das nachnovemberliche Parlament hat schon manche Blüte getrieben, Scheidemann, Müller- Franken und Joseph Wirth. Aber die schönste Blüte, noch schöner als Erzbergcr, mit der er gewisse Verwandtschaft besitzt, noch schöner al» Erzberger, ist die neueste, stolze Blüte des Parlaments, ist die Blume der Blumen: Herr Stresemann. E« waren da» alles Blüten, die je nachdem verschiedenste Düfte besaßen. E» waren da» alles Blumen, die sterben mußten, wenn fie blühten. Und auch Herr Stresemann wird sterben müssen tn einer Blüte, und wenn er noch so schön duftet, wie eben nur Strese- wana.* Der Berliner Korrespondent des „Echo de Paris* bringt im Zusammenhang mit der Berliner Reis« de» deutschen Geschäftsträger» Herrn v. Hoesch di« Information, daß über die Ernennung eine» deut, scheu Botschafter» tu Pari» verhandelt werde und daß für den Posten in erster Linie der frühere Finanzminister Dr. Herme» in Frage käme. . Der Iwickauer vergarbeiterstreik (Von unserem Sonderberichterstatter.) Ir. Zwickau, 18. August. Der Bergarbeiterstreik im sächsischen Stein- tohlenrevier ist dieser Tage beendet. In den Verhandlungen zwischen den Arbeitgeber- und Ar- beitnehmerverbänden wurde ein« einmalige Wirt- schaftsbeihilfe von 8 Millionen Mark in der Spitze und ein Stundenlohn von 240 000 in der Spitze für die Woche vom 18. August vereinbart. Für die kommende Woche dürfte der Stundenlohn auf 600000 Mark kommen. Die Lohnverhandlungen hierfür sind bereits im Gange. Die neuen Indexzahlen kommen erst am 20. August heraus. lieber den Streik, der am 28. Juli begonnen hat, ist folgend»» zu sagen: Di« Löhne für den säch sischen Steinkohlenbergbau waren bei den zentralen Verhandlungen in Berlin für den gesamten deut schen Bergbau am 20. Juli im Wege der Verein barung, also im Einverständnis beider Parteien, ab 17. Juli um 40 Prozent und ab 23. Juli um weitere 23 Prozent erhöht worden, während in allen übrigen deutschen Kohlenrevieren die Vereinbarun gen anerkannt wurden, lehnten di« örtlichen Funktionäre der sächsischen Bergarbeiter diese unter Mitwirkung ihrer Vertreter tn Berlin zustande gekommenen Vereinbarungen ab und brachten am 24. Juli neue Forderungen ein. Die Arbeiter schaft verlangte einen Ausgleich für das Zurück bleiben der sächsischen Bergarbeiterlöhne gegenüber einigen anderen Bergbaurevieren und gegenüber dem Lohn anderer örtlicher Industrien sowie für das in Sachsen besonders schnelle Steigen der Teuerung. Von Arbeitgeberseite wurde diesem Wunsche voll Rechnung getragen. Es wurde ver einbart, daß die sächsischen Löhne 8 Prozent höher gesteigert werden sollen als der übrigen Bergbaureviere. Außerdem sollten diese erhöhten Löhn« einige Tage eher in Kraft treten al» in den übrigen Bezirken. Trotz dieser Vereinbarung fuhren die Beleg schaften der Zwickauer Werke mit wenigen Ausnahmen am Mittwoch, den 25. Juli, früh nicht ein. Am Nachmittag schloffen sich die Belegschaften des Lugau-Oelsnitzer Reviers dem Streik an. Am 20. Juli wurde wiederum in Berlin ver handelt, ohne daß es zu einem Ergebnis kam. Die Belegschaften verharrten im Streik und weigerten sich, auch die in späteren Verhandlungen in Berlin vereinbarte Lohnregelung anzuerkennen. Am 31. Juli fuhr bereits ein Teil der Früh- und Mittagsschicht wieder in die Schächte ein, wurde je- doch in den meisten Fällen von in die Schacht anlagen mit Gewalt eindringenden meist aus Jugendlichen und auch aus nicht dem Bergarbeiter stand angehörenden Leuten gezwungen, sofort aus zufahren. Es muß festgestellt werden, daß die große Mehrheit der Bergarbeiter schon lange den Willen hatte, die Arbeit wieder aufzunehmen, daß fie jedoch durch den Terror der Minderheit mehrfach daran verhindert wurde. Was die Notstandsarbeiten an belangt, so war zugesagt worden, die hierfür nö tigen Arbeiter bereitzustellen. Dieses Versprechen wurde jedoch zum größten Teil nicht gehalten, so daß e» besonders auf dem für die Stadt Zwickau sehr wichtigen Vertrauensschacht in erster Linie der aufopfernden Arbeit der Beamtenschaft zu danken ist, daß die Gas- und Elektrizitätslieferung für Zwickau nicht lahmgelegt wurde. Eine Hauptursache des Ausstandes ist außer den politischen Beweggründen, deren Triebfeder haupt sächlich radikale Elemente waren, besonders darin zu suchen, daß in den benachbarten Industrien zum Teil durch gewaltsames Vorgehen gegen die Arbeit geber Löhne erpreßt wurden, die weit über das all- gemeine Lohnniveau hinausgingen und die Teuerung überholten. Die verheerende Au»wirkung des Streikes auf die Beteiligten, die für das gesamte sächsisch- Industriegebiet rückwirken, ergeben sich aus folgenden Zahlen, der durch den Streik verur sachte ASrderungsausfall beträgt zirka 250000 Tonnen mit einem Gesamt- wert von 362F Milliarden Mark. Damit find die Schäden jedoch noch lange nicht erschöpft, da die Minderförderung wegen de» im sächsischen Revier herrschenden außergewöhnlich starken Gebirgsdruckes bei längerer Unterbrechung der Ausbauarbeiten noch längere Zeit auch nach Aufnahme der Arbeit fort dauert. Der Bergarbeitrrstveik hat nicht zuletzt für da» gesamte sächsische Industriegebiet die schwer wiegendsten Folgen gehabt. Vielleicht wäre es möglich gewesen, in ruhigen Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnrhmerorganisatio- nen Löhne zu erzielen, die eine gesunder« Weiter arbeit der Industrie ermöglicht hätte. Da di« Lage in gan» Sachsen, mehr noch al» tm übrigen Reich, stark gespannt wa^ so trugen die Forderung«» der Arbeiter meist derart ultimativ«» Charakter, daß sich die Arbeitgeber zu Konzessionen berit erklärten, die etzt zu ein« schweren Krise der gesamten Industrie führen. Schwierig ist die Lage in der Metall, und Textilindustrie Der Spitzenlohn in der Metallindustri« be trägt in der Woche vom 12. bi« 18. August 497 040 Mark, in der Textilindustrie 824 000 Mark pro Sundet. Bei einem Dollarstand von 3 Millionen Mark beträgt demnach der Spitzenlohn d« Metall industrie 30 Prozent über den Frieden»- lohn, während er bei einem Dollarstand von 4H Millionen Mark die Fried«n«löhne ungefähr er- reicht. Selbst Vertreter de» Metallarbeiterverhandes gaben zu, daß an eine gesunde Weiterarbeit der Industrie unter dies«» Derhältaissen gar nicht zu denken ist. Allerding» find fie noch so optimistisch, anzunehmen, daß sich mit der Zeit ein Auogleich dadurch Herstellen lasse, daß sich die Industrie der neuen Lage anpaßt. Sie verkennen dabei, daß die Konkurrenzfähigkeit der sächsischen und mitteldeutsche» Industrie (di, ge samte Industrie Mitteldeutschlands ist in derselben Lag, wie dte tn Sachsen), völlig zertrümmert ist, da di« Inlandsausträge fetzt und in Zukunft di« deutsch« Industrie natürlich bei weitem nicht tn dem Maß« sättigen können, um fi« voll auszuküllen und zu be' schäftigen. Tatsächlich beginnen jetzt bereit» all« Werke der sächsischen Metmlindustri« di» Kttr-atbett einzuführen. Im Durchschnitt dürft« in den Fabrik«» der Metallindustrie bereit« tn den kommenden Wochen nur 3 bi» 4 Tage gearbeitet werde». Manche Werk« tn der Zwickauer Gegend sind bereits dazu über gegangen, nur noch an zwei Tagen zu arbeiten und 28 Prozent der Belegschaft zu kundigen. In der Textilindustrie ist di« Lag« gleich trübe. Ab Montag dürften die meist«» Werke zu einer Arbeitszeit von 24 bi» 30 Stunden in der Woche übergehen. Die Spinnereien klagen über Mangel an Aufträgen, die Webereien leiden unter Vlangel an Rohstoffen und die Lage der Stickereien ist besonder» schlimm, da hier auch die Inlandsaufträge völlig ausbleiben. Dle Kammgarn- Webereien sind in dieser Woche noch voll beschäftigt gewesen, werden jedoch in der kommenden Woche gleichfalls zu Bettiebseinschränkunaen übergehen müssen. Die sächsischen Gardinenfabriken arbeiten zurzeit nur vier Tage in der Woche. Auch die Ver- edelungsindustrie arbeitet verkürzt. Rur di« Vigogne branche ist zurzeit noch voll beschäftigt. Auch in allen übrigen Industriezweigen macht sich eine starke Neigung zur Arbeitseinschränkung bemerk bar. E» sind allerdings vor der OOOfachen Erhöhung der Frachteniätze noch überall Aufträge eingegangeu, so daß manche Betriebe bis jetzt noch voll beschäftigt sind, aber man darf annehmen, daß such diese Auf trage auf das äußerste eingeschränkt werden in dem Augenblick, in dem di« neue Frachtsatzerhöhung l» Kraft tritt. Die sächsische Industrie steht also vor einer außer ordentlich schweren Krise, deren Folgen bi» jetzt noch unübersehbar sind, die aber auch sehr start auf dir Arbeiter und Angestellten zurückwirken dürfte, wi« bereits in der Textil- und Metallindustrie unter der Kurzarbeit die Arbeiter sehr stark zu leiden haben. Es muß hervorgehoben werden, daß die organi sierte Arbeiterschaft bisher, auch Ehrend be streik», eine bemerkenswerte Disziplin gezeigt hat, und daß sie auch jetzt die Schwierigkeit der Lage keineswegs verkennt. 3eitschristen-Rundschau Die englische Rote vom 11. August hat in Deutsch land wieder einmal die Anhänger der Konti nentalpolitik auf den Plan gerufen, die nun großen Eifer darauf verwenden, diesen Schritt der englischen Regierung als übereilt, zum mindesten aber als unbedeutend hinzustellen. Die lieblichsten Stimmen tragen diese Politiker au» Frankreich zu uns herüber, und ein Pariser Blatt kann noch so sehr gegen Deutschland gehetzt haben, es wird nunmehr als Kronzeuge für die deutschen Interessen zitiert. Wie die Anhänger der Kontinentalpolitik die Zu sammenhänge sehen zu müssen glauben, dafür gibt ein Aufsatz „Die Opferung Deutschlands* Aufschluß, den Ludwig Quessel in den „Sozialisti schen Monatsheften* (Rr. 7) veröffentlicht. Frankreich will Ruhe und Frieden und nur aus diesem Grunde die völlige Entwaffnung Deutschland». England aber braucht für sein« Seeherrschaft in Europa das Balance-of-power-System, für das ein republikanisch und demokratisch regiertes Europa viel zu friedensfreundlich ist. Damit Deutschland un gesehen gegen Frankreich rüsten kann, macht England — sehr gegen Frankreichs Willen — alle An- strenaungen, um ein internationalisiertes Rheinland zwischen Frankreich und Deutschland als Barriere zu errichten, hinter der Ludendorff und Helfferich nicht nur gegen Foch, sondern auch gegen die Deutsche Re publik rüsten können. Der Tag des Losschlagens ist dann der englische Siegestag. Hingegen will Frank- reich ein unzerstückeltes Deutschland, dessen Ent waffnung ihm um so sicherer ist. Um diese Pariser Friedenspolitik zu durchkreuzen, „zieht England — wie der vom Verfasser zitterte „Temps* klagt — die Aufmerksamkeit von den Problemen ab, deren Lösung eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich erzielen könnte*. Der Ruhrkrieg „trägt die Marke Made in England', das dem Deutschen auch immer wieder die Einstellung de» passiven Widerstande» als Verstoß gegen seine Ehre hinzustellen weiß. So richtet die britische Politik Deutschland zugrunde. Dieser Aussatz Ludwig Quessel» ist ein Muster- beispiel komplizierten Denkens. Der Wunsch, die Dinge unter einem bestimmten Gesichtspunkte zu sehen, ist maßgebend für die Auswahl der Belege und deren Aufbau. Suggestive Wendungen sollen den Leser zum Folgen und Anstimmen zwingen, wie z. B.: „Nur wer unheilvoll verblendet ist, kann heute noch daran zweifeln, usw.* Nun — der deutsche Staatsbürger sieht die französische Herrschaft an der Ruhr, er hört Poincarö» Hetzreden, er fühlt die Reit- peltsihenhiebe der französischen Offizier«; rr möchte wohl, daß nur Verblendung ihm das alle» vor gaukelt. Aber e» ist nun einmal Wirklichkeit, ebenso wie die Verblendung der Deutschen, dir meinen, Frankreich» Politik ziele auf „Einigung mit Deutsch land*. .. * Treffender dürfte Ferdinand Lion die inneren Voraussetzungen der französischen Politik er fassen, der in der „Reuen Rundschau* (Verlag S. Fischer - Berlin) den „Französischen Nationalismus* auf seinen historischen und seelischen Untergrund hin erforsche Seit 1871 bewegt sich der Franzos« in einer nationalen Romantik, die ihm bet dem einheitlichen Ver lauf seiner Geschichte die Dauer al» den Mittel, punkt der Welt vorzaubert. In ewige, Erinnerung lebend, treibt der französisch« Nationalismus einen Totenkult, wi« ihm noch kein europäische» Volk ver fallen ist. Abgeschlossen, verkriecht er sich in sein« Romantik, deren Wesen — die Dauer — sich ihm in dem alle Zeit überwindenden Staat verkörpert. Diesem Staat gilt der Kultus de» Rationalismus, ihm muß Macht verschafft werden. Und der Mackt- acdanke zielt auf nichts weiter als auf die Revanche, deren Triumph der Franzos« heut« auokostet ohn« jed« Achtung vor dem «uropäischeu System. Feind de» Rationalismus ist die durch viele Fäden mit dem Ausland verbundene Wirtschaft. Darum können die französischen Rationalisten auch nicht den Gedanken fassen, daß Frankreich und Deutschland aufeinander angewiesen seien. pcKittque ck'sdvtAl Sie huldigen der Gewalt, aber nicht a»» naturhafter Dolkskraft, sondern aus Schwäche und Leiden heraus und darum »ft wollüstige« Grauen. So kommt es, daß st, di« Kraft «ft einer Grausam keit handhabe», di« selbst Urvölkrr nicht kennen. Weil st« fühlen, daß die wirklich« Kruft ihnen versagt ist, find sie unersättlich „Sie mußten oa» Elsaß haben, aber sie brauchen da« Rheinland, um diesen Besitz zu decken; dann brauche» fi« die Ruhr, um da» Rheinland zu decken; «» wird ohn« End« weitrrgehen.* Di« Unlust Bayerns an den neuen Zuständen Deutschland» ist nicht nur eine innere Angelegenheit diele» Einzelstaate», sondern auch eine immerwährende Gefahr für da» ganze Reich. Nicht nur daß unter dem Schutze Bayern» alle nicht bayrischen Reaktionäre ganz ruhig dte Fäden spinnen können, die der Deutschen Republik den Atem bedrängen — die politische Aufmerksamkeit aller Deutschen verzettelt sich auch in schädlichen Auseinandersetzungen über alle möglichen unnützen Fragen der Staatsform und verliert darüber die Energie, die außenpolitischen Gefahren ins Auge zu fassen. Auf diese Gefahr weist Monaeensi» in der „Deutschen Einheit* de» Gräfi n Bernstorff hin in einem Artikel „Die kommenden Dinge in Bayern*. Das Kampfmittel der „Vaterländischen Verbände* ist: Mittel- und Norddeutschland als rettungslos dem Bolschewismus verfallen hiuzustellen. Diese Propa- aanda wird dadurch erleichtert, daß der Durchschnitts- bayer sich in völliger Unkenntnis befindet über alles, wa» außerhalb seiner Grenzen vor sich geht. So kann dte Reaktion in Bayern jede Forderung be gründen. Vor nllem kommt es ihr darauf an, gegen über dem Reichspräsidenten ein Gegengewicht zu schaffen in einem bayrischen Staats- Präsidenten. Ueber alledem wird natürlich die Aufmerksamkeit von Frankreich abgelenkt, dessen Separationsbewegung am Rh« tu somit eine unbezahlbar« Unterstützung erhält , * " Berichtigung: In der Zeitschriften-Rundschau vom 12. August ist bei Besprechung der Monatsschrift für deutsche Volksgemeinschaft, „Soziale Wirtschaft*, in sofern ein Versehen unterlaufen. Die Vermutung, daß die neue Zeitschrift „offenbar ein Organ der politisch und sozial gleich reaktionären Eliquen* sei, trifft glücklicherweise nickt zu. Wir können aber nicht verfehlen, daß die Dar- stellung der Ziele dieser neuen Zeitschrift wirtlich unklar genug war, um dem L s er ein möglichst un bestimmte» Bild von den Zielen der „Sozialen Wirt schaft* zu geben. Wer im politischen und sozialen Leben mitwirken will, der beachte die erste Forderung für eine verantwortungsvolle Tätigkeit: größte Klar heit! Dann wird er auch Anhänger für seine Ideen gewinnen. Aufruf der OOP Der Hauptoorstand der Deutschen De mokratischen Partei erläßt den folgen- den Aufruf: Da» Deutsche Reich ist in Gefahr! Da» deutsche Volk ist in Not! Ein erbarmungsloser Feind hält Deutschland bei der Schlagader des Leben». Eigene Schwäche hat das Uebel verschlim mert und vertieft. Al» Reich, als Volk kämpfen wir um unser eben, um unser Dasein, um unsere Teil- nähme an den Kulturausgaben Europa« und der Erde. Wir werden auf eine harte Probe gestellt. Werden wir gewinnen oder versagen? Werden wir niedergehen oder auferstehen? In solchen Stunden der Not und der Bedrückung entscheidet sich das Schicksal eine« Volkes nach der i» ihm wohnenden sittlichen Kraft, nach seiner Treue zu sich selbst, nach seiner Opferbereitschaft für den Staat als gemein sames Lebensorgan aller Bürger. Wohlan: wir stehen i» der entscheidenden P vobe unsere» Volkstum», Unsere Brüder an Rhein und Ruhr gehen seit fast acht Monaten mit glänzendem Beispiel der Opferwilligieit voran. Sie haben die Achtung und den Glauben an Deutsch- land» Kraft und Willen in der ganzen Welt er- rungen. Vor ihnen schon haben Oberschlesien und West preußen ihr Treuebekenntnis zur Deutschen Republik vor der Welt abgelegt. Je größer die Rot wird, um so größer muß die Opferwilligkeit werden. Jetzt gllt es zunächst zu zeigen, daß das deutsche Volk nicht nur sein Leben und seine Gesinnung dem Vaterlande weht, sondern auch sein Geld und Gut. Die Forderung der Stunde ist dir allgemein« Wehrpflicht des Besitze». In Überwindung früherer Fehler hat der Reichstag schwere Steuern bewilligt. Die Last ist groß, aber sie kann getragen werden, wenn jeder den Besitzteil opfert, der zum Fortgang« seiner Wirtschaft nicht unbedingt nötig ist» Die Rhein-Ruhrabgabe, die erhöhte Ein kommens- und Körperschaftssteucr usw. müssen schnell, reibungslos und pünktlich ein- ehen. In so wett das Gesetz Ausnahmen zuläßt für Kleinbetrieb und Mittestand, haben wir den Reichs- finanzminister um schleunigen Erlaß der Ausnahme vorschriften gebeten. Die neu« wertbeständige Anleihede» Reiche» muß au» politischen Gründen eia großer Erfolg sein. Sie verdient cms geschäft lichen Gründen da» höchst« Vertrauen, weil sie auf völlig gesicherter Grundlage beruht. Bürg «rinne», Bürger! Demokratie heißt, daß jeder Bürger mitverantwortlicher Treu- händerfürden Staat ist. Der Gedanke demo kratischer Gleichberechtigung hat u»sere Brüder an Rhein und Ruhr zu ihren in der Geschichte einzig- artigen Leistungen befähigt. Das Pflichtgefühl der Mitverantwortlichkeit muß jetzt in allen Teilen des Reiche» zu höchster Opferfreudigkeit ansporn c . Ohne den Staat, ohne da» Reich, ohne Deutschlands Freiheit gibt es nie wieder eine deutsche Wirtschaft. Rur der verdient sich Freiheit und da» Leben, der täglich sie erobern muß! gez. Petersen. Erkelenz. Fischer. Rach einer bisher allerdings noch nicht amtlich bestätigten Mitteilung soll der wegen Sabotage zum Tode verurteille und dann zu lebenslänglicher Frei heit» straft begnadigte Landwirtsckaftslehrer Gör- ke» zur Verbüßung seiner Strafe von den Fran- zos«a »ach d«r Insel C»y«»n« transportiert werde«. Der Assessor Ryhu» med die beiden Wacht meister Losch und Bauer solle» »ach denselben Mit- teilnngen nach Algier abtransportiert werde». . » Adb4 Dotterlö hat sein Blatt „Le nouveau Nhi» fvaneats* ttngehen lassen. Al» Grund gibt er an, daß ihn dir Leitung einer Tageszeitung zu fthr in seiner Übrigen Tätiget gehemmt hab^ vor eir Mit den der Straße, Uch aus de fahren, lieg! Abflauen d bcsci-üftigun^ nächst, um im Betrieb fürchtet, daf ld:ne Lin I Die hierdu I 6>>.tlassunge I ffahrpersonc I T.igen wird I waltungsral beraten. Von der bahn wird i Löhne der < stiegen seien ist richtig, k bis 17. d. 3 die vorang« 175 Proz. b laufenden 3 Steigerung ten Löhnen gabensteiger des Fahrgel ist in Betr, bereits vom rend die ih Preises erst ist, also füi 16. d. M. j Hinweis, da ganz Deutsä 15. d. M. i darüber hin trieben erhc Oic Berli Wie das städtische D heutigen Si fehlen, die ' 14tägigen K z u l eg en. sichtlich ein * Der ne der Stadt ! stelle hat sich um das Do; Löhne des 2 werden muff auch alle so ordentlich gi Markenbrot gesetzt werd, 1900 Gramn ab 21. Augu die linke H21 u vvräsv i lropk« s. Veil „Ich mo, ich. Der H an. 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