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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308186
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230818
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230818
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-18
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Oke Stellung valdwins Die „Kölnische Zeitung" läßt sich von ihrem Londoner Sonderberichterstatter über die Stim mung und die Aussichten nach der Rede Curzons folgende Mitteilungen machen: Die englisch-französische Lage ist diel ernster, als das Publikum auch nur ahnt. Früher oder später mußte der Augenblick kommen, wo die britische Regierung die Politik, in allem und federn zu Potncarö ja zu sagen, nicht länger fort- seyen könne. Die Lage wird auch dadurch nicht leichter ge macht, daß ein großer Teil der Konservativen gegen Baldwin Ränke spinnt und alles tut, um die Franzosen zu überzeugen, daß Poincarö und nicht Baldwin die wirklichen Ansichten des eng lischen Volkes ausdrücke. Die Rothermere- Presse, der eben ein angesehener konservativer Abgeordneter im Unterhause nachwies, daß sie „ihre politische Richtlinie aus Paris erhält", welchen Vorwurf sie schweigend hinnahm, treibt es täglich schamloser, und am Tage nach der Veröffentlichung konnte NothermcreS Hauvtblatt, die „Daily Mail", schreiben: „Die britische Note ist schlecht und dumm. Sie ist offenbar das Werk geistig beschränkter Männer, die einen großen Fehler machten und nun eigensinnig einen falschen Kurs weiterversolgen. Cie tragen das Holz für einen neuen europäischen Krieg zusammen. Sie sollten wissen, daß sie Deutschland und die Deutschen unterstützen, während die Nation hinter Frankreich steht." Die Haltung des amtlichen Organs der Dichard», der „Morning Post", ist der Form nach höflicher und patriotischer, sachlich, und in ihrer Wirkung läuft sie auf dasselbe hinaus. Auch sie sagt Baldwin, es möge schwer sein, sich mit Frankreich zu verständigen; aber es wäre „Selbstmord", sich von ihm zu trennen. Gesondertes Vorgehen führe in den „Abgrund". Man kann iich denken, wie solche Aeußcrungen in Frankreich wirken müssen und wie sie auch den letzen Schatten einer Mög lichkeit eines Einlenkens Poincarss verscheuchen müssen. Ob aber die DiehardS in dem Ergebnis der Nachwahl in Portsmouth einen Beweis dafür sehen können, daß die Nation hinter ihnen und ihrem Gott in Paris steht? Tatsächlich hat die Politik de« „Hut ab vor Poincars!", zu der sich der konservative Kandidat bekannte, den Tories selbst in dieser Hochburg des konservativen Imperialismus und Militarismus Tausende von Stimmen gekostet, indem ihre Mehrheit, ver glichen mit der Hauptwahl im November 1922, von 10 880 auf 2l21 fiel. Baldwin hat die Großindustrie und die Banken, alle Führer der Arbeiterpartei und alle jene Elemente der Nation hinter sich, die sich auirichtig nach einem wirklichen Frieden und nach Völkervcrsöhnung sehnen. Die Haupt stärke seiner Politik, gesehen unter dem Gesichts punkt der innerpolitischen Kämpfe, liegt aber in ihrem Appell an den Geldbeutel der britischen Steuerzahler, und ein solcher Appell ist der stärkste, der in Eng land gemacht werden kann, der einzige in der Tat^per die Masse der Wühler in Bewegung setzt, und demgegenüber alle „Daily Mail" und „Daily Expreß" nicht zählen. Baldwin sagt dem britischen Steuerzahler: Du hast dich verpflichtet, riesige Summen an die Vereinigten Staaten zu zahlen. Frankreich schuldet dir große Summen; eS weigert sich aber nicht nur, sie zurückzuzahlen, sondern macht es durch seine Politik auch Deutschland un möglich, Entschädigungen zu zahlen. Gelingt es uns nicht, die französische Politik zur Umkehr zu bestimmen, so wirst du zuletzt der einzige sein, der etwas bezahlen muß. Je tiefer Baldwin diesen einfachen Beweis in die Köpfe der Steuer zahler treiben kann, desto weniger braucht er die französische Partei zu fürchten, und desto ge schlossener wird die Nation hinter ihn treten. Jetzt wird Wohl die Bestreitung der Legalität der Besetzung die Grundlage für den nächsten Schritt abgebcn, sei es in der Verweisung dieser Frage an den internationalen Gerichtshof, sei es in einer An rufung des Völkerbundes unter Artikel 11 seiner Satzung. Der frühere liberale Minister Sir I. Simon, einer der ersten englischen Juristen, hat wohl recht, wenn er in einem langen Vries an die Times nachweist, daß die Bestreitung der Legalität des französischen vorgehens unter 8 18, Beilage 2, für PoincarS von grundlegender Bedeutung ist, da er ihm jede rechtliche Grund lage nehme und es zu einer „feindseligen Hand- lung" mache, während die Ruhrbesetzung, wenn die französische Auslegung des 8 18 gerechtfertigt wäre, von Deutschland nicht al» eine feindselige Handlung betrachtet werden dürfte. Gei dagegen die britische Auffassung richtig, „so mache sich Frankreich, während es behaupte, nur Bestim mungen des Vertrags au-zuführen, bezüglich deren ein deutsches Versehen dorliege, in Wahr heit einer völligen Mißachtung der vom Vertrag auserlegten Grenzen und der Rechte anderer schuldig". Oie Reparationskommission gegen die deutsche Goldanleihe Pari«, 18. August. (Lig. Tel.) Die Repa- rationskommission hat sich nach einem amtlichen Be richt am 14. August mit der Frage der deutschen Goldanleihe beschäftigt. Sie hat mit Stimmenmehrheit unter Enthaltung des englischen Delegierten beschlossen vor liegenden Brief an die deutsche Regierung zu richten, der heute abend der Kriegslastenkommission über reicht worden ist: Die Aufmerksamkeit der Reparationskommission wurde auf die Auflegung einer neuen Goldanleihe durch die deutsche Regierung hingelenkt. In diesem Zusammenhang Hit die Reparationskommission unter Hinweis auf ihren Brief vom 27. März 1923 die Ehre, die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung auf die Bestimmungen des Artikels 248 des Versailler Vertrages hinzulenken. Die Tatsache, daß die deutsche Regierung es nicht für angebracht gehalten hat, um eine Ausnahme von den Bestimmungen dieses Artikels nachzusuchen, macht cs für die Reparations kommission notwendig, einen ausdrücklichen Vorbehalt zu formulieren, sowohl gegen- über den Anleihezcichnern, als auch gegenüber den sonstigen Beteiligten unter Betonung ihrer Prioritätsrechte an den Sicherheiten, die von der deutschen Regierung für den Zinsen- und Riick- zahlungsdienst bezeichnet werden, und besonders auch unter Hinweis auf die Frage, ob dieser außerordent liche Annahme nicht für die Reparations-Annuitäten zu verwenden ist. Der Brief ist unterzeichnet von dem italienischen Delegierten Salvagg'v Raggi und dem französischen zweiten Delegierten Mauclaire. Vie nationalen Minderheiten cratnngerr des Interparlamentarischen Kongresses Kopenhagen, 17. August. Bei der Beratung der Minderheitenfrage auf dem inter parlamentarischen Kongreß erklärte derNetchStagSabgeordnete Heile, er empfehle die vorgelegten Resolutionen anzu nehmen. ES müsse die Aufgabe eines in Permanenz zu erklärenden Ausschusses sein, darüber zu Wachen, daß den so proklamierten Grundrechten nach und nach mehr materieller Inhalt gegeben werde Namen» de» deutschen Volke» erklärte er, daß Deutschland, da- in der staatlichen Organisation des Reiche» infolge des Vertrage» von Versailles zwar kaum noch nennenswerte Minderheiten habe, aber um so mehr Volksgenossen außerhalb des Reiche» als Minderheiten in fremden Staaten, gern das Minderheit-recht anerkennen und aufs loyalste durchführen werde, wie e» von der Kommission vorgeschlagen sei. Er hoffe, daß die übrigen Staaten, große wie kleine, das gleiche tun würden. Luka cs (Ungar) führte au», er müsse mit Bedauern feststen««, daß der Bölkerbund die Erwartungen, die man auf ihn gesetzt habe, nicht erfüllt habe. Der Völkerbund habe nickt» im Interesse de» allgemeinen Liave» nehmen» autaerichtet. Morlosf (Bulgarien) erklürte, tu Bulgarien seien di« Minderheiten vor dem Ge setze vollständig gleichgestellt. Ringel «Polen) sprach al» Repräsentant der jüdischen Minderheiten. Er wünschte in die Resolutionen eine Bestimmung ausgenommen zu sehen, daß den Minderheiten freier Eintritt zu den Universitäten einaeräumt würde. — Burton (Amerika) erklärte, die gestellten Resolution»- Vorschläge seien für Amerika ohne Interesse. — DembinSkt (Polen) führte au», der gute Will« zur Lösung dieser Fragen sei in allen Ländern vorhanden. Der einzige Weg zu einer rationellen Lösung der Frage sei der, sie durch die Einzel länder lösen zu lassen. Seien Konflikt« zu ent scheiden, so könnte da» durch d«n internatio nalen Gerichtshof im Haag geschehen. — Uh lir (Tschechoslowakei) bestätigte, daß eine große Anzahl deutscher Schulen in der Tschechoslowakei geschlossen worden sei. Da» sei jedoch nur die einfache Vergeltung dafür gewesen, was mit den tschechoslowakischen Schulen in Oesterreich ge schehen sei. Die Ernennung de» gewünschten Ausschusses wäre gleichbedeutend mit einem Mißtrauensvotum an den Völkerbund. Nm 3 Uhr nachmittag wurden die Verhand lungen geschlossen. Heute früh 9 Uhr wird die Debatte über die Minderheitenfrage fortgesetzt. Nach ihrer Beendigung wird über die Resolution abgestimmt werden Da» Königspaar empfing gestern nachmittag die Delegierten der Konferenz. Oeutschvölkische und Kommunisten Warum die Deutschvölkischen so eifrig den Haß gegen die Juden predigen, ist schwer einzuschen. Ist es doch die boße Existenz der Juden, auf die die Völkischen immer wieder Hinweisen können, wenn es gilt, die öffentliche Aufmerksamkeit von eigener Blamage abzulenken. Man könnte also mit einer Aendernng des bekannten Doltairewortes sagen: „Wenn es keine Iugen gäbe, müßten sie erfunden werden.* Und in der Tat — auch hierin stellen die Völkischen ihren Mann. Wo ein Unglück passiert, stöbern sie sofort den Juden auf, wenn sie ihn nicht bereit» durch einen Techow haben umbringen lassen. Seit einiger Zeit nun verdichten sich dir Mel dungen, nach denen die D e u t s ch v ö l k i schen mit den undeutsch-volksfremden Kommunisten eine Innung zu gründen suchen. Wer Herrn Wulle im Leipziger Zentralthcater hat reden hören, wird das ohne weiteres glauben; hat doch dieser Siegfried, unmittelbar nachdem er die Lüge, die Germanen hängen mit der großen indo germanischen Völkerfamilie zusammen, mit Ent- rüstungg zurückgewiesen hatte („Quatsch! Sie stammen aus Schweden!"), in jovial schmunzelndem Tone die Freundschaft seiner Partei mit den Kom- munisten gepriesen, die „auch gegen das demokrat sche Börsenjudentum losziehen". Und der „Vorwärts* hat überdies Beweise dafür erbracht, daß die braven Kommunisten sich die Bravour nattonalsoz'aler Offi ziere zu sichern suchten, indem sie ihnen ein förmliches Bundnisangebot machten und sich u. a. auch erboten, sie mit „Exzellenz" anzurcden. Zudem hat der kom munistische Reichstagsabgeordnete Remmele in Stuttgart in einer Versammlung offen ausgesprochen: „Wir Kommunisten werden auch mit den Mördern von Liebknecht und Rosa Luxemburg zusammengehen, wenn sie in unsere Reihen treten wollen." Worauf e.n Führer der Rechtsradikalen erwiderte: „Vielleicht treffen wir uns bei dem einen gemeinsamen Ziel: Kampf gegen die Republik." Solche Feststellungen könnten den Führern der Deutschvölkischen wohl peinlich werden. Aber nur, wenn die Juden nicht wären. Die Schuld nämlich an dem kaux pas der nationalsozialistischen Offiziere tragt niemand anders al» die Juden, oder, wenn es sein muß: die Jüdinnen. Man hör«, wi. Herr von Graefe, der vielgewandte Redner, der sich vor dem Staatsgerichtshof pries, daß er stets „nur die rest lose Wahrheit sage," den Fall erklärt. Er führte vor einigen Tage» im Reichstag dazu aus: „Die Deutschvölkischen können niemals mit den Kommunisten zusammcngehn. Ls ist ein orienta- lischer Trick, wenn seitens gewisser Kommunisten ocr- sucht worden ist, die völkischen Mitglieder von ihren Ohne uns könntet ibr eure Ziele nicht verwirklichen. Führern zu trennen, indem man ihnen vorgaukelt: Die höheren Offiziere, die darauf hineingefallen sind, find keine Völkischen. Aber wenn Sie sich ihre Frauen oder ihre nähere Verwandtschaft ansehen . . ." (Schallend« Heiterkeit.) Das ist echt „völkische" Kampfweise. Kein Mensch wird sich diese Offizersfrauen ansehen können, weil es sie einfach nicht gibt. Aber wo die Argumente versagen, werden sie von den Völkischen fingiert. Zur Hetze genügt da». Das deutsche Volk aber denkt denn doch zu poli tisch, als daß es sich mit Führern von solcher An- spruchslosigkeit, wie Herr v. Graefe sie zeigt, genügen lassen konnte. , . > V. Durch Zusammenschlub zur Klärung Eine Rede Peters«»» Hamburg, 17. August. (Tig. Tel.) In eine: öffentlichen Versammlung der Deutschen Demokra tischen Partei sprach Senator Dr. Petersen übe» die politische Lage. Das Schicksal Cunos, s- führte er au», fei gewesen, daß er der Träger de» Regierung zur Zeit der großen Not des Volke» wurde. Die finanzielle Durchführung des Kampfer im Ruhrgebiet sei nicht die richtige gewesen, denn man hatte die Dauer de» Kampfes fall" «ingeschatzt. Die Demokratische Partei sei die erste gewesen, die eine Festmark forderte. Diesem Postulat habe sich nun die große Mehrheit, von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraten an geschloffen. Die Uebcrgangszeit werde allerdings große Schwierigkeiten für viele Betriebe bringen, aber dieses Vorgehen habe doch den großen Vor teil, daß es den Schleier, der dem Auslände gegen über von der deutschen Wirtschaftslage ein fal sches Bild gibt. zer-eiß>». An eine zweite Revolution glaubt Petersen nicht, denn der nüchterne Gedanke von der Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller staatserhaltenden Par- teien beginne sich jetzt stärker durchzusehen. Die erste Folge sei die Verwirklichung der groß"n Koalition der Mitte. Das Kabinett Stresemann führe die Politik Cuns weiter, stehe aber auf einer »veit breiteren und darum festeren Grundlage. Der Kampf an der Ruhr werde durch dieses Kabinett eine Stärkung erfahren, und man dürfe hoffen, daß es ihm auch gelingen werde, das Reparationsproblsin zu ein^r dauernden Lösung zu bringen. Die Versammlung nahm sodann eine Entschließung an, in der die Demokrat sche Partei Hamburgs im Sinne der Rede Petersens von der Negierung tue rasche und energische Durchführung der vom Reichs tage beschlossenen Steuergesetze und ferner die Ein führung der Festmark als Grundlage der gesamten deutschen Wirtschaft fordert. Minister Fel lisch hat sich nach Berlin be geben, um an der Konferenz der Ernährung»- Minister der deutschen Länder teilzunehmen. tjc Durch Verfügung des Berliner Polizeipräsidiums ist die „Deutsche Zeitung" auf Grund des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 17. August ab auf drei Tage verboten worden. 4» Die Franzosen nahmen aus der Reichsbank zu Limburg a. Lahn eine Viertel Milliarde fort. * Die Voruntersuchung gegen die verhafteten Mit glieder des Blücherbundes wegen ihres An griffs auf die Frankfurter Westendsynagoe nähert sich ihrem Abschluß. Die Verhandlungen sollen nicht in Leipzig, sondern in Kassel stattfinden, wo sich die Verhafteten befinden. Der Leiter der Frankfurter Kreisstelle des Dundee hat bereits ein Geständnis abgelegt. Tr hat einen Selbstmordversuch unter- nommen, der jedoch mißlungen ist. Oie Napridolen Don N«»»« Wir entnehmen diesen Beitrag dem amüsanten Buche gleichen Namen« tim Verlage Dr. i-ysler L Co., Berlin), das eine Mille wirklich lustiger Schnurren und Grotesken enthält. „Einen harmlosen Scherz habe ich ganz gern," sagte Hjalmar. „Natürlich," sagte Dror. „Du willst nicht in deiner Ruhe gestört werden. Meine Ansicht ist, daß man überhaupt nicht geärgert werden darf." „Aber daß man andere ärgert," sagte David. „Meinetwegen," sagte Bror. „Kennst du die Geschichte von den Kapridolen? Das ist eine ganz fatale Geschichte." „Ich habe sie schon gehört," sagte Hjalmar. „Aber erst dreimal. Du kannst sie ruhig noch einmal steigen lassen. Vielleicht ist was Neues drin?" „Na," sagte Bror, „einen Vorteil haben alle alten Geschichten wenigstens immer: man weiß, wo man zu lachen hat." „Und wo man es lassen soll." " „Ich schrieb damals Revuen, eine für den Sommer und eine zu Neujahr. Ich und Fridolin schrieben die Stücke gemeinsam, und wir amüsierten uns groß artig — vor den Premieren. Damals war ein Regisseur am Theater, ein Däne, der für die Requi siten zu sorgen hatte, für die Kostüme, für alles, was angeschafft werden mußte. Der Direktor hockte meist in Stockholm und kümmerte sich blutwenig um diese Provinzfiliale. Der Däne war der geizigste Kerl, den ich je gesehen habe. Er sagte, ehe wir anfingen zu schreiben: „Ich habe zwei sehr schöne Ballette, ein Sternen- Ballett und ein Bade-Ballett. Herrliche Trachten. Direkt au» Berlin. Die muffen Sie in den zweiten Akt einlegen." Die Ballette kannten wir. Sie waren schon in sech» Revuen getanzt und außerdem zu verschiedenen „lebenden Bildern" bei Wohltätiykeitsfesten benutzt worden. Wir versuchten, dem Manne da» aus zureden, aber e» war nicht» zu macken. Er mußte eine Ausstattung haben. Zu guter Letzt weigerte er ich auch noch, der Primadonna ein neue» Kostüm ür die Monumentnummer zu geben. Sie mimt« eine Statte«. Sie mußt« in rin«» altrn Lappen auftreten, der drei Jahre zuvor um «ine „Mond königin" gehangen hatte. Anfangs war er blau ge wesen. Jetzt war er gar nicht». Ich sagte zu Fridolin: „Der Mann muß bestraft werden!" Dann fuhr ich in Geschäften nach Stockholm, und als ich angckommen war, kriegte ich eine kleine Idee für Larsen, den Dänen. Ich ging in die nächste Tele grammannahmestelle und sandte folgende Depesche ab: Regisseur Larsen, L-borg. Sofort zwei Kapridolen beschaffen! Lundqvist. Lundqoift heißt der Direktor, und was „Kaprt. dolen" sind, weiß ich heute noch nicht. So gibt nicht», wa» so heißt. Larsen erhielt die Depesche, und er dachte: das ist etwas für rin Stück! Ich werde sie beschaffen! Er ging nach der Stadt, und auf der Straß« traf er Fridolin. „Hören Sie," sagte er, „wo kann man zwei Kapri dolen herknegc^?" „Kapridvlen?" sagte Fridolin, „was wollen Sir damit?" „Da» weiß ich nicht! Der Direktor hat mich ge' beten, zwei Stück anzuschasfen. Hier gibt e» wohl keine Kapridolen? Er hat depeschiert und mich ge beten, sie sofort zu besorgen." Fridolin begann wa» zu dämmern, und dann sagte er: „Herr Larsen, gehen Sie ins Zentraltheater, da werden sie schon welche haben. Vielleicht borgen fi« Ihnen «in paar." Larsen ging in» Aentraltheater. Da« war geschloffen, denn es war Sommer. Gr kam wieder zu Fridolin und sagte: „Es war nichts. Wären wir in Kopenhagen, dann hätte ich gleich ein paar bekommen. In diesem Loch haben sie ja nickt». In Kopenhagen gibt «» Kapri dolen, so viel wir haben wollen." Hier sah er Fridolin ängstlich an, und seine Augen sagten: „Donnerwetter, wa» find eigentlich Kapridolen für Zeug?" Fridolin erwidert«: „Selbstverständlich. In Kopenhagen werden Sie schon welche bekommen. Fahren Sie doch mal hin. llebermorgen können Sie ja wieder zurück sein. Ich werde aufs Theater aufpaffen. Lundqvist wird die Reise schon bezahlen. Sie können die Kapridolen gleich mitbringen. E» ist billiger so." „Ja, wahrscheinlich," sagte Larsen. Abends fuhr er ab. Er war einen Tag fort, und als er zurückkam, hielt sich Fridolin ein bißchen av- seit». Aber mittags ging er ins Theater. Er trat un- befangen in» Kontor. Da saß Larsen. Lr sah an gestrengt beherrscht aus. Fridolin ging wieder hinaus, ohne zu grüßen. Fridolin ist ein feiger Kerl. In der Tür begegnete er Lundqvist, dem Direktor, und hinter seinem Rücken ging er wieder hinein. Larsen sprang vom Stuhl auf, wühlte in der einen Tasche, dann in der zweiten, dann in der dritten und fand schließlich in der vierten die Depesche. Er hielt sie dem Direktor unter die Nase und schrie: „Was zum Kuckuck meinen Si« eigentlich mit Kapridolen???!! I" Hier zog sich Fridolin wieder diskret zurück, und ich habe nie erfahren, wie sich Larsen und Lundqvist in dieser kleinen Angelegenheit geeinigt haben. „Verzeihung," sagt« David, der nur auf diesen Augenblick gewartet hatte, um die Geschichte zu ver- derben, „war Lundqvist nicht mit einer Dam« vrrlodt, die nur ein Bein hatte?" „Stimmt," sagte Bror. „Ja, ich erinnere mich, so wa» gehört zu haben." Und dann backten wir alle an die Braut mit dem einen Bein und damit waren die „Kapridolen" au» der Unterhaltung ausgeschaltet. L» aibt immer Leute, die Pointen verderben, oder Geschichten, di« kein« haben, durch ihr Dazwischenreden beenden. Da» rvlffraschaftllch« Bach u»ersch»i»,lich Au» Berlin wird gemeldet: Di« maßgebenden wissenschaftlichen Verleger sehen sich ge zwungen, von der wetteren Buchherstellung abzusrhrn, well die Druckpreis« infolge der letzten Tarif erhöhungen auf da» Dreifache der Friedens goldpreise gestiegen stad, wa» zur Folge hat, daß Neuwerke sowohl im Inland al» auch im Aus land keinen Absatz mehr finden. Siriadberg» T»chier al» deaaeatifch« Schrift stellerin. Karin Smirnoff, »in« Tochter Sttindberg» au» seiner ersten Ehe, hat ein Drama „Mächte" be endet, das in diesen Tagen durch Oesterheld L Co., Verlag, Berlin V 18, zum Versand an die Bühnen gelangt. Die schwedische Uraufführung findet in der kommenden Spielzeit am Dramatischen Theater in Stockholm statt. Der Tod eines große« spanischen Malers. Ioaquin Sorolla y Basti da, der jetzt im Alter von 80 Jahren zu Eerocdilla gestorben ist, galt seinen Landsleuten für den größten spanischen Maler der Gegenwart. Wenn er auch in Kunstkreiscn dv» Auslandes nicht den Ruhm erlangte wie andere modernere Meister, so -. B. Zuloaga oder der zum Franzosen gewordene Picasso, so war er dafür in seiner Heimat als der Lieblingsmaler des Madrider Hofes der gefeiertste Meister. Seine Hauptstärke lag im Portrat, und man hat ihn daher den „spanischen Sargent" genannt. Bayreach 1924. Für die nächstjährigen Festspiele in Bayreuth wurden dieLeipziger Künstler Wal ter Soomer (mehrere große Baßpartien) und Wal ter Lischt, er (Mime im „Ring des Nibelungen") verpflichtet. Der an bekannte Rietzsch«. In dem Referat über die im Musarion-Perlag erschienenen Zugendwerkc Nietzsches (im „Leipziger Tageblatt" vom 17. August) ist eine Verwechslung unterlaufen, die sich eiarntl' ; von selber löst: Wilhelm Pinder, der Jugendfreund Nietzsches, kann natürlich nicht identisch sein mit dem (1878 geborenen!) Leipziger Kunsthistoriker Wilhelm Pinder. An» den rbeaterbnreau». cStstdllfcheBsthnen.) «in Sonnt««, den 1». August, beginnt die Oper ihr« n«ue Spielzeit mir Nichard Wagner« „Lobengrin". Den Loben art» singt »um erste» Mate der ne« verpflichtete lu-end liche Heiden»nor «nton Maria Löpitz, di« Ortrud die ne« verpflichtete hochdramattsche Sängerin Anna Karasee. — Dir am S »nn ab end. den 18., und Sonntag, den IS. August, im Alten Theater stattftndenden Autsithrungcn „Der Pfarrer von Strchirld" sind beide außer Anrecht, ja daß fitm 1 lich « Kari«, an der rageskaffe zum ver kant zur Verfügung stehen. — Die Ausgabe d«r Anrechts karten für den o Iahresteil erfolgt ISglich di« rtnschlirsi- lich Sonnabend, den 18 August, an der -au-tkasie v»n 1V bi» » Uhr. — -«nie Sonnabend, den 18 August, findet Im Vene« Operettentheater da» letzte Gastspiel de» Ber liner Mstden^thealrr» .vlvrrha" statt. Ab Sonntag, den 1». «ngust, spielt da» Spcretten-Ensemble wieder im Lpe- xettenibtttter di« erfolgreich» 'Operertrnneuhett .Salta, die rsarettn".
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