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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230817
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230817
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-17
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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wie der Volkswirtschaft pflegen fich mit winzigen, kaum beachteten Symptomen anzutündtaen, find jedoch gerade nur noch in diesem frühesten Stadium heilbar. Aus diesem Grunde sei der Fall hier näher untersucht. Zunächst gegenüber der Geldentwertung: Als gestern die Stadtver ordneten beschlossen, daß die Leipziger Straßen- bahn für eine Fahrt 160 000 Mark zu fordern hat, kostet« der Dollar in Berlin rund 2,7 Millio- nen Mark, was gegenüber dem Friedensstand von 4,20 Mark eine Entwertung der Mark auf rund den 630 000sten Teil bedeutet. Nach dieser Rechnung hätte eine Straßenbahnfahrt, für die im Frieden zehn Pfennige verlangt wurden, 63 000 Mark zu kosten. Nun sind allerdings auch in Staaten mir Goldwährung die Preise gegenwärtig höher als vor dem Kriege; aber selbst wenn wir hier Vergleiche ziehen, finden wir die Leipziger Straßenbahnfahrt wesentlich überteuert. In Zürich kostet die Straßenbahn 15 schweizer Centimes, oder (wiederum zum gestrigen Kurs umgerechnet) 75 000 Mark. Eine s-ahrkarte auf der Wiener Straßenbahn wird nach deutschem Gelde (stets zum gestrigen Kurs umgerechnet) mit 70 000 Mark bezahlt; in Prag (der gegenwärtig teuersten Stadt Europas) oer- langt die Straßenbahnverwaltung 1 Krone 20 Heller für jede Karte, was (zum gestrigen Kurs) 92 000 Mark beträgt; in Nom kann man für eine halbe Lire (zum gestrigen Kurs 57 000 Mark) mit der Straßenbahn quer durch die ganze Stadt fahren. Man sieht an diesen wenigen Der gleichen: Leipzig hat heute die teuerste Straßen- bahn Europas. Eine dritte sehr volkstümliche, wenn auch nicht unbedenkliche DergleichsmSglich- keit nimmt die Lebensmittelpreise zur Basis. Nach dieser Art gerechnet hatte die 10-Pfg.- Karte der Straßenbahn im Frieden den Wert von zwei Eiern, vier Semmeln, oder einem Glas Bier- Zwei Eier kosteten gestern aber nicht 160 000, sondern 90 000 Mark, vier Semmeln kosteten gestern 52 000 Mark und ein Glas Bier 50 000 Mark. Fügt man hinzu, daß der Preis einer Straßenbakmfahrt morgen fast dreimal so hoch sein wird, als ein« Fahrt vierter Klasse von Leipzig nach Berlin; so erkennt man, daß hier ein Teil des Wirtschaftsorga- nismus überhohe Sorünge gemacht hat. Am sinnfälligsten wird das, wenn man sich ver gegenwärtigt, daß ein Dollar im Frieden dazu hinreichte. 42mal mit der Leipziger Straßen- bahn zu fuhren, während er zum heutigen Kurse nur für 16 Straßenbahnfahrten in Leipzig genügt. Folgen andere Branchen dem Vorbild der Leip- ziger Straßenbahn —beispielsweise ist die Tabak- industrie, von Steuern getrieben, auf dem besten Wege dazu — dann kann die Phrase unserer Tage: »Deutschland geht den Weg Rußlands!" auch im allgemeinen Sinne zur bitteren Wahr heit werden; dann verliert in dieser wirren, durch die Hilflosigkeit der Reichsbank überflüssig ge steigerten Wirtschaftskrise die Kalkulation den letzten Halt: die Relation zur Weltparität. Auch eine wertbeständige Währung könnte dann der Wirtschaft Deutschlands keine Stütze mehr bieten. Unterstützung geistiger Arbeiter. Da« Deutsche Rote Kreuz konnte au» der Spend« de« Komitees von Freunden deutscher gei stiger Arbeiter in Chikaao in den letzten beiden Monaten über 400 Millionen Mark verteilen. Di« Bettäae wurden im Einvernehmen mit dem Verband der deutschen Hochschulen, der Der- einigung preußischer Privatdozenten und den Aerzte- organisationen unter Mitwirkung der Kultusmini sterien und hochangesebener Wissenschaftler an unter stützungsbedürftige Gelehrte, Lehrer und Aerzte über- wiesen. Sie haben in vielen Fällen bittere Not ge lindert. * Notgeld bei der Reichsbahn. Die Reichsbahn direktion Dresden wird in den nächsten Tagen üoer den bereits angekündigten Betrag von 150 Mil liarden Mark hinaus noch weitere Notgeldscheine in 500 000-, Ein-Millionen- und nun auch in Zwei- Millionen-Markscheinen herausgeben. UKerberickt Line Straßenbahnfahrt 160000 Mark Kb Freitag Bereit« gestern teilten wir mit, daß infolge der weiteren Erhöhung der Löhne der Straßenbahner der Fahrprei» bei der Straßenbahn von 25 000 «tt ans 100 000 »tt erhöht werden muß. Aue unserem Leserkreis sind un» im Laufe de« Tages mehrfach Anfragen «ingegangen, ob bei dieser Summe nicht ein Druckfehler vorlicgc. Leider nein! Von der Großen Leipziger Straßenbahn wird un» geschrieben: »Infolge der weiter fortgeschrittenen Teuerung mußten bei Neufestsetzung der Löhne wesentliche Zugeständnisse gemacht werden. Die für die Zeit vom II. bi» 17. August IV23 getroffenen Per- rinbarungen erfordern etnschießlich erner Nach- zahlung für die vorangeganaene Lohnwoche bi» zum End, de« Geschäftsjahres Mehrausgaben von über IHI8 Billionen Mark, die sich unter Hinzurechnung der unausbleiblichen sonstigen De- trieb»verteueruna auf insgesamt 2,602 Billionen Mark stellen und bedingen, daß der Grundfahr- prei» um 135 000 ^4 erhöht wird. Der Verwaltungsrat für die Straßenbahn hat in seiner Sitzung vom 15. August die erforder- liche Fahrpreiserhöhung genehmigt unter Beibehaltung de» Rabatte» für Knipskarten, Wochenkarten für Schwerbeschädigte und Kinder sowie de» Zuschlages für die Fahrten von 12 Uhr nachts an. Die amtliche Benachrichtigung der Erhöhung finden unsere Leser im Anzeigenteil. * In unserem gestrigen Bericht über die Stadtver ordnetensitzung hat der Druckfehlerteufel einen Streich gespielt. Bon den Demokraten sprach Stadt- verordneter Sauer über di« vorliegenden Anträge. Der größt« Teil unserer Leser wird wohl schon selbst iorrigiert haben, Laß Stv. Sauer nicht den Kam- munisten zuzurechnen ist, sondern nach wie vor der demotaatischen Fraktion angehört. Straßenbahn und weltparität Wer üte Preisgestaltung der deutschen Volks- wirtschaft mitverantwortungsbewußter Kritik und ohne persönliche Profitmacherei beobachtet, wird seit geraunter Zeit bereits ein bedenkliches Symp- tom der Ueberteuerung wahrgenommen haben: die Kohlenpreis« stehen hier schon seit Monaten über Weltparität und zwingen die exportierende Indu- strie in vielen Fällen, an den Papier- tnarklöhnen zu sparen, um den Preis des Ge- samtproduktes konkurrenzfähig zu halten. Tie Nuhrbesetzung hat dieser wirtschaftlich höchst be denklichen Erscheinung eine politische Begrün- düng gegeben, die (unter dem Zwange der nicht von Äetüschland allein abhängigen Tatsachen) respektiert wird, obschon es nicht verborgen bleibt, daß dabei Milliarden- und Billionen gewinne in die Taschen der großen Zechenbesitzsr fließen. Leider mehren sich aber gerade in den letzten Tagen die Symptome dafür, daß auch andere Wirtschaftszweige über Weltparität produzieren und daß damit die Relation zwischen Marr und Dollar, mit der die exportierenden Branchen rechnen müssen, überschritten wird. Dadurch beginnen sich — so wie in Rußland — Preise herauszubilden, welche die Weltparität über steigen. Wir greifen als Beispiel den gestrigen De- schluß der Leipziger Stadtverordneten heraus, der die Straßenbahnfahrt ab morgen auf 160 000 Mark steigert. Man wende nicht ein, daß dieser Preis für eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung belanglos bleiben kann, da die Leip- ziger Straßenbahn doch nur eine Winzigkeit im Gesamtkomplex der deutschen Wirtschaft varstellt. Schwere Krankheiten des menschlichen Körpers Verbrecher aus vüchergier Do« 0«. Rur« Kiittku» E» ist ebenso schauerlich wie wahr: jeder Gegen- stand, sobald er in der Welt existent ist, wird Anreiz und Ursache zu Verbrechen. Oder auch: es gibt nichts, das — seit Urzeiten — nicht gestohlen wird, ob Pferd, ob Frau, ob Kunstwerk. So sind auch Bücher, solange es überhaupt Bücher gibt, gestohlen worden. Jede Kunstliebhaberei kann in ihrer Steigerung zum Verbrechen führen, aber weder die Liebhaberei für Schmuck noch für Kleinkunstgegenstände, noch für Bilder ist so oft zu dauerndem verbrecherischen Wahn- sinn ausgeartet, wie die Pücherliebhaberer. In unfern Tagen hört man öfter denn je von Dücherdiebstählen, die von stillen geistigen Arbeitern mit raffinierter Schlauheit in Bibliotheken aus geführt werden. Je schwerer es für den wenig Be mittelten ist, sich Bücher zu verschaffen, um so wilder ward die Gier nach dem Besitz dieser geliebten Schar- teken. Dor kunem la» man von einem höheren Post beamten in Halle, der seit Jahren al» ungewöhnlicher Dücherkennrr in den Kreisen der Halleschen Gelehrten und Buchhändler geschätzt war. Ein große» Anti- quariat vertraute Ohm al« bestem Fachmann die Ord nung ihrer einzig dastehenden Hallenfirnsammlung an. Er benutzt« diese Gelegenheit, die wertvollsten Stück« zu entwenden, und ersetzte sie durch Attrappen, die er in Peraamentüberzug hüllte, und deren Rücken er genau nach dem Original imitierte. Die gestohle nen Bücher behielt er -um Teil selbst, -um Teil schenkte er fie der Marienbibliothek, in der sich ein» der kostbarsten Bücher der Welt, der nur in einem einzigen Exemplar vorhandene Deutsche Katechismus Martin Luther« au« dem Jahre 1540, befindet. Die Leitung dieser besonder» gut behüteten Bibliothek gestattete natürlich dem Mäzen gern den Aufenthalt in ihren «Lumen, so daß der unheimliche Bücher- liebhaber nun die wertvollsten Werk« dieser Samm- lung, darunter auch den Lutker-Katechi-mu», stehl«, konnte. Al« der verdacht auf ihn fiel, fand man bei ihm fünf Kisten »oll gestohlener Seltenheit«. Dieser Sammler erinnert an den grandiosesten «nd verschmitzteste» aller Bücherdieb«, den Grafen Libri-Earucci, der, al» berühmter Bücherkenner von Pisa nach Paris kommend, das Ehrenamt eines Auf sehers über die Bestandsaufnahme der öffentlichen Pariser Büchersammlungen erhielt, und diese Stel lung dazu benutzte, Unmassen von Büchern aus den von ihm überwachten Bibliotheken zu stehlen. Diese Bücher häufte er mit fanatischer Gier auf, verkaufte sie, tauschte sie gegen andere. Sein wilde» Raffer- tum war in Paris allgemein bekannt, aber man wagte nicht, gegen diesen berühmten Gelehrten, der eine ausgezeichnete Geschichte der Mathematik ge- schrieben hatte, vorzugehen. Al» ihm schließlich der Prozeß gemacht werden sollte, flüchtete er nach Eng land, von Wagenladungen kostbarster Bücher be gleitet. Aehnlich liegt der Fall des AbbS Ehavin de Malan, der al» bescheidener und unermüdlicher Forscher auf Grund dringlicher Empfehlungen der hohen Geistlichkeit jederzeit Zutritt zu den berühm- testen Pariser Bibliotheken hatte, um über Dom Mabillon und dessen Orden ein grundlegende« Werk zu schreiben. Abbü Lhavin rühmte sich, unter großen Entbehrungen die schönste und vollständigste Biblio thek über diese» Thema zusammenaebracht zu haben. Nachdem er gestorben und mit allen Ehren bestattet war, stellte sich aber heraus, daß der geachtete, stille Mann Tausende pon Büchern gestohlen hatte. Der französische Staat forderte allein 514 Werke zurück, und noch jahrzehntelang verfolgten die Bestohlenen die Spuren der von dem Abbb entwendeten, dann verkauften und verschenkten Bücher. Der Prozentsatz der Bibliomanen unter den Geist lichen ist besonder» hoch. Auch di« beiden scheuß lichsten Verbrecher, di« der Dticherwahnsinn erzeugt hat, wäre» Geistliche. Ein ehemaliger Mönch ver- waltet« um 1830 al« Don Vicente in Barcelona einen kleinen Laden mit Büchern, die er bei der Ver treibung der Mönche au» den Klosterbibliotheken mitgenommen hatte. Nur unter Qualen verkaufte er seine Lieblingsbücher; als aber 18SS ein anderer Buchhändler, Tatrot, einen Wiegendruck des Lambert Palmart für 1384 Peseten ersteigerte, »ährend Bi- ernte nur 1320 Peseten, sein gesamte« Vermögen, bieten konnte, brach dämonische Wut au« ihm. Einige Tage spöttr fand men den Buchhändler Patxot er dolcht in seinem Laden, »»rauf in Bareelona eine Mordepidemi« auszubrechen schien: dem» in ganz kurzen Abstände» wurde» ,t» Laadpfarrer, ei» Al- Oie Zukunft -es Wohnungsbaues Der ffinanzreferent des Sächsischen Landes- Wohnungsamtes Oberregierung»rat Arno Hoppe unterzieht in der »Sächsischen Staatszeitung* die Zu- kunft des Wohnungsbau«» einer scharfen Prüfung und kommt auf Grund amtlicher Arbeiten zu voll- kommen neuen Vorschlägen über die Finan- zierung de» Wohnungsbaues, di« er auf wert beständige Grundlage zu stellen sucht. Der Dedankengang seiner Au»führungen ist folgender: Ueber den Umfang der Wohnungsnot bestehen noch immer ungenaue Vorstellungen. Sachsen hat, um einen genauen Anhalt zu gewinnen, erstmalig für den 15. Januar 1V22 und auf Grund der ge machten Erfahrungen noch einmal für den 15. Ja nuar 1923 eine Zählung der fehlenden Wohnungen vorgenommen. Bei Anwendung de» schärfsten Maß stabt» fehlen hiernach in Sachsen mindestens 4 8000 Wohnungen; demnach ist bei einer Bevölke- rungszahl von 4,6 Millionen etwa ^jeste zwanzigste Familie ohne Wohnung Au» dem Ertrag der Wohnungsbauabgab« 1023, der auf VL Milliarden zu veranschlagen war, haben rund 400 Wohnungen mit Baukostenbeihilfe bedacht, demnach von 48000 fehlenden Wohnungen nur ein hundert Zwanzigstel erstellt werben können. In Er- kenntni» der Sachlage hat das Reich Mitte April 1923 260 Milliarden Mark Baubeihilfen au« dem Gesichtspunkte zur Verfügung gestellt, der durch den unzulänglichen Wohnungsbau drohenden Arbeits- losigkeit zu begegnen. Auf Sachsen entfielen davon 20,72 Milliarden; hieraus konnten weitere 600 Woh nungen in Angriff genommen werden. Im ganzen sind also in Sachsen rund 1000 neue Woh- nungen im Bau. Schon am 20.—21. Juli (Dollarstand etwa 280 000 Mark) beliefen sich die Baukosten für jede schon im Bau befindliche Wohnung durchschnittlich auf min destens 400 Milliarden. Da das Reich schließlich insgesamt eine Billion bereitstellte, waren hiervon 86 Milliarden gedeckt, der Rest völlig ungedeckt. Da seitdem der Dollar noch von 280 000 auf 5 Millionen gestiegen ist, ist e« unmöglich, genügend Billionen zu beschaffen, um auch nur die begonnenen Bauten zu beenden. Auch die Erhöhung der Wohnungsbau- vbgabe auf da» Sechsfache erweist sich schon jetzt als ein vollkommener Fehlschlag. Die Stnhebungskosten sind mindesten» auf da» ffünfzigfach« gestiegen und fressen den Ertrag vollständig auf. Die Wohnungsbauabgabe muß deshalb der Geld entwertung genau angepaßt werden; der richtigste Maßstab dafür ist die Steigerung der Baukosten selbst. Es ist ein Baul-stenindex zu schaffen und regelmäßig zu veröffentlichen. Es empfiehlt sich, der Berechnung die Kleinwoh nung von 70 Quadratmeter Wohnfläche im einge bauten Etnfamilien- (Reihen-) Hau» oder im Dier- und Sechefamilienhau» zugrunde zu legen, für die ein fester Typ entwickelt worden ist und mit der in allen Teilen de» Reiche» umfassende Erfahrungen gemacht worden sind. Eine Kleinwohnung kostete im Frieden rund 5000 Mark zu bauen. Aus dem Baukosteninder einer solchen Wohnung ist ein fester Wertbegriff herauszubilden. Der 5000ste Teil dieser Summe würde als eine Daumark zu gelten haben. Der gegenwärtige Herstellungswert jedes Gebäudes läßt sich dann mühelos und genau in Dau- mark ausdrücken. Die Brandversicherungssumme und die Versicherungsprämie der Gebäudebrand versicherung wird man demnach ebenfalls nach Bau mark bemessen. Daran» ergibt sich auch die Be- leihungsgrenze, bi» zu der Gebäude mit wertbestän digen Hypotheken beliehen werden können. Nach dem Reichsgesetz über wertbeständige Hypo- thekea vom 23. Juni 1923 kann die Hypotheken summe nach dem Werte de» Roggen», Weizens oder des Feingoldes bestimmt werden. Die Reichs- regierung hat bisher den Preis von Kohl« und Kali als weiteren Maßstab zugelassen. Aber weder Ge treide noch Kohle, noch Kali haben mit dem Werte eine» bebauten Fabrik- oder Wohngrundstückes irgend etwa» unmittelbar zu tun. Auch für bebaute Grundstücke könnte die Baumark zugelassen werden, kalde, ein deutscher Reisender, ein Friederisrichtcr, ein Beamter erstochen oder ertränkt. Da es unmög- lich war, die Täter zu finden, vermutete man poli tische Verbrechen und veranstaltete Haussuchungen bet den politischen Flüchtlingen. In Dineentes Haus fand man den Wiegendruck de» ermordeten Patxot. Vicente hatte Patxot erdolcht, um sich de« Buches zu bemächtigen, von dem er glaubte, daß e» ein Unikum sei. Al» er bet der Vernehmung erfuhr, daß e» mehrere Exemplare de» Wiegendruck» gäbe, ward er von Verzweiflung und Grauen so erschüttert, daß er gestand, auch all« andern Morde der letzten Zeit ausgeführt zu haben. Er hatte die Trennung von seinen kostbaren Büchern nicht überwinden kön nen; wie der berühmte Goldschmied Lardillac die Käufer seiner Schmuckstücke, so hatte Bicente, sobald er ein Werk, das er liebte, verkauft hatte, den Käu fer verfolgt und ihn (nachdem er ihm selbst die Ab solution erteilt hatte) meuchlings getötet, um das Buch wieder an sich zu bringen. Seine Verteidigung bestand in dem Ausspruche: »Die Menschen müssen ja doch alle sterben, daß aber dir edlen Bücher er- aalten bleiben, ist Gottes Wille.* Der große Flaubert formte aus diesem düsteren Stoffe seine Novelle »Le Bibliomane*. Roch unheimlicher und unwahrscheinlicher hört sich die wahrhaftige Geschichte von dem Magister Tinius an, der seit 1809 als Prediger in Poserna im Sächsisch-Thllringischen lebte, ein bescheidener, hilf reicher Geistlicher von außerordentlicher Gelehrtheit, verehrt von seiner Gemeinde, still hausend zwischen 60 000 Büchern. Tinius führte aber rin Doppelleben: unter vielen Verkleidungen strich er auf den Land straße« umher, knüpfte Bekanntschaften mit allein- reisenden wohlhabenden Leuten an, bot ihnen ver giftet« Prisen, durch die fie betäubt wurde«, und er- mordet« und beraubte fie al»dann. Jahrelang voll brachte er zwischen seinen geistlichen Verrichtungen diese grausigen Mordtaten, um fich Bücher kaufen zu könne«. Al» er auch in Leipzig Raubmorde ver suchte, ward er festgenommen. Zehn Jahre saß er in Untersuchungshaft, aber er verteidigte sich so stand- hakt, beharrlich uud geschickt, daß ihm kein voll- enveter Mord nachgewlesen werden konnte. Gr wurde Di langer Gefängnisstrafe verurteilt, »ährend der er «an» au» dem Gedächt«t» »in hebräische Wörterbuch schrieb. Al» Greis ward er tu Freiheit Gesetzt — und um danach den Betrag der wertbeständigen Hypo thek zu bezeichnen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch der Preis der wesentlichen Baustoffe, der Ziegel, de« Holzes, nach Einführung der Baumark durchweg in Daumark aus- gedrückt würde. Für einen großen Teil der Bau wirtschaft wäre eine gute wertbeständige Grundlage geschaffen, auf der sich konstante Preise und Löhne entwickeln können. Will man nun auch das schwierigste und wichtigste Problem, die Eisenzierung de- Wohnung-neubaues in Angriff nehmen, so muß noch ein letzter ent scheidender Schritt getan werden. Man wird sich entschließen müssen, ein auf den Bettag der Baumark lautendes Geldzeichen auszngcben, das als wert beständiges Zahlungsmittel in den Umlauf käme und dessen jeweiliger Wert ebenso wie der des Dollars und des Franken amtlich an der Börse notiert würde. Die Ausgabe würde einer »Deutschen Bau- markbank* zu übertragen sein, die als öffentlich- rechtliche Korporation gemeinsam vom Reiche, den Ländern und den Wohnungsfürsorgcgcsellschasten zu gründen wäre. Diese Bank darf die Baumarkscheine nur zu dem Zwecke der Finanzierung des Wohnungs- baues ausgeben. Sie gewährt an jedermann ohne Unterschied der Person, die eine Kleinwohnung zu bauen beabsichtigt, vorzugsweise aber an gemein nützige Bauunternehmungen, für den Bau e'ner Wohnung von 70 Quadratmeter Wohnfläche 5000 Daumark. Der Empfänger bestellt an dem Bau grundstück Hypothek über den Bettag von 5000 Bau mark; die Gemeinde überwacht die sachgemäße Aus führung des Vaues und zahlt die Baumark scheine nach dem Fortschreiten des Baues an den Bauenden aus. Das ganze Daukosten-Zuschußvcrfahren wäre dann außerordentlich vereinfacht. Irgendein Bchördenorganismus wäre dann überhaupt nicht mehr beteiligt-, auch eine Verteilung von Baukosten zuschüssen und die Erteilung eines Leihilfcnbescheidcs fände nicht mehr statt. Dem Kerne nach wäre der freie Wohnungsbau wiederhergestcllt. Der Dohnungs- Neubau fände nur an der Leistungsfähigkeit der Bau wirtschaft seine Grenze. Da der Deutschen Baumarkbank die von ihr be nötigten Mittel unverzinslich zur Verfügung stehen, braucht sie von ihren Hypothekenschuldncrn keine Verzinsung zu verlangen; wohl aber muß sie eine Tilgung etwa nach 2 v. H. jährlich fordern, so daß die ausgegebenen Baumarkscheine allmäblich, vollständig in 50 Jahren, wieder eingezogen werden. Daneben wäre ein jährlicher Derwaltungskosten- beitrag, etwa nach 2 v. H., zu leisten. Der Bauende hätte demnach die Summe von 5000 Baumark mit 2)4 v. H. zu verzinsen: da er außerdem wenigstens v. H. für Betriebskosten und bauliche Instandsetzung aufzuwendsn hat, wäre er etwa mit 3 v. H. des Baukostenbetrages belastet. Diese Belastung kann für ihn zu hoch fern. Beträgt die Baukostcnsumme 400 Millionen Mark, so wäre seine Miete auf 12 Millionen Mark zu berechnen. Diese Belastung beträgt etwa 10 v. H. semcs Arbeit», einkommens, ist also etwa halb so groß wie im Frieden, wo er ein Fünftel seines Einkommens für Miete aufwcnden mußte. Sie ist trotzdem für ihn zu hoch, weil die Mieten in den bestehenden Häusern künstlich niedrig gehalten sind und das Lohnniveau sich zunächst noch nach diesen niedrig gehaltenen Mieten bestimmt. Ls bedarf deshalb so lange, wie die Mieten älterer Gebäude niedriger sind, eines Ausgleiches. Dieser Ausgleich muß durch die Woh» nungsbauabaabe zunächst bcibehalten werden. Ihre Ausgabe ist aber ausschließlich der Au-gleich zwischen alten und neuen Mieten Eie muß deshalb die Meten neu erstellter Woh- nungen entlasten, die alten Mieten bis auf das not- wcnoigste Maß erhöhen, bis alte und neue Mieten eine gleichmäßige Grundlage für das Lohnniveau bilden. Für die Wohnungswirtschaft streben die hier vor- getragenen Gedanken eine Vereinfachung und Ver billigung und einen weitgehenden Abbau des Be- hördenapparates an. Sie wollen zunächst die Frei heit de« Wohnungsbaues wiederherstellen begann, einsam und gemieden, in der Mark Drandell burg lebend, durch Betteln sich ernährend, sogleich wieder seine bücherstchlenüe Tätigkeit. G. Ä. E. B o g e n q, der gründlichste Kenner der Bibliophilie in Deutschland (auf dessen Studien auch diese Bemerkungen beruhen), macht sich anheischig, zwölf Bände eines Biblioma neu-Pitaval mit Beispielen von Verbrechen aus Biichergier füllen zu können. Diele dieser Beispiele wachsen weit über die Geschichte der Büchergier und der Verbrecher hinaus: sie zeigen, wie der Dämon im Menschen, selbst aus zarten Gemütern entfesselt, auf zarte Dinge gerichtet, unheimlich und furchtbar wirken kann. _ Da« Programm de» Musifioisssnschaftttche» Kongresse» »er Deutsche« Musikgrf««schäft, der in Leipzig vom 15.-20. Oktober 1923 unter dem Vorsitz von Professor Dr. Hermann Abert tagen wird, steht -Wei Opsrnabende, ein Kirchenkonzert unter Dr. Straube, ein Gewandhauskonzert unter Will). Furtwängler, ferner ein Kammer- und ein Kammerorchesterkonzert und eine Fest motette in der LhomaSkirche vor. Namhafteste Gelehrte Deutschlands und des neutralen Aus lände» werden eine Reihe öffentlicher Vorträge kalten, während der spezielleren wissenschaftlichen Arbeit die Tagungen von 1b einzelnen Lektionen für alle Gebiete der Musik gewidmet sein werden, die ebenfalls unter der Leitung bekannter Ge lehrter stehen. Zur Preisbewegung im deutschen Buchhandel. Au» Berlin meldet unsere Scyriftleitunq: Eine große Anzahl deutscher Verlage, di« die Auslieferung für Deutschland bis zum 15. August gesperrt haben, hat heute die Sperre wieder aufgehoben. Wie wir erfahren, werden von den Buchhändlern Schritte unternommen, die zurzeit ungerechtfertigt Koh« Schlüsselzahl bald herabzusetzen, falls fich die Mark nicht wieder entwerten sollte. Bildhauer Friedrich Moeii s. In Karlsruhe i. D. ist Professor Friedrich Moest, der bekannte süd- deutsch« Bildhauer, im Alter von 86 Jahren ge storben. Der Künstler, der bi» in sein« letzten Lebensjahre geistig und körperlich rüstig geblieben war, war neben Hau» Thoma der Senior der badische« Künstlerschast.
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