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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230809
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230809
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-09
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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8e!1e 2 Nr. 187 Oie Politik Englands Preisgabe der Intervention Paris, 8. August. (Eig. Tel.) Die letzten Londoner Nachrichten verstärken hier den Eindruck, daß die englische Regierung sich tatsächlich nicht darüber klar ist, was nun geschehen soll. Nach der in Paris vorherrschenden Auf- sasiung stellt sich die augenblickliche Lage etwa fol gendermaßen dar: Deutschland rechnet immer noch auf England, das seinerseits seine .Hoffnungen auf Belgien setzt; Belgien aber hofft, daß Deutschland durch die Kreise des Comitä des sorge« und des Llysöe zu einer nachstehenderen Haltung gebracht werde. Diese Hoffnung wird aber, wie hier betont wird, um so weniger in Erfüllung gehen, als die Opposition der gesamten Kreise gegen die Politik Poincarös stark nachgelassen hat und hier niemand in diesem Augenblick daran denkt, PoincarH Schwierigkeiten zu machen. Baldwins schwankende Stellung London, 8. August. Der diplomatische Korrespon dent des „Daily Telegraph" meldet, die Minister würden sich heute über den nächsten Schritt Groß britanniens in der europäischen Krise besprechen; eine Dollsitzung des Kabinetts werde aber erst mor gen oder Freitag abgehalten werden. Dies könne als Zeichen für die zweifellos vorhandenen Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Ministeriums angesehen werden. Baldwin und Eurzon handelten zweifellos richtig, wenn sie zu weilen sich widersprechenden Ratschlägen Gehör ge währten; aber cs sei die Aufgabe des Premier ministers und des Staatssekretärs des Aeußern, die auswärtige Politik des Landes fest zu bestimmen und darauf zu bestehen, daß sie von ihren Kollegen angenommen werde. Es könne nicht in Frage kom men, daß in der Ruhrangelegenheit der extremen Gruppe der Unentwegten nachgegeben werde, d. h. derjenigen, die vorschlage, daß Groß britannien sich Belgien und Frankreich bei der For derung nach bedingungsloser Einstellung des passiven Widerstandes durch Deutschland anschlicßcn solle. Der Korrespondent führt weiter aus, er höre, daß die Unterredung, die Lord Robert Eccil am Sonn- abend mit dem Präsidenten Millerand hatte, zu keiner Entwicklung im Sinne einer An näherung zwischen der britischen und der französischen Auffassung geführt habe. Unter diesen Umständen herrsche in den maß gebendsten Kreisen der Eindruck, daß die Grenze bri tischer Zugeständnisse an den französischen Stand punkt jetzt erreicht sei. Das belgische Kabinett zur Lage Paris, 8. August. (Lig. Tel.) Dem Hcvasbüco wird aus Brüssel gemeldet, daß gestern ein Kabi- uettsrat zusammengctretcn war, der mehrere Fragen der internationalen Politik prüfte. Dem „Indcpcdent beige" zufolge soll Belgien ein Mittel suchen, das Problem der interalliierten Verhandlun gen in eine aktive Periode eintretcn zu lassen, aber bis zum Augenblick sei nichts beschlossen. Das genannte Platt meint ferner: Zaspar habe über verschiedene Berichte Rechenschaft abgelegt, die er über die Lage im Ruhrgebiet erhalten habe. Hier aus gehe hervor, daß der Widerstand bedeutend schwächer geworden sei und daß die französischen und die belgischen Behörden offiziöse Vorschläge er halten haben, die indirekt aus Berlin gekommen seien und die Aufgabe des Widerstandes zum Gegenstand haben. Dem „Petit Parisien" wird ferner aus Brüssel gemeldet, daß die belgische Presse mit großer Energie gegen die Behauptung englischer Finanzblätter pro- testiert, nach denen die Baisse des belgischen Franken auf die Inflation zurückzuführcn sei. Das gleiche Blatt meldet, daß der belgische Ministerpräsident The unis entschlossen sei, die Manöver gegen den belgischen Franken zu bekämpfen. Er habe im Prin zip beschlossen, die Dcviscnkäufc einer Kontrolle zu unterziehen. LinUrteil zupropagandazrvecken Berlin, 8. Arlgust. (Eig. Tel.) Der Reichs- tagsabgcordnete Dr. Külz, der als Kompanie führer und Bataillonskommandeur den Krieg im Westen mitgemacht hat, ist nach Meldungen der fran zösischen Presse vor kurzem in Abwesenheit wegen Bandendiebstahl und Brandstiftung zum Tode verurteilt worden. Der Abg. Külz hat darauf hin an den Reichstagspräsidenten folgendes Schrei ben gerichtet: «Nach Meldungen der französischen Presse bin ich von einem Kriegsgericht in Nancy wegen Plünde rungen, Brandstiftung und Bandendiebstahl zum Tode verurteilt worden. Da sich das Urteil gegen einen Reichstagsabgeord- neten richtet, halte ich es für meine Pflicht, zu Ihrer und des Reichstags Orientierung folgendes mit zuteilen: Don der Eröffnung eines Verfahrens habe ich niemals Mitteilung erhalten; es würde mir sonst mühelos möglich gewesen sein, alle mir etwa zur Last gelegten Fälle restlos aufzuklärcn, da ich vom I. bis zum letzten Tage des Krieges ein ganz genaues, auch im Druck veröffentlichtes Kriegstagebuch geführt habe. Ich erkläre bei Ehre, Pflicht und Gewissen, daß ich bei allen Maßnahmen gegenüber der französischen Bevölkerung mit äußerster Schonung vorgegangen bin, mich streng an die in Betracht kommenden Vor schriften gehalten *>abe, und auch bei der mir unter stellten Truppe stets mit äußerstem Nachdruck darauf geachtet habe, daß Offiziere und Mannschaften die Grundsätze der Menschlichkeit nicht verletzten. Ueberall dort, wo ich bei französischen Ein wohnern im Quartier gelegen habe, haben sich in der Bevölkerung ausnahmslos sehr bald menschlich enge Beziehungen angeknüpft, die in häufigen Beweisen der Dankbarkeit der französischen Bevölkerung ihren Ausdruck gefunden haben. * Was mit diesem Urteil Im gegenwärtigen Moment beabsichtigt ist, dürfte nicht schwer zu er raten sein. Frankreich frischt damit im rechten Augenblick die Wirkungen der Greuelpropa- ganda auf, die im Weltkriege so geschickt gegen Leipziger Tageblatt uoä »aaäelsretturrg vomierslsg, äea 9. Lvgvsl Deutschland ins Werk gesetzt wurde. Auf diese Weise überzeugt man die Welt, daß Deutschland nichts anderes verdiene als vom Weltgewissen im Stich gelassen zu werden. (D. Red.) Vas französische Volk Auf dem Dritten Internationalen Friedenskongreß, der jetzt zu Freiburg i. Br. tagt, hat der französische Demokrat Marc Sangnier, ein wahrhafter Menschenfreund, da» französische Volk mit folgenden Worten gekennzeichnet: „In Frankreich gehört heute mehr Mut zu fried lichen Reden als zum Kriegführen. Das französische Volk darf aber nicht nach seiner Regierung und nach seinen Zeitungen beurteilt werden." Dem PazifistcnSangnier glauben wir gern, daß ihn die französische Politik gegenüber Deutschland ekelt. Dieses Gefühl hat jeder Mensch, dessen Urteil nicht durch die französische Propaganda vergiftet worden ist. Aber daß diese Propaganda so wirkungs voll ist, kommt von ihrer inneren Gewalt. Und ihre innere Gewalt zieht sie aus nichts anderem als aus der Urtiefe des französischen Volkes. Die Franzosen und ihre Negierung bilden einen un lösbaren Organismus, der mit der Wucht selbst sicheren Machtgefühls daherkommt und nicht erst danach fragt, ob wohl irgendwo Menschenrechte stehen, die ihn hemmen könnten. Es ist Poincare» Stärke, daß er jede Sekunde genau fühlt, wie der Puls des französischen Volkes ihm cntgegenschlägt. Das ist cs, was seiner Politik die ungeheure Sicher heit und überlegene Schlagkraft gibt. Wenn Marc Sangnier einen internationalen Kongreß beschwört, das französische Volk sei nicht nach seiner Regierung zu beurteilen, so müßte er hierfür Beweise erbringen. Aber bis jetzt ist aus Frankreich immer nur vollkommene Uebcreinstim- mung zwischen Negierung und Volk zu vernehmen gewesen. Ls ist eine jener utopischen Hoffnungen, die man bei Männern vom Schlage Sangnicrs nur zu oft entdecken kann, daß sic meinen, weil ihre lleber- zeugung so stark ist, müßte sie auch einen weiten Geltungsbereich haben. Das ist gewiß menschlich begreiflich; treibt doch in solchem Gefühl der Glaube an eine gute Sache. Was aber die große Mehrzahl der Franzosen anbetrifft, so zoigt jvder Tag, daß sie etwas ganz an deres für eine gute Sache halten: die Rücksichtslosig keit ihrer Außenpolitik. Selbst ein so ruhiger, nacy wissenschaftlicher Objektvität strcbendrr Gelehrter wie der Historiker der Scrbonne Scignobos er* klärt den Grund der französischen Nuhrvolitik einfach aus der Veranlagung des französischen Volkes, dis im Gegensatz zu der nach wirtschaftlichen Tendenzen neigenden des Deutschen aufs Politische gehe. Und er fordert für oiescs politische Expanjionv- Urbcdürfnis schlechtweg jede Ellbogenfreiheit. Scignobos scheint uns viel eher Recht zu haben, als Sangnier, der übrigens anscheinend gar nicht gemerkt hat, wie er seinen Satz von der Ent'chulo- barkeit des französischen Volkes bereits durch den Vordersatz gelähmt hat: „In Frankreich gehört heute mehr Mut zu friedlichen Reden, als zum Krieg führen." Wenn diese Worte einen Sinn haben, so besagen sie nichts anderes, als daß Kriegführen für das französische Volk ein populärer Gedanke ist, was ja auch für seine Regierung zutrifft. Und sic besagen ferner, daß das französische Volk ebenso wiv seine Regierung eine Kriegführung bevorzugt, zu der nicht gerade viel Mut aufgebracht werden muß. Die Worte des Abgeordneten Sangnier sind für uns also ein schwacher Trost. Gewiß, er meint es gut. Ebenso gewiß aber ist leider, daß das französi sche Volk heute nicht durch Männer von der Art Marx Sangniers zu uns spricht, sondern durch den Mund Poincares. Und der meint es nicht gut. V. Vie Bedrücker Mannheim, 8. August. (Eig. Tc l.) Wegen des letzten Pombenattcntats in Düsseldorf haj General Degoutte die abermalige Sperre zwischen dein besetzten und dem unbesetzten Deutschland für acht Tage verfügt. Die Sperre tritt heute nacht 12 Uhr ein. Die Rhcinbrückc zwischen Ludwigshafen und Mannheim wird für diese Dauer ebenfalls voll ständig geschlossen. Als gestern nachmittag Boten der Badischen Anilin- und Sodafabrik mit Lohn- gcldcrn zur Fabrik unterwegs waren, wurden sie auf der Rhcinbrückc von Franzosen angehalten und ihnen das Geld in Höhe von 3 Milliarden a b - genommen. Aus dem Werke Oppau der Badischen Anilin- und Sodafabrik sind die Franzosen immer noch mit dem Abtransport der Stickstoffvorräte beschäftigt, das alte Werk ist jedoch wieder in Gang gebracht worden. Grubenbesetzung Essen, 8. August. (Eig. Tel.) Bei der Be setzung der Zeche Zollverein wurden auch große Be stände an Kartenmaterial und Berg werksrissen von den Franzosen mit genommen, so daß die Zeche ohne jedes Karten- Material ist. Die Franzosen haben sich das Material offenbar beschafft, um genauer orientiert zu sein für den Fall, daß die Zeche in eigene Regie genommen werden sollte. Die Besetzung der Schachtanlagen III und UI/IV kann bisher noch nicht als eine Ver schärfung bezeichnet werden. Die Besetzung beschränkt sich lediglich auf den Abtransport der Kohlen- und Koksvorräte. Die Arbeiter haben nach Ablauf des 48 stündigen Proteststreikes die Arbeit wieder aus genommen. Die Kruppwerke sind durch die am Sonn- abend von den Franzosen vorgcnommene Zerstörung der Anschlußgleise zur Zeche Amalia von der Kohlen versorgung durch die Zechen Helene und Amalia ab geschnitten. Die Folge ist, daß die Werke bereits gestern abend ohne elektrischen Araftstrom und ohne Dampfkraft waren, so daß die meisten Betriebe still liegen. Die Werkleitung ist bemüht, den Betrieb, wenn auch in bescheidenem Umfang, wieder in Gang zu setz.'N OasNeparationsproblem Eine polnische Mahnung Warschau, 8. August. (Eig. Tel.) Unter den tagtäglichen Aeußerungen der hiesigen Presse, die ge- wöhnlich nichts anderes darstellen al» den getreuen Abklatsch der üblichen Aufsätze der Pariser Hetzpresse, fallt der heutige Leitartikel de» hiesigen „Kurier Polski" auf, der den Mut hat, die französisch englisch-amerikanische Politik gegen Deutschland seit dem Versailler Vertrag einer äußerst scharfen Kritik zu unterziehen. Unter der Ucderschrift „Vor dem Sturm" behandelt der Aufsatz des einflußreichen Blattes den historischen Gang der Reparationsfrage, deren Zahlen er phantastisch und unbillig nennt. Nach einem geschichtlichen Rückblick seit 1919 heißt cs wörtlich: „Wir sehen also, daß Frankreichs und Englands Repräsentanten eine richtige Reparationssumme nicht festgesetzt haben aus Angst, von ihren in allen Hoff nungen getäuschten Massen sofort verjagt zu werden, während Wilson die Korrektur dieser Fehler durch die Regelung der interalliierten Schulden nicht zu gelassen hat aus Angst vor einer Reaktion seiner Wähler. Will man endlich eine annehmbare Rege lung der Reparationsfrage erreichen, so müsse man zweierlei beschließen: Die vernünftige Regu lierung der interalliierten Schulden und die vollständige Streichung dcrMilitär- Pensionen aus dem R e p a r a t i o n s kom plex, die auf die Budgets der einzelnen interessier ten Staaten zu übernehmen wären. Das erste wäre eine sittliche Pflicht Amerikas, das zweite die des Britischen Reiches. Leider scheint man sich aber zu diesem Pflichtgefühl nicht aufraffen zu wollen; denn Amerika schweigt sich noch immer aus, und England ergeht sich in diplomatischen Aktionen, obwohl es sich dabei die Finger verbrennen kann, denn das Barometer kündigt Sturm an." Daß Frankreichs Schuld an Europas Unglück von dem polnischen Blatt sehr zart gestreift wird, darf nicht wundernehmen, wohl aber, daß ein polnisches Blatt das Ncparationsproblem überhaupt in dieser Weise zu behandeln wagt. Nevolutionsgefcchr in Griechenland Triest, 8. August. (Eig. Tel.) Ueber die Ge- fahren des Ausbruches einer Gegenrevolution in Griechenland wird dem „Piccolo" aus Saloniki ge meldet, man bemerke im ganzen Königreich An zeichen, die den Ausbruch von schweren Unruhen vor aussehen lassen. Das Zentrum dürfte diesmal Saloniki sein. Die Behörden haben Maßnahmen ge troffen, um die Gegenrevolutionäre an der Aus führung ihres Streiches zu verhindern. So wurde die Gendarmerie, auf die die Regierung nicht mehr rechnen kann, in die alten Provinzen abkommandiert und durch reguläre Truppen ersetzt. Die Stadt wird Tag und Nacht von Militärpatrouillen durchzogen. Es geht das Gerücht, daß die Kavallerie, die sich noch an der Front befindet, nach Saloniki ziehen wolle, um die Regierung zu stürzen. Die Negierung hat Vertraucnspcrsonen an die Front geschickt, um die Führer der Bewegung von ihrem Vorhaben abzu- bringen. Die Demobilisierung hat inzwischen be- gönnen. Die Regierung hat 20 Schiffe requiriert, um die Truppen in die alten Provinzen des Reiches zurückzuführen. Alle Truppenkörper, welche in Saloniki landen und mit der Bahn heimbefördert werden, dürfen sich nicht in der Stadt aufhalten. Die Hcimkehrcndcn selbst tragen ein undiszipli- niertcs Wesen zur Schau. Der Metropolit von Athen und alle anderen Vertreter der Geistlichkeit fordern die Bevölkerung in den Städten und aus dem Lande zur Ruhe und Eintracht auf. Die Meinungsverschie denheiten, die Denizelisten und Republikaner tren- ncn, sind jedoch so tief, daß der Bürgerkrieg von einem Augenblick zum anderen ausbrechen kann. Die Alliierten verlassen Konstantinopel Rom, 8- August. (Eig. Tel.) Nach einer Mel- düng aus Konstantinopel ist in dem Räumungsplan vorgesehen, daß zunächst die italienischen Truppen die Stadt verlassen und die bisher von ihnen inne gehabten Plätze den türkischen Behörden übergeben. Dann werden die Franzosen abreiscn und zuletzt die englischen Truppen. Ein türkisches Regiment wird drn abzrehcnden Trupzen die Ehrenbezeugung er weisen- Die alliierten Schiffe werden beim Passieren der Meerenge die Flagge hissen. Lin polnisches Luftschiffahrts- Monopol Warschau, 8. August. (Eig. Tel.) Das pol nische Eisenbahnministerium hat soeben mit einem angeblich polnischen Konsortium, an dessen Spitze die Herren Rauchowski und Wygard stehen, einen Vertrag abgeschlossen, der ihm auf 5 Jahre das Monopol für den Luftverkehr für Passa giere, Fracht und Post einräumt, und zwar auf den Strecken Lemberg bis Grenze in der Richtung nach Ezcrnowitz, Warschau bis Posen Grenze in der Rich tung nach Berlin, bis Amsterdam, und Warschau bis Krakau Grenze in der Richtung nach Budapest. Der Betrieb der gegenwärtig gefahrenen Luftlinie Dan- zig—Warschau—Lemberg soll nach Ablauf des Ver- träges mit den jetzigen Konzessionären gleichfalls dem genannten Konsortium übertragen werden. Einschränkung des Personen-Zahrverkehrs Berlin, 8. August. (Lig. Tel.) Die bereits an gekündigte und schon für die nächsten Tage bevor stehend« Einschränkung des Personenverkehr» auf der Eisenbahn ist vor allem durch di« Schwierig keiten der Lebensmittelversorgung notwendig geworden. Besonders die Ruhrbesetznng hat die Verteilung des Wagenparkes außerordentlich erschwert. Don Fall zu Fall, je nach Notwendigkeit, den Wagenpark zweckentsprechend verteilen zu können. Die Einschränkung dürfte, soweit bisher zu über sehen ist, höchstens 10 Prozent der Personenzilge vor« übergehend in Fortfall kommen lassen. Auto-Unfall des Reichsjustizministers Heute mittag mußte das Automobil de» Justiz- Ministers D r. Heinze auf der Fahrt durch die Mohrenstraße vor der Friedrichstraße stark bremsen, um einen Wagen vorbeizulassen, als ihm von der anderen Seite ein anderes Auto in die Flanke fuhr. Der Wagen wurde sehr stark beschädigt. Durch die in Trümmer gehenden Scheiben wurde der Minister im Gesicht verletzt. Er suchte die Rettungswache in der Kronenstraße auf, wo ihm mehrere blutende Schnittwunden verbunden wurden. Der Minister konnte nach Anlegung des Verbandes in seine Woh nung entlassen werden. Veutschvölkifche unter sich Zn der „Frankfurter Zeitung" lesen wir: Der schon erwähnte Aufruf des Vorsitzenden des Alldeutschen Perbandes, Heinrich Llaß. gegen den Abgeordneten Wulle illustriert wiederum, wie die „Völkischen" zueinander stehen. In dem Aufruf wird mitgcteilt, daß Wulle in einer von ihm ver faßten und an die Vertrauensleute dew Deutsch völkischen Freihcitspartei versandten Denkschrift be hauptet, Claß erhalte aus freimaurerischen Kreisen Gelder zu dem Zwecke, die von der Dcutschvölkischen Freiheitsportei angcstrebte Einigung der völkischen Kräfte und Organisationen zu Hintertreiben. Wir sind gewiß von den Anschauungen des Herrn Llaß ziemlich entfernt, aber wenn uns jemand „zuver lässig" mittcilte, daß Claß in jener Weise Gelder nehme und verwende, so würden wir es nicht glau ben. Die Völkischen untereinander trauen sich aber alles zu, wie man nun schon bei den verschiedensten Gelegenheiten erfahren hat. Es muß wirklich ein Vergnügen sein, ihnen anzugehören! Der Aufruf enthält übrigens noch einiges andere, dos bemerkens wert ist. Herr Claß hat bisher nur sichere Kunde von der Denkschrift, sie selbst aber noch nicht in Hän den, und er bittet, daß ihm Angehörige der Deutsch völkischen Freihcitspartei die Denkschrift zusenden. Herr Claß betont auch, daß es kein« gefährlichere Form der Verleumdung gibt, als die, die „vertrau lich", etwa in vertraulichen Denkschriften auftritt. Auch das ist richtig, aber es hat nicht verhindert, daß solche Dcnkschrif-»n, die Bethmann Hollweg verleumdeten, von Alldeutschen ausgegangen sind. -i- Wie die deutschnationale „Kreuzzeitunq" mit- teilt, hat der ehemalige Kaiser „einen be trächtlichen Beitrag" an General Ludendorff für em „Schlageter-Denkmal" überwiesen, ebenso die Dienerschaft des Hauses Doorn. Es ist dies unseres Wissens das erstemal in all diesen Jahren der schwersten Not des deutschen Volkes, daß etwas von einer Beitragsleistung des ehemaligen Kaisers bekannt wird. wertbeständige Briefmarken Berlin, 8. August. (Eig. Te l.) Der Beirat im Reichspost Ministerium ist heute vormittag zusammengetreten, um die Tarife für den 1. Sep tember festzusetzen. Die Sätze werden um etwa 600 Prozent erhöht, doch bedeuten diese Zahlen nur eine Zwischcnstation, da die wertbeständigen Post wertzeichen so gut wie beschlossen sind. Dress Mar ken sind auf dem Friedenssystem aufgebaut und wer den mit einer jeweilig veränderten Schlüsselzahl ver vielfacht. Tod eines alten Freisinnigen Berlin, 8. August. (Eig. Te l.) Geheimer Justiz rat Dr. Cassel, einer der Führer der alten Frei sinnigen Dolkspartei, ist heute, 74jährig, in seiner Wohnung in Berlin gestorben. Cassel hat sich in erster Linie kommunalpolitisch betätigt und hat jahr- zehntelang entscheidenden Einfluß auf den Gang der Berliner Stadtverwaltung gehabt, so daß man ihm den Beinamen „Der ungekrönte König von Berlin" gab. Die Stadt hat Cassel, der ihrer Stadtverord netenversammlung von 1888 bis 1020, also 32 Jahre lang ununterbrochen angchörte, durch Verleihung des Ehrenbürgerrcchts geehrt. Dr. Gradnauer bleibt Dresden, 8. August. (Eig. Tel.) Die Staats- kanzlei dementiert heute offiziell das Gerücht, daß zwischen der sächsischen Regierung und dem Berliner Gesandten Dr. Gradnauer seit einiger Zeit Meinungs verschiedenheiten entstanden seien. Es lag für di« Regierung keinerlei Anlaß zu Meinungsverschieden heiten mit Herrn Dr. Gradnauer vor. Ruhe in Dresden Dresden, 8. August. (Lig. Tel.) Außer schwachen Ansammlungen gestern abend und heute vormittag zeigt die Stadt wieder die gewohnte Ruhe. Nach Geschäftsschluß sind die Schaufenster, besonders in der Gegend des Altmarktes und in der Prager Straße, völlig ausgeräumt, die Eingänge noch mit eisernen Gittern verschlossen. Die Polizei fand keine Ursache in Tätigkeit zu treten, da auch die heutigen Ansamm lungen unbedeutender Art waren. Proteststreik gegen die Teuerung Emde:', 8. August. (Lig. Tel.) Zum Zeichen des Protestes gegen die ngeheure Teuerung haben heute vormittag die Arbeiter sämtlicher In dustriebetriebe Emdens die Arbeit niedergelegt. Ls streiken auch sämtliche Hafenarbeiter. Auf allen größeren Plätzen Emden» finden Protestversamm lungen statt, an die sich Demonstrationsumzüge an- schließen. Zu Zwischenfällen ist es nirgend» ge kommen. Wie der „Matin" au» Belgrad meldet, werden der Ministerpräsident Paschitsch und der Minister de, Aeußern Nintschitsch am Freitag nach Pari» reifen. Sie beabsichtigen, mit der französischen Sie bte Reparationsfrage prüft» soll nun auf einzelnen Strecken der Personenverkehr eingeschränkt werden, um die nötige Dewegungs- freiheit für den Güterverkehr zu gewinnen und gierung
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