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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230809
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230809
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-09
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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117. J-dry. Xr. 187 Bezugspreis. in.3ü00(i<ttc?bl); Ausland M 225 000 ein ldl. ausw. Sn^ren^W.12000. Son d ' " u«-yamUlenan^vP n v. Vorio. Erscheint täglich morgens, autzcr »leiilags. Höhere Gewalt M U U S W MW MM mm ZesicM 2500, GrlegrnhettSanz.<pttv Natur) u^ttllenangeb wm lchltetzt Ersllllung aus. Schrtttteir.. GctchäitSst.. Dructerct Leipzig, N M R R. Zi « ^-U N M U MU Zeile M.300N. Stellengel mm Zelle M. 2500, omil. «ekanntm T oppel- JovanntSgasse 8 i Fernsprecher Ortsgespräche Sainmel-Nr.:70i<t<1I, mn»-Al.M.l4000.t.ausw M-r40iX).ReN 72mmbr mo>-ZI.M>t4000 t auSw. Ferngespräche 17089-17092); ebenda u.lnaNen Filialen Anzeigen.». M.8000a.«uSla>>dsanzun.^luwau«schl. »ttWiederh.Nacvla-«latz. Abonnement-Annahme; auch nimmt jedes Postamt Bestellungen an. u. Datenvorsch unverdindl-Grlüll.-OrtLeipzig. PoftlchecNLeipzPOO^, DaS Leipziger Tageblatt enthält di, amtlitve« Bekanntmachnngen deS Voliz»i»rSftdi««S Leipzig Uinrslnummsr sooo IVIark vooaerslsg, üea 9 Lllgust 1923 fsrn-^usxsds Die Steuerreform Ir. Leipzig, 5. August. Kurz bevor der Reichstag auf Urlaub ging, hatte er einige kleine Steuern zu beschließen. Der Finanzminister Hermes hielt eine Rede, in der er auf die Schwierigkeiten der damals von einigen Seiten geforderten Valor i- sierung der Steuern hinwies. Aus seiner Rede ging deutlich hervor, das; das Reichs finanzministerium diesem Gedanken noch sehr fern stand. Nach Hermes kamen die Parteien zu Worte. Sie erklärten zum Teil, daß sie dennoch an ihrer Forderung nach wertbeständigen Steuern festhalten müßten. Praktisch hielten sie aber die Verwirklichung dieser Forderung nicht für allzu dringlich, was sie auch dadurch bezeug, te-n, daß sie den Reichstag wenige Tage später auf Urlaub gehen ließen. Wir haben an diesem Verhalten damals schon Kritik geübt. Und auch später wurde hier immer wieder darauf hinge wiesen, daß wertbeständige Steuern unbedingte Staatsnotwendigkeit seien. Ebenso wurden an dieser Stelle die Steuerentwürse, die die Reichs regierung dem wieder zusammenberufenen Reichstage vorlegen wollte, als unzureichend be zeichnet und insbesondere betont, daß das Steuerzinsgesetz der Forderung nach Wertbestän- digkeit der Steuern nicht entspreche. Jetzt end- lich haben auch Regierung und Par- teien diese Notwendigkeit erkannt. Es heißt, daß in der Besprechung am Mittwoch völlige Einmütigkeit zwischen der Auffassung der Reichsregierung und der Parteiführer geherrscht habe. Die Reichsregierung hat ihren Widerstand gegen wertbeständige Steuern aufgegeben, ihr bisheriges Steuerprogramm wird als unzu- reichend und überholt bezeichnet und das ganze Budget soll auf wertbeständige Grundlage gestellt werden. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß nicht nur die Deutsche Volkspartei, deren Ver treter bei der letzten Steuerdebatte die Gewäh- rung von Steuern von einer Verminderung der Reparationslasten abhängig machen wollte, son- dern auch die Deutschnationale Volkspartei, deren Sprecher Helfferich von der Notwendigkeit der Produkttonserhöhung statt einer Steuer, reform sprach, an solcher Einmütigkeit teil- nahmen. Die seit der letzten Steuerdebatte verflossene Zeit hat allerdings eine Entwicklung gezeigt, die auch den härtesten Steuerfeind mürbe machen konnte. Eine rasende Entwertung der Mark hat eingesetzt und in den letzten Tagen Formen an- genommen, die das ganze deutsche Wirtschafts leben stillzulegen drohen. Wie ungeheuer das Ehaos heute schon ist, geht daraus hervor, daß die Börse auf die nunmehr geplanten Steuer maßnahmen nicht im mindesten reagierte. Die Flucht vor der Mark hat die Gemüter derart er st ßt, daß die bloße Ankündigung, im Staats- haushalt Ordnung zu schaffen, nicht mehr zu verfangen scheint. Wären die Wertbeständigkeit dec Steuern vom Reichstage noch vor seinem Urlaube beschlossen und die Steuern so festge setzt worden, das; sie ein Ausbalancieren des ordentlichen Etats ermöglicht hätten, so wäre uns diese unheilvolle Entwicklung erspart geblieben. Heute hat der Vcssimismus so tief Wurzeln ge schlagen, wir sind dem Zusammenbruch der Slaatswirtlchaft und oamit dem Zusammenbruch der gesamten deutschen Wirtschaft so nahe ge- rückt, daß der Wille, Ordnung zu schaf fen, wenig gläubige Ohren findet. Daß man es so weit kommen ließ, ist tief b.d.neulich. Aber gerade diese Erkenntnis wird cem Reichstage ein Ansporn sein, die für eine Sanierung der Staatsfinanzen notwendigen Maßnahmen mit der größten Beschleunigung zu verabschieden. Und nicht minder wird sich, wie n an Haffen muß, die Exekutivgewalt angeregt uhlen, die beschlossenen Gesetze schnell durchzu- führen und damit dos zu schaffen, was wir am notwendigsten brauchen: Vertrauen zu uns seIbst. Wir sind vollkommen überzeugt, daß auch mit wertbeständigen Steuern noch nicht alles schön u d gut ist. Die Lasten des Versailler Vertrages und die Forderung nach ihrer Ermäßigung bleibt unveränderlich bestehen. Aber an dem beängsti- genden Marksturz der letzten Wochen und ins- besondere der letzten Tage tragen doch nicht sie die Hauptschuld, sondern eben die völlige Zer rüttung der Staatsfinanzen und die fast aus- schließliche Finanzierung des Staates durch die Notenpresse. Sier eine Linderung zu schaffen, sind wertbeständige Steuern durchaus geeignet. Tie Finanzierung des Staates durch die Noten- presse führt über die Reichsbant. Mun ver- Zusammentritt -es Reichstags Berlin, 8. August. (L i g. Te l.) Saal und Tri- Kimen sind stark besetzt, als Präsident Loebc um >L4 Uhr die erste Sitzung nach den Ferien er- öffnet. Der Präsident weist darauf hin, daß die schwere wirtschaftliche Katastrophe den früheren Zusammentritt des Reichstages notwendig gemacht habe. Rasche Arbeit des Parlaments sei jetzt erforderlich. Der Präsident widmet oann, wäh rend sich die Teilnehmer der Sitzung erheben, dem verstorbenen amerikanischen Präsidenten Harding einen Nachruf und fügt hinzu: »Möge Amerika er kennen, welche großen Verdienste es sich um die Menschheit erwerben kann, wenn diese größte und einflußreichste Republik der Erde ihre Mitarbeit zur Gesundung und Befriedung der Welt leisten würde/ (Beifall.) ' Auf der Tagesordnung steht das Opfer für Ruhr und Rhein, das Steuerzinsgcsetz, die Verbrauchssteuergesetze und die Er- Höhung der Vorauszahlung auf die Ein- kommens- und K ö r p e r s ch a f t s st e u c r. Die Steuerfragen kommen zur gemeinsamen Beratung. Die Redezeit wird auf Antrag Koenen (Komm.) auf Stunden verlängert. Das Wort erhält darauf Reichskanzler vr. Luno der zunächst von den Kommunisten am Sprechen ver- hindert wird durch Rufe: Der Aufsichtsrat der Stin- nes und Konsorten hat das Wort! Schwindler! Be- träger! Abtreten! Der lebende Leichnam redet! Sie sind ein Verbrecher nm deutschen Volk!' (Anhaltende große Unruhe auf allen Seiten des Hauses. Pfui rufe rechte. Der Abg. Koenen (Komm.) erhält zwei Ordnungsrufe.) Präsident Loebe macht darauf aufmerksam, daß er bei weiterer Nichtbrfolgung seiner Mahnung eine gröbliche Verletzung der Ordnung des Hauses als vorliegend ansehc und die Ausweisung der be- treffenden Abgeordneten »»rnkhmen «erde. (Leb hafter Beifall.) Reichskanzler Dr. Luno beginnt sodann seine Rede: „In wenigen Tagen, an dem Tage, an dem sich vor vier Jahren das deutsche Volk aus eigenem Recht und Willen die Form seines Gemeinschaftslebens im deutschen Freistaat gab, vollendet sich der siebente Monat seit dem Einmarsch ins Ruhrgebiet, der siebente Monat der Entrechtung des Landes an Ruhr und Rhein, der der denkbar schlimmste Anschlag und Frevel gegen Freiheit und Staatlichkeit eben dieses deutschen Freistaates ist. Rhein und Ruhr be herrschen auch heute die Lag«. Ich habe nicht nötig, in einzelnen Bildern zu zeigen, was dort geschieht. Sie alle kennen die Fülle von Pergcwal- tigungcn und Bedrückungen, Grau samkeiten und Zerstörungen, der die deutschen Menschen dort ausgesetzt sind, und Ich glaube, auch die Welt, soweit sie menschlich empfindet, kennt das Bild von der Gewaltherrschaft. Mehr als 100 Tote, 10 Todesurteile, Freiheits- strafen über 1200 Jahre, ein halbes Dutzend lebens längliche Verurteilungen, Geiselverhaftungen, Bank raub von mehr als 050 Milliarden, dann Raub von Staatsgcldern und Vertreibung von mehr als 110 000 Personen aus Haus und Hof, die Auswei sung von 95 000 Personen allein aus der Reichs- vcrkehrsvcrwaltung, die Ausweisung von 150000 Männern mit 37 000 Familien. Verbrechen aller Art bezeichnen den Weg, den die fron- zösisch-belgische I n g e n i e u r k o m>m i s- fion mit der Schutzmacht ihrer Truppen auf ihrer friedlichen Arbeit gegangen ist. Und was hat Frankreich dafür gewonnen? Ent rüst nngundinnereEmpörung, Verachtung der Einwohner und aller wahren Deutschen. Um ein produktives Pfand zu bekommen urtd die nach dem Vertrag von Versailles fällige Lieferung von Kohle und Koko unabhängig vom Willen Deutsch lands zu sichern, zu diesem Zwecke behauptete die französische Regierung, am 11. Januar das Ruhr- gebiet zu besetzen. Aber in den 7 Monaten von Ja nuar bis Juli 1923 brachte der Raub an Kohle und Koks Frankreich und Belgien weniger als ein Fünftel besten, was freie deutsche Arbeit ge liefert hätte. Es darf auch nicht hoffen, zu besseren Zahlen zu kommen, denn Arbeiter und Unternehmer wissen sich in ihrem Schick sal mit dem deutschen Daterlande un- trennbar verbunden. Bereit, al» Freie die Arbeit sofort wieder aufzunchmen, lehnen wir es ab, solange die Unfreiheit dauert, unter Bajonetten und Reitpeitschen zum Nutzen der Unterdrücker zu ar beiten. Daran wird auch die neueste bru talste Maßnahme, die Gruben unter eigene Regie zu nehmen, nichts ändern. So sind die Zahlen der Kohlcnabfuhr immer weiter gesunken. Betrug die tägliche Durchschnittsziffer im Mai noch 5355 Tonnen Kohle und 7023 Tonnen Koks, so sank sie im Juli auf 4365 Tonnen Kohle und 3500 Tonnen Koks, also um ein Fünftel bei Kohle und um die Hälfte bei Koks. Sic werden weiter sinken, denn die Ha! de »bestände verringern sich immer mehr, und je schneller die Steinauebeute erfolgt, um fo rascher versiegt sie. Das gibt auch in Frankreich denen, die die Dinge noch wirtschaftlich betrachten, zu denken. Der französischen Negierung aber gibt cs Anlaß, in Reden und Schriftstücken den Charakter des Unter- nehmens etwas zu ändern. Es geht nicht mehr gut mit der Phrase von der friedlichen Ingenieur kommission und den produktiven Pfändern, und daß, wie von Paris aus sofort versichert wird, Frankreich sich im Ruhrgebiet schadlos halten wolle. Dieses noch gegen- über diesen Zahlen festzuhalten, würde einem Ge- ständnis des Mißerfoges gleichkommen. So muß noch unter dem Druck der deutschen Bergarbeiter und Unternehmer, Beamten und Eisenbahnern (Unruhe und Zurufe bei den Kommunisten) der wahre Zweck doch halb enthüllt worden, indem die französische Re gierung erklärt, daß es sich für sic darum handle, Deutschland durch Störung seiner politischen und wirtschaftlichen Ordnung Ungelegenheiten zu be reiten, nm es so gefügig zu machen. So steht heute der Kampf, unter dem das ganze Gefüge der Weltwirtschaft wohl wirtschaftlich, poli- tisch und ideell leidet. Mit Spannung ver folgt daher das deutsche Volk die Pc- m ü h « n g e n, die an verschiedenen Stellen der Welt im Gange sind, um eine Lösung der Krise zu finden. Die Führung bei dieser Arbeit, die, wie wir wissen, in Rom Antrieb und weise Förde rung erfahren hat, liegt seit jener Rede Lord Curzons im Oberhause vom 20. April in eng lischen Händen. Den letzten Akt stellen die Verhandlungen im englischen Parlament vom 2. August dar. Deutschland hat bei dieser Gelegenheit er fahren, daß England seinen Alliierten eine der deut- schen Regierung gemeinsam zu erteilende Antwort auf unser Memorandrun vom 7. Juli vorgeschlagen hat. Die Grundlagen, auf denen sich die England vorschwebcnde Lösung aufbaut sind für Deutschland wahrhaftig nicht erfreulich. Es findet sich darin manches Ansinnen, das unmöglich erscheint, soweit sich ohne Kenntnis der Beglcitdokumente ein Urteil bilden läßt. In dem Bestreben, das gute Einver- nehmen mit den Wafsengenossen von gestern auf recht zu erhalten, ist England in seinen Zuge ständnissen an den französischen Standpunkt außerordentlich weit- gegangen. Aber es ist nicht unsere Sache, uns darüber zu verbreiten, was England für seine Interessen hält. Wir wissen uns von der ToHeit frei, Sympaticn für Deutschland zu vermuten, wo kerne vorhanden sind. Ob und welchen Fortgang die englische Aktion nehmen wird, vermag ich nicht zu sagen. In dem Augenblick, wo neue englische Veröffentlichungen bevorstehen und Mel dungen über einen angeblich geplanten neuen eng lischen Schritt umlaufen, wäre es zwecklos und ge fährlich, sich über Einzelheiten der bisherigen eng lischen Aktion zu verbreiten oder Kombinationen für die Zukunft aufzustellen. Feststeht eins, daß für grotze Hoffnungen kein Knlah vorliegt. (Sehr richtig! in der Mitte.) Aber so sehr wir uns von Illusionen frei wissen, so kann uns doch der Glaube nicht genommen werden, daß die wirt- schaftliche Vernunft und der Sinn für Gerechtigkeit sich schließlich auch im Auslände durchsetzen werden. Don der politischen Erkenntnis bis zur politischen Tat ist ein weiter Weg und niemand wird cs uns verübeln, wenn uns die Langsamkeit, mit der dieser Weg gegangen wird, mit Sorge erfüllt- (Sehr wahr! rechts.) Auch heute noch müssen wir uns auf eine lange Dauer der Leidenszeit gefaßt machen und einrichten. (Die Sitzung dauert fort.) steht also die Forderung der Sozialdemokraten nach einem Wechsel im Reichsbankdirektorium. Die Reichsbank Hit, wie hier wiederholt ausge- führt wurde, ihren Zweck, den Geldumlauf im Londe zu regulieren, bisher nicht erfüllt. Ohne die Verdienste Havensteins um die deutsche Geld wirtschaft der Vorkriegszeit unterschätzen zu wol- len. kann man sich doch nicht der Beobachtung verschließen, daß die Reichsdan! Ui den letzten Jähren die Führung auf dem Geldmärkte all- mählich fast vollkommen verloren hat. Die Aus- führungen Havensteins gelegentlich der Diskont- crhöhung auf 30 Prozent (die in unserem Han- dclsteile ausführlich besprochen wurden) konn- ten nicht den Eindruck erwecken, daß die Reichs bank unter der gegenwärtigen Leitung ihre so i'beraus wichtige Aufgabe in einer zeitgemäßen t Weise zu erfüllen vermöge. . , Aufgaben des Reichstags Von 0r. ckottrmnss Rleklsr, l-slprlz Der Vorsitzende der Leipziger Gruppe der Teruich.n Demokvatiicben Partei, Herr Dludicnrat Dr. Ricdicr, sendet uns zum Zusammentritt des Reichstags solaenke AuSfllhrungcn, die wir wieddgevcn, odne uns mit tynen in allem einverstanden zu erklären. Insbeson dere können wir der Meinung nicht belpttichtcii, ratz die Nöte der Zeit eine diktatorische Rcgierungsgcwatt erfordern. Wir glauden viclincvr, vag genroe rn »ein Parlamentarischen Lvslcm die Kräfte cnlvaltcn lind, die das deutsch: Volk über dtc schwere der Zeit lnn wegvringen können. Aufgabe einer Regierung ist er. diese Kräitc fit «»rennen und richtig zn verwerten. Tie Negierung mutz der Erponent der Volksvertretung se i,. Alles, was »ach Littaiu: klingt, jtz uucraanisch. i'^i: Redaktion.) Der Regierung Luno ist saft ohne ihr Zu tun eine große volkstümliche Parole zugefaücn: Wahrung des Rechts am deutschen Boden, Wider stand gegen rohe Vergewaltigung. Diese Parole anfzunehmen, war noch keine staatsmännische Tat. Damit, daß der Blick von 60 Millionen Deutscher nach der Ruhr gelenkt wird, ist es noch nicht getan. Aber das war schließlich die ganze Weisheit der Re gierung. Schwerer noch als die zaghafte Außen politik der Regierung wiegt die inncrpoli- tische Behandlung des R u h r p r o b l e m s. Die Reichsregierrmg hat weder die Einsicht noch die Kraft bewiesen, das innerdeutsche Fundament für den nationalen Widerstand im Westen zu schaffen. Heute handelt cs sich einfach um die Frage: Ist die d c u t s ch c V o l k s w i r t s ch a f t, ist die deutsche Volkskraft in der Lage, den Kampf gegen die ziel- bewußte französische Gewaltpolitik weiter forc- zusührcn? Die große Mehrheit der Volksvertreter, der Länder, der öffentlichen Meinung bejaht diese Frage. Aber die ^meisten der Jasager sind weit da von entfernt, die Konsequenzen ans sich zu nehmen. Man weist in interessierten Kreisen darauf hin, das', jeder neue Marlsturz zwar automatisch die Preise er. höht, aber doch auch immer wieder eine Spanne zwischen Weltmarktpreis und Inianopreis schass: oder bestehen läßt, baß die dadurch geze'>n- Exportmöglichkeit uns stets neue Fristen gewährt. Ohne Zweifel zutreffend. Nur wird dabei die sehr wesentliche Ergänzung verschwiegen, daß der Wäh r' u n g s v e rf all in erster Lime und oft ans- schließlich neben dem Rentner den Hand- und Kopf arbeiter, die Arbeiterschaft, die Angestellten, die Be amten und die Vertreter mancher freien Berufe triff', also die gro^e Masse derer, die im Daseinskampf« weder Produrtionsmittel, noch Ware, sondern nur ihre Arbeitskraft cinzusetzen haben. Von eindringlichen Ermahnungen und flammen den Aufrufen ist keine Selbstbesinnung der Be güterten zu erwarten. Weil aus dieser Inhumanität der einzelnen und der Stände stets und besonders in Notzeiten schwerste Gefahren für die Allgemeinheit erwachsen, ist der Staat berufen, der menschlichen Schwäche mit den ihm anvcrtrauten Machtmitteln zu begegnen. Es scheint aber, daß der Wille zur Macht und zur Machtausübung in den Re gierungen der deutschen Republik bisher nicht lebendig genug gewesen ist. Von der gegenwärtigen Rcichsrcgierung ist wenig zu erwarten. Bleibt der Reichstag. Wird er kein anderes Heilmitt''l wissen, als vorsichtiges Kurieren an den Sn'-npiomen, zahme Stenernovcllen, nachhinlendc Finanzreformen und allenfalls wert beständige Einkommen, dann wehe dem deutschen Vaterland! Je mehr die Lebenshaltung der Lohn empfänger sinkt, je weiter sich also die Kluft zwischen dem wachsenden Proletariat und den Besitzenden auftut, um so verzweifelter klammert sich der Wohl- habende an seinen Besitz, um so näher rückt die soziale Katastrophe, die unser staatliches Dasein ver schlingen muß. Dieser zwangsläufigen Entwicklung zu entrinnen, gibt es nur ein politisches Mittel: den Ausgleich der schroffen wirtschaftlicben Unterschiede durch gerade noch erträgliche Belastung der starken Schultern. Der Mann, der um die Fristung seine» Dasein» täglich ringen muß, kann seine Bürde nur weiter- tragen, wenn er nicht durch die dreiste Demonstration des Wohllebens, ja des Lurus zur Empörung ge- trieben wird, wenn er sieht, daß der Staat endlich Ernst macht mit der Volksgemeinschaft des allgemeinen Opferns. Die gefahrenübcrreiche Stunde fordert: 1. eine Reichstagsmehrheit, die diese Sachlage nüchtern und ohne Beschönigung erkennt; 2. eine Reichstagsmehrheit, die dieser Erkenntnis ein Willcnszentrum schafft in einer Regierung mit unbeschränkter Vollmacht; 3. eine Re- gierung, die den Mut hat, auf dieser Grundlage unter eigener Verantwortung und ohne saute Kompromisse wirklich zu regieren. Eine Regierung solcher Prägung würde der kommunistischen wie der rechtsradikalen Propaganda den Wind aus den Segeln nehmen, sie würä die ganze Nation zur Gefolgschaft zwingen und die Autorität des Staates neu gründen. Di« innerlich erstarkte Nepublik wäre dann auch imstande, weit- politische Gelegenheiten für Deutschland auszumünzen. »me Ml«»« Kelümsrltt krorrrlerlcLdel üe» ? Oerlla tonclon «attaoä 8. »ord'r»« 8. > 00017 SS8SZ5Z ritrloti 4L1..d0! 24SS29 ckrLt.
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